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Apfelsäure und Mineralbestandtheile nimmt vom Anfang bis zu Ende des Thränens hin zu.

Zeitschrift für die ges. Naturwissenschaften. Red. C. Giebel u. M. Siewert. Januar.

Inh. 6. Giebel, Cistudo anhaltina n. sp. aus der Latdorfer Braunkohle. Ders., die Schildkröten der Insel Banka. - Niemeyer, die Gehölze unserer Wälder u. Gärten, welche sich zu techn. Zwecken besonders eignen. D. Heer, die organische Natur (gegen Darwin). Literatur 2c.

Chemisches Centralblatt. N. F. 11. Jahrg. Nr. 8 u. 9. Inh.: Fr. Dehn, Beitrag zur Kenntniß der Sulphinverbindungen. J. Bahr u. R. Bunsen, über Ervinerde u. Ottererde. H. Schiff, über einige Si. liciumverbindungen. H. Landoli, über die quantitative Analyse gemischter Flüssigkeiten mittels ihrer Brechungserponenten u. specif. Gerichte. Gilbert Wheeler, eine neue Metbode, Stickstoff in organ. u. unorgan. Körpern zu. gleich mit Koblenstoff u. Wasserstoff zu bestimmen. -Jodin, üb. eine physiol. interessante Eigenschaft der Ameisensäure. Schüßenberger u. Lippmann, über die Einwirkung von essigs. Chlor auf Aethylen.

Mathematik.

Job, M., Lehrbuch der Planimetrie. Für Schulen und zum Privatgebrauch. Mit 200 Abbildgn. im Text. Dresden, 1865. Adler. (V, 216 S. 8.) 1 Thlr. 20 Sğr.

Dieses zunächst für die Schüler des Verfassers bestimmte Lehrbuch gehört, was die Behandlung des Stoffes betrifft, zu den ausführlicheren geometrischen Schulbüchern; in der Auswahl des Stoffes hat sich der Verfasser in der Hauptsache auf das beschränkt, was in dem zweijährigen Cursus der Planimetrie an einer sächfischen Realschule gelehrt werden kann. Aufgaben find in hinreichender Anzahl eingeflochten, um dem Schüler die Anwendbarkeit der einzelnen Lehrsäße klar vor Augen zu führen, sowie die Lehr fäße und ihre Beweise in aller Ausführlichkeit vorgetragen werden, so hat der Verfasser auch bei den Aufgaben immer den Weg angegeben, der zum Ziele führt. Im Ganzen kann das recht klar geschriebene Buch als zum Schul. wie zum Privatgebrauche ganz zweckmäßig bezeichnet und empfohlen werden.

1) Spingler, J. C., Lehrbuch der niederen u. höheren Arithmetik mit besonderer Rücksicht auf gewerbliches Rechnen. Zum Gebrauche für Realanstalten 2c. Stuttgart, 1865. Megler. (XV, 432 S. gr. 8.) 2 Thlr. 4 Sgr.

2) Derselbe, Aufgaben zum Lehrbuch 2c. Ebd., 1864. (164 S. gr. 8.) 20 gr.

Nach seiner bescheidenen Meinung hat der Verfasser „an der Hand einer den jezigen Verhältnissen entsprechenden Aufgaben. sammlung ein genau zusammenhängendes, organisch gegliedertes und für das Selbststudium berechnetes Lehrgebäude der niederen und höheren Arithmetik in dem Umfange und der Ausdehnung aufgebaut, wie sie die auf dem Titel genannten Lehranstalten, ins. besondere aber die Fortbildung der Volksschullehrer erfordern. dürfte." Weiter sagt derselbe, daß er mit Umgebung aller derjenigen Lehrsäße, die nur einer unfruchtbaren Theorie dienen" hauptsächlich diejenigen Säße berücksichtigt hat, die für das prak tische Rechnen und seine wissenschaftliche Begründung irgendwie von Bedeutung" sind. Damit ist in der That besser als durch den obigen Sah die Tendenz des ganzen Buches ausgedrückt. Dasselbe ist vor allen Dingen für Volksschullehrer bestimmt, die von dem Seminar gar keine, oder nur eine dürftige mathematische Bildung mitbringen; diese soll es in der Lösung von praktischen Aufgaben und im Logarithmenrechnen unterweisen. Von einem „organisch geglie. derten" Lehrgebäude der Arithmetik kann dabei weiter keine Rede sein. Des Rechnens mit Buchstabenausdrücken hat sich der Verfasser in den meisten Fällen, namentlich bei Ableitung von Regeln ganz enthalten, was eine große Weitschweifigkeit zur Folge hat. Troß dieser Umständlichkeit in der Darstellung sind auch bei ein fachen Dingen Fehler mit untergelaufen. So findet sich S. 131 die folgende allgemeine Regel für die Aufsuchung der Summe der Glieder bei der fallenden Progression: Ziehe vom Producte des

ersten Gliedes mal dem Nenner des Exponenten das lehte Glied ab und dividiere diesen Rest mit dem um 1 verminderten Nenner des Exponenten." Diese Regel ist offenbar nur für die Fälle berechnet, in denen der Exponent ein Bruch mit dem Zähler 1 ist, als wenn nur solche Exponenten möglich wären! Der Begriff des Logarithmus findet sich nur ganz unvollständig angegeben, denn da der Verfasser die Lehre von den Potenzen mit gebrochenen und negativen Exponenten gar nicht erwähnt, wahrscheinlich weil er sie für eine unfruchtbare Theorie" hält, so erfährt der Leser schlechter. dings nicht, wie Logarithmen mit gebrochenen Werthen eigentlich zu Stande kommen und was sie bedeuten. Solche Mängel schließen das Buch natürlich aus von der Benußung an Anstalten, wo die Mathematik als formales Bildungsmittel getrieben wird; daß sie auch beim Selbstunterrichte im höchsten Grade störend und schädlich wirken, ist selbstverständlich, da hier die verbessernde Nachhülfe des Lehrers fehlt. G-I.

Rechts- und Staatswissenschaft.

Ziebarth, Karl, die Realexecution und die Obligation. Mit besonderer Rücksicht auf die Miethe erörtert nach römischem und deut schem Recht in Vergleich mit dem preußischen. Halle, 1866. Buchhandlung des Waisenhauses. (VIII, 328. S. gr. 8.) 1 Thlr. 15 gr.

Die Frage, was der Inhalt oder Gegenstand eines Rechtes jei, findet nach dem Verfasser ihre entscheidende Antwort erst in der Executionsinstanz: nur was hier mit Hülfe des Staates erzwungen werden kann, ist als im Rechte begriffen staatlich anerkannt, alle scheinbar weiter reichenden Formulierungen der materiellen Gejez. gebung, der Doctrin und selbst der Urtheile sind daneben ohne Realität. Es berührt daher das Wesen des auf eine Sache bezüglichen Rechts, je nachdem die Execution den zur Gewährung derselben Verurtheilten nur indirect zur Uebergabe zu nöthigen sucht, wenn sich sein widerstrebender Wille aber unbeugsam erweist, diesen Willen gelten läßt und dem Berechtigten nur zu einem Surrogate in Geld, nicht zur streitigen Sache verhilft, oder wenn lettere dem Sieger mit Gewalt, ohne Mitwirkung des Gegners, verschafft wird, nach der Bezeichnung des Verfassers durch „Realexecution."

Für das classische römische Recht wird den mannigfach abwei. chenden herrschenden Meinungen gegenüber der Nachweis angetre ten, daß dasselbe Realerecution in diesem Sinne fannte für ding. liche und Besitzklagen, sowie für die verwandten Fälle, wenn ein obligatorisch Verpflichteter anvertraute, ihm also fremd gebliebene Sachen zurückzugeben hatte, daß aber für obligatorische Ansprüche auf Gewährung versprochener Sachen jene directe Hülfe versagt war, daß also der Verpflichtete die Sache von Rechtswegen behal. ten, den Berechtigten in Geld abfinden konnte. Für die Miethe, welche der Verfasser überall in den Vordergrund stellt, ergiebt sich, daß der Miether selbst durch die Uebergabe der Sache kein Recht an derselben erlangte, daß der Vermiether die fernere Gewähr nach Belieben verweigern, den Miether, als Detentor jederzeit, selbst im Rechtswege entsehen konnte und daß sich dieser dann, ohne Reten. tionsrecht, lediglich auf eine Interesseforderung angewiesen sah. Der Succeffor des Vermiethers hat dessen Rechte, nicht weil Kauf Miethe bräche, sondern weil sich der Miether von vorn herein nicht gegen den Willen des Eigenthümers in der Sache behaupten konnte, womit sich alle Widerspräche lösen, die sich auf dem Boden des römischen Rechtes ergeben, wenn man den Miether gegen seinen Contrahenten, aber nicht gegen dessen Rechtsnachfolger schützen will.

Wenn nun schon das spätere römische Recht an diesen Unterschieden nicht mehr mit voller Strenge festhielt, wenn jedenfalls die gemeinrechtliche Praxis „Realerecution" in umfassendster Weise für obligatorische Ansprüche aller Art zuläßt, so liegt dem eine wesent lich veränderte Auffassung der letteren, der Obligation selbst, zu

Grunde. Der Berechtigte hat nicht eine Handlung des Gegners abzuwarten, um durch sie erst ein Recht auf die Sache zu erwerben, er fann sich diese mit Hülfe des Gerichts nehmen, und es wird hierdurch klar, daß nach modernen Anschauungen die Sache vom Vertragsrechte in seinem Entstehen schon unmittelbar erfaßt wird. Hierin findet der Verfasser den Keim eines relativ dinglichen" Rechtes, das zwischen die persönlichen und dinglichen Rechte des römischen Rechtes zu stellen ist, womit sich das ganze Rechtssystem wesentlich modificiert. Dieser Keim bewährt seine Lebenskraft nicht nur in dem veränderten Executionsmodus, sondern in gewaltsamer Interpretation des römischen Rechtes, in zahlreichen Controversen aus dem Miethsrechte und verwandten Lehren, auf welche die modificierte Grundanschauung geführt, vor allem aber in der Bedeu tung, welche er für neuere Codificationen gewonnen hat.

Der Verfasser sucht nun im Anschluß an das ältere und neuere deutsche Recht, namentlich das A. L. R., die vollen Consequenzen dieser Auffassung zu ziehen, das „relativ dingliche“ Recht civilistisch zu construieren, die Grenzen zwischen ihm und den dinglichen Rech. ten des römischen Rechts möglichst scarf zu ziehen. Von den Details absehend, können wir nur die Hauptresultate andeuten.

Das Recht zur Sache", auf Gewähr der versprochenen Sache, müssen, wie die Contrahenten, auch Dritte respectieren, welche col lidierende Rechte geltend machen wollen, sobald sie bei Erwerb der lehteren Kenntniß von jenem hatten. Es wird zum dinglichen, Allen gegenüber verfolgbaren Rechte auf die Sache, wenn es durch Eintragung in die Grundbücher oder Uebergabe der Sache Allen erkennbar geworden ist, endlich nach deutscher Rechtsauffassung, auf welche die actio quod metus causa des römischen Rechts schon hinweist, auch dann, wenn der Besitz der Sache, welcher ein Recht daran erkennbar machte, wider Willen verloren ging. Der Miether erlangt also durch die Uebergabe Rechtsbesik, er hat die seinem Rechte entsprechenden possessorischen und petitorischen Klagen gegen den Vermiether, dessen Rechtsnachfolger, dritte Turbanten, gegen alle, die sein Recht kannten oder kennen mußten bei dem Erwerbe der ihrigen.

Die Annahme, der Verfasser wolle sich mit einer Construction nach allgemeinen Gesichtspunkten in souveräner Weise mit den Schwierigkeiten der Aufgabe abfinden, würde eine irrige sein. Er legt vielmehr den Schwerpunkt der Darstellung in ein ungemein reiches Detail, sezt seine Hebel gerade da ein, wo die wichtigsten praktischen Fragen meist eine höchst zweifelhafte, widerspruchsvolle Lösung gefunden haben. Er bewegt sich mit ebensoviel Vorsicht als Freiheit und zieht jene systematischen Consequenzen de lege. ferenda schließlich nur, weil kein anderer Ausweg übrig zu bleiben, das geltende Recht keine in sich vollendete Durchbildung aufzuweisen scheint. Der Grundgedanke wird in seiner Bedeutung für alle Rechtsmaterien, die in Frage kommen können, geprüft und erweist fich überall als ein fruchtbarer; es gelingt dem Verf. oft frappante Schlaglichter auf die mannigfachsten Lehren zu werfen, und selbst da, wo er nicht vollständig überzeugen möchte, doch immer anzuregen, zu erneuter Prüfung und Discussion aufzufordern.

So ist die Schrift eine äußerst beachtenswerthe Leistung in der fritischen Richtung, auf welche Jhering so eben wieder mit allem Nachdrucke hingewiesen hat, im Gegensaße zu den dogmatischen Darstellungen, welche, im Interesse praktischer Brauchbarkeit, in Wetteifer mit den Codificationen eine systematische Abgeschlossenheit ihres Stoffes fingieren, die in Wahrheit nicht existiert, und welche Echwierigkeiten, wie sie der Verfasser aufsucht, deshalb oft genug als ein noli me tangere behandeln. Diese Methode läßt den Verfasser zugleich die engen Grenzen überschreiten, welche die Ger. manisten mit einer gewissen Verzagtheit einzuhalten pflegen, er plaidiert nicht für die Duldung vereinzelter Rechtssäte, sondern geht energisch zum Angriffe über. An Stelle der dürftigen moralisierenden Pointen, auf welche man die Eigenthümlichkeiten des A. L. R.'s zurückzuführen pflegt, seht er juristische, die sofort Bedeutung für das ganze Rechtssystem in Anspruch nehmen. Er

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erhebt in beredter und geistvoller Weise seine Stimme für lebendiges deutsches Recht, das die praktische Probe in Preußen im Wesentlichen siegreich bestanden hat und auf welches uns nicht nur nationale Sympathien, sondern auch moderne Verkehrsbedürf nisse hinweisen, denen das alte Recht wenig entspricht.

Wir schließen mit dem Wunsche, der Verfasser solle auch die für jest von ihm geflissentlich übergangenen eigenthümlichen Verwicklungen noch einer Erörterung unterziehen, welche mit der Erhebung obligatorischer Rechte zu relativ dinglichen gegeben sind, die ganz eigenthümliche Succession in die Miethsobligation z. B., in welche der Erwerber einer Sache unter Umständen wider seinen Willen eintritt, wenn er die Sache von seinem Autor frei von Miethsrechten erwarb, trosdem aber bestehende Miethsrechte dritter Personen nach obigen Grundsäßen gegen sich gelten lassen muß. Nur eine sehr eingehende Behandlung wird das Dunkel lichten können, das zur Zeit noch über derartigen Fragen ruht.

Statistisches Jahrbuch der österreichischen Monarchie für das Jahr 1864. Herausgegeben von der k. k. statistischen Central-Commission. Wien, 1865. Prandel u. Ewald in Comm. (3 BI., 507 S. Imp.-8.) 2 Thlr. 12 Sgr.

Ein statistisches Jahrbuch soll ein Repertorium für den Stand und die Bewegung der statistisch erfaßbaren Zustände des betreffenden Staates sein. Vollständigkeit, Uebersichtlichkeit, Sicherheit sind Hauptbedingungen. Die erstere wäre im vorliegenden Jahr. buche nur erreicht, wenn Oesterreich hauptsächlich aus VerwaltungsOrganismus, Wohlthätigkeits- und Lehranstalten, und Staats. schulden bestände, denn die Nachweisungen über diese nehmen einen zum Uebrigen unverhältnißmäßig großen Raum ein. Die Landwirthschaft des ganzen Staates ist auf 17 Seiten abgemacht. Nichts von landwirthschaftlicher Bevölkerung, Forstwirthschaft, Grundbelastung, Grundeigenthumsvertheilung (warum sind nicht einmal die trefflichen Böhmischen Arbeiten hierüber benut?). Die Gewerbsindustrie ist mit Aufzählung der in den einzelnen Zweigen beschäftigten Individuen abgethan. (Wir empfehlen das Jahrbuch für Industrie und Handel in Desterreich, herausgegeben vom Ver. ein der österreichischen Industriellen. Jahrgang 11. 1866.) Nicht besser geht es den übrigen Verkehrszweigen. Bei dieser Dürftigfeit des Inhalts sollte man desto größere Uebersichtlichkeit erwarten. Dazu tragen Mangel eines detaillirten Inhaltsverzeichnisses, gut nuancierten Drucks, Gedrängtheit der Tabellen, andrerseits unpassende Raumverschwendung und Compliciertheit der Tafeln nicht bei. Abgesehen davon, ob man in einem solchen Jahrbuche nicht ausgeführte Verhältnißberechnungen erwarten müsse, sollten wenig. stens Summirungen der Grundzahlen, wie von Weiblich und Männlich bei den Eterblichkeitstafeln S. 22 ff., nicht fehlen. Ueber die Sicherheit der Data läßt sich kein Urtheil fällen, da auch hier wie so vielfach bei statistischen Publicationen dem belgischen Beispiele nicht gefolgt ist, und kein Text zur Aufklärung über Erhebungsart und Zusammenstellung der Data beigegeben wurde. Von vornherein kann man auf Angaben wie über die landwirth, schaftliche Production teinen Werth legen in einer Statistik, welche die einfachsten agrarischen Grundverhältnisse unberücksichtigt läßt.

Wie weit das ganze Unternehmen nicht nur hinter den bescheidensten Anforderungen, sondern auch anderwärts schon Geleistetem zurücksteht, ergiebt sich jedem aus Vergleichung mit ähnlichen: wie das sächsische und das preußische Jahrbuch. Daß sich troß alledem einzelne auch wissenschaftlich wichtige und interessante Data vorfinden, ist selbstverständlich. Wenn im Vorworte hervorgehoben ist, daß die Darstellung eine der Gegenwart möglichst nahe gerückte. sei, so erkennen wir das an; wenn aber weiter gemeint ist, daß die für die Verwaltung und Wissenschaft wichtigsten und der administrativen Statistik zugänglichen Ergebnisse hier vorgelegt seien, so kann man nur sagen, daß österreichische Verwaltung und Statistik noch bedeutenderer Verbesserungen fähig sein müssen, und hoffen, daß die dort ausgesprochene Selbstzufriedenheit und der Quietis.

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Inb.: Roloff, 1) find Engagementsverträge zwischen Kaufleuten und ihren Handlungsgehülfen Handelsgeschäfte? 2) Sind die mit dem Schiffsvolk abgeschlossenen Heuerverträge Handelsgeschäfte? Fr. Zimmermann, über die Bestimmungen des Art. 347 des allg. deutschen Handelsgeseßbuchs. Ackermann, wenn ist der Empfänger unbestellter Waaren zu deren Behalten u. Bezahlen verpflichtet? (Art. 347 H.-G.-B.) Zur Auslegung des Art. 356 des Handelsgesegbuchs. Rechtsfall, mitgetheilt von Roloff. Lincke, über die Vorausseßungen der Haftrflicht des Principals für die durch entlas. sene Handlungsbevollmächtigte, Procuristen und einfache Bevollmächs tigte (sogen. Agenten) verübten Betrugshandlungen. Kleincre Bei= träge. Handelsrechtliche Entscheidungen 2.

Sprachkunde. Literaturgeschichte.

Ulfilas oder die uns erhaltenen Denkmäler der gothischen Sprache. Text, Grammatik, Wörterbuch, bearbeitet und herausgegeben von Fr. L. Stamm. 3. Aufl. Besorgt von Dr. M. Heyne, Docenten an der Universität zu Halle. Paderborn, 1865. Schöningh. (XVI, 388 S. 8.) 1 Thlr. 20 Sgr.

A. u. d. T.: Bibliothek der ältesten deutschen LitteraturDenkmäler. I. Band.

Einen besonderen Werth hat diese neue, von Hrn. Dr. Heyne in Halle besorgte Auflage der mit Recht beliebt gewordenen hand. lichen Ausgabe von Stamm dadurch erhalten, daß bereits die Resultate der neuen Uppströmischen Lesungen Aufnahme gefunden haben. Es werden durch dieselben geradezu eine Anzahl Worte aus unserem Wörterbuche getilgt, und es ist daher sehr dankens werth, daß in einem Nachtrag diese leßteren ausdrücklich aufgeführt worden sind. Manche crux wird dadurch entfernt und man muß erstaunen über die Unzuverlässigkeit des Castiglionischen Textes, der 3. B. managein statt arbja, los statt ald giebt.

Sehr bequem ist dann auch die Veränderung, daß die Varian. ten nunmehr unter den Text gestellt, nicht mehr in den Anhang verwiesen sind. Im Uebrigen aber ist weniger an der Ausgabe geändert als wir erwartet hatten. Freilich directe Versehen wie der in der ersten und zweiten Ausgabe der Grammatik gleichmäßig fich findende Fehler im Dual und Plural des Präteritums von vilja, ferner die wunderlichen Trennungsstrichelchen im Ver. bum im, wie es scheint um z. B. auch in der 3. Pl. sind (s-i-nd) einen vocalisch anlautenden Stamm zu bekommen und andere sind entfernt worden, auch das auf einem Druckfehler bei Gabeleng und Löbe beruhende Part. frothans, das selber auch in des jeßigen Herausgebers Kurze Grammatik der altgerm. Sprachstämme" (obenein mit gesperrter Schrift) Eingang gefunden hatte. Aber sonst ist fast gar nicht geändert. Noch immer finden wir das etwas naiv naturalistische dida, dad, dedum, didans paradieren, ob wohl Heyne gewiß, wenn er tuom, dôm und dadhâmi, tioqu zusammenhält, nicht glauben wird, daß es je in den germanischen Sprachen ein Präsens dida fönne gegeben haben; auch werden f und h noch unter die Aspiraten gerechnet. An anderen Stellen orientiert eine Anmerkung über die abweichende Ansicht des Her. ausgebers, so in Betreff der Aussprache der Vocale; wir meinen doch, war derselbe hier von der Richtigkeit der Ausführungen Dietrich's so überzeugt, wie er es darstellt, so mußte er seine An. ficht in den Tert tragen. Bei standan hätte wohl, mit hinwei

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sung auf das Altnordische, darauf aufmerksam gemacht werden. sollen, daß der Nasal auch hier anfangs nur Verstärkung des Präsensstammes war, daß er aber frühe die Tendenz zeigt, das ganze Verbum zu beherrschen, so daß er vom Althochdeutschen an fich selbst ins Präteritum drängt. - Mißbilligen müssen wir schließlich noch die ungerechte und verlezende Form, in der S. IX die „Nachschrift" von Gabelenz und Löbe erwähnt wird, die uns doppelt ungerechtfertigt scheint in einem Buche, das doch in seiner Entstehung und seinem noch jezt wesentlichsten Theile ganz und gar auf den Arbeiten der genannten beiden Gelehrten beruht.

Abgesehen von diesen kleinen Ausstellungen, die dem Buche im Ganzen ja keinen wesentlichen Eintrag thun, können wir nur unsere Freude über das Erscheinen dieser neuen verbesserten Aus. gabe aussprechen und dürfen dieselbe mit einer warmen Empfeh lung begleiten.

Lübben, A., Wörterbuch zu der Nibelunge Nôt (Liet). Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Oldenburg, 1865. Stalling. (2 Bll., 206 S. 8.) 221⁄2 Sgr.

Schon bei seinem ersten Erscheinen haben wir dies Wörterbuch mit einer warmen Empfehlung begleitet (vgl. Jahrg. 1854, Nr. 11, Sp. 181 d. Bl.), und wir freuen uns, daß der Erfolg des Werkes unserem günstigen Urtheile entsprochen hat. Die vorliegende zweite Auflage enthält eine Reihe Besserungen und nimmt auch auf die übrigen Terte außer dem Lachmann'schen Rücksicht, wie schon der Titel andeutet, so daß sie sich mit Recht eine verbesserte nennen kann. Die nachbessernde Hand wird kaum bei einem einzigen Artikel vermißt. Für eine sicher zu erwartende dritte Auflage erlauben wir uns aber noch einige kleine Bemerkungen herzusetzen. S. 37b ist die Erklärung von Nib..L. 13, 3 falsch, ein gehört offenbar nicht zu diu frowe, sondern zu in, es ist Acc. Sing, mase. S. 53b; Nib..L. 756, 12 des wart in manegen landen von ir jâmers vil vernomen heißt nicht, wie angegeben wird, man hörte sie viel jammern“, sondern von ir ist causal zu fassen „durch ihre Schuld", viel durch fie veranlaßten Jammer gab es in manchen Landen zu berichten. S. 68c hat sich auch diesmal der Drucks | fehler gefüegele erhalten. S. 70b; Nib.-L. 311, 2 heißt genas nicht ward geheilt", denn Liudeger ist nicht verwundet, Liudegast ist es, und der Dichter verliert dies nie aus den Augen. 6.72a; nicht gereit, sondern gereite war anzusetzen.

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6.756.

Hier hat sich ein gröberer Fehler erhalten: Nib. L. 99, 4 heißt er gewan die kameren nicht „er errettete sich in die Kammer“, sondern: Siegfried machte ihn zu seinem Schatzmeister. S. 107b. Nib. L. 186, 2 ir ieweders ellen ûf fchilden vaste lac heißt nicht ihre Tapferkeit zeigte sich in Schlägen auf die Schilde“, sondern viel sinnlicher: die ganze Wucht ihrer Kraft drückte auf die Schilde. Vgl. Strickers Karl 5917 f.: der künec was krefte rîche; der begunde er ûf die wâge legen mit verchvîentlichen flegen dem Kristen alfô manec lôl, daz fi(die Gewichte) in gedrucket heten tôt, wan daz u. s. w.; ebenda 7770 er hâte den bercfwaren last vil lange getragen. S. 120b. Nib. L. 118, 1 diu ros nâch ftichen truogen diu rîchen küneges kint mit hurte für einander heißt nicht: um zu stechen, sondern: nachdem die Speere verstochen waren, rannten sie aneinander vorüber, darauf wird gewendet und es kommt zum Schwerterkampfe. Auch Simrock's Erklärung gehorsam dem Stich" ist falsch. Ueber die Deutung von nâch ir müede, nâch müede wollen wir nicht rechten; die Stellen mögen als controvers gelten.— S. 161b fehlt auch diesmal wieder fuone, welches aufzuführen nicht unnöthig war, da es z. B. Gelegenheit gab, den Unterschied von vride und flaete fuone recht deutlich ins Licht zu sehen; denn vride ist nicht unser „Friede", sondern: Waffenruhe, fuone, ftate fuone ist unser „Friede". Wenn S. 11b und S. 199a noch angenommen wird, daß Azagouc und Zazamanc aus dem Parzival ins Nibelungenlied gekommen seien, so ist das eine gegenwärtig schwerlich noch aufrecht zu haltende Behauptung.

Wir glauben, die Geringfügigkeit dieser unserer Nachträge | Pseudoplutarch de fluv. 2 als ältere Benennung des Ismenos spricht schon für sich am deutlichsten zum Lobe des Buches.

Martin, E., Grammatik und Glossar zu der Nibelunge Not, für den Schulgebrauch zusammengestellt. Berlin, 1865. Weidmann. (36 S. 8.) 6 Sgr.

Neben dem Lübben'schen Werke beansprucht das vorliegende Schriftchen nur einen sehr untergeordneten Plaz; es will nur den allernächsten Bedürfnissen der Anfänger bei der Lectüre des Nibelungenliedes entgegenkommen. Bei dem Mangel eines Glossars in der Schulausgabe des Lachmann'schen Tertes war ein Bedürfniß nach einer solchen Beihülfe ohne Frage vorhanden, und der Ver. faffer hat ihm fleißig zu entsprechen gesucht. Freilich (oder natürlich?) ohne eigenes Urtheil, selbst ohne Kenntniß der Schwierig. feiten, über die er ohne allen Anstoß hinweghüpft, so z. B., wenn er verrihten als „aus der Ordnung bringen, verstören“ aufführt, wie es mittelhochd. sonst nicht nachweisbar ist, bloß damit eine verderbte Stelle des Tertes A nothdürftig erklärt werde. Ganz mißverständlich ausgedrückt ist die im Nachworte mit großer Wichfigkeit vorgetragene, vom Hrn. Prof. Müllenhoff dem Verfaffer mitgetheilte „von Lachmann hinterlassene Bemerkung". Danach soll mit Berufung auf Parz. 73, 15 erniuwen für sich allein frischem Schnee bedecken sein. Daran ist selbstverständlich nicht zu denken, und so hat Lachmann es auch nicht gemeint. Um jene Be. deutung zu erzeugen, ist das Hinzutreten eines Wortes wie leis, ban, vart nothwendig, wie auch in dem entsprechenden neuhochd. Ausdruce „Es ist frische Bahn" die Beziehung auf den Schnee nicht in „frisch“ sondern in „Bahn“ liegt. · Indeß solche Schwä chen hindern nicht, das Büchlein dort einzuführen, wo etwa noch der Geschmad der Schüler mit dem nachweisbar schlechtesten Terte, den wir von unserem gewaltigen Nationalepos besigen, gemartert werden sollte.

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Hermes. Zeitschrift für classische Philologie. Unter Mitwirkung von R. Hercher, A. Kirchhoff u. Th. Mommsen herausgegeben von Emil Hübner. 1. Bd. 1. Heft. Berlin, Weidmann. Jnh.: A. Kirchhoff, Andocidea. M. Haupt, Analecta.Tb. Mommsen, die Stadtverfassung Cirtas und der cirtensischen Colonieen.. Sintenis, Bemerkungen zu den Briefen Julians. – E. Hübner, Tarraco und seine Denkmäler. — Miscellen von Th. Mommien; E. Hübner(römische Siegel); C. Sintenis; A. Kirchboff: H. Nissen (metrische Juschriften aus Campanien), und F. Gyssenhardt.

Zeitschrift f. ägypt. Sprache u. Alterthumskunde herausg. von R. Lepfius. Februar - März.

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Boetticher, Carl, Dirke als Quelle und Heroine. 24. Programm zum Winckelmannsfest der archäologischen Gesellschaft zu Berlin. Nebst einer Bildtafel. Berlin, 1864. Hertz in Comm. (21 S. 4.) 15 Sgr.

Behuss einer eingehenden Würdigung der Stellung der Dirke in der Gruppe des sogenannten Farnesischen Stiers (deren Basis mit den bekannten, den Kifhairon als das Local der Handlung charakterisierenden Reliefs auf der beiliegenden Bildtafel abgebildet ist) behandelt der Verfasser in dieser, von der Berliner archäologischen Gesellschaft als Programm zur Winckelmannsfeier am 9. Dec. 1864 herausgegebenen Abhandlung die Legenden, welche sich an die Thebanische Quelle Dirke knüpfen, insbesondere die Sage, welche den Namen der Quelle von der Dionysosdienerin Dirke, der Gattin des Lykos und der Nebenbuhlerin der Antiope, herleitet. Als ursprünglichen Namen der Dirkequelle nimmt Boetticher den bei

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überlieferten des „Radmosfußes“ (Kádμov лovs) an, eine Annahme, die Referent nur als eine durchaus verfehlte betrachten kann. Boetticher meint nämlich, da nach anderen Zeugnissen der Ismenos früher den Namen Ladon geführt habe, so müsse der Verfasser des Buches,,De fluviis" den Ismenos mit der Dirke verwechselt haben; der Name Kaduov novs aber könne nicht aus den Fingern gejogen sein; hätte die Quelle nicht so geheißen, so wäre sie ja bis zur Benennung Dirke namenlos gewesen, was ganz unmöglich sei. Diese ganze Folgerung scheint uns, abgesehen auch von dem durch Herscher hinlänglich festgestellten trügerischen Charakter des Buches, das allein jenen angeblichen alten Namen überliefert, auf einer Verkennung des Wesens der Volkssage, die sich um die Chronologie durchaus nicht kümmert, zu beruhen. Dirke war gewiß ursprüng. lich der Name der Quelle, wie wir diesen vielleicht mit dég×w zusammenhängenden Namen ja auch im achäischen Pharae als Quellnamen wiederfinden; aus der localen Beschaffenheit dieser Quelle und dem ihr gewidmeten Cultus ist dann erst, wie dies Stark (Niobe und die Niobiden S. 365) richtig erkannt hat, die Sage von der Heroine Dirke und ihrer Schleifung durch einen wüthenden Stier entstanden, wie sich daraus auch die hohe Bedeutung, welche dieselbe in der Thebanischen Sage überhaupt hat, so. wie ihre Beziehung zu Dionysos ausreichend erflärt. Bu.

Archäologie.

Conze, A., die Athenastatue des Phidias im Parthenon und die neuesten auf sie bezüglichen Entdeckungen. Ein Beitrag zur Feier des 50jähr. Doctorjubiläums Eduard Gerhards. Mit 1 lithogr. Taf. Berlin, 1865. G. Reimer. (13 S. 4.) 20 Sgr.

Bekanntlich ist zu den leider sehr ungenügenden Hülfsmitteln, welche uns für die Reconstruction der Parthenosstatue des Pheidias zu Gebote stehen, neuerdings ein besonders beachtenswerthes hinzugekommen in der von Ch. Lenormant im Jahre 1859 ans Licht gezogenen kleinen athenischen Marmorstatuette, welche eine freilich nur theilweise vollendete Nachbildung en miniature des chryselephantinen Colosses ist. Diese Statuette, welche auf der Conze's Abhandlung beigegebenen Bildtafel in doppelter Umrißzeichnung nach einem Gypsabgusse wiederholt ist (wobei aber die Zeichnung der rechten Hand ungenau zu sein scheint, da dieselbe keineswegs „mit der geöffneten Handfläche nach oben gekehrt“ erscheint), hat uns nun zuerst auch zwei von den Beiwerken der Colossalstatue zur Anschauung gebracht: den Amazonenkampf auf der Außenseite des Schildes und das Relief an der Vorderseite der Basis des Bildwerfes, lezteres freilich insofern abweichend vom Original, als es sicher nicht die Geburt der Pandora darstellt, welche wir aus Pausanias und Plinius als Gegenstand des Reliefs an der Basis der großen Statue kennen. Conze gebührt nun das Verdienst, ein neues Hülfsmittel für die genauere Kenntniß des Reliefs an der Außenseite des Schildes entdeckt zu haben in einem leider fragmentierten Marmorschilde, welches aus der Sammlung des Lord Strangford, ehemaligen englischen Gesandten in Athen, in das Britische Museum gelangt ist. Schon ein flüchtiger Blick auf die von Conze auf der Bildtafel seiner Abhandlung veröffentlichte Abbildung dieses in künstlerischer Hinsicht allerdings nicht eben bedeutenden Werkes reicht hin uns zu überzeugen, daß wir in demselben, ebenso wie in dem Schilde der Lenormant'schen Statuette, eine, wenn auch flüchtigere und freier behandelte Nachbildung des Schildes der Parthenos vor uns haben. Von besonderem Interesse ist dabei die auch auf dem Schilde der Statuette vorkommende Gestalt eines kahl. köpfigen Alten (der auf dem Strangford'schen Schilde nicht, wie auf der Statuette und der Colossalstatue, einen Stein, sondern eine Doppelart in den über den Kopf erhobenen Händen hält), in wel. cher wir nach den Zeugnissen des Plutarch und Anderer das Bild des Pheidias selbst sehen müssen: auf dem Strangford'schen Schilde

erkennt man noch deutlich die durchaus individuellen Gesichtszüge | dieser Figur, von deren Kopfe Conze noch eine besondere Zeichnung gegeben hat. An der zur Linken dieses Alten stehenden Figur eines Griechen, der den rechten Arm vor das Gesicht hält (nach Plutarch einer Darstellung des Perikles), find leider auch auf dem Strang. ford'schen Schilde die Gesichtszüge nicht mehr zu erkennen. Bu.

Overbeck, J., über die Lade des Kypselos. (Aus den Abhandlungen der K. Sächs. Ges. d. Wiss.) Mit 1 Tafel. Leipzig, 1865. Hirzel. (86 S. Imp.-8.) 28 Sgr.

Von der gewiß richtigen Ansicht ausgehend, daß die nun schon beinahe ein Jahrhundert lang die Archäologen beschäftigende Streitfrage über die Gestalt des sogenannten Kastens oder der Lade (lágvas, nißwrós) des Kypselos und die Anordnung der an derselben angebrachten Bildwerke nur durch eine graphische Reconstruction des von Pausanias (V, Cap. 17-19) beschriebenen Kunstwerkes zu einer endgültigen Entscheidung geführt werden könne, hat Overbeck eine solche Reconstruction nach seiner Angabe durch einen Zeichner sehr sauber ausführen lassen und diese Zeichnung begleitet mit einer Abhandlung, in welcher er die ganze Streitfrage in allen controversen Punkten einer sorgfältigen Revision unterzieht. Die begleitende Abhandlung zerfällt in folgende neun Abschnitte: 1) Literarische Uebersicht; 2) Geschichte der bisherigen Herstellungsversuche; 3) Gestalt und Größe der Lade; 4) nähere Prüfung der beiden Herstellungsprincipien; 5) das Datum der Kypseloslade; 6) die Compositionsprincipien der Bildwerke; 7) die Jnschriften; 8) die Technik der Bildwerke; 9) Rechtfertigung des Herstellungs. versuches in der beigegebenen Tafel. Fragt man nun, ob wir in Overbeck's Reconstruction eine endgültige, keinen weiteren Zweifeln Raum gebende Lösung des Problems erkennen, so können wir nach sorgfältiger Prüfung aller Einzelheiten diese Frage noch nicht in allen Punkten bejahend beantworten. Nicht als ob wir der hauptsächlich von Ruhl vertretenen „Seiten- und Deckeltheorie", wie sie Overbeck nennt, gegenüber irgendwie an der Richtigkeit der „Streifentheorie" zweifelten: wir find vielmehr völlig überzeugt, daß die fünf Xogau des Pausanias fünf übereinander hinlaufende Bildstreifen, wie wir sie auf den älteren Vasenbildern so häufig finden, sind. Für weniger unbedingt sicher halten wir schon das andere Herstellungsprincip, daß die Bildstreifen in gleicher Länge nicht nur die Vorderseite, sondern auch die anliegenden beiden Echmalseiten des Kastens bedeckten. Sehr zweifelhaft endlich ist uns die Annahme Overbeck's (S. 73), daß mit Ausnahme des dritten Streifens, der eine einzige fortlaufende Darstellung enthielt, die Enden der Seiten des Kastens immer mit den Enden von Darstellungen zusammenfielen. Hiergegen macht uns vor allem der Umstand bedenklich, daß bei dieser Annahme es sich nicht wohl erklären läßt, wie Pausanias dazu kommen konnte, die Figur des Jolaos, die Overbeck nach Brunn's Vorgang gewiß mit Recht zur Tödtung der Hydra zieht, zu dem åɣáv eni IIɛkig zu rechnen. Overbeck findet freilich (S. 34), „es lasse sich sehr wohl erklären, daß seine (des Pausanias) stark entwickelte mythologische Gelehr samkeit sein schwach entwickeltes künstlerisches Apperceptionsver. mögen hinreichend überwogen habe, um ihn zu veranlassen, gegen den bloßen Augenschein Jolaos zu der vorhergehenden anstatt zu der folgenden Scene zu rechnen" eine Aeußerung, mit welcher, beiläufig gesagt, die auf S. 43 „Wenn man nur dem ehrlichen Pausanias nicht gar zu viele, zu subtile und allezeit präsente Gelehrsamkeit zutraute!" nicht ganz in Harmonie zu stehen scheint —; allein Referent wenigstens kann den Pausanias nicht für jo blind halten, daß er den Abschluß der Darstellungen durch die Enden der Seiten, wenn ein solcher vom Künstler regelmäßig festgehalten worden wäre, nicht bemerkt haben sollte. Ferner zeigt eine genauere Prüfung des Overbeck'schen Reconstructionsversuches, daß derselbe durch das Bestreben, die einzelnen Darstellungen mit den Enden der Seiten abzuschließen und den fünf Bildstreifen eine ganz gleiche Länge zu geben, veranlaßt worden ist, einige Darste!

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lungen ungebührlich auszudehnen, andere wieder allzu eng zusam. menzuschieben, so daß, wie dies namentlich im vierten und fünften Streifen der Fall ist, das Auge bald durch die Leere, bald durch die Ueberfüllung der einzelnen Felder mit Figuren beleidigt wird. Wir glauben demnach, da wir sowohl die gegen die Beschränkung der Bildstreifen auf die Vorderseite wie die gegen die Annahme einer elliptischen Form der Lade geltend gemachten Gründe als gewichtig anerkennen, aus Overbed's Reconstructionsversuch fol. gende Schlüsse ziehen zu müssen: 1) die Bildstreifen griffen aller. dings auf die beiden Schmalseiten hinüber, füllten dieselben aber wenigstens nicht durchgängig aus, sondern waren von verschiedener Länge; 2) die einzelnen Darstellungen schlossen nicht immer mit den Enden der Seiten ab, sondern griffen mehrfach von der Vor. derseite auf eine Schmalseite über. Ein ausreichendes Analogon für dieses Uebergreifen bietet unter den Werken der älteren grie. chischen Kunst der Cellafries am Pronaos des Theseion dar. Da eine eingehendere Besprechung der einzelnen Darstellungen hier nicht möglich ist, so wollen wir nur bemerken, daß wir nicht recht begreifen, weshalb Overbeck's Zeichner bei der Darstellung der Vermählung des Jason und der Medeia unter Assistenz der Aphrodite (Streifen 2) von der Beschreibung des Pausanias (Cap. 18, 3) abweichen zu müssen geglaubt hat (vgl. S. 75), auch nicht weshalb im vierten Streifen die von Pausanias (Cap. 19, 4 f.) gegebene Reihenfolge der Darstellungen: Koon und Agamemnon, Parisurtheil, Artemis durch Einfügung der dritten zwischen die beiden ersteren verändert worden ist. Endlich ist es uns auch unklar, woher es kommt, daß Overbeck die Abhandlung Schubring's,,De Cypselo Corinthiorum tyranno“ (vgl. Ihrg. 1863, Nr. 16, Sp. 364 d. Bl.) nicht gesehen“ hat (S. 42, Anm. 55), da dieselbe als Universitätsdissertation ihm doch jedenfalls zugänglich sein mußte. Bu. Bullettino dell' instituto di corrispondenza archeologica. Nr. I. Januar. (Doppelheft.)

Jnh.: I. Berichte über die Sizungen des archäologischen Instituts vom 15., 22. u. 29. December 1865 und vom 5., 12. und 19. Januar 1866. II. Denkmäler: a) W. Helbig, die Sammlung Pränestinischer Gisten in der Bibliothek Barberini; b) R. Garrucci, Notiz über einige in seinem Privatbesiß befindliche antike Gegenstände. III. Bemerkungen: K. Zangemeister, über die Inschrift an der Orchestra des kleinen Theaters in Pomvei. IV. Bekanntmachung der Direction über die Publicationen des Instituts für das J. 1865.

Vermischtes.

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Auswahl aus Lobecks akademischen Reden. Herausgegeben von Dir. Alb. Lehnerdt. Berlin, 1865. Weidmann. (VII, 230 S. 8.) 1 Thlr. 10 Sgr.

Wer Chr. Aug. Lobeck bisher nur als Gelehrten ersten Ranges, als den gründlichsten und unermüdlichsten Forscher auf dem Gebiete der griechischen Grammatik und Religionsgeschichte gekannt hat, der lese die vorliegende Sammlung akademischer Reden, die der selbe als Orator publicus der Universität Königsberg bei verschie. denen festlichen Acten gehalten hat, und er wird sich überzeugen, daß der Mann mit den ehernen Eingeweiden auch ein Herz im Busen trug, das bis ins höchste Alter frisch und warm schlug für die wichtigsten Interessen der Gegenwart, für das Wohl und die Größe des Vaterlandes; daß ihm die Gabe des Humors und feiner Ironie verliehen war, die er glücklich und elegant als Waffe gegen verkehrte Richtungen auf gelehrtem wie politischem Gebiete zu verwerthen wußte; endlich daß er die an einem öffentlichen Redner besonders anerkennenswerthe Kunst, sich kurz zu faffen, in hohem Grade besaß; denn die Reden nehmen in dem vorliegenden schön ausgestatteten Abdrucke nur je 4-6 Seiten durchschnittlich ein. Was den Inhalt der Sammlung anlangt, so enthält sie 40 nach der Zeit der Abfassung geordnete Reden, 20 in deutscher und 20 in lateinischer Sprache, welche mit Ausnahme einer einzigen (Nr. 17,,In memoriam Friderici Wilhelmi III") sämmtlich bei den beiden feierlichen Redeacten, welche die Königsberger Univer

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