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gerichtlich, und dieser, um sich zu rächen, machte eine Ballade auf ihn, wahrscheinlich der erste poetische Versuch, welcher aus der Feder dieses nachmals so berühmten Dichters flofs. Die. Bitterkeit, welche in derselben herrschte, brachte den Eigenthümer noch mehr auf, und Shakspeare mufste nach London fliehen *). Um diese Zeit soll er zuerst mit einer Schauspielergesellschaft in Verbindung getreten seyn. Er spielte anfänglich nur gemeine Rollen, wusste sich indes sen bald durch seinen treffenden Witz und seine natürliche Anlage zur Bühne, wenn auch nicht als vorzüglichen Schauspieler, doch als vortrefflichen Schauspieldichter auszuzeichnen. Es ist nicht ausgemacht, welches dramatische Werk er zuerst geschrieben hat, auch lässt sich das Dátum seiner übrigen Stücke nicht ganz genau angeben; wir werden aber weiterhin ein chronologisches Verzeichnifs derselben mittheilen, welches der Wahrheit ziemlich nahe zu kommen scheint. Unterdessen nahm der Ruhm des Dichters ungemein zu, und man bewunderte sein grofses dramatisches Genie; aufserdem erwarb er sich durch seine angenehmen Sitten und andere gesellige Tugenden die Liebe aller, die ihn näher kannten. Königin Elisabeth beehrte verschiedene seiner Stücke mit ihrer Gegenwart, und hat ihm auch ohne Zweifel Beweise ihrer Gnade gegeben. Vorzüglich gefiel ihr der Charakter des Falstaff in den beiden Theilen von Heinrich dem Vierten so sehr, dafs sie ihm befahl, denselben noch in et nem andern Stücke, und zwar verliebt, darzustellen; und dies war, wie man sagt, die Veranlassung zu dem Stück the Merry Wives of Windsor. Aufser der Gnade der Königin,

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*) In London, erzählt Anderson, erwarb sich Shakspeare zuerst seinen Unterhalt dadurch, dafs er die Pferde derjenigen hielt, welche nach dem Schauspiele ritten Miethskutschen waren damals noch nicht üblich. Shakspeare wufste sich dieses Geschäfts mit vieler Geschicklichkeit zu entledigen, so dafs er bald mehr zu thun bekam, als er selbst bestrei ten konnte, daher er sich andere Knaben hielt, welche unter ihm dienten, und die, so lange die Gewohnheit nach dem Schauspiele zu reiten fortdauerte, den Namen Shakspeare's boys führten. Hierauf sollen einige Schauspieler, welche zufällig mit ihm sprachen, so von seinen sinnreichen Antworten eingenommen worden seyn, dafs sie ihn in Dienst nahmen und ihm anfänglich das Geschäft eines call-boy oder prompter's attendant übertrugen, dessen Geschäft darin bestand, die Schauspieler zu erinnern, wenn sie auf die Bühne treten sollten.

besafs unser Dichter auch noch die Achtung mehrerer Vornehmen, als die des liebenswürdigen Grafen von Southampton, der ihm einmal ein, für die damaligen Zeiten sehr ansehnliches, Geschenk von 1000 1. machte. Ihm widmete Shakspeare auch sein Gedicht Venus and Adonis, und the Rape of Lucrece. Was seine Verbindungen mit Privatleuten betrifft, so verdient hier die mit Ben Jonson (geb. 1574, gest. 1637 zu London) bemerklich gemacht zu werden. Dieser dramatische Schriftsteller hatte der Gesellschaft, zu welcher Shakspeare gehörte, ein Stück übergeben; man hatte ihm indessen dasselbe, nach oberflächlicher Ansicht, als unbrauchbar zurückgegeben. Glücklicher Weise sah es Shakspeare; einige gute Stellen desselben reizten seine Neugier, er las es ganz durch, und empfahl darauf den Dichter, dem Publikum. Von der Zeit an waren beide Männer Freunde, Wann Shakspeare die Bühne verliefs, 'ist unbekannt. Man findet noch seinen Namen unter den Schauspielern, welche 1603 Ben Jonson's Sejanus aufführ ten; vielleicht, wie man aus einigen Umständen schliessen kann, hatte er 1610 das Theater noch nicht verlassen. Shakspeare hatte das Glück gehabt, während seines geschäftigen Lebens ein ansehnliches Vermögen zu sammeln; dies wandte er nun seinen Wünschen gemäfs an, und brachte die letzten Jakre seines Lebens in Ruhe und Einsamkeit im Umgange mit seinen Freunden zu. Einige Jahre vor seinem Tode hielt er sich an seinem Geburtsort Stratford auf, und hier starb er 1616 an seinem Geburtstage, dem 23sten April, 52 Jahr alt. Sein Leichnam wurde in der grofsen Kirche zu Stratford beigesetzt. Man errichtete ihm ein Denkmal, und setzte auf seinen Grabstein folgende Worte:

Good friend, for Jesus' sake forbear,

To dig the dust inclosed here.

Blest be the man that spares these stones,

And curst he be, that moves my bones.

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Erst späterhin, nämlich im Jahre 1741, wurde ihm ein. Monument in der Westminster - Abtei errichtet. Er hinterliefs zwei Töchter; sein Sohn war bereits 1596 gestorben. Dies sind die Hauptumstände aus dem Leben eines Dichters, den England erzeugt zu haben stolz seyn darf, und der ohne

Bedenken den alten Griechischen Dramatikern an die Seite
gesetzt werden kann.
Die Werke, durch die er eine solche
Bewunderung während seines Lebens sich erwarb, und gewifs

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bis in die spätesten Zeiten noch erwerben wird, sind (zufol ge des Attempt to ascertain the order in which the plays of Shakspeare were written, [first published 1778]) in chronologischer Ordnung folgende:, 1) the First Part of King Henry VI 1589; 2) Second Part of King Henry VI. 1591; 3) Third Part of King Henry VI. 1591; 4) A Midsummer Night's Dream 1592; 5) Comedy of Errors, 1593; 6) Taming of the Shrew, 1594; 7) Love's Labour's Lost, 1594; 8) Two Gentlemen of Verona, 1595; 9) Romeo and Juliet, 1595; 10) Hamlet, 1596; 11) King John, 1596; 12) King Richard II. 1597; 13) King Richard III. 1597; 14) First Part of King Henry IV. 1597; 15) Second Part of King Henry IV. 1598; 16) The Merchant of Venice, 1598; 17) All's Well that ends well, 1598; 18) King. Henry V. 1599; 19) Much ado about nothing, 1600; 20) As you like it, 1600; 21) Merry Wives of Windsor, 1601; 22) King Henry VIII. 1601; 23) Troilus and Cressida, 1602; 24) Measure for Measure, 1603; 25) The Winter's Tale 1604; 26) King Lear, 1605; 27) Cymbeline, 1605; 28) Macbeth, 1606; 29) Julius Cæsar, 1607; 30) Antony and Cleopatra, 1608; 31) Timon of Athens, 1609; 32) Coriolanus, 1610; 33) Othello, 1611; 34) The Tempest, 1612; 35) Twelfth Night, 1614. Von diesen sind nach Herrn Eschenburg's Klassifikation Nro. 9, 10, 11, 23, 26, 27, 28, 29, 30, 32 und 33 Trauerspiele; Nro. 4, 5, 6, 7, 8, 16, 17, 19, 20, 21, 24, 25, 34 und 35 Lustspiele; so wie I 2, 3, 12, 13, 14, 15, 18 und 22 historische Schauspiele. Des Timon of Athens erwähnt der genannte Kunstrichter nicht; es ist eine Tragödie. Ob übrigens Shakspeare Verfasser der Trauerspiele Titus Andronicus, Pericles, Locrine, Sir John Oldcastle, the Life and Death of Lord Cromwell, und a Yorkshire Tragedy sey, ist noch zweifelhaft. Die diesen Umrissen gesetzten Schran ken erlauben uns nicht, weitläufig über die Verdienste Shakspeare's, als dramatischen Schriftstellers, zu reden, Jeder, dem es darum zu thun ist, mit dem Geiste dieses grofsen Dichters näher bekannt zu werden, wird in dem vortrefflichen Werke: Über William Shakspeare von Eschenburg, Zürich 1787. 8. vollkommene Befriedigung über diesen Gegenstand finden. Hier begnügen wir uns, theils die im ersten Theile dieses Handbuchs S. 343. abgedruckte Abhandlung Johnson's unsern Lesern ins Gedächtnifs zu rufen, theils das treffende Urtheil eines der ersten Englischen Kunstrichter, Hugh Blair's, über Shakspeare als tragi

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The schen und komischen Schauspieldichter, mitzutheilen. first object, (sagt er in den Lectures on Rhetoric and BellesLetters, Lecture XLVI.) which presents itself to us on the English Theatre, is the great Shakspeare. Great lie may be justly called, as the extent and force of his natural genius, both for Comedy and Tragedy is altogether unrivalled *). But at the same time, it is genius shooting wild; deficient in just taste and altogether unassisted by knowledge or art. Long has he been idolised by the British nation; much has been said, and much has been written concerning him; criticism has been drawn to the very dregs, in commentaries upon his words and witticisms; and yet it remains, to this day, in doubt, wheAdmirable scenes ther his beauties or his faults, be greatest.

and passages, without number there are in his plays; passages beyond what are to be found in any other dramatic writer; but there is hardly any one of his plays which can be called or which can be read, with uninteraltogether a good one, rupted pleasure from beginning to end. Besides extreme irregularities in conduct, and grotesque mixtures of serious and comic in one piece, we are every now and then interrupted by unnatural thoughts, harsh expressions, a certain obscure bombast, and a play upon words which he is fond of pursuing: and these interruptions to our pleasure too frequently occur, on occasions, when we would least wish to meet with them. All those faults, however, Shakspeare redeems, by two of the greatest excellencies which any tragic poet can possess; his lively and diversified paintings of character; his strong and natural expressions of passion. These are his two chief

man,

*) The Character which Dryden has drawn of Shakspeare is not only just, but uncommonly elegant and happy :,, He was the who of all modern and perhaps ancient poets, had the lar gest and most comprehensive soul. All the images of nature were still present to him, and he drew them not laboriously but luckily. When he describes any thing, you more than see it; you feel it too. They who accuse him of wanting learning, give him the greatest commendation. He was naturally learned. He neeHe looked inded not the spectacles of books to read nature. ward, and found her there. I cannot say he is every where alike. Were he so, I should do him injury, to compare him to the He is many times flat and insipid; his cogreatest of mankind. mic wit degenerating into clenches, his serious swelling into bombast. But he is always great, when some great occasion is presented to him." Dryden's Essay of dramatic poetry.

coarse or

virtues; on these his merit rests. Notwithstanding his many absurdities, all the while we are reading his plays, we find ourselves in the midst of our fellows; we meet with men, vulgar perhaps in their manners, harsh in their senti. ments, but still they are men; they speak with human voices, and are actuated by human passions; we are interested in what they say or do, because we feel that they are of the same na ture with ourselves. It is therefore, no matter of wonder, that from the more polished and regular, but more cold and artificial performances of other poets, the public should return with pleasure to such warm and genuine representations of human nature. Shakspeare possesses likewise the merit of having created, for himself, a sort of world of præternatural beings. His witches, ghosts, fairies and spirits of all kinds, are described with such circumstances of awful and mysterious solemnity, and speak a language so peculiar to themselves, as strongly to affect the imagination. His two master-pieces, and in which in my opinion, the strength of his genius chief ly appears, are Othello and Macbeth. With regard to his his torical plays, they are properly speaking neither tragedies nor comedies; but a peculiar species of dramatic entertainment, calculated to describe the manners of the times of which he treats, to exhibit the principal characters, and to fix our ima gination on the most interesting events and revolutions of our Und von ihm als Komiker heifst es in dem own country. angeführten Werke, in der 47sten Vorlesung: Shakspeare's general character which I gave in the last lecture, appears with as great advantage in his comedies, as in his tragedies; a strong, fertile and creative genius, irregular in conduct, em ployed too often in amusing the mob, but singularly rich and happy in the description of characters and manners: Jonson is more regular in the conduct of his pieces, but stiff and pedantic; though not destitute of dramatic genius. In the plays of Beaumont and Fletcher *), much fancy and invention appear, and several beautiful passages may be found. But, in general, they abound with romantic and improbable incidents, with overcharged and unnatural characters, and with coarse

Zwei Englische Schauspieldichter, welche ihre Schauspiele gemeinschaftlich verfertigten. Francis Beaumont wurde 1585 geboren, und starb bereits 1615; John Fletcher lebte von 1576 bis 1625.

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