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Sicherheitsvorschriften für Schiffe, welche Reisende befördern.

vom

Verordnung des Handelsministeriums 1.September 1883, womit Sicherheitsvorschriften für Seeschiffe, welche Reisende befördern, erlassen werden.

Artikel 1.

Jedes Schiff, welches Reisende befördert, wird vor der Abreise von der hiezu berufenen Behörde zu dem Zwecke untersucht, um zu erheben, ob dasselbe die zu einer sicheren Schiffahrt und zur entsprechenden Unterbringung und Verpflegung der Personen nothwendigen Gegenstände besitze und dies so oft als es die genannte Behörde als zweckmäßig erachtet. Schiffe, welche Reisende befördern, müssen wie jedes andere Schiff seetüchtig, wasserdicht und mit allem versehen sein, was zu einer sicheren Schiffahrt nothwendig ist.

Artikel 2.

Insbesondere müssen solche Schiffe wenigstens mit

1 Boote, wenn das Schiff einen Nettogehalt von unter 100 Registertonnen hat,

2 Booten, wenn das Schiff cinen Nettogehalt von 100 bis 200 Registertonnen hat,

3 Booten, wenn das Schiff einen Nettogehalt von 200 bis 400 Registertonnen hat,

4 Booten, wenn das Schiff einen Nettogehalt von 400 bis 700 Registertonnen hat,

5 Booten, wenn das Schiff einen Nettogehalt von 700 bis

1.000 Registertonnen hat,

6 Booten, wenn das Schiff einen Nettogehalt von 1.000 bis 1.500 Registertonnen hat,

7 Booten, wenn das Schiff einen Nettogehalt von 1.500 oder mehr Registertonnen hat,

ausgerüstet sein.

Die Boote müssen stark gebaut, hoch und entsprechend breit sein, um der See Widerstand leisten und tragfähig sein zu können. Dieselben haben wasserdicht zu sein und müssen während der Reise immer Riemen und Steuerruder an Bord haben, auch sind dieselben derartig zu befestigen, dass sie im Nothfalle allsogleich gestrichen werden können.

Das größte Boot muss überdies mit Segeln versehen sein. Bei Schiffen von 700 Tonnen aufwärts muss eines der Boote ein Rettungsboot (Lifeboat), nämlich ein unversinkbares mit allen nothwendigen Geräthschaften versehenes Boot sein. Im allgemeinen hat die Größe der Boote der Tragfähigkeit des Schiffes und der Maximalzahl der Passagiere, welche das Schiff zu befördern berechtigt ist, zu entsprechen.

Die Bootskrahne müssen stark genug sein, um die mit Personen gefüllten Boote tragen zu können.

Artikel 3.

Die durch die gegenwärtige Verordnung berührten Schiffe müssen ferner versehen sein: mit wenigstens einem Steuercompasse und einem Logg, mit guten Seekarten der von ihnen zu befahrenden Meere und Küsten, sowie mit den bezüglichen neuesten Seeleuchtenverzeichnissen; mit wenigstens drei Schwimmgürteln für jedes Boot und mit wenigstens vier Rettungsbojen (Lifebuoys), welche immer auf Deck für den Nothfall bereit zu halten sind.

Die Rettungsbojen müssen derart construiert sein, um ohne unterzugehen durch 24 Stunden ein Gewicht von massivem Eisen von nicht weniger als 15 Kilogramm tragen zu können.

Artikel 4.

Schiffe, welche die Grenzen der kleinen Schiffahrt überschreiten, müssen überdies haben: wenigstens einen zweiten Steuercompass; einen Peilcompass; ein Reflexionsinstrument; einen Barometer und einen Thermometer; nautische Tafeln

für die Schiffahrtsberechnungen und die nautischen Ephemeriden; ein Exemplar des internationalen Seesignalcodex und wenigstens ein Spiel der betreffenden Signale; eine wirksame Feuerspritze, welche derart zu halten ist, dass man von derselben bei jeder Gelegenheit und ohne Zeitverlust Gebrauch machen kann.

Schiffe der weiten Fahrt müssen auch mit wenigstens einem Chronometer versehen sein.

Artikel 5.

Reisende dürfen nicht auf mehr als zwei Decks untergebracht werden, nämlich auf dem ersten Deck und auf dem unmittelbar darunter befindlichen Deck (Zwischendeck).

Artikel 6.

Bezüglich der Zahl der Reisenden, welche ein Schiff befördern kann, gelten folgende Bestimmungen:

Sowohl auf Dampfern, als auf Segelschiffen muss jeder Reisende, welcher bestimmt ist, auf Deck zu verbleiben, eine von jedem Hindernisse freie Oberfläche von wenigstens 0.84 Quadratmeter (9 englische Quadratfuß) zu seiner Verfügung haben, und muss der von diesen Reisenden eingenommene Raum durch ein Regenzelt oder auf andere Weise derart geschützt sein, dass die Reisenden so wenig als möglich den Unbilden des Wetters ausgesetzt sind.

Jeder Reisende, welcher im Zwischendeck untergebracht ist, muss auf demselben eine Oberfläche von wenigstens 1∙11 Quadratmeter (12 englische Quadratfuß) und einen Raum von wenigstens 2.038 Cubikmeter (72 englische Cubikfuß), wenn das Schiff ein Segler ist und eine Oberfläche von wenigstens 0.84 Quadratmeter (9 englische Quadratfuß) und einen Raum von wenigstens 1.528 Cubikmeter (54 englische Cubikfuß), wenn das Schiff ein Dampfer oder ein Segler mit Auxiliarmaschine ist, zu seiner Verfügung haben.

Ferner muss für jeden Zwischendeckreisenden, eine Oberfläche von wenigstens 0.37 Quadratmeter (4 englische Quadratfuß) auf Deck verfügbar sein und dies unabhängig von der für die Deckreisenden bestimmten Oberfläche.

Artikel 7.

Auf Schiffen, welche Reisende befördern, muss dafür gesorgt sein, dass die von den Reisenden eingenommenen Räume genügendes Licht und Ventilation haben.

Die Oberfläche der Öffnungen, durch welche das Licht zugeführt wird und die Luft einströmt, muss wenigstens 0.3 Quadratmeter (3 englische Quadratfuß) für je 10 Quadratmeter der Oberfläche des Locales haben, wo die Reisenden untergebracht sind.

Wenn es über 100 Reisende im Zwischendeck gibt, muss dasselbe mit Windschläuchen, welche höchstens 10 Meter voneinander entfernt zu befestigen sind, oder mit entsprechenden Ventilationsapparaten versehen sein.

Die Reisenden müssen immer freien Zutritt zu den Licht- und Luftlucken des von ihnen eingenommenen Raumes haben und diese Luken sind mit Schutzmitteln gegen Feuchtigkeit und Regen zu versehen.

Artikel S.

An Bord der erwähnten Schiffe muss sich ferner befinden:

a) ein Arzt,

1. wenn die Reise bei einem Segler voraussichtlich über SO Tage und bei einem Dampfer über 40 Tage dauern soll und wenn die Zahl der Reisenden mehr als 50 beträgt;

2. jedenfalls, wenn mehr als 300 Personen mit Einschluss der Bordoffiziere und Bemannung eingeschifft sind. b) Ein verhältnismäßig größerer Vorrath an Arzneimitteln. als der für die Schiffsmannschaft vorgeschriebene, welcher Vorrath, falls ein Schiffsarzt eingeschifft ist, von diesem zu bestimmen ist, und insbesondere eine genügende Menge von Desinfectionsmitteln für die Aborte. c) Ein im Nothfalle für die Kranken zu gebrauchender reservierter Raum unter Deck.

d) Außer dem für das Bordpersonale bestimmten Aborte muss ein solcher für je 50 eingeschiffte Reisende vorhanden sein, wobei bemerkt wird, dass die Aborte für Frauen und Kinder von jenen für Männer getrennt sein

müssen.

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