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Königl. Akademie der Wissenschaften.

In der Situng der mathematisch - physikalischen Klasse am 9. December v. J. las 1. Hr. Prof. Dr. Erdl: Ueber den gegenwärtigen. Zustand der Naturwissenschaften in Spanien.

Seit einem Decennium feßelt nun Spanien die Aufmerksamkeit von ganz Europa auf eine so traurige Weise, daß es verzeihlich seyn dürfte, wenn man jenes Land nur mit einem ungünstigen Vorurtheile beträte. Man malt sich seinen Zustand, den man gewöhnlich aus oft lügenhaften und mei: stens übertriebenen Zeitungsnachrichten erfährt, gerne im falschen Lichte: denn einerseits spricht schon die Länge der Zeit, seit welcher daselbst die Zerwürfnisse dauern, dafür, daß die Verwüstungen ungeheuer ausgedehnt und intensiv seyn müssen, theils erwartet man auch von dem feurigen Charakter der Spanier ein rasches Handeln nicht minder, als eine blinde Wuth. Daben sind die Revolutionen in Frankreich noch in so frischem Andenken, daß man sie unwillkührlich als Maaßstab nimmt und in der That, wären Spaniens Bewohner Franzosen, und hätten sie als solche seit zehn Jahren die Revolution fortgeführt, dann wohl wäre das ganze Land jezt nur mehr ein mit Schutt bedeckter Leichenacker. Aber glücklicher Weise konnte es bey Spaniern so weit nicht kommen, sey es, daß sie nicht Kraft genug, oder, was wohl richtiger seyn dürfte, zu viel Nüchternheit besitzen, um sich und ihr Eigenthum gegenseitig zu vernichten.

Ein schöner Adel wurzelt tief im Charakter dieses Volkes, wenn auch die an den Tag hervor brechenden Zweige ausarten: aber fie arten nur aus, weil die Hand eines klugen, thatkräftigen Gärtners fehlt, der sie gehörig beschnitte und richtete und das schädliche Gift aus der Luft, die sie athmen, entfernte. Die ganze traurige Gährung ist nicht aus dem Innern des Volkes hervorgetreten, sondern mehr von außen hinzugekommen, obwohl man nicht in Abrede stellen kann, daß es wenigstens einige Disposition dazu schon aus Amerika fich ge= holt habe.

Gegenwärtig zwar vergeht wohl kein Tag, der nicht einige größere oder kleinere traurige Ereignisse erblickt hätte, welche das übrige Europa mit Schauder erfüllen. Erst vor kurzer Zeit hatten zwey Fischer in Malaga wegen einer höchst geringfügigen Sache eine Wette mit einander eingegangen und in Ermanglung von Geld oder geldwerthen Gegenstän= den ausgemacht, daß der, welcher verlöre, von dem andern sich einen Messerstich müßte geben lassen. Die Wette wurde auch durchgeführt und der verloren hatte empfieng ganz willig und ohne etwas dagegen einzuwenden von seinen Kameraden den Messerstich, an welchem er wenige Stunden hernach starb. Der Mörder selbst wurde bald nach verübter That fest genommen, konnte aber nicht begreifen, mit welchem Rechte das Gericht sich seiner bemächtigte, denn die Sache, behauptete er, wäre zwi schen ihm und seinem Kameraden so ausgemacht gewesen. Aehnliche und noch derbere Vorfälle find leider sehr häufig, aber sie sind doch wohl nicht Frucht der Schlechtigkeit, denn vielmehr als Beweis der Ungezogenheit des Volkes zu betrachten; auch

darf das Treiben Einzelner und selbst des ganzen Pöbels nie der Maaßstab des Charakters einer Nation seyn, am wenigsten in Spanien, wo man fast eben so viele Völker als Provinzen zählen möchte. Eine kurze Uebersicht des Landes und seiner Bewohner möge den Beweis hiefür geben.

Beym Eintritte in die nordwestlichen Theile der Pyrenäen erstaunt man über die Friedlichkeit, welche über jenen freundlichen Thälern schwebt. Die Städtchen und Dörfer sind gut gebaut und von einem schönen kräftig aussehenden, lustigen Volke bewohnt; die eigenthümliche Volksmusik, aus drey Trommeln und zwey Pfeifen zusammengesett lädt an Feyertagen von Mittag an, an Werktagen Abends Jung und Alt zum zierlichen Tanze auf dem Plaze oder in geräumigen Straßen; Urtigkeit und Dienstfertigkeit bewähren sie unter sich nicht minder, als gegen jeden Fremden, und daß auch Arbeitsliebe unter ihnen zu Hause sey, beweisen die gut be stellten Felder, Gärten, Häuser und reinlichen Straßen.

Etwas anders wird die Scene von Hernani aus und nimmt an traurigem Aussehen zu, je weiter man südlich hinabgeht. Da begegnet das Auge überall aus dem Bürgerkriege stammenden Ruinen; ganze Dörfer liegen in Schutt und Asche und be gruben entweder ihre Einwohner beym Einsturze, oder machten sie zu zahlreich herumirrenden Bettlern und Räubern. So, immer an Esparteros theuer erkauften Titel „Herzog von Vittoria" gemahnt, gelangt man in die fürchterlich riesenhaften Felsen: gruppen des Passes von Pancorbo, Wellington's spanische Thermopylen, und nach einem langen Wege durch das abwärts sich senkende öde Land nach Burgos, das wie eine Dase in der Wüste mit sei ner thurmreichen, stolzen Kathedrale schon von ferne dem mißmuthigen Wanderer Erquickung verspricht. Immer öde, steril und von wenigem schlechtem Gesindel bewohnt ist die weitere Strecke bis in die Sierra de Guadarama, deren nördliche Hälfte noch einiges Grün, die südliche aber, was wohl bey allen Gebirgszügen der wärmeren Länder der Fall zu seyn scheint, einen desto sterileren Charakter zeigt. Weit und breit durch beyde Castilien, östlich bis Aragon, bis Leon westlich, sieht man da nichts,

als ungeheuere Granitblöcke, oft zu schauerlich drohenden Säulen auf einander liegend, kaum hie und da einen Fuß breit Erde mit mattem Grün und einzeln stehende Häuser, die mehr regellosen Steinhaufen gleichen und in Lumpen gehüllte, halb verhungert aussehende Bewohner bergen.

Näher bey Madrid werden Land und Leute wieder etwas besser, gewinnen aber durchaus kein freundliches Aeußeres.

Die Mancha mit ihren weiten fruchtbaren Ebenen bietet ein neues Bild, desgleichen bisher nicht erschienen war, langweilig zwar für den Reisenden durch ihre Einförmigkeit, aber von größtem Nußen für das ganze Land wegen des vielen und guten Getreides, das hier ohne Mühe gewonnen wird. Aber die Städte sind klein und unansehnlich; Schmuß in Straßen und Häusern, die Luft weithin verpestende Weser von Eseln, Maulthieren u. dgl., welche fren und unmittelbar vor den Thoren und Mauern der Ortschaften liegen, verrathen hinlänglich die Nachlässigkeit der sonst ziemlich gut aussehenden, mit viel gesundem Verstande begabten Bewohner.

Die Sierra Morena bildet den Uebergang zu einem in jeder Beziehung ganz auffallend vom übrigen Spanien verschiedenem Lande, Andalusia, das mit dem freundlichen Städtchen la Carolina eigentlich seinen Anfang nimmt. Vom Norden her durch die Sierra geschüßt, nach Süden hin offen und tiefer gelegen, als die bisher durchwanderte Strecke, empfängt Andalusia von einem meistens wolkenlosen, wundervoll klaren Himmel herab glühendere Sonnenstrahlen als vielleicht das ganze übrige Europa. Die kraftvolle Wirkung dieser ungewöhnlichen Wärme tritt auch wieder in Pflanzen und Menschen und in ihren Wohnungen hervor: nirgends ist der Delbaum so groß und so ergiebig, wie hier; Chamaerops humilis, der nur selten in den nördlicheren Theilen gesehen wird, erscheint hier als der gewöhnlichste Strauch; alle Gärten und Felder sind mit riesenhaften Agaven umzäunt, deren gewaltige Blumenschafte nur von der schlanken Pinus maritima und der Dattelpalme überragt wer den; afrikanischen Insecten, Vögeln und selbst Am:

phibien und Säugethieren begegnet man da an allen Orten.

Cordova und Sevilla vorzugsweise treten als die Central- und Glanzpunkte der ganzen Provinz hervor, deren Originalgepräge sie auch völlig an fich tragen: und wie denn der Mensch in der Re: gel der Natur gleicht, die ihn umgiebt, so findet man auch hier einen schönen Volksschlag, der stolz an Körperbau und Charakter, mit zügellos spru delnder Phantasie begabt, in Musik und Poesie sich beständig wiegend, wie berauscht von der reinen. Luft durch diese üppige Natur schwärmt und als gewandter Redner aber schlechter Arbeiter mit Prahlerey und Verachtung alles Fremden seine eigenen Blößen zu decken sucht. Hier besang und besingt man in unzähligen Liedern gleich Paradiesen die höchst langweiligen Ufer des Quadalquivir; hier unter den prachtvollen Denkmälern der Mauren arbei ten die Maler im niederländischen Geschmacke, hier ruft man Espartero, Isabel, Libertad durch einander und lebt dabey doch ziemlich friedlich zu: fammen.

Noch bunter wird das Bild, betrachtet man auch die füdliche Spize Andalusiens, auf die sogar eine überseeische Macht ihre gewaltige Hand legt;es ist auch in der That, als läge zwischen Gibraltar und dem übrigen Spanien ein weites Meer, das nur für Verbrecher von beyden Seiten, wenn sie eine Freystätte suchen leicht passirbar, für alles Uebrige aber nicht zu übersehen wäre. Denn auch abgesehen von den Affen, die um den Narrenthurm herumspringen, abgesehen von dem bunten Gemenge der Nationen zweyer Welttheile, die hier unter einander wogen, mag man des Eigenthümlichen genug darin erblicken, daß hier der Mensch die Natur meistert, während im übrigen Andalusien umgekehrt die Natur den Menschen beherrscht. Die ursprünglich kahlen, glühenden Felsen sind mit Erde bedeckt und in Gärten umgewandelt worden, aus denen die töstlichsten Blumen und Bäume, welche die übrigen Welttheile erzeugen, so üppig und duftreich, als wüchsen sie hier wild, dem wie bezaubert staunenden Wanderer des Nordens entgegen lachen; zu den unzugänglichsten Felsenspißen hat man Wege ge= bahnt und Häuser und Gärten auf ihnen errich

tet; und gerade die höchste, steilste Felsenwand hat man so weit ausgehöhlt, um mit den in ihr aufgepflanzten Kanonen die ganze Stadt und den gan= zen Hafen in ihrer vollen Ausdehnung beherrschen zu können.

In der That, 'keinen Landstrich hat die übrige Erde aufzuweisen, der Andalusien, kein Volk, das seinen Bewohnern gliche; schon die nächsten Nachbarn, die Bewohner der Provinz Granada, find ernster und kälter, gleich ihrem romantischen, mit der Sierra Nevada geschmücktem Lande. Aber weiter hinauf, von Alicante bis zum östlichen Ende der Pyrenäen, wo überall dem Auge die herrlichsten Gegenden, die üppigste Vegetation begegnen, wo die Natur aufs reichlichste jede geringe Bemühung der Menschenhand lohnt, zeichnet sich das Volk mieder durch Leichtsinn und verkehrte Aeußerung seiner ursprünglich guten geistigen Gaben aus. Während eine gewaltige Indolenz in und um Valencia herrscht, wo schon, besonders von Villa nueve de Guao her die hohen, phlegmatischen Strohdächer der Bauernhäuser dem Reisenden verkünden, daß er hier mit anderen Leuten als im übrigen Spanien zu thun habe, und Land und Volk in vielen Beziehungen Aehnlichkeiten mit Holland zeigen, macht sich in dem oberen Landstriche spanischer Stolz und Großmuth bey jeder Gelegenheit geltend, ohne das Mittel zu prüfen, daß ihn zu seinem Zwecke führt und ohne im mindesten die Folgen zu berech nen, die unvermeidlich kommen müssen.

Dieses sind die Bewohner Spaniens, von de nen jeder Theil von dem anderen durch Mangel an Handel und durch gewaltigen Provincialstolz gesondert und abgeschlossen nach dem Zuge, der in ihm vorhanden ist, ungehindert dahin lebt. Bloß Räuber auf allen Straßen, durch den lange dauernden Brudermord demoralisirte und in jeder Hinsicht her: abgekommene Soldaten find abgekommene Soldaten sind dem ganzen Lande, allen Provinzen gemeinsam. Die Regierung aber selbst hatte bisher weder Kraft noch Mittel genug, um das Gute zu schüßen oder gar zu fördern, noch konnte sie das Schlechte hindern; daher vermochte sie auch nicht ein vereinigendes Band um die ver schiedenen Elemente des Landes zu schlingen.

Madrid, schon durch seine Lage die Hauptstadt des Landes schließt nun alle Elemente, die im ganzen Lande zerstreut sind, freylich nicht harmonisch geeint, sondern nur chaotisch unter einander geworfen, in sich gute und schlechte Straßen, Paläste und elende Hütten neben einander selbst in der calle de Alcalá, Volk aus jeder Provinz, Repräsentanten aller Parteien und Bewegungen, Agen= ten und Spione jeder größeren Räuberbande. Und hier ist auch der Hauptsiz der Wissenschaften und Künste. Hier ist es für einen Spanier rein unmöglich, ruhig zu leben; auch mit dem besten Willen kann er sich der politischen Umtriebe nicht entschla gen, zu denen überdieß schon seine Natur tendirt. Künstler und Gelehrte, wie überhaupt die gebilde teren Männer werden stets von allen Parteyen ge= sucht, täglich bestürmt und geworben und dadurch häufig von ihrem eigenen Berufe abgezogen.

Alles das spricht wohl sehr ungünstig für den Stand der Künste und Wissenschaften: besonders der Naturwissenschaften, welche nicht vom menschlichen Verstande allein kultivirt werden können, son: dern auch äußere, materielle Mittel verlangen, wenn fie gedeihen sollen. Ueberdieß ist wohl nichts na türlicher, als der Gedanke, Spanien müsse in frü heren Zeiten aus seinen reichen überseeischen Besihungen manches Schöne und Kostbare für seine Sammlungen erworben haben, das nun während der langen Unruhen kaum verschont geblieben seyn dürfte.

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b. Von einzelnen Gelehrten:
Von dem Herrn Dr. Uirys, Director des k.
Observatoriums zu Greenwich:

Tides and Waves extracted from the encyclopaedia
Metropolitana. London 1843. gr. 4.

Von Herrn Johann Friedrich Böhmer in
Frankfurt:
I. Band. Stuttgart

Fontes rerum Germanicarum.
1843. 8.

Durch Herrn de Caumont in Caen: Annuaires des cinq departements de l'Ancienne Normandie. Caen 1842. 8.

Séances Générales tenues en 1842 par la société française pour la conservation des monuments historiques. Caen 1812. 8.

Vom Herrn Unatole von Demidoff in St.
Petersburg:

Voyage dans la Russie méridionale et la Crimée.
Tom. II IV. (Mit 15 Tafeln in gr. Fol.)
Paris 1842. gr. 8.

Vom Herrn Dr. Eduard Eichwald in St.

Petersburg:

Fauna Caspio - Caucasia, nonnullis observationibus novis. Petropoli 1841. gr. 4.

(Schluß folgt.)

gart. 8.

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