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eben nicht sehr auffallend. Nur mußte man sich wundern, daß diese Krankheitsformen, welche gewöhnlich zur Zeit der Erndte einzutreten pflegten, jest schon so früh in der Mitte Julii sich einstellten, und zwar mit ungewöhnlicher Heftigkeit und Schnelle eine große Anzahl Menschen ergriffen. Ohne Unterschied des Geschlechtes und Alters wurde jedoch am meisten die arbeitende Claffe und besonders auf dem Lande davon befallen, indem die höhere Claffe der Einwohner Meldorfs und diejenigen Handwerker mehr verschont blieben, deren Geschäfte keinen großen Kräfteaufwand erforderten, und die nicht so häufig der Einwirkung der freien Luft ausgeseht waren. Diejenigen wurden nåmlich am schnellsten und heftigsten von der Krankheit ergriffen, deren Körperkräfte durch angestrengte Arbeiten besonders auf freiem Felde häufig erschöpft wurden, die bei starker Erhitzung des Körpers zu viel und schlechtes Getränk zu sich nahmen oder sich unbedachtsam bei der übermäßigen Hitze Erkältungen aussetzten.

§. 4.

Um den Character und die Symptome der Epidemie gehörig zu würdigen und zu unterscheiden, müsfen wir auf das Leiden zweier Systeme des Organismus besonders Rücksicht nehmen, welche nämlich wäh= rend der ganzen Dauer der Epidemie am meisten afficirt waren, zwar häufig zu gleicher Zeit, doch mei

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stens das eine System vor dem andern so vorherr schend, daß dadurch der individuelle Character der Krankheit ganz allein bestimmt wurde. Darnach unterscheiden wir die Symptome 1) in solche, welche brfonders hervorgingen aus dem vorherrschenden Lei= den der Galle bereitenden und Digestions-Organe. 2) In solche, welche besonders bedingt wurden durch das hervorstechende Leiden des Nervensystems.

§. 5.

Selten gingen der Krankheit im Anfange Vorbos ten vorher, meistens wurden die Menschen plötzlich bavon befallen. Oft wurde der Landmann bei der Arbeit auf dem Felde davon ergriffen, und mußte nur eilen nach Hause gebracht zu werden. Oft war er ermüdet, doch noch dem Gefühle nach gesund von der Arbeit zu Hause angelangt, um durch Speise und Trank sich zu erquicken, neue Kräfte zu sammeln und dann gestärkt zu der angreifenden Feldarbeit bei der großen Hiße zurückzukehren, doch den Keim der Krankheit schon in sich tragend lag er schon eine Stunde spåter auf dem Krankenlager.

Unvermuthet wurden die Kranken von einem meiftens heftigen Froste ergriffen, dem eine brennende Hite folgte, begleitet von heftigem Durst und uner- › träglichem Kopfschmerzen vorzüglich in der Stirne, die leicht bis zum Delirium gesteigert wurden. Dabei ent=

stand bald ein unangenehmer bitterer Geschmack im Mynde, Aufstoßen, Uebelkeit und heftiges Erbrechen erst der zufälligen Contenta des Magens, dann einer gelblichen grünen braunen oder schwarzen, dünnen oft dicken zåhen, unangenehm säuerlich schmeckenden Materie, deren Schärfe oft die Zähne abstumpfte, Brennen im Halfe und Aphthen erregte. Das Erbrechen wurde oft von Durchfall begleitet, wodurch eine ähn liche bald sehr dünne bald mehr dickliche Materie von sehr penetrirendem Geruche, entleert wurde. Begleiter dieses Zustandes waren oft eine gelbliche Farbe um den Mund und die Nase, der Conjunctiva des Auges; eine umschriebene mennigrothe schmußige Farbe der Wangen, Bittern der Unterlippe, Druck in der Herzgrube, Druck und Spannung unter den kurzen Rippen besonders in der Milzgegend, verbünden mit dem Gefühl von Vollheit und Beklommenheit, anxietas praecordiorum. Diese Gegenden waren oft schmerzhaft bei der Berührung. Mitunter auch entstanden consensuelle Stiche in der Seite, pleuritis biliosa. Die Zunge war belegt entweder mit grauen Streifen an den Rändern, in der Mitte gelblich weiß, oder die Zungenwurzel gelblich weiß, braungelb; oder ein dikker gelbbrauner Ueberzug bedeckte die ganze Zunge und Mundhöhle, doch war die Zunge in diesem Zustande meistens feucht. Der Urin war trübe milchicht, urina jumentosa, oder er war klar von dunkkler Farbe, sette aber meistens bald reichlichen Bo

densat ab..

Der Puls war meistens unregelmäßig, frequent bald voll, bald klein und weich, oft auch intermittirend. Oft empfand der Kranke einen stumpfen Schmerz und Unruhe in Lenden und Beinen, anxietas crurum. In der acme der Krankheit wurden oft die Extremitåten kalt und so wie die Stirne mit kaltem klebrigen Schweiße bedeckt. Kranke schlief wenig, ängstlich und unruhig.

Der

Diese erste Reihenfolge derjenigen Symptome, welche aus einem prådominirenden Leiden der Digestions und Galle bereitenden Organe ihren Ursprung nahmen, und nur zu deutlich einen gastrisch-bilidsen Krankheitszustand bezeichneten, befiel natürlich mehr oder weniger heftig und modificirt nach der so sehr verschiedenen Körperconstitution die Kranken. Dieser Krankheitszustand war überhaupt nur vorherrschend in den ersten anderthalb Monaten, ging meiner Beobachtung zufolge nur selten in den unten zu beschreibenden nervösen Zustand über, sondern dauerte, wenn er auch in der größten Heftigkeit auftrat, bei zweckmåßiger Behandlung gewöhnlich nur kurze Zeit. Den Anfangs heftigen Frost habe ich in den folgenden Tagen nie wiederkehren sehen. Das Fieber hatte bei diesem Zustande entweder den anhaltenden oder remittirenden Eypus, und ich habe ihn, was in Norder= dithmarschen fast immer der Fall war, nur selten in den rein intermittirenden übergehen sehen. Auch habe ich bei diesem Zustande den in Norderdithmarschen so

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häufigen und heftigen Sopor nicht bemerkt. Das Erbrechen und der Durchfall dauerten gewöhnlich nur einen bis acht Tage, womit gleichzeitig das Fieber abnahm, die Hiße sich in wohlthätigen Schweiß auflöste, die gastrisch-bilidsen Symptome verschwanden, und die Ge sundheit gewöhnlich in acht bis vierzehn Tagen wieder kehrte. Nur blieb noch häufig eine große Körperschwåche zurück, besonders wenn von dem Kranken eine zweckmäßige Nachbehandlung verabsäumt wurde, wo sich dann auch leicht verderbliche noch unten anzuführende Nachkrankheiten einzustellen pflegten.

§. 6.

Die zweite Hauptkrankheitsform gab sich durch diejenigen Symptome zu erkennen, welche besonders durch ein Hauptleiden des gesammten Nerversystems bedingt werden. Die erstere Krankheitsform ging, wie gesagt, nur selten in diese zweite über. Diese zweite stand gleichsam von der erstern abgesondert da, und hängt nur durch ähnliche Vorboten damit zusammen. In Norderdithmarschen scheint dieselbe gar nicht so isolirt vorgekommen zu seyn, weil derselben durchaus nicht erwähnt ist. In Süderdithmarschen kam sie besonders in den lehten Monaten 1826, und 1827 weit håufiger vor als die erstere. Sie entstand nicht so plöhlich, sondern es gingen mei= stens einige Tage oder Wochen Vorboten vorher, als krankhafte Affection des Gemeingefühls, Schwere in den Gliedern, besonders in den Armen und Beinen, Mattig=

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