Page images
PDF
EPUB

71

worden; die Sage vom Zorne des Achilles, von
seinem Kampfe mit Hektor, von dem Raube des
Palladiums durch Odysseus und Diomedes, von dem
hölzernen Pferde und ähnliche gehörten einer sehr
frühen Zeit an. Auf troischem Boden fand sich eine
Menge von Namen und Gegenständen des Cultus,
an welche die Sagen, welche mit den Colonisten
nach Kleinasien wanderten, angeknüpft werden konn
ten, so daß sie sich allmählig zu einem höchst man-
nigfaltigen Ganzen erweitern mußten. Aeolis war
ein Sammelplah von verschiedenen griechischen Stäm
men und Zweigen, durch deren Localmythen dieselben
einen großen Umfang und eine höchst wunderbare
Gestalt gewannen. Die Darstellung der Eroberung
der von den griechischen Colonisten im trojanischen
Gebiete besetzten Orte, welche die Ilias an verschie
denen Stellen mit wenigen Worten andeutet, bot
für die Phantasie der Dichter zu wenig Spielraum.
Dazu kam, daß man die vielen und verschiedenen
Kämpfe, welche an die Namen der äolisch-achäischen
Heroen geknüpft waren, weil die symbolische Be-
deutung derselben nicht mehr verstanden wurde, im
buchstäblichen Sinne nahm und wegen der nahen
Beziehung, in welcher die griechischen Heroen wegen
der Verwandtschaft beyder Völker zu den troischen
standen, an die Eroberung von Troja als einen ge-
auf diese
meinsamen Mittelpunkt anreihte. War auf diese
Weise einmal der erste Schritt zur Verknüpfung ei
ner großen Reihe verschiedener sinnbildlicher Ereig:
nisse gethan und eine Menge mythischer Personen
auf geschichtlichen Boden verseht, so war es sehr
natürlich, daß die Dichtung auf dem angebahnten
Wege weiter ging, und das einfache Ereigniß zu
einem großen Nationalkriege umbildete, an welchem
alle griechischen Stämme durch ihre mythischen Heroen
Antheil nehmen. Die Eroberung des Peloponneses
durch die Dorer erfuhr dasselbe Schicksal. Auch
sie
ward auf die Heroen zurückgeführt und schon Hyl-
lus, der Sohn des Herakles, beginnt den Zug,
welcher bekanntlich viel später statt fand, und Ory=
lus ist Führer der Dorer, wie in der troischen Sage
Agamemnon. Dieser gehörte, wie jener, der Götz
terwelt an; sein Name war ein Prädikat des Apollo,
unter dessen Leitung die Dorer in den Peloponnes
eindrangen. Als man aber später Orylus von Apollo
trennte und in die Geschichte verflocht, war es sehr

natürlich, daß man ihn als unmittelbaren Führer Die Vereinigung so darstellte, wie Agamemnon.

vieler und verschiedenartiger Sagen, wie sie die Ilias darbietet, wird um so weniger befremden, je mehr man beachtet, wie kräftig fich in der Zeit, welcher diese Dichtung angehört, das Streben nach Ver: knüpfung und Vereinigung auch auf dem Gebiete der Poesie regte. Als nämlich die einzelnen Völkerschaften der verschiedenen Provinzen Griechenlands zu größeren politischen Ganzen vereinigt waren, fin: gen auch die Sänger an, nicht bloß die Götter, sondern auch die Heroen und die an ihre Namen geknüpften Thaten in eine äußere Verbindung zu bringen, so daß ihre Dichtungen von jenen der früheren Zeit sich durch eine große Mannigfaltigkeit auszeichnen mußten.

Eine Menge einzelner Local

mythen war also schon verknüpft, ehe die äolischachäischen Colonisten ihre Heimath verließen. Durch diese Pflanzvölker aber kamen Glieder fast aller griechischen Stämme in die nächste Berührung, wodurch natürlich die Dichtung, welcher alle Colonisten durch die mitgebrachten Sagen Nahrung gewährten, einen noch weiteren Spielraum erhielt. So entstand endlich unter dem milden Himmel Asiens ein Gedicht, welches die meisten der von den glücklichen Eroberern mitgebrachten Heroen und Sagen zu einem großartigen Ganzen vereinigte, in welchem wegen der buchstäblichen Auffassung der alten Sagen in Folge der ganz veränderten Denk- und Anschauungsweise der historische Kern ganz in den Hintergrund trat und die symbolischen Kämpfe und Ereignisse der Heroen, welche sie vollbringen, in dem schönsten Gewande der Dichtung als historische Thatsachen erscheinen. (Schluß folgt.)

München.

herausgegeben von Mitgliedern

Nro. 138. der k. bayer. Akademie der Wissenschaften.

13. Juli. 1847.

Beyträge zur Landeskunde für Desterreich nicht ausreichen, obgleich darunter auch Mitglieder

ob der Enns und Salzburg; herausgege ben vom Verwaltungsausschuß des Museum Francisco-Carolinum etc. mit 8 lithographir ten Tafeln. V. Lieferung; Linz 1846 im Verlag des Fried. Eurich und Sohn: (448 S. gr. 8.)

Wie aus dem Vorworte zu entnehmen, bildete sich bereits im I. 1833 ein Verein zur Gründung eines Museums für Desterreich ob der Enns, und das Herzogthum Salzburg; und schon im folgenden ́ Jahre konnte es als bestehend angesehen werden: so rasch und erfreulich war der Zugang der Sammlungen, an Gegenständen für vaterländische Geschichte, an Kunst Natur- und Industrie-Erzeugnissen; wodurch nicht etwa nur der Schaulust genügt wurde, sondern auch zum Vortheil der Wissenschaft rege Theilnahme erwuchs. Behufs des wissenschaftlichen Verkehrs, und der fortschreitenden Richtung, Ord: nung und Beschreibung des Materials, aber auch insbesondere Behufs der Benüßung desselben durch literärische Mitarbeiter, wurde bald nachher neben den Jahresberichten, und vierteljährigen Nachrichten, durch Hrn. Prof. Gaisberger von St. Florian eine Zeitschrift gegründet, welche, wie bekannt, schäßbare Abhandlungen und Beyträge enthält, und an die Vereinsmitglieder unentgeltlich abgegeben wurde.

Aber in einer Provinzialstadt wie Linz," wo der wissenschaftlich gebildete Theil des Publicums seinen gesonderten Berufsgeschäften obzuliegen hat, konnte die wirkliche Theilnahme von Mitarbeitern

aus den wenigen Abteyen waren, welche in Oberösterreich seit der josephinischen Periode noch bestehen..

Dazu kam bald eine sehr fühlbare Beschränkung der

[ocr errors]

öconomischen Verhältnisse des Vereins; indem durch die Gründung eines städtischen Museums zu Salzburg dem Linzer - Verein ein großer Theil der Mitglieder entzogen wurde. Begreiflich: die historischen Interessen von Salzburg sind ohne Vergleich überwiegender. Nur Schade, daß man die an Gründlichkeit und Umfang von jeher ausgezeichnete historische Literatur Salzburgs zur Zeit durch ein ebenbürtiges Fortschreiten und Verständniß keineswegs mehr gewahrt sieht. Man behilft sich auf der Oberfläche. Aber auch zu Salzburg, wie dem Vorworte zufolge, zu Linz, und wie allerwärts, sind es zu vörderst die materiellen Interessen," welche heutzu tage die Menschheit, gelehrt und ungelehrt, berufen und unberufen, beherrschen und stacheln. Zudem ist Linz an der Donau! dùrch die Eisenbahn und Dampfschifffahrt eben aus dem stillthätigen Heimath in das Weltleben ein und übergetreten, in ein technisch lucratives Lustrum, das erst spät wieder das Bedürfniß historischer und wissenschaftlicher Belehrung laut werden läßt. Unter diesen Umständen mußte das Museum Francisco - Carolinum gleichwohl der Fortsehung seines Monatblattes entsagen, und an dessen › Stelle die fernere Erscheinung eines Bandes von Beyträgen für die Landeskunde in jedem Jahre, wie sie schon seit vier Jahren statt fand, zu sichern. suchen. Und das ist in der That durch das Her=" vor und Zusammentreten dreyer, sehr ehrenwerther Männer gelungen.

Das Vorwort ihrer Verheissung unterzeichnend find es: Marian Koller aus dem Stift Crems: münster, Director der dortigen Sternwarte; Fr. X. Pris, Chorherr von St. Florian, Consistorialrath und Professor zc., und Anton Ritter von Spaun, ständischer Syndicus. Fast möchte es uns befrem den, daß sich denselben der gelehrte Chorherr von St. Florian, P. Jodok Stülz nicht beygesellt hat, wenn wir nicht wüßten, daß er mit der Sammlung. und Bearbeitung des großen Diplomatariums von und für Oberösterreich, zu dessen Behuf derselbe auch zu München die einschlägigen Codices mit den ge= druckten Quellen verglichen und so, wie verlautet, bereits den ersten Band zur k. k. Staatsdruckerey in Wien einbefördert hat, vollauf beschäftigt sey.

Was nun die drey genannten Herausgeber in der vorliegenden V. Lieferung von Beyträgen 2c. bieten, ist folgenden Inhalts: 1) Lauriacum, und seine römischen Alterthümer, von Jos. Gaisberger. 2) Ueber die Kometen im Allgemeinen, und die in den Jahren 1843, 1844 und 1845 erschienenen insbesondere, von A. Relshuber. 3) Geschichte der steyerischen Ottokare und ihrer Vorfahren, bis zum Aussterben ihres Stammes im J. 1192, von Fr. X. Prih. 4) Die Rabenschlacht, von A. R. von Spaun. 5) Bilderschau, im Museum Francisco - Carolinum. 6) Betrachtungen über die in unsern Gegenden üblich gewesenen Gottesurtheile, beyde vom R. v. Spaun.

Im Vorwort zu Nr. 1. erwähnt der Verf. dankbar des Hrn. Joh. Kain, ehemaligen Bürger meisters zu Enns, der eine merkwürdige Sammlung von römischen, ausschließlich zu und um Lauriacum aufgefundenen Alterthümern angelegt hat, und der Hrn. Weishäupl, Registranten, und Kern, Malers, die mit großer Genauigkeit, und, wie wir es bezeugen können, mit mußterhafter Reinheit, all' die Gegenstände für die hier beygefügten acht Tafeln zeichneten und lithographirten. Was das Alter, die Bedeutung und die Geschicke von Lauriacum anbelangt; find sie doch für die bayer. wie für die österreich. Geschichte gleich interessant; so hat sie der Verf. eben so gründlich als klar dargestellt, und bis zur totalen Zerstörung" der Stadt i. I. 737 ver:

folgt. Diese, den Blick gegen den damals barbarischen Norden gerichtet, mit strategischer Umsicht an der Mündung der Enns in die Donau von den Römern erhobene Colonialstadt hält unser Verf. für eine Schöpfung von Alexander Severus. Das Pfarrdorf Lorch ruht heute auf ihren Fundamenten, und der Weiler Enghagen zunächst an der Donau, in der Nachbarschaft einer kleinen Insel, barg einst den Hafen der da stationirten Flotte, das klärt der Grundriß ebenso deutlich auf, als im Mittelalter die Er hebung der nahen Ennsburg am Georgenberg zu Truh und Schuß gegen Osten. Mit Recht weiset der Verf. S. 17 auf St. Rupert hin, der „von Regensburg bis an die Gränze Oberungarns ungefährdet vorgedrungen war, und auf dem Rückwege, in dieser Römerstadt (Lauriacum) verweilend, und auch da Hülfe und Trost spendend, sie noch immer aufrechtstehend und wohlerhalten gefunden hatte *). Dahin konnte später (649) bekanntlich der hl. Emmeram, wie früher Rupert, auch von einem Herzog Theodo zu Regensburg empfangen gewarnt, nicht mehr vordringen, weil das Land an der Enns von den Avaren auf eine furchtbare Weise verwüstet war: (seit dem Vorbrechen Samo's und seiner Hunnen, c. 630), wobey Lauriacum. nicht verschont geblieben seyn konnte. Ein Ueberfall auf Raub war es, welcher im J. 737 die Stadt ganz und gar der Erde gleich machte.

[ocr errors]

und

[merged small][ocr errors][merged small][merged small]

chender Beweis von dem fortgesetten Streben dieser altberühmten Abtey, in jener Fachwissenschaft nicht zurückzubleiben, die der klösterlichen Abgeschiedenheit vorzüglich`zuzusagen scheint, und durch deren großartige Attribute Cremsmünster längst bekannt ist.

[ocr errors]

,,Den dunkeln Ursprung der steierischen Ottokare so viel als möglich zu beleuchten," das ist der Zweck der dritten, den größten Theil des Buches (S. 120365) befassenden Erörterung des Chorherrn Fr. X. Prit. In der That eine von jenen schwierigen Aufgaben, welche einerseits unvermeidlich auf das weite Gebiet der Hypothesen zurückführt, andrerseits aber bey gründlicher Forschung immerhin eine reelle Ausbeute für die vaterländische Volksund Culturgeschichte, hier wieder für Bayern und Desterreich in gleichem Interesse, gewährt. Die Aufgabe ist verwandt mit jener über die teutschen Stämme und ihre Fürsten." Daß der Verf. wohl vorbereitet und mit Beruf an diese Untersuchung gegangen ist, hat er unter andern durch seine aus den Quellen geschöpfte, und auf vielseitiger Localkunde beruhende „Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer und ihrer nächsten Umgebungen" (die ehemaligen Abteyen Garsten und Gleink mitbe griffen) Linz 1837, nachgewiesen. Die Stadt Steyer, unter dem unmittelbaren Schirm der Ottokare zu jenem hundertfältigen Gewerksbetrieb in Stahl und Eisen herangewachsen, und ein Vermächtniß aus der fernsten Zeit Noricums, auch schon von Alarich er: kannt, ist heute noch der Kern der „österreichischen Eisenwurz," von europäischer Wichtigkeit, ein Glanz punkt der südteutschen Industrie und Ehrlichkeit im Handel und Wandel.

Diese Monographie der Ottokare zerfällt in sechs Abschnitte und 19 Paragraphe. Im ersten Abschnitt beginnt der Verf. mit einem Ueberblick der Vorgeschichte Noricums, und zunächst des Chiem und Traungaus von der Römerzeit an bis zum 3. 907, wobey ihm der jeweilige verwandtschaftliche Verkehr zwischen den Longobarden und Bojoariern nicht entgangen ist. In Beziehung auf Samo, den Anführer der Slaven (620 - 662) scheint aber S. 128, 129 einiger Widerspruch obzuwalten, in: dem der Verf., unter Beruf auf Palacky, Böhmen

[blocks in formation]

So ward die Eroberung Troja's ein Unternehmen, zu welchem alle griechischen Stämme und Städte, die Colonisten nach der kleinasiatischen Küste geschickt hatten, ihren Beytrag an Schiffen und Helden geben, während auf der andern Seite alle die Völkerschaften, mit welchen die äolischen, achäischen und jonischen Ankömmlinge an den Küsten Kleinasiens feindlich zusammengetroffen waren, sich um die Troer schaaren. Auf diese Weise erwuchs der homerische Schiffscatalog, welcher uns in ziemlich treuen Umrissen die Gestalt zeigt, in der die äolischen und jonischen Sänger von ihrem Standpunkte aus und nach den Ueberlieferungen ihrer Väter die Verhältnisse der alten Heimath, wie sie vor der dorischen Wanderung bestanden hatten, und auf der andern Seite die Lagen der Völker der kleinasiatischen Küste, wie sie von den jüngern griechischen Colonisten vorgefunden worden waren, anschauten. Als endlich die Ilias durch Homer sich zum reich geschmückten ihren Reizen bezauberten Griechen nicht im GeringNational Epos entfaltet hatte, zweifelten die von sten mehr an der historischen Treue und Wahrheit dieser Gesänge, so daß selbst der Catalog für eine

[ocr errors]

*) In der Geschichte von Steyermark, von Unt. Krempl, Gräß 1845; mit Stahlstichen, der Tert durchaus slovenisch, eine überraschende Erschei nung! ist „Samo als Slovenski Kral" von 623 an richtig eingereiht.

politische Urkunde galt und die Dichtung durch die Logographen in die Geschichte überging. Wie die Gefänge des Homer bey den Alten das Ansehen geschichtlicher Urkunden besaßen, so nimmt man auch jeht noch die herrlichen Gestalten der Lieder, von der Zaubergewalt des Dichtergenius geblendet, für buchstäbliche Wahrheit und müht sich vergeblich ab, die homerische Heldenzeit mit der folgenden dunkleren Periode der griechischen Geschichte in pragmatischen Zusammenhang zu bringen, ohne zu bedenken, daß unter den meisten Gestalten, welche die griechische Sage als Menschen auftreten läßt, alte Stamm und Localgottheiten verborgen sind, welche, sobald sie ihre symbolische Natur verloren und einen histo rischen Charakter erhielten, als Träger der Ereignisse und Thaten benüßt wurden, welche die Völker vollbrachten, denen sie angehörten.

Die Ansichten, welche der Hr. V. im fünften 'Buche über die Wiedergeburt Troja's in Latium ausspricht, können wir nur theilweise billigen. Darin stimmen wir mit ihm vollkommen überein, daß die römische Sage von Aeneas zu tief in dem Glauben, in den Ueberlieferungen und Heiligthümern des römischen Volkes wurzelt, als daß man sie für ein Mährchen halten dürfte, das sich die Römer von den Griechen Unteritaliens hätten aufbürden lassen. Eine so vielfach bezeugte, von dem praktischsten Volke des Alterthums so zuversichtlich geglaubte Sache läßt sich nicht ohne triftige Gründe, welche aber hier fehlen, in Zweifel ziehen. Wäre C. O. Müllers Annahme, daß Tyrrhener aus Teuthranien und Ly: dien, durch Aeoler und Lydier verdrängt, sich nach den Westküsten Italiens gezogen und dort den etrus kischen Staat gegründet haben, vollkommen erwiesen, so ließe sich allerdings mit ziemlicher Wahrscheinlich keit vermuthen, daß die nächsten Nachbarn derselben, die Leukrer, in ähnlicher Bedrängniß eine gleiche Richtung nahmen und sich unterhalb der Tyrrhener in Latium ansiedelten. Allein jene Annahme ent stand, wie diese, durch eine irrige Auffassung von Sagen, welche auf einer ganz andern Grundlage beruhten. Uebrigens ist hier der Hr. B. mit sich selbst im Widerspruch. In Arkadien nämlich war der Name Aeneas" wegen der Verwandtschaft der ältesten Bewohner dieser Provinz mit den Leu

[ocr errors]

krern eben so einheimisch, wie bey diesen. Hier bemerkt er (S. 110) ganz richtig: „Eine wirkliche Uebersiedlung flüchtiger Aeneaden aus Troas nach dem von den jüngern feindlichen Hellenenstämmen umschlossenen Binnenlande des Peloponneses läßt sich nun nicht füglich annehmen, vielmehr muß der Name Aeneas ursprünglich, wie in dem kretisch arkadischen Pergamon, so auch in dem Innern Arkadiens, ¡u Stymphalos, Orchomenos und Kaphyä heimisch gewesen seyn. Sollen wir uns also wundern, wenn der Name des Aeneas in Latium, jener des Dar= danus in Etrurien sich vorfand, und die Verbreitung desselben ohne Rücksicht auf die eben erwähnte richtige Bemerkung Colonisten zuschreiben? Dieß wäre wahrlich ein sehr willkührliches Verfahren. Die Etrusker waren mit den Juvriern und Thrakern und auf diese Weise auch mit den Teufrern in Troas gleicher Abkunft. Dasselbe gilt von den Bewohnern Latiums, den Siculern, oder wie sie die Griechen nannten, den tyrrhenischen Pelasgern. Aus dieser Verwandtschaft der genannten Völker läßt sich also sehr leicht abnehmen, wie der Name des Aeneas in Latium und auf Sicilien eben so einheimisch seyn konnte, wie jener des Dardanus in Etrurien. Beyde Namen waren ursprünglich Prädikate des StammGottes des thrakisch - pelasgischen Volkes, so daß demnach die weite Verbreitung derselben um so we= niger auffallen kann. Wie bey andern zu Heroen herabgefunkenen Göttern die Sage die weite Berbreitung ihrer Namen dadurch zu erklären suchte, daß sie dieselben persönlich an alle jene Orte wan= dern ließ, wo sich ihr Andenken erhalten hatte, so that sie dieß auch bey Aeneas. Welcher Zeitpunkt war aber, sobald man ihn als sterblichen Königssohn betrachtete, geeigneter, ihn nach Italien schiffen zu lassen, als jener der Eroberung des troischen Gebietes durch die äolisch-achäischen Colonisten? Daß die Aencaden Troja's nicht auswanderten, sondern noch lange über die Ueberreste der Teukrer, welche. ihre Selbstständigkeit retteten, geherrscht haben, ward nicht weiter beachtet.

Uschold.

« PreviousContinue »