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Literarisches Centralblatt

für

Deutschland.

Herausgegeben

von

Friedrich Zarnd e.

Jahrgang 1866.

Leipzig,

Eduard Ave nariu s.

1866.

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für Deutschland.

Nr.1.]

Verantwortlicher Herausgeber Professor Dr. Friedrich Zarncke.

[1866.

Erscheint jeden Sonnabend.

Theologie.

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Clementina. Herausgegeben von Paul de Lagarde. Leipzig, 1865. Brockhaus. (31, 200 S. gr. 8.) 2 Thlr. 20 Sgr.

Der verdiente Herausgeber der syrischen Recognitionen und der apostolischen Constitutionen bietet uns in vorliegender Ausgabe eine dritte unter dem Namen des römischen Clemens verbreitete Schrift, deren hohe Wichtigkeit für die Geschichte des Urchristen-❘ thums die Herstellung eines urkundlich sicheren Textes längst als in dringendes Bedürfniß erscheinen ließ. Der Pariser Cod. graec. 930, welchen Cotelier seiner Ausgabe zu Grunde gelegt hatte, war seit Cotelier nicht wieder, der von Dressel 1838 aufgefundene cod. ottobonianus, der einzige welcher die Homilien vollständig enthält, von Dressel selbst für seine Ausgabe (1853) nur ungenau verglichen worden. Schwegler hatte für seine Recognition des Tertes (1847) nur das benußen können, was Cotelier bot. Herr Lagarde hat nun den Pariser Coder „möglichst genau nach. verglichen“, von dem Ottobonianus, welcher mit dem Pariser aus derselben Quelle stammt, wenigstens die zwei lezten Bücher (hom. 19 u. 20) in Rom neu vergleichen lassen, für Buch 1-18 mußte er sich, da ihm die Collation der ganzen Handschrift zu theuer jekommen wäre, „mit einer nach eigenem Ermessen angestellten Auswahl aus Herrn Dressel's Noten begnügen.“ Eine Nachlese wird also hinsichtlich des lezteren Coder wohl auch künftig noch manches Neue bringen, dennoch ist bei der großen Verwandtschaft beider Manuscripte schon der von Herrn de Lagarde beschaffte Apparat sicher genug, um darauf hin eine urkundliche Herstellung des Textes mit gutem philologischen Gewissen zu wagen. Auch fann es nur Billigung finden, daß der Herausgeber nur sehr selten fich berechtigt glaubte aus der Epitome zu bessern, da dieselbe sicher einen schon zurechtgemachten Tert enthält. Und ebenso verständig war es, daß derselbe (mit Ausnahme von drei Stellen) sich jeder Besserung des Textes aus den Recognitionen enthielt, denn wie er richtig bemerkt, handelt es sich um das Verhältniß der Homilien und der Recognitionen, so können wir unmöglich, ehe wir es fest. gestellt haben, das eine Buch aus dem andern corrigieren."

An dem vom Herausgeber gebotenen Texte wird mithin auch fünftig noch sehr viel zu bessern sein, ja die eigentliche höhere Kritik joll überhaupt erst noch ihren Anfang nehmen und ist, wo sie bisher schon versucht wurde, sicher verfrüht. Aber die urkundliche Grundlage liegt wenigstens für die Homilien in Lagarde's Ausgabe jezt vor, und es ist nur lebhaft zu wünschen, daß der Her. ausgeber dasselbe, was er für die Homilien gethan, auch für die Recognitionen auf Grund des S. (23) ff. von ihm verzeichneten Apparates unternehmen möge.

Ueber den gebotenen Tert kann Referent nur bemerken, daß er an zahllosen Stellen die bisherigen Drucke aus den Handschriften berichtigt, wie jeder sich selbst überzeugen kann, wenn er nur ein paar Seiten mit der Schwegler'schen oder Dressel'schen Ausgabe vergleicht. Mit eigenen Emendationen ist der Herausgeber möglichst zurückhaltend gewesen, den Emendationen seiner Vorgänger

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Preis vierteljährlich 2 Thlr.

redet er wenig Lob nach, benußt sie aber doch häufiger, als man nach dem absprechenden Urtheile der Vorrede erwarten sollte, und Referent kann die Bemerkung nicht unterdrücken, daß der ungerechte Ausfall auf Schwegler S. (5) 3.7 ff. v. u. besser ungeschrieben geblieben wäre. Um die richtigere Interpunction hat Hr. de Lagarde sich wesentliche Verdienste erworben und dadurch eine ganze Menge von Stellen erst lesbar gemacht; doch sei es zur Steuer der Wahr. heit bemerkt, daß ihm Schwegler auch in diesem Stücke schon in anerkennenswerther Weise vorgearbeitet hat. Ein besonderes Ge wicht legt der Herausgeber darauf, daß er die Citate aus der Bibel und die Anspielungen auf biblische Aussprüche genau nachgewiesen habe. Er ging dabei von der Ueberzeugung aus, daß Pseudoclemens für die Evangelien eine aus allen vier Evangelien zusammenge. stellte Harmonie benut, im Uebrigen aber unsern ganzen gegen. wärtigen Kanon schon in anerkannter Geltung vorgefunden habe. Damit wird er nun wohl vielfachen Widerspruch erfahren, selbst wenn sich schließlich ergeben sollte, daß die gegenwärtige Gestalt unseres Buches etwas später als man bisher annahm zum Abschlusse gekommen ist. In dem „Verzeichnisse der in den Clementien angeführten oder vorausgesezten Bibelstellen" finden wir unter andern 15 Citate aus dem Johannesevangelium, 72 Citate aus den paulinischen Briefen (auch Hebr. 1 u. 2. Tim.), 8 aus den katholischen Briefen, 5 aus der Apokalypse aufgezählt. Aber welche Bewandtniß es mit der großen Mehrzahl dieser Citate habe, mag beispielsweise daraus erhellen, daß für die Redensart sidérai σɛ Jéλw fünfmal auf 1 Cor. 11, 3 und ebenso oft auf Col. 2, 1 verwiesen wird. Soll dies überall eine Anspielung auf eine pau. linische Redensart sein, so möchte sich Referent anheischig machen, noch die doppelte und dreifache Zahl von „citierten“ oder „voraus. gesezten" Stellen zusammenzubringen, z. B. für die Redensarten ἀλλ ̓ ἐρεῖ τις, μάρτυς θεός u. f. m. Over was foll es helfen, für die Dorologien, z. B. am Schlusse der diaμagrvoia, alle neu testamentlichen Stellen zu citieren, in welchen ebenfalls eine Dorologie vorkommt? Zuweilen liegen die Berührungspunkte so fern, daß der Leser beim Nachschlagen vermuthen könnte, der Heraus. geber habe ihn nur zum Besten gehabt. Daß dem falschen Clemens die paulinischen Briefe mindestens theilweise bekannt waren, folgt freilich schon aus der bekannten Anspielung S. 168, 2 auf das zateɣrwoμéros Gal. 2, 11. Aber höchstens von S. 181, 34 vgl. mit Röm. 12, 1 abgesehen vgl. mit Röm. 12, 1 abgesehen kann Referent nirgends andere als polemische Beziehungen auf Paulus entdecken. Besonders instructiv hierfür ist Röm. 20, 19 (S. 197 f.) der Widerruf, wel. chen Faustus unter der Maske des Magiers Simon leisten soll. Die boshafte Anspielung auf 2 Cor. 12, 7 ist hier handgreiflich; aber sehr möglich bleibt auch, daß die Redensarten déoμa vur, εἰδέναι ὑμᾶς θέλω, παρακαλῶ οὖν eine Berfijflage ber paulinident Schreibweise sein sollen. Aber nur wo diese Tendenz vorausgesetzt werden darf, hat man ein Recht, in Redensarten die, an sich ganz geläufig, auch in den Briefen sich finden, Anspielungen auf leßtere zu finden. Die Citate aus den kleineren paulinischen Briefen, den katholischen Briefen, dem Hebräerbrief und der Apokalypse muß

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