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Bei dieser Tabelle muss zunächst auf den Unterschied aufmerksam ge-
macht werden, welcher im Verhältniss der Ganten zu der Personen- und zu
der Familienzahl in den einzelnen Aemtern besteht und welcher in der ver-

schiedenen Durchschnittszahl der zu einer Familie gehörigen Personen seinen Grund hat. Durchschnittlich zählt die Familie im Lande 4,628 Glieder (in Bayern nach der Zählung vom gleichen Jahr nur 4,575). Die Extreme nach Amtsbezirken sind einerseits Kirchheim mit 4,18, Schorndorf 4,206, andrerseits Wangen mit 5,47, Ravensburg 5,512 Personen. Dass die Aemter im Oberland mehr Personen auf die Familie zählen als jene im Unterland, die Militärorte und grösseren Städte natürlich abgerechnet, ist nicht auffallend, weil dort die Auswanderung geringer ist und mehr Dienstboten gehalten werden. Aber der Unterschied ist so gross, dass man doch fragen muss, ob wohl der Begriff Familie überall bei der Zählung gleichmässig aufgefasst worden ist.

Was die Sache selbst, nämlich das Verhältniss der Gantenzahl zu der mehr oder minder stark fortgeschrittenen Verkleinerung der Grundbesitzungen, anlangt, so fällt auf den ersten Blick der günstige Stand in die Augen, welchen die nordöstlichen Aemter des Landes, Gerabronn, Mergentheim, Künzelsau, Hall, auch noch Crailsheim, in der Reihenfolge einnehmen und ebenso die meisten der südlichen Amtsbezirke z. B. Leutkirch, Wangen, Tettnang, Waldsee, Biberach, Laupheim, ferner auch die Albämter Blaubeuren und Münsingen, und bekanntlich ist gerade in diesen Bezirken das altbäuerliche Agrarsystem und mit ihm ein durchschnittlich grösserer Besitzstand noch am reinsten bewahrt worden. Dass dabei auch Abweichungen vorkommen, indem einzelne oberländer Aemter trotzdem, dass sie auch viel Grossbesitz haben, wie Riedlingen und Saulgau, doch einen ziemlich tiefen Stand in der Reihenfolge einnehmen, andre dagegen, besonders Besigheim, trotzdem dass sie dem Theilbarkeitsgebiet angehören, doch gut stehen, kann keinen Anstoss geben; denn es wird Niemand behaupten wollen, dass die Häufigkeit der Vergantungen ausschliesslich ihren Grund in der Kleinheit der Grundbesitzungen habe. Dass aber wirklich zwischen beiden Momenten ein Zusammenhang bestehe, und zwar gerade der angegebene, wird durch den im Ganzen unzweifelhaften Vorzug der Oberämter mit verhältnissmässig grösserem Besitz den entgegengesetzten gegenüber augenfällig dargethan, wogegen die wenigen nach beiden Seiten vorkommenden Ausnahmen nicht in Betracht kommen können.

So aber, wie hier ganz nach der allgemeinsten historischen Kenntniss der Agrarverhältnisse in den einzelnen Aemtern die Vergleichung angestellt ist, kann sie als genügender Nachweis für den ausgesprochenen Satz nicht betrachtet werden. Wir müssen versuchen, die Grundbesitzvertheilung genauer und zwar mit Zahlen auszudrücken. Nur ist in den „Studien" schon gesagt worden, dass wir keinen eigentlichen statistischen Nachweis darüber besitzen. Doch haben wir allerdings einige Angaben, die wenigstens als Mittel zur annähernden Kenntniss der Bodenvertheilung zu brauchen sind.

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Geringen oder eigentlich gar keinen Werth haben freilich für diesen Zweck die im Uebrigen sehr dankenswerthen Nachweisungen über die Parzellenzahl und über die Vertheilung des Areals nach Ackerland, Wald,

Wiesen u. s. w., die neuerdings von Dr. Sick berechnet und im Württ. Jahrbuch von 1852 veröffentlicht worden sind. Denn bei der grossen Verschiedenheit der Aemter an Klima, Bodengüte und Absatzverhältnissen kann natürlich aus der Grösse des auf die Person treffenden landwirthschaftlich benützten oder gesammten Areals kein Schluss gezogen werden auf den Roh- und Reinertrag des Bodens für die Besitzer. Wenn wir beispielsweise wissen, dass im Amt Münsingen 5,8 Morgen landwirthschaftlich benütztes Areal auf den Kopf kommen, im Amt Herrenberg dagegen nur 2,03 Morgen, so wissen wir damit noch nicht, ob mit Rücksicht auf die Fruchtbarkeit des Bodens und auf die hierdurch und durch die Absatzverhältnisse bedingte Möglichkeit eines mehr oder weniger intensiven Anbaus im ersteren Amt mehr Bodenwerth auf die Person trifft als im letzteren. Gerade in diesem Fall ist es beispielsweise wohl möglich, dass diese 2,03 Morgen ebensoviel Roh- und Reinertrag geben als jene 5,8 Morgen.

Besser sind für eine anzustellende Vergleichung der einzelnen Distrikte die Grundsteuerbeträge zu gebrauchen, welche von den Aemtern zu zahlen sind. Nur kann auch hierin kein besonders genauer Maasstab der Vertheilung des Grund und Bodens erkannt werden. Denn abgesehen von den Fehlern, welche bei jeder Ertragseinschätzung zum Behuf der Besteurung des Bodens in einem ganzen Lande vorkommen, so ist zu bemerken:

Erstlich, dass die Grundsteuer im Wesentlichen immer noch auf der Einschätzung des Bodenertrags, die am Anfang der zwanziger Jahre vorgenommen wurde, beruht und somit nicht den jetzigen Ertrag ausdrückt, sondern denjenigen, welcher vor dreissig Jahren bestand. Als genauer Maassstab des jetzigen Bodenwerths liesse sich desshalb die Steuer nur dann ansehen, wenn die Veränderungen, die die Kultur hervorgebracht, in allen Aemtern gleich gross wären, was durchaus nicht anzunehmen ist.

Zweitens enthält das Steuerkatastergesetz von 1821 Bestimmungen, welche die Proportionalität der Ertragseinschätzung auf's stärkste beeinträchtigen 1) mussten.

Drittens ist in der Grundsteuer das steuerfreie Grundeigenthum nicht zum Ausdruck gebracht und auch dieses ist hier von Bedeutung, weil wenn auch nicht die Rente doch der dabei verdiente Arbeitslohn und Gewinn vom Betriebskapital den Einwohnern des Bezirks verbleibt. Letzteres hätte nichts zu sagen, wenn der steuerfreie Besitz in jedem Amt verhältnissmässig gleich gross wäre; denn es kommt zum Behuf der Vergleichung nur auf die Proportionalität an. Dies findet aber so wenig statt, dass z. B. der Grundbesitz des Staats im Amt Besigheim nur 3,5, im Amt Welzheim dagegen über 22 Prozent des Areals ausmacht.

1) Zum Beweis nur das Eine, dass allerdings die jährlich wiederkehrenden Reallasten bei der Ermittlung des Reinertrags in Abzug kamen, die Besitzänderungsabgaben aber nicht. Desshalb wurden alle laudemialpflichtigen Güter zu hoch geschätzt. Auch die jährlichen Reallasten wurden nur zu 4/5 ihres Betrags angesetzt, weshalb die Bezirke mit viel Reallasten verhältnissmässig höher angelegt wurden, als die Bezirke mit wenig Reallasten.

Gerade um den letzten Mangel zu ergänzen, haben wir ein Mittel in den Berechnungen des Grundvermögens, die sich in den vom topographischen Bureau herausgegebenen Oberamtsbeschreibungen finden; denn diese Berechnungen sind so gemacht, dass zu dem Kapitalwerth des steuerpflichtigen Ertrags auch noch der Kapitalwerth des steuerfreien Bodens wie auch der des Zehntens hinzugefügt ist. Leider besitzen wir aber solche Beschreibungen erst von 32, also genau von der Hälfte sämmtlicher Oberämter des Landes, so dass, wenn wir die Vergleichung auf diese beschränken, der zu vergleichenden Aemter nur wenige sind, indem auch die beschriebenen nicht alle der Vergleichung unterzogen werden können, da vier derselben, nämlich Ulm, Esslingen, Canstatt und Reutlingen, überwiegend städtische Natur haben, und bei einer ganzen Reihe der übrigen achtundzwanzig noch ein besonderer Umstand stattfindet, der die Vergleichung in Bezug auf Gantenzahl bedenklich wo nicht ganz unmöglich macht.

Bekanntlich ist es den Standesherren gelungen, die Ausführung des Edikts von 1817, wonach alle Erblehen ohne Entschädigung freie Zinsgüter werden sollten und die Besitzer der Fall- oder Schupflehen die Befugniss erhielten, nach vorhergehender Entschädigung des Lehensherrn ihren Besitz ebenfalls in freie Zinsgüter umzuwandeln, im Bereich ihrer Herrschaften zu verhindern. Hier blieb also bis 1848 die alte Lehensverfassung und somit auch, wo es früher bestanden hatte, das Recht der Lehensherrn in Kraft, wonach eine hypothekarische Verpfändung des Lehens ohne ihren Consens nicht stattfinden konnte. Allerdings bestand dieses Recht nicht überall, und wo es bestand, machten die Lehensherrn nicht immer Gebrauch davon zu dem Zwecke, eine Verschuldung des Lehengutes zu verhindern 1). Dennoch aber liegt hier ein Moment vor, welches im Ganzen dem Schuldenmachen entgegenwirkte, und wir müssen desshalb auch die Bezirke, wo viel standesherrlicher Besitz ist, aus der Vergleichung entfernen. Die in diese Kategorie fallenden Aemter 2) sind Wangen, Leutkirch, Waldsee, Riedlingen, Ravensburg, Biberach, Ehingen und Saulgau, und es bleiben somit nach Abzug dieser acht und der genannten vier städtischen Bezirke noch zwanzig zur Vergleichung. In diesen verhält sich nun aber die Gantenzahl zu dem amtlich berechneten Grundvermögen und zur Grund- und Gewerbsteuer, wie folgt:

1) Vom Amt Wangen berichtet die amtliche Beschreibung (S. 52) ausdrücklich, dass das Schuldenmachen lehensherrlich erschwert wurde. In der Beschreibung von Saulgau (S. 78) heisst es, in der Regel werde es dem Besitzer des Lehens nicht mehr erschwert, das Gut zu verpfänden, eine Aeusserung, die beweist, dass dies früher, vor 1829, anders war und dass Ausnahmen noch damals stattfanden.

2) Von den oberschwäbischen Aemtern bleibt also nur Tettnang, wo kein standes. herrlicher Besitz ist, zur Vergleichung stehen, ebenso das Amt Gerabronn im Jagstkreis, das zwar auch überwiegend standesherrlich ist, wo aber, soweit ich es verfolgen konnte, keine Spur von einer Beschränkung des Schuldenmachens Seitens des Lehensherrn sich findet, wie überhaupt dort der Lehensverband viel milder auftrat als im Oberland.

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Fasst man die Reihenfolge der Zahlen des Grundvermögens und der Gantungen bei diesen zwanzig weit über eine halbe Million Bewohner zählenden Amtsbezirken im Grossen und Ganzen ins Auge, so scheint die Uebereinstimmung zwischen beiden gross genug, um den innern Zusammenhang zwischen den beiden mit einander verglichenen Momenten als erwiesen anzunehmen. Im Einzelnen finden sich dagegen allerdings beträchtliche Abweichungen, die sich indess zum Theil als blos scheinbar oder als aus besonderen Ursachen entstanden leicht erklären lassen.

So ist bei Münsingen zu sagen, dass ein Theil dieses Amts aus standesherrlichen Besitzungen besteht, wo die oben erwähnte Beschränkung des Schuldenmachens das Gantenverhältniss günstiger gestaltet haben kann. Bei Welzheim ist einmal auf die sehr geringe Gewerbsteuer aufmerksam zu machen, aus der sich entnehmen lässt, dass hier ein noch grösserer Theil der Bevölkerung als sonst im Lande auf die Bodenkultur als einzige Erwerbsquelle beschränkt ist; sodann ist hier ein beträchtlicher Theil des Bodens nicht im Besitz von Privaten, was man aus dem geringen Grundsteuerbetrag sieht. Nach dem Maasstab der Grundsteuer nimmt dieser Bezirk unter den zwanzig Bezirken erst die siebzehnte Stelle ein, anstatt nach dem Grundbesitz die siebente. Bei Gaildorf dürfte das Grundvermögen ebenso wie

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