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tielle Gewebe erscheint dann dunkler, punktirt und viel fach in seinem Zusammenhange verletzt. Immer ist aber zu erkennen, dass die Grundlage der käsig entarteten Masse von dem Lungengewebe in toto gebildet wird. Mag man das käsige Centrum eines miliaren Knötchens oder den abgelössten Stock inmitten eines grössern Knotens untersuchen, man findet noch eine Zahl von Alveolen im Zusammenhange, deren Wände die käsige Masse durchsetzen. Auch in der eitrigen Flüssigkeit aus den kleinen Hohlräu men der Knoten zeigen sich unverkennbare Fetzen von Lungengewebe. Die eitrige Flüssigkeit selbst besitzt in den beschriebenen grösseren Knoten, welche das Bild einer eitrigen Pneumonie zeigen, im Wesentlichen die Eigenschaften des veritabeln Eiters und besteht nicht in der Hauptsache aus Detritus. In der Umgebung der kleinen Eiterhéerde zeigt sich das Gewebe in hohem Maasse getrübt und stellenweise aus dem Zusammenhange gelöst. Die Alveolen sind mit feuchtem Exsudate, welches zahlreiche grosse Kerne, granulirte Zellen und Körnchenkugeln enthält, gefüllt. Es ist demnach nicht zu verkennen, dass der örtliche Process sich bis zur eitrigen Entzündung steigern kann. Dass die Reizung in dem Gewebe nicht bloss oberflächlich ist, sondern dasselbe durchsetzt und von Innen her zu zerstören vermag, ist auch daraus ersichtlich, dass die speckartig glänzende Begrenzung der mit einer eitrigen Flüssigkeit oder einem Stocke gefüllten Hohlräume der Knoten noch hauptsächlich aus geformten, zelligen Elementen zusammengesetzt erscheint, in welchen das Lungengewebe noch ziemlich gut erhalten ist, und dass sich in der Flüssigkeit, welche den gelösten Stock umgiebt, noch zahlreiche runde, ziemlich durchsichtige Eiterzellen, aber verhältnissmässig wenig Detritusmassen vorfinden. Es scheint daher bei der Trennung des centralen Stockes eine wirkliche Eiterung mitzuwirken.

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Die Rotzknoten gehen demnach aus einer entzündlichen Reizung des Lungenparenchyms hervor, welche zu Schwellung und Wucherung desselben, zur Bildung zahlreicher zelliger Elemente, namentlich an der Oberfläche der Alveolen und Füllung derselben führt. Der Process gleicht einer circumscripten Pneumonie. Den überwiegend grössten Theil der einzelnen Knoten machen die Produkte der Oberflächenwucherung aus. Von Ablagerung aus dem Blute kann nicht die Rede sein, nur die Kalksalze in der zerfallenen Masse sind nicht an Ort und Stelle entstanden, sondern grösstentheils aus den circulirenden Säften deponirt An der Grenze der Knoten nimmt mit der Zeit das interstitielle und interlobuläre Lungengewebe an Masse zu; die Faserzüge erscheinen an den ältern Knoten dichter und breiter, die Alveolen, welche mit ziemlich flüssigem Exsudate gefüllt erscheinen, werden immer enger und schliesslich erscheint das Gewebe in eine feste Membran umgewandelt, von welcher zuweilen dichte Bindegewebszüge in die Umgebung ausstrahlen und narbige Entartungen des Parenchyms darstellen. Möglicher Weise kann auch ein kleiner Knoten sich in eine Narbe umwandeln, indem das Exsudat resorbirt oder expectorirt wird und das interstitielle Gewebe fortwuchert. Dieser Zustand dürfte indess schwer zu constatiren sein. Narbenbildung im Lungengewebe ist auch bereits von Leisering beobachtet worden und mit Recht der Rotznarbenbildung in den Schleimhäuten an die Seite gestellt worden. Vorzugsweise findet eine deutliche Narbenbildung in den interlobulären Bindegewebszügen und im submucosen und subserösen Gewebe statt, wenn die Rotzknoten an diese Partien grenzen. Aber auch der käsige Zerfall erstreckt sich mitunter vom Lungenparenchym aus in jene Gewebe. Eine Ausdehnung desselben bis an die Oberfläche und Perforation der Serosa und Mucosa habe ich nicht constatiren können.

Eigenthümliche morphologische Elemente scheinen auch in den Rotzknoten der Lungen nicht vorhanden, sondern die specifischen Eigenschaften der Elemente, der Virus, vielinehr von deren innerer Natur bedingt zu sein. Dass den Produkten des lokalen Krankheitsprocesses in den Lungen eine Virulenz innewohnt, ist aus dem Umstande zu entnehmen, dass selbst bei geringer Ausdehnung der Krankheitsprocesse die Bronchialdrüsen sich auffällig geschwellt zeigen. Die Drüsenanschwellung besteht der Hauptsache nach in folliculärer Hyperplasie. Eigenthümliche Knoten aus fremdartigen Formelementen finden sich in den Drüsen nicht. Bei sehr ausgebreiteter und acuter Rotz-Erkrankung der Lungen können die Bronchialdrüsen sogar die Erscheinungen der eitrigen Entzündung mit bedeutender hyperplastischer Schwellung des umgebenden Bindegewebes darbieten, gleichwie nach sehr intensiver Infection und ausgebreiteter Erkrankung der Nasenschleimhaut Abscedirung der Kehlgangsdrüsen entstehen kann. Es ist bis jetzt eben so wenig gelungen, die contagiöse Natur der Bestandtheile der Rotzknoten durch eine chemische Formel auszudrücken. Wenn Lassaigne10) bei den Versuchen, den Rotz chemisch zu interpretiren, den Ausfluss durch grösseru Albumingehalt vom gewöhnlichen Nasenausflusse verschieden und dem Eiter chemisch verwandt fand, so ist damit für die Erklärung der Krankheit nichts gewonnen.

Die weitere Verbreitung der Rotzerkrankung auf der Schleimhaut der Respirationswege und die Infection des Lungengewebes wird nach Leisering's Annahme durch den Luftstrom, welcher das Contagium fortführt, vermittelt und beruht demnach auf einer fortgesetzten lokalen In

10) Rec. de Méd. vét. VIII. 556 und Journ. prat. de Méd. vét. Jahrg. 1822.

fection von Aussen her. Die Erklärung ist eben so einfach, als naturgemäss und kann durch die Thatsache, dass oft lange Zeit eine Erkrankung der Nasenschleimhaut besteht, ohne die Lungen in hohem Maasse in Mitleidenschaft zu ziehen, im Grunde nicht erschüttert werden. Denn diese Erscheinung würde noch weniger erklärt werden können, wenn man eine primäre Bluterkrankung als alleinigen Erreger der örtlichen Vorgänge annimmt und mit Erdt die Lungenknoten als tertiäre Bildungen betrachtet. Es ist bereits von Youatt11) ausgesprochen, dass sich die Miliartuberkel vorzugsweise in der Lunge derselben Seite vorfinden, an welcher Nasenausfluss im Leben bestand. Diese vielfach bestätigte Beobachtung ist allein durch die Annahme zu erklären, dass das Contagium durch den Luftstrom fortbewegt wird. Youatt nahm freilich an, dass das Contagium nicht durch den Athem übertragen werde, weil Pferde, welche mit rotzigen Pferden in demselben Stalle standen, aber mit denselben nicht in unmittelbare Berührung kamen, nicht angesteckt wurden. Entgegenge. setzt steht jedoch erfahrungsgemäss fest, dass die Rotzkrankheit sich von vornherein in den Lungen bemerkbar machen und in hohem Masse entwickeln und auf andere Pferde übertragen kann, ohne dass sich die gewöhnlichen Erscheinungen auf der Nasenschleimhaut oder an einer andern Stelle zeigen. Dass die Verbreitung der Krankheit im Körper auch durch das Blut und durch die Lym phe vermittelt werden kann, unterliegt keinem Zweifel; es kann aber, in Berücksichtigung der Verbreitung der Krankheitsprocesse im Körper überhaupt, diesem Wege für die Entstehung der Lungenknoten nur eine untergeordnete Bedeutung zugestanden werden.

1832.

Youatt's Veterinary Lectures. The Veterinarian for

VII.

Ueber Stätigkeit und sogenanntes Strangschlagen der Pferde.

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Vom Königlichen Kreisthierarzt C. Müller in Stolp.

Kein Währschaftsmangel unter unsern Hausthieren wird wohl im Allgemeinen so verschieden von den Thierärzten gedeutet und aufgefasst, als die Stätigkeit, namentlich aber ist es die Diagnose dieses Uebels, welche pro foro unter den Sachverständigen mancherlei Meinungsverschiedenheiten, entgegengesetzte Behauptungen und Ansichten hervorgerufen hat. Was der Eine für Stätigkeit erklärt, hält der Andere für Strangschlagen, und ein Dritter sogar für eine angeborene, widernatürliche Bosheit bei Pferden, und umgekehrt. Manche Thierärzte gehen sogar soweit, bei der gerichtlichen Feststellung der Stätigkeit Wagenpferde unter dem Reiter, also auch Reitpferde vor dem Wagen zu untersuchen, und nur dann die Stätigkeit als constatirt anzusehen, wenn sich in allen diesen auch ungewohnten Beschäftigungen, Verrichtungen und unbilligen Anforderungen an diese Thiere eine periodisch eintretende hartnäckige Widerspenstigkeit zeigt. Dass diese letztere Auffassung höchst falsch und irrig, und die Art und Weise solcher Untersuchungen bei Pferden höchst überflüssig ist und zu Irrthum verleitet, erkennt wohl jeder meiner geehrten Collegen an, der es mehrfältig mit der Untersuchung stätiger Pferde zu thun gehabt hat.

Die verschiedenen, sich oft entgegenstehenden, Anschauungen und Deutungen über das Wesen der Stätigkeit, die vielen von einander abweichenden Beurtheilungen dieses Fehlers bei Feststellung der Diagnose desselben vor

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