Wir glauben einem in literarischen und wissenschaftlichen Kreisen längst empfundenen Bedürfniss entgegenzukommen, wenn
- den Versuch wagen, in periodischer Weise mit möglichster Sorgfalt und Vollständigkeit die neuen
Erscheinungen der vaterländischen Literatur zu registriren. Bekanntlich existirt noch kein Organ, das eine Uebersicht unserer
literarischen Production gewährt, wegen des Mangels eines geschäftlichen Verbandes, der zwischen dem Buchhandel der roma-
nischen und dem der deutschen Schweiz einen ebenso leichten und regelmässigen Verkehr bewirken würde, als ihn der
letztere für sich geniesst. So war der Buchhändler beiderseits auf die vereinzelt ausgegebenen Verlagskataloge, die zerstreuten
Ankündigungen in den Tagesblättern und auf sein Gedächtniss angewiesen, und musste dem Publicum manche wichtige und interes-
sante Erscheinung nothwendig entgehen. Der Entschluss, diese Lücke auszufüllen, bedarf hienach gewiss keiner Rechtfertigung;
wir haben ihn gefasst in voller Würdigung der Schwierigkeiten, die namentlich anfangs zu überwinden sein werden, dennoch
geben wir uns der Hoffnung hin, mit freundlicher Unterstützung und Mitwirkung sowohl des Buchhandels als auch der Gelehrten-
Welt das vorgesteckte Ziel zu erreichen und in unserem Blatte ein getreues und vollständiges Bild der literarischen Thätigkeit
unseres Gesammtvaterlandes niederzulegen.
Wir werden regelmässig alle in der Schweiz selbst neu erscheinenden Bücher, Broschüren, Karten, Vorlesungskataloge,
Dissertationen, die Neujahrsblätter der verschiedenen gelehrten Gesellschaften u. s. w. registriren, sowie wichtigere Originalarbeiten,
Biographieen, Recensionen, amtliche Nachrichten von literarischem Interesse, u. dgl. in den bedeutendern politischen Blättern
zusammenstellen. Ausserdem gedenken wir in unserm Blatte gewissenhaft zu sammeln, was im Auslande, sei es in selbständigen
Werken, sei es in hervorragenden Zeitschriften, über die Schweiz, ihre politische Stellung, ihr Verfassungsleben, ihre Geschichte,
ihre Kulturleistungen u. s. w. veröffentlicht wird.
Sachlich gehaltenen Urtheilen von bekannten Referenten gewähren wir gerne Aufnahme, sofern sie die für unser Blatt
mögliche Grenze des Raumes nicht überschreiten, da wir bemüht sein werden, unserer „Bibliographie" zugleich den Werth eines
kritischen Organs zu verleihen.
Wir gedenken unser Programm überhaupt für jede erreichbare Verbesserung offen zu halten und den Wünschen des Publicums
nach Kräften entgegenzukommen und hoffen, unsere „Bibliographie“ zu einem unentbehrlichen Rathgeber für unsere Herren Kollegen,
die wissenschaftliche Welt und überhaupt jeden Gebildeten zu gestalten.
und die Portraits berühmter Männer" vor Augen
führt, die freilich oft als „, Bölimanne" in den
Kinderstuben gebraucht werden dürften, so,,schröckli“
sind meist die feinen Holzschnitte" dargestellt. In
der Regel treffen wir sodann auf hübsche kleine
Erzählungen" oder "Gedichte" in Mundart der ein-
zelnen Kantone und Anekdoten, Räthsel" u. dgl.
bilden den Schluss, wenn nicht der Kalender-Ver-
leger es vorgezogen hat, „zu Nutz und Frommen
der Leser" das "grosse Einmaleins" auf der
letzten Seite aufmarschiren zu lassen.
Aus der Angabe unter ", neuen Erschei-
nungen" ersehen wir, dass in unserm Vaterlande
nicht weniger als 38 verschiedene Kalender er-
scheinen, von denen 27 in deutscher, 8 in franzö-
sischer, 2 in romanischer und 1 in italienischer
Sprache verfasst sind. Nach den Kantonen geordnet,
werden je 4 in Bern und Graubünden, je 3 in
Basel, Schaffhausen und Solothurn, je 2 im Aar-
gau, Appenzell, Genf, Luzern, Neuenburg, Schwyz,
Waadt, Zug und Zürich, je 1 in Freiburg, Thurgau
und Unterwalden gedruckt.
Was den Inhalt der diesjährigen Kalender
im Allgemeinen anbelangt, so haben sie fast
sämmtlich die Geschichte des gegenwärtigen Krieges
zwischen Frankreich und Deutschland in den Vor-
dergrund gestellt und einige Episoden aus demsel-
ben mit mehr oder weniger Glück geschildert. In
11 verschiedenen Kalendern begegnen wir Beschreib-
ungen der „Rigi-Bahn", dieses Weltwunders in
unserm Schweizerlande, und in denjenigen des
katholischen Theils hauptsächlich Erzählungen vom
,Concil" in Rom. Die Illustrationen einiger
Kalender, wie z. B. des Nationalkalenders", der
2 Appenzeller-Kalender", des Schaffhauser-Bote",
der 2 Zürcher-Kalender" und besonders der bei-
den Einsiedler-Kalender", sind recht gut ausge-
führt, während ein grosser Theil der übrigen in
dieser Beziehung sehr viel zu wünschen lässt. Die
einzelnen Kalender werden wir uns in nächster
Nummer näher anschauen und hier und da einige
Worte der Kritik erlauben, die den kulturhistorischen
Studien machenden Leser interessiren und ihn zum
Ankauf des einen oder andern bestimmen dürften.