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Herausgegeben

von Mitgliedern der k. bayer. Akademie
der Wissenschaften.

Sechzehnter Band.

München,

gedruckt in der k. Central-Schulbuchdruckerey,

2380

48-195 6.25

Gelehrte Anzeigen,

Januar bis Juny.

1 8 4 3.

München,

im Verlage der königlichen Akademie der Wissenschaften,
in Commission der Franz'schen Buchhandlung.

MARVARD COLLEGE

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Der Streit, welcher sich in der zweyten Hälfte des eilsten Jahrhunderts im Herzen von Europa zwischen Kaiser und Papst entzündete, hat in seiner erften Gestaltung so lange angedauert, so tiefe Wurzeln geschlagen, sich dann unter verschiedenen Formen so lange hingezogen, und Deutschland und Ita lien, das Papstthum und das Kaiserthum, so ge waltig erschüttert, daß der Gedanke nicht ferne lie gen konnte, in ihm sowohl die Quelle alles Uebels als der größten Anstrengung des weströmischen Reiches, in seiner langen Dauer sowohl die Glanz epoche, als die des Verfalles desselben zu erblicken. Je nachdem die eine oder die andere Ansicht über wog, ward denn auch dieser Kampf mit Unmuth oder mit einer, nicht minder die Wahrheit gefähr: denden Vorliebe betrachtet. Hiezu hat aber nicht bloß der Umstand bengetragen, daß man Wünsche und Ansichten der Gegenwart auf diese frühe Zeit übertrug, fondern auch, daß man überhaupt den nationalen Standpunkt nicht verlassen wollte, obwohl, wie früher bewiesen*) ward, dieser ein

*) Ueber einige Gegenfäße im Kampfe Kaiser Hein richs IV. mit Gregor VII. Bullet. der k. Ukad. der Wissensch. 1842 Nr. 12.

ganz anderer war, als man ihn bisher zu betrach= ten gewohnt gewesen ist.

Ueberblickt man aber die Zustände von Europa um die Zeit, als P. Gregor VII. fortführend, was die deutschen Päpste unternommen, die verfallene Disciplin durch das Verbot der Priesterehe und der Investitur zu schärfen begann, so gewahrt man eine durchgängige Scheidung nach 2 Principien, die sich zwar desselben Stammes rühmten, allein gerade jeht auf dem Punkte standen, entweder sich gleichzustellen, oder sich für immer zu trennen.

Von der Gründung christlicher Staaten bis zum Einbruche der Longobarden und Araber hatte das oströmische Reich das Principat in Europa, ja in der civilisirten Welt behauptet, und lange Zeit später betrachtete es noch die neuen germanischen Reiche nur als glückliche Usurpationen, denen der Rechtstitel erst dann zukam, wenn und insoferne der Autokrator der Romäer ihnen denselben ertheilte. Während bey diesen das Christenthum, die unterscheidende Grundlage europäischer Bildung, nur langsam und allmählig, meist jedoch ohne Zuthat des byzantinischen Reiches Wurzeln schlug, das seinen Impuls nicht über Mähren hinaus erstreckte, galt dieses im Auge der Römer als das wahre Asyl, welches die Heilslehre auf Erden gefunden. Wie früher in Altrom alle Götter der Welt ihr Pantheon gefunden, so ward Constantinsstadt jegt der Mittelpunct der christlichen Welt, wohin die Imperatoren sorgsam zusammentrugen, was an alten ehrwürdigeu Resten der Orient Heiliges in sich schloß. *) Und es ist kein geringes Moment in

*) Sich die lange Liste desselben, was nachher die

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