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Untersuchung der Grana Paradisi ;

von

B. Sandrock.

In manchen Gegenden Deutschlands, namentlich an der Nieder-Elbe, werden die Samen von Ammomum Granum Paradisi Afz. als Volksmittel gegen Wechselfieber gebraucht, und wie ich öfters bemerkt habe, mit günstigen, wenigstens augenblicklich günstigen Erfolgen. Ich vermuthete in diesen Körnern ein Alkaloid oder einen diesem nahestehenden eigenthümlichen Stoff, und stellte deshalb eine Untersuchung mit denselben an, ohne jedoch zu diesen vermutheten Resultaten zu gelangen. Von diesem meinem Standpunct aus wünsche ich die hier mitgetheilten Untersuchungen beurtheilt zu sehen, besonders in Bezug darauf, dass ich keine quantitative Analyse der Körner anstellte. Schon früher hat sich Willert mit Untersuchung desselben Gegenstandes beschäftigt. Wenn ich auch manche Angaben desselben bestätigen kann, so bin ich doch zu erweiterten und specielleren, positiven Resultaten, abgesehen von den negativen, gelangt.

Die Grana Paradisi enthalten: ätherisches Oel; fettes Oel; zwei Harze, ein indifferentes und ein negatives; eigenthümlichen Gerbstoff; Eiweiss; Gummi und Pflanzenschleim; Pectin; Extractivstoff; Stärke; Holzfaser; Chlorkalium; schwefelsaures Kali, phosphorsauren Kalk, phosphorsaure Magnesia und Kieselerde.

Einige Pfunde der Gr. Parad. wurden zerstossen und mit Alkohol völlig erschöpft. Von den gemischten Auszügen wurde der Alkohol grösstentheils abdestillirt, der Rückstand eingeengt und an einem kühlen Orte der Ruhe überlassen. Es schied sich keine Substanz ab. Gradweises ferneres Einengen der Flüssigkeit erreichte jenes Ziel auch nicht. Weiteres Eindampfen schied endlich die Lösung in zwei Theile, von denen der eine Theil aus einer Harzschicht, der andere aus einer schwach alkoholhaltigen Lösung von Harz und dem eigenthümlichen Gerbstoff

bestand, worauf einige Tropfen eines fetten Oels schwammen. Durch Abdampfen der ganzen Masse, Auflösen des Rückstandes in möglichst wenig Alkohol und abermaliges Verfahren wie oben konnte ebenfalls kein krystallinischer Körper abgeschieden werden. Ein zweiter Versuch, mit einigen Pfunden neuer Körner angestellt, führte zu denselben Resultaten.

In Erwartung, dass vielleicht die Masse des Harzes ein Hinderniss sei, um den vermutheten Körper zur Krystallisation zu bringen, wurde die erhaltene concentrirte Lösung des alkoholischen Auszuges mit Alkohol verdünn mit Kalkhydrat längere Zeit digerirt und zuletzt kochend abfiltrirt. Beim Erkalten des Filtrats, in dem nur wenig Harz enthalten war, schied sich ein gelbes Pulver ab. Durch Concentration der Lösung wurde hiervon etwas mehr erhalten; indessen erwies es sich, dass dieser Körper nicht, wie es den Anschein haben konnte, ein Alkaloid oder ein ähnlicher Körper war, sondern dass es eine Verbindung der beiden unten beschriebenen Harze mit Kalk war. Vor dem Löthrohr hinterliess der Körper eine grosse Quantität Asche, die aus kohlensaurem Kalk bestand. Jene Verbindung war in Alkohol schwer, leichter in Aether löslich. Durch Digestion der ätherischen Lösung mit Oxalsäure konnte der Kalk derselben abgeschieden werden, und die filtrirte Lösung liess nach dem Eindampfen die unten beschriebenen Harze zurück, die durch essigsaures Bleioxyd von einander getrennt werden konnten. Es scheint. somit ausser Zweifel zu sein, dass der alkoholische Auszug der Gr. Parad. jene gesuchten Körper nicht enthält, wozu die unten angeführte Behandlung des indifferenten Harzes mit verdünnter Schwefelsäure einen weiteren Beleg giebt.

2 Unzen mit Alkohol völlig erschöpfter Paradieskörner wurden mit Wasser bei 20° digerirt, und diese Operation so lange wiederholt, als Wasser etwas löste. Die erhaltenen Flüssigkeiten wurden eingeengt und mit Alkohol versetzt, wodurch Eiweiss, Gummi etc. niedergeschlagen wurden, auf deren fernere Nachweisung ich unten zurückkomme; die abfiltrirte Flüssigkeit wurde mit einer Lösung von essig

saurem Bleioxyd im Uebermaass versetzt, wodurch ein geringer Niederschlag erfolgte. Gewaschen und mit Schwefelwasserstoff zersetzt, konnten in demselben an organischen Bestandtheilen nur Spuren von Gerbstoff nachgewiesen werden. Die von jenem Niederschlage abfiltrirte Flüssigkeit wurde durch Schwefel wasserstoff vom Bleisalz befreit. Eingedampft blieb eine geringe Menge eines in Wasser und Alkohol löslichen Extractivstoffes zurück, der von süsslichem Geruch und Geschmack war, sich durch wiederholtes Abdampfen bräunte und einen Absatz erzeugte.

Jene mit kaltem Wasser und mit Alkohol erschöpften Körner wurden mit Wasser gekocht und die Masse heiss auf ein Filtrum gegeben. Das Filtrat enthielt Dextrin als Verwandlungsproduct und Stärke in Lösung. Letztere fiel beim Erkalten grösstentheils als ein weisses lockeres Pulver nieder. Bei gelinder Wärme eingeengt, schied sich mehr Stärke ab. Die abfiltrirte Flüssigkeit wurde von Dextrin und der noch vorhandenen Stärke durch Alkohol befreit. Die so gewonnene alkoholische Lösung enthielt nur Spuren des Extractivstoffes. Bleisalze fällten aus derselben nichts. Durch Kochen mit Wasser nunmehr völlig erschöpft, wurden diese Grana mit sehr verdünnter Salpetersäure digerirt. Die abfiltrirte Flüssigkeit war farblos, gab mit Ammoniak keinen Niederschlag organischer Stoffe, selbst nicht, nachdem sie bedeutend eingeengt war. Sie enthielt dann nur Spuren von Dextrin. Die so mit Alkohol, Wasser und Säure erschöpften Grana Paradisi gaben an höchst verdünnte Kalilauge ein wenig coagulirtes Eiweiss ab, und als Rückstand blieb Holzfaser.

Obgleich die durch Alkohol völlig erschöpften Körner geschmacklos waren, was schon auf die Abwesenheit jener. eigenthümlichen Stoffe zu deuten schien, und auch die vorstehende Untersuchung diese Vermuthung bestätigt hatte, so wurden dennoch 2 Pfd. derselben mit sehr verdünnter Schwefelsäure digerirt, abgepresst, die Lösung mit kohlensaurem Natron übersättigt und zur Trockne verdunstet. Aus dem Rückstande zog wasserfreier Alkohol an organi

schen Substanzen nur geringe Spuren eines harzähnlichen Körpers aus, der unten als Zersetzungsproduct des indifferenten Harzes beschrieben ist. Der mit Alkohol erschöpfte Rückstand wurde mit wenig kaltem Wasser behandelt, um die Salze zu entfernen und hierauf mit wenig Wasser gekocht. Aus der heiss abfiltrirten Flüssigkeit setzte sich beim Erkalten nichts ab. Sowohl Filtrat als Rückstand enthielten nur allgemeine Pflanzenstoffe und deren Zersetzungsproducte. Ein eigenthümlicher krystallisirbarer Stoff war nicht zu finden. Ein Auszug der mit Alkohol erschöpften Körner mittelst Chlorwasserstoffsäure, dem Obigen entsprechend, führte im Schluss zu denselben Resultaten. Dasselbe war der Fall, als statt der Säuren Kalkhydrat zur Anwendung kam, welche Operationen ausführlich hier mitzutheilen weder von Interesse sein, noch innerhalb der Grenzen dieser Mittheilung liegen würde.

Wurden die durch Alkohol erschöpften Grana Paradisi mit Aether behandelt, so nahm derselbe keine Bestandtheile auf, der Rückstand des weingeistigen Auszugs derselben war aber völlig in Aether löslich, wodurch es gerechtfertigt scheint, dass die Körner nicht zuerst der üblichen Behandlung mit Aether unterworfen wurden.

Alle aufgeführten Versuche, freilich nur bekannte Methoden, scheinen indess zu dem Ausspruch zu berechtigen, dass die Gr. Parad. ein Alkaloid oder einen ähnlichen krystallisirbaren eigenthümlichen Stoff nicht enthalten.

Der alkoholische Auszug von 2 Pfd. der Grana wurde eingedampft, mit Wasser versetzt, und das abgeschiedene Harz so lange in der Wärme mit Wasser behandelt, als dies noch etwas auflöste. Die wässerige Lösung wurde zur Trockne eingedampft, wieder mit Wasser aufgenommen und vom noch abgeschiedenen Harz filtrirt. Abermals abgedampft blieb eine braune brüchige Masse zurück von sehr geringer Menge. Die Lösung derselben wurde durch Eisenchlorid braunschwarz, durch schwefelsaures Eisenoxydul blaugrün gefallt. Bleiessig fällte dieselbe schmutzig weiss und eine Leimlösung wurde durch dieselbe getrübt. Dieser Körper wäre also ein eigenthümlicher Gerbstoff.

Das oben erhaltene Harz wurde in Alkohol gelöst, und mit einer Lösung von essigsaurem Bleioxyd in Alkohol im Uebermaass versetzt. Das Harz wurde zum Theil gefällt. Der Niederschlag wurde mit Alkohol ausgewaschen. Durch die nicht gefallte Lösung des Harzes wurde Schwefelwasserstoff geleitet, bis alles Bleisalz entfernt war. Die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit wurde eingedampft; es blieb ein hellbraunes Harz von Terpentinconsistenz zurück, welches ich das

Alphaharz nennen will. Es ist von äusserst brennendem scharfem Geschmack, von pfefferartigem Geruch. Es löst sich völlig und leicht in Aether und in Alkohol. Die weingeistigen Lösungen von essigsaurem Kupferoxyd und von essigsaurem Bleioxyd fälien es aus seiner Lösung nicht. In Wasser ist es unlöslich, desgleichen in Chlorwasserstoffsäure und in concentrirter Essigsäure. Eisessig und concentrirte Schwefelsäure lösen dasselbe vollständig. Letztere Lösung färbt sich dunkelbraun. Wasser fällt diese Lösungen. Concentrirte und verdünnte Aetzkalilauge löst den Körper völlig und leicht, Aetzammoniak dagegen löst denselben schwierig. Digerirt man das Harz mit verdünnter Schwefelsäure (32 Wasser, 4 Säure) bei etwa 30-40° R., so wird es in eine eigenthümliche Substanz verwandelt, die man erhält, wenn man die vom unveränderten Harz abfiltrirte Flüssigkeit mit kohlensaurem Natron sättigt, wobei nichts niederfällt, zur Trockne verdunstet, mit wasserfreiem Alkohol auszieht, und den Auszug zur Trockne verdunstet. Der Rückstand bildet eine harte braune geruchlose Masse von pfefferartigem Geschmack, die leicht Feuchtigkeit anzieht, in Wasser sowohl als in Alkohol völlig löslich ist. Die wässerige Lösung wird durch Bleiessig weiss gefällt. Eisensalze bringen in derselben keine Veränderung hervor.

Betaharz will ich den durch Bleizucker gefällten kleinsten Theil des im weingeistigen Auszug Gelösten nennen, der durch Schwefelwasserstoff aus der in Alkohol aufgeschlämmten Bleiverbindung geschieden wurde. Die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit liess beim Verdunsten

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