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bruar, März und April d. J. 121 Stück Jungvieh, mit nur etwas über 4 pCt. Verlust, trotz des ungünstigen Wetters und nur geringer Mitigirung des Impfstoffes, geimpft und geschützt hat. Der ausführlichere Bericht wird in ver schiedenen Zeitblättern mitgetheilt werden.

V.

Zur Frage über den Werth der Rinderpestimpfung für die Steppenländer Russlands.

Baltische Wochenschrift, Nr. 17. 1864.

In NNr. 15 16. der Baltischen Wochenschrift ist ein Aufsatz erschienen, worin der Verfasser, Herr Director Unterberger, in einigen wesentlichen Punkten andrer Ansicht ist, als derjenigen, welche meiner Ueberzeugung entspricht. Ich ersuche daher die geehrte Redaction freundlichst, auch die nachstehenden Bemerkungen in ihre Wochenschrift aufnehmen zu wollen. Denn wenn auch die Angelegenheit nach vieljährigen Bestrebungen schon einen so grossen Umfang gewonnen hat, dass die Frage nach ihrem Nutzen nicht mehr durch die in Zeitblättern veröffentlichten Meinungen Einzelner entschieden werden kann, so sind doch diese Meinungen je nach den Gründen, die ihnen zur Unterstützung dienen, mehr oder minder berechtigt und zur Aufklärung des Gegenstandes beitragend.

Der Verfasser kommt zu dem Schlusse, dass durch die Versuche in Russland der Werth der Nothimpfung in Bezug auf die Rinderpest dargethan ist, jede Illusion über den Werth der Schutzimpfung aber bei jedem Sachver

Magaz. f. Thierheilk. XXX. IV.

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ständigen schwinden müsste, nachdem der Herr AdjunctProfessor Roshnow seinen Bericht im Oktoberheft des vorigen Jahrganges des Journals des Ministeriums der Reichsdomainen veröffentlicht habe.

Aus meinen Berichten von 1862 und 1863, die ich meinen Herren Collegen zur Durchsicht vorgelegt habe, müsste, wie ich meine, zur Genüge hervorgehen, dass die Experimente des Herrn Roshnow keinesweges die Schutzimpfung illusorisch gemacht haben*), er sich vielmehr Illusionen hingab, wenn er ihnen eine Bedeutung beilegte, die sie nicht hatten. Mit den übrigen Acten. stücken über die im Auftrage des Comités ausgeführten Untersuchungen werden wohl auch meine Berichte dem Druck übergeben, wenn dies nicht vielleicht schon früher geschieht, und dann die Sachkundigen entscheiden können, wie weit meine Behauptung gerechtfertigt erscheint. Ich werde aber auch dann mit Niemandem rechten, der der Meinung jenes Herrn beitreten will.

Für mich ist der Werth der Schutzimpfung schon in Karlofka entschieden, ganz abgesehen von den ebenfalls dafür zeugenden günstigen Resultaten, die in Bondarewka und bei der Impfung des Kirgisenviehes, am Salmysch, erlangt sind.

Aus den Berichten über die Schutzimpfungen (worùnter allerdings auch einige Präcautions- und Nothimpfungen zählen, die den Verlust etwas vergrösserten) die ich die Ehre hatte dem Publikum in den Jahrbüchern der Königl., Livländischen ökonomischen Societät vorzulegen, geht nämlich hervor:

dass in Karlofka vom 8. November 1857 bis 1. Dezember 1861, während 9 Impfmonaten, im Gan

*) Er empfiehlt die Schutzimpfung für die Steppen sogar (S. 272) selbst.

zen von 719 Geimpften erkrankten: 696, genasen: 657, starben 39 und anscheinend nicht auge

steckt wurden: 23. Verlust also etwa 51⁄2 pCt.

Der Berichterstatter sagt in bescheidener Weise selbst von diesen Resultaten, dass sie zwar nicht glänzend, aber doch zufriedenstellend seien. Und in der That! wer würde nicht gern in den Steppen 51⁄2 pCt. seines Jungvieles opfern, wenn dadurch die Heerde künftig vor der Rinderpest geschützt wäre? Und dass die Oecono mieheerde in Karlofka dieses wirklich ist, geht theils aus den Berichten selbst hervor, theils habe ich es 1859 und 1863 bei meiner Anwesenheit daselbst von allen Angestellten bestätigen hören. So lange also keine Unrichtigkeit in diesen Angaben nachzuweisen ist, wird der Werth der Schutzimpfung dort als unbezweifelt betrachtet werden müssen.

In den erwähnten Berichten sind aber auch Thatsachen genug angeführt, die dafür sprechen: dass bei Rindern, wo die Impfung nicht die deutlichen Zeichen der Rinderpest hervorrief, doeh der Schutz gegen dieselbe verliehen wurde. Ich habe dies auch früher aus andern Thatsachen schon genugsam erwieseu. Unter andern geben die vom Herrn Director Unterberger (S. 305 derbalt. Wochenschrift) angegebenen 10 Häupter einen schlagenden Beweis ab, obgleich sie nach den verschiedenen Impfungen kein entschiedenes Symptom der Rinderpest gezeigt hatten.

So sah man früher bei den Impfungen der Menschenpocken oft gar keine Pusteln, dagegen andere, leichte Erscheinungen: Fieber, vermehrten Harnabgang, Schweiss etc. entstehen, und dennoch bewährten sie sich als vollkommen schutzkräftig: Camper u. A. erwähnen 7, Gatti beobachtete gar 330 solcher Fälle.

,,Dass der Verlust" wie von Herrn Unterberger

ad. 2, am Schluss, behauptet wird,,, wenn in Folge der Impfung die Rinderpest auftritt, ein verhältnissmässig grosser ist, wird schon dadurch gründlich widerlegt: dass von 696 Erkrankten in Karlofka nur 39 starben.

In Karlofka konnte die Mitigirungsfrage bis jetzt nicht entschieden werden, wie dies ebenfalls aus den Berichten hervorgeht. Meiner Meinung nach sprechen aber eben so viel Thatsachen dafür, dass eine Mitigirung möglich ist als dagegen und ich werde diesen Gegenstand a. O. einer näheren Erörterung unterwerfen, da diese hier zu weit führen würde.

Weil aber Herr Unterberger ad. 3 behauptet: „dass die angestrebte Cultivirung des Impfstoffes etc. sich leider! nicht bewährt hat" so verstehe ich es durchaus nicht, wie er in Hamburg den Collegen hat mittheilen können:,,so viel stehe aber fest, dass durch mitigirten Impfstoff äuserst günstige Resultate erzielt worden seien, indem nur 3 bis 4pCt Verlust eingetreten sei und die der Ansteckung ausgesetzten Impflinge derselben widerstanden hätten.*)

Aus dem Vorstehenden ziehe ich den Schluss, dass man in denjenigen Steppengegenden des russischen Reiches, wo bisher die Rinderpestimpfungen günstige Resultalte gewährten, künftig auch die Schutzimpfung nicht ausser Acht lassen wird. Ja, ich bin ketzerisch genug anzunehmen, dass in den Steppen- trotz des Verdictes der internationalen, thierärztlichen Versammlung, doch einstweilen auch noch an der Schulzimpfung der Schafpocken festgehalten wird: wenigstens habe ich von dortigen Schafzüchtern die Meinung aussprechen hören: „, in Deutsch

*) Vergleiche Amtlicher Bericht über die internationale thierärztliche Versammlung in Hamburg etc. Stuttgart, 1864. S. 11.

land und Frankreich, wo die Schafheerden kleiner, die Intelligenz und die Zuverlässigkeit, mit der sie bewacht werden, aber grösser sind, wo zudem jeden Augenblick tüchtige Veterinaire herbeigerufen werden können, maġ das Aufgeben gerechtfertigt erscheinen. Wir aber dürfen sie gegen die Präcautions- oder Nothimpfung nicht vertauschen; denn oft können die natürlichen Blattern in nächster Nähe herrschen, ohne dass wir es sogleich erfahren und sind sie gar schon in unsre Heerden eingedrungen, so zeugen nur zu viele traurige Beispiele von der Grösse des Verlustes, trotz der unternommenen Nothimpfung."

Ich wüsste nicht, was man veruünftigerweise gegen diese Schlussfolgerung einwenden könnte.

Schliesslich erlaube ich mir noch folgende Mittheilung, die viellsicht von einigem Interesse sein möchte.

Sergejew berichtet aus Bondarewka am 14. Februar 1864 Folgendes:

,, ich erhielt eine formale Einladung, am 20. Februar in Odessa zu erscheinen, wo ein zeitweiliges Comité - von Edelleuten, unter dem Vorsitze ihres Adelsmarschalles, über die Rinderpestimpfung discutiren wird. Zugleich kam mir der beifolgende Brief des Herrn Edelmanns Suchomlinow*) zu, auf dessen Besitz thum (bei seinem Possessor Herrn Jenny) sich 200 von mir geimpfte Rinder befinden, die 1861 und 1862 an verschiedenen Orlen mit pestkranken Rindern communicirten, ohne angesteckt zu werden. Ueber das Resultat der Verhandlungen werde ich referiren."

Der Herr Präsident des Comités für die Verbesse

*) Er sagt darin u. A., dass er die Aufmerksamkeit der Versammlung auf den Nutzen der Einführung der Impfung in ganz Neurussland lenken will.

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