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Meisters. Der Faltenwurf ist wie bei Lazzaro gewöhnlich dürftig, die Architektur und das Bestreben, dieselbe in Seitenaussicht mit perspectivischer Verkürzung darzustellen, sind characteristisch für ihn. Die Landschaften baut er gewöhnlich nach dem Schema auf, dass er im Mittelgrund Wasserflächen anbringt, den Hintergrund bilden Höhenzüge, zahlreiche kleine Pappelbäumchen, so characteristisch für venezianische Landschaften,

beleben den Hintergrund. Lazzaro bildet diese Bäumchen unbeholfen, cylinderförmig, ähnlich den Nürnberger Spielsachen. Ein beliebtes Motiv von ihm ist es auch, vor oder jenseits der Wasserfläche zwei Personen im Gespräch darzustellen. Wenn es die Darstellung erlaubt, so bringt er auch gern einen in der Art eines Flederwisches geformten Palmbaum an, sonst bildet er grössere Bäume mehr so, wie man sie auf Basreliefs sieht, candelaberartig ohne Rundung und schwach belaubt.

Das nächste Bild von ihm, bei dem sich aus der Darstellung das Datum ergiebt, ist das Votivbild des Dogen Giovanni Mocenigo in der National Gallery in London, auf dem dieser, vor dem Thron der Madonna knieend, um das Aufhören der Pest bittet. Das Bild muss also 1478 oder 1479 gemalt worden sein, da um diese Zeit unter der Regierung dieses Dogen eine heftige Epidemie in Venedig wüthete. Das Bild wird immer noch dem Carpaccio zugeschrieben, obgleich man nicht die geringste Stilverwandtschaft mit ihm entdecken kann. Der Grund ist wohl der, dass das Bild lange Zeit eine falsche Signatur des Carpaccio und ein falsches Datum trug; beide sind bei einer Reinigung verschwunden, auch die seltenen alten Stiche, die von diesem Bild noch existiren, zeigen weder die Signatur noch das Datum. Es ist dies wieder derselbe Fall wie mit den Bildern der Scuola di San Gerolamo, in das Verhältniss Carpaccio's zu Lazzaro wurde durch Vasari's Angaben eine Confusion gebracht und endlich schreibt man diese Bilder dem berühmter gewordenen Schüler zu. Auch ist es sehr unwahrscheinlich, dass Carpaccio, der im Jahre 1478 noch ein recht junger Bursche gewesen sein muss, von dem Dogen, dem Höchsten im Lande, ein so wichtiger Auftrag zu Theil wird, während wir doch wissen, dass Lazzaro in der That Dogenportraits für den Palazzo Ducale lieferte, Aufträge die nur Künstlern die es schon zu einem gewissen Ansehen gebracht hatten, zu Theil wurden. Die Färbung des Bildes ist wie es gewöhnlich in der mittleren Periode der Fall ist, ohne jeden Reiz, die Faltenbildung schlicht. Die Landschaft ganz so componirt, wie wir sie für ihn characteristisch angegeben. Die Madonna ist, wie bei ihm die Regel nur zwei Ausnahmen existiren in Brokat gekleidet. Das Kopfskelett der Madonna mit hohem Schädelgewölbe ist typisch für ihn, die Handform zeigt starke Entwickelung der Gelenkenden, bei manchen Männerhänden wirklich starke Knotenbildung und convergirende Fingerspitzen. Der Typus des Bambino wiederholt sich öfter. Die einfache Form des Thrones kehrt auf zwei bezeichneten Bildern fast genau so wieder. Der heilige Christophorus und der Johannes der Täufer zeigen in der Weichheit der Contur und der Behandlung des Fleisches, dass der Künstler den Muranesen, speciell dem Bartolomeo Vivarin fern stand.

Das früheste datirte Bild, welches sich erhalten, ist die Lunette im Dom S. Donato zu Murano, bezeichnet: HOC OPVS LAZARI SEBASTIANI MCCCCLXXXIIII. Der Canonicus Giovanni degli Angeli kniet an dem Thron der Madonna von S. Agostino empfohlen, links von der Madonna steht S. Giovanni mit zwei Engelknaben, ein Rebus auf den Namen des Donators. Zanetti giebt es trotz der Signatur an Alvise Vivarin, auch

andere wurden bei Besichtigung desselben an die Schule von Murano erinnert; die Aehnlichkeit ist jedoch nur ganz allgemeiner Natur, die Farben, Formen und die grössere Weichheit der Conturen haben nichts, was mit der muranesischen Schule gemeinsam wäre.

Das späteste bezeichnete und datirte Bild, von 1490, befindet sich in der Pinacoteca Lochis in Bergamo. Es stellt die Krönung der Maria dar in Anwesenheit Gottvaters und des heiligen Geistes, rechts S. Benedict, links die heilige Ursula. Dieses schwache, in Oelfarben ausgeführte Werk ist ein Beispiel des späten Stils Lazzaro's, es hat ein blasses ausgewaschenes Colorit und überschlanke Figuren mit kleinen Köpfen. Vielleicht entstand diese Manier aus dem Bestreben des Künstlers, seinen Werken auf diese Weise mehr Eleganz zu leihen.

Das unbezeichnete aber beglaubigte grosse Wandgemälde aus der Scuola di S. Giovanni Evangelista, die Ueberreichung der Kreuzesreliquie, jetzt in der Akademie in Venedig, ist nicht mit Bestimmtheit zu datiren, jedoch wahrscheinlich, wie die anderen grossen Bilder des Albergo's der Scuola, aus dem letzten Decennium des XV. Jahrhunderts. Es zeigt wieder den Altersstil, die überschlanken Figuren mit kleinen Köpfen.

Von bezeichneten Bildern ohne Datum haben wir noch eine Pietà in S. Antonino, diese dürfte der mittleren Periode angehören. Dann noch den heiligen Antonius auf dem Nussbaum sitzend, zur Erde S. Bonaventura und S. Leone. Crowe und Cavalcaselle und auch der Katalog der Accademia in Venedig, wo sich das Bild jetzt befindet, geben als Provenienz die Kirche S. Giuliano in Venedig an.

Es ist dies ein Irrthum, nicht aus der Kirche sondern aus dem Bilderdepot in der Nähe der Kirche von San Giuliano, wo die österreichische Regierung im Jahr 1854 ein solches für kurze Zeit etablirt hatte, gelangte das Bild in die Galerie, wie aus den noch erhaltenen Depotkatalogen hervorgeht. Aeltere Kataloge geben als Provenienz desselben die Scuola di Sant' Antonio ai Frari an. Diese Scuola wird in den Guiden nicht erwähnt, war aber trotzdem eine Schule von Bedeutung. Aus den Catastici des Klosters der Frari erfahren wir, dass die Schule im Jahre 1439 gegründet wurde und dass ihr bald die erste Kapelle rechts vom Haupteingang der Frari überlassen wurde. In Martinoni's Zusätzen zu Sansovino's Venezia aus dem Jahr 1663 lesen wir, dass gerade zu dieser Zeit die Kapelle des S. Antonio da Padova mit dem grossen Barockaltar ausgestattet wurde, den wir heute noch dort sehen. Um diese Zeit wurde also wahrscheinlich die Altartafel des Lazzaro, die vorher den nur kleinen Altar schmückte, denn die grossen gothischen Fenster der Kapelle reichten weit hinab, nach der benachbarten Schule übertragen. Die Schule stand, wo sich jetzt der Eingang zum Staatsarchiv befindet, nur einige Schritte von der Kapelle entfernt. Einen ähnlichen Fall können wir in den verschiedenen Boschini - Ausgaben verfolgen in Bezug auf das Bild des Catena, S. Francesco zwischen zwei heiligen Franciskaner Bischöfen, dieses wurde ebenfalls von dem Altar der Schule in der Kirche der Frari

in das Albergo der Schule überführt, als der Altar im Barockstil hergerichtet wurde.

Wegen der noch unsicheren Behandlung der Landschaft möchte das Bild des Lazzaro früh anzusetzen sein, denn später sehen wir, dass sich der Meister intensiv mit Perspective beschäftigt und im Landschaftlichen für seine Zeit recht Tüchtiges leistet.

Das letzte bezeichnete Bild endlich, was wir noch besitzen, ist die Annunziata im Museo Correr. Die Composition ist sehr in die Breite gezogen, um dem Maler zu ermöglichen, sich ausgiebigen Studien in der Perspective hinzugeben; wir sehen noch all die Linien, die er mit grossem Fleiss nach dem Gesichtspunkt gezogen. Aus diesem Umstand kann man schliessen, dass sie ebenfalls ziemlich früh anzusetzen ist.

Grosse Verwandtschaft mit dieser Annunziata zeigt eine andere nicht bezeichnete, die Dr. Th. von Frimmel zuerst in dem Museum der Chorherren von Klosterneuburg bei Wien entdeckte. Die Composition ist enger zusammengezogen, der Hintergrund mit einem venezianischen Renaissance-Palast geschmückt; sie ist in dem Katalog des Museums abgebildet. In jeder Beziehung, auch in der Farbe zeigt sich ein grosser Fortschritt gegen die Annunziata des Museo Correr, so dürfte sie aus der besten Zeit, 1460-70, stammen.

In dem letzten Jahr ist im Kunsthandel bei Signor F. Ongania noch eine kleine Annunziata aufgetaucht, leider etwas übermalt. Die Scene ist in einen Doppelbogen componirt, die Säulen tragen, wie dies an mehreren Bildern Bastiani's nachweisbar, an den Sockeln Guirlanden in Sculptur, im Colorit ist das Bild wärmer wie sonst die Regel bei Lazzaro.

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Dann sind noch Reste von zwei grossen Annunziaten, ohne Zweifel von Orgelthüren stammend, nachweisbar. Ungemein häufig ist im Venezianischen zu allen Zeiten die Verkündigungsscene zum Schmuck der Orgelthüren benutzt worden. Man hat solche, die bei geschlossener Thür sichtbar waren di fuori und solche, die bei geöffneter Thür sichtbar waren di dentro. Eine Annunziata di fuori muss an der Orgelthür der Kirche S. Michele in Padua angebracht gewesen sein. In dem Museo Civico zu Padua befindet sich schon seit Jahren der Flügel einer Orgelthür mit dem überlebensgrossen Engel Gabriel. Crowe und Cavalcaselle haben schon richtig diesen als ein Werk des Lazzaro erkannt. Die Architektur, die Landschaft, die Handform sind alle schlagende Beweise für diese Attribution. Vor Kurzem hat das Museo Civico in Padua noch einen anderen Flügel, diesmal eine innere Fläche dieser Orgelthüren erworben. Es ist dies der S. Michael in überlebensgrosser Figur. Dieses Bild war nach Angabe der Guiden im vorigen Jahrhundert an der Chorwand hinter dem Hochaltar von S. Michele in Padua aufgehängt, und trug die jedenfalls gefälschte Inschrift „Jacobo Nerito discipulus di Gentile da Fabriano pinxit." Crowe und Cavalcaselle sahen das Bild so in dem Besitz eines Priesters in Padua, später soll dieser Priester die Inschrift mit einer Scheere abgeschnitten haben und ist nun das Stück etwas kür

zer wie der Engel Gabriel, die Zusammengehörigkeit der Stücke und die Attribution ebenfalls an Lazzaro, die schon Crowe und Cavalcaselle machten, kann aber nicht bezweifelt werden. Der Umstand, dass der Priester die angebliche Inschrift des Nerito abgeschnitten und weggeworfen, ist doch eher ein Beweis dafür, dass auch er dieselbe für eine Fälschung hielt.

In dem Depot der Akademie zu Venedig kam vor Kurzem ein anderes sehr grosses aufgerolltes Leinwandstück zum Vorschein, welches ebenfalls einen Engel Gabriel darstellt, diesmal aber von einer inneren Orgelthürfläche stammt. Die Architektur und Landschaft, der Brocatstoff, mit dem der Engel bekleidet ist, lassen keinen Zweifel aufkommen, dass auch hier wiederum Lazzaro der Meister ist. In dem alten Katalog ist das Bild als Carpaccio angeführt; die Provenienz ist leider nicht zu ermitteln. Die Figur des Engels hat grosse Aehnlichkeit mit dem Engel auf der Annunziata des Signor Ongania. Eine Eigenthümlichkeit Lazzaro's ist, dass er auf allen seinen Annunziaten die Füsse des Engels Gabriel mit der antiken unschönen, schwarz gefärbten Fussbekleidung, die die Römer soccus nannten, versieht.

Aus der Kirche S. Elena in den Lagunen stammt die Natività des Lazzaro, die sich jetzt in der Akademie in Venedig befindet. Das Bild ist wohl erhalten und besonders ist die Landschaft sorgfältig und in guter Perspective ausgeführt. Crowe und Cavalcaselle setzen es um 1490 an, womit der Umstand in Einklang steht, dass Lazzaro schon zu seinem Alterstil überschlanke Figuren mit kleinen Köpfen übergegangen ist. Noch ein Bild möchte von Lazzaro eigenhändig gemalt sein, dasselbe befindet sich im Museo Correr, Sala XIV, No. 61 und stellt in zwei Doppelbogen vier Heilige, Cosmas und Damian, Domenico und Agostino dar; es dürfte ein Bruchstück eines Altarwerks sein und ist von bescheidenen Dimensionen.

Kleinere Madonnenbilder haben wir vier. Eine Madonna, Kniestück, vor einem bräunlichen Vorhang, links ein Durchblick in eine characteristische Landschaft, stammt aus der Galerie Bernasconi, die jetzt dem Museo Civico in Verona einverleibt ist, und ist mit der durch Tradition richtig überkommenen Bezeichnung Lazzaro Bastiani versehen.

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Eine Replik dieser Madonna keine Copie ist in höchst ruinösem Zustand in dem Museo Correr vorhanden.

In der Sacristei der Kirche Redentore in Venedig befindet sich eine Madonna, das Kind anbetend, sie ist in Brocat gekleidet, im Hintergrund sieht man eine in allen Punkten für Lazzaro charakteristische Landschaft, der Typus des Bambino ist schlagend mit dem der Veroneser Madonna übereinstimmend. Das Bild gilt als Frühwerk des Carpaccio; es ist aber kein Zweifel, dass wir es wiederum mit einem Werk des Lazzaro zu thun haben.

Die vierte Madonna, die sich erhalten hat, erweckt ein besonderes Interesse, da sie nach den Angaben des Delegaten Pietro Edwards für

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