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4) die als verdächtig aufgebrachten Schiffe, sofern der gegen sie streitende Verdacht nicht beseitigt wird.

§ 8.

Folgende Gegenstände werden, sofern sie für den Feind oder einen feindlichen Hafen bestimmt sind, als Kriegscontrebande angesehen:

Kanonen, Mörser, alle Arten Waffen, Bomben, Granaten, Kugeln. Zündhütchen, Lunten. Pulver, Kürasse, Armaturgegenstände, Sättel, Zäume, sowie überhaupt alle Gegenstände, welche sich unmittelbar für den Krieg verwenden lassen.

Vorräthe der bezeichneten Art, welche zum Gebrauch für das Schiff selbst dienen, gehören nicht zur Kriegscontrebande.

$9.

Auf neutralem Seegebiete ist jede Anhaltung und Aufbringung umstatthaft.

§ 10.

Diejenigen inländischen Schiffe, welche der Feind genommen hat, und die demselben wieder abgenommen (zurückerobert) sind, werden für gute Prise erachtet, sofern sie nicht als Reprise anzusehen sind.

$11.

Bei der Anhaltung und Durchsuchung eines Schiffes ist von dem Befehlsha ber des Kreuzers folgendes Verfahren zu beobachten.

Der Befehlshaber giebt dem Schiffe das Signal beizulegen oder zu stoppen; er lässt sodann den Schiffer mit den Schiffspapieren zu sich an Bord kommen. Ergiebt sich hierbei kein Bedenken, so gestattet er dem Schiffe, sofort die Reise ungehindert fortzusetzen. Findet er dagegen begründete Veranlassung zu einem die Aufbringung rechtfertigenden Verdacht, so hat er einen Offizier zur näheren Ermittelung der Umstände auf das Schiff zu senden. Bei dieser Ermittelung dürfen verschlossene Räumlichkeiten, Verschläge, Schränke, Kisten, Tonnen, Fastagen oder sonstige Behälter nicht geöffnet oder erbrochen werden. Der mit der Ermittelung beauftragte Offizier hat vielmehr die Räumlichkeiten u. s. w., deren Durchsuchung er für nothwendig erachtet, durch den Schiffer öffnen zu lassen. Nur unter Zuziehung des letzteren darf auch die lose im Schiffe liegende Ladung durchsucht werden.

$ 12.

Neutrale Schiffe, welche unter Konvoi von Kriegsschiffen einer neutralen Macht gehen, sind der Untersuchung nicht unterworfen; es genügt die Erklärung des Befehlshabers des Konvoi, dass die Papiere der konvoiirten Schiffe in Ordnung sind, und dass dieselben keine Kriegscontrebande an Bord haben.

§ 13.

Der Befehlshaber eines Kreuzers, welcher ein Schiff (Prise) aufgebracht hat, muss strenge darüber wachen, dass von der Ladung oder dem Schiffszubehör

nichts gelöscht, verkauft, vertauscht oder beseitigt wird oder sonst verloren geht. Er hat unter Zuziehung des Schiffers oder Steuermanns des aufgebrachten Schiffes die Ladung, soweit thunlich, unter Siegel oder Verschluss zu legen.

Die Schiffspapiere sind von dem Befehlshaber des Kreuzers nebst einem von ihm und dem Schiffer des aufgebrachten Schiffes unterschriebenen Verzeichniss mit dem Siegel des Kreuzers und mit dem Siegel des Schiffes in einem Konvolut zu verschliessen.

$ 14.

Der Befehlshaber des Kreuzers hat sodann die nöthigen Vorkehrungen zu treffen, indem er erforderlichenfalls einen Offizier mit der zureichenden Mannschaft an Bord des aufgebrachten Schiffes sendet, damit das letztere in einen Preussischen Hafen oder, wenn dies mit Schwierigkeiten verbunden ist, in den Hafen einer mit Preussen verbündeten Macht, wo militäricher Schutz in Aussicht steht, gebracht wird. Die Ladung darf bis dahin nicht geöffnet werden; es sei denn, dass der Schiffer oder dessen Stellvertreter behufs Erhaltung des Ladung in die Oeffnung einwilligt.

$ 15.

Die Führung des Schiffes nach einem anderen Hafen oder Platze ist nur dann gestattet, wenn Sturm, Unwetter, Mangel an Proviant, feindliche Verfolgung oder eine sonstige Seenoth es erfordern. Auch in einem solchen Falle ist das Schiff ohne Brechung der Ladung in dem im § 14 bezeichneten Hafen zu bringen, sobald es die Umstände gestatten.

$16.

Wenn das Schiff wegen Haverei nicht weiter gebracht werden kann, oder wenn die Ladung aus leicht verderblichen Gütern besteht, so liegt dem Befehlshaber des Kreuzers oder dem die Prise führenden Offizier ob, nach bestem Ermessen unter Zuziehung des Schiffers und des Preussischen Consuls, falls ein solcher an dem betreffenden Orte vorhanden ist, die zum Besten des Schiffes und der Ladung dienlichen Massregeln zu treffen.

$ 17.

Sobald das Schiff in den im § 14 bezeichneten Hafen gebracht ist, muss es der Hafenpolizei-Behörde oder den nach § 39 der Bestimmungen über das Verfahren in Prisensachen zuständigen Beamten übergeben und gemäss §§ 8 und 39 dieser Bestimmungen verfahren werden.

$18.

Die Mannschaft des aufgebrachten Schiffes wird bis zur Entscheidung der Sache auf Staatskosten unterhalten und verpflegt. Wird die Prise verurtheilt, so sind die unter der Mannschaft befindlichen feindlichen Unterthanen als Kriegsgefangene zu behandeln. Die Unterthanen befreundeter oder neutraler Mächte werden dagegen an die Consuln der betreffenden Staaten zur weiteren Veranlassung übergeben.

Der Befehlshaber des Kreuzers, von welchem eine Prise aufgebracht ist, hat über die Aufbringung einen ausführlichen Bericht an seine vorgesetzte Behörde zu erstatten.

Zweiter Abschnitt.

Von der Blockade feindlichen Häfen.

$ 20.

Ein Hafen gilt als blockirt, wenn er durch ein oder mehrere Kriegsfahrzeuge dergestalt gesperrt ist, dass ein Handelsschiff ohne augenscheinliche Gefahr der Aufbringung in den Hafen nicht einlaufen oder aus demselben nicht auslaufen kann.

$ 21.

Der Befehlshaber, welcher mit der Ausführung der Blockade beauftragt ist, hat nach seiner Ankunft auf der Blockadestation sämmtlichen in dem Hafen residirenden Consuln die Blockade schriftlich anzuzeigen, zugleich auch die in dem Hafen liegenden neutralen Schiffe aufzufordern, binnen einer angemessenen, von dem Befehlshaber nach Anhörung der Vorschläge der Schiffsführer zu bestimmenden Frist, den Hafen zu verlassen.

$22.

Jedes Schiff ohne Unterschied der Nationalität, welches die Blockade zu durchbrechen versucht, ist aufzubringen und als gute Prise anzusehen. Ein neutrales Schiff, welches innerhalb der in § 21 bezeichneten Frist den blockirten Hafen verlässt, darf jedoch wegen Blockadebruchs nicht angehalten und aufgebracht werden.

$ 23.

Ein Versuch, die Blockade zu durchbrechen, ist bei einem neutralen Schiffe nur dann anzusehen, wenn das Schiff von der Blockade Kenntniss hatte.

$24.

Ob das Schiff von der Blockade Kenntniss hatte, ist nach den Umständen des Falles zu beurtheilen, in welcher Beziehung insbesondere die längere oder kürzere Zeit von Einfluss ist, welche seit der Verkündung und Anzeige der Blockade verstrichen ist.

Wenn der Befehlshaber des betreffenden Kriegsfahrzeuges dafür hält, dass die Blockade dem Schiffe nicht bekannt gewesen sei, so hat er dasselbe davon in Kenntniss zu setzen, diese Benachrichtigung auf den Schiffspapieren, insbesondere auf den zum Ausweis der Nationalität dienenden Urkunden, sowie im Journal des Schiffes zu vermerken, das letztere zurückzuweisen und zur Aenderung seines Laufes zu veranlassen.

Die Ausklarirung nach einem blockirten Hafen oder der Lauf des Schiffes nach einem solchen Hafen gilt noch nicht als Versuch, die Blockade zu durchbrechen.

$ 26.

Das weitere Verfahren, im Falle der Aufbringung eines Schiffes wegen Blockadebruchs bestimmt sich nach den Vorschriften des ersten Abschnittes.

Schlussbestimmungen.

$ 27.

Die Befehlshaber und Offiziere der Kriegsfahrzeuge haben sich nach den Bestimmungen dieses Reglements sorgfältig zu richten. Sie werden, falls sie demselben zuwider handeln, zur Verantwortung gezogen und können ausserdem zum Ersatz der aus einem widerrechtlichen Verfahren entstandenen Schäden und Kosten verurtheilt werden.

$28.

Ein Exemplar dieses Reglements soll sich an Bord eines jeden kreuzenden Kriegsfahrzeuges befinden.

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