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war.

theken in Ungarn mit 55,000 Bänden, die zugleich für die benachbarte Hochschule zu Raab bestimmt ist (wo wieder eine juristische Vorbereitungs-Facultät hergestellt werden soll), die von Benedictinern gehalten wird, in deren Museum zu Raab die Büste des Gelehrten aufgestellt ist, der den ersten Antrieb zu dem Studium der Ungarischen Sprache gab, wohl er ein evangelischer Geistlicher Daran schliessen sich 20) die Klosterbibliothek zu Vesprim und die zu Zircz, die beide sehr reich sind. Auch viele andere Klosterbibliotheken Ungarns besitzen nicht unbedeutende Sammlungen, worin der oben genannte Bibliothekar Toldi schon manche Rarissima, ja Unica gefunden hat. Das Gleiche gilt von den protestantischen Collegien und Gymnasien, wie allen Bisthümern, denn auch sie haben mehr oder weniger bedeutende Bibliotheken. Daran fügen wir die Siebenbürger Nationalmuseums-Bibliothek in Klausenburg mit 32,000 Bände, die Brückenthal'sche Bibliothek zu Hermannstadt von grossem Umfange, die Telekische Bibliothek zu Maros-Vasarhely im Sekler - Lande, welche wie die vorige öffentlich ist und einen in 4 Bänden gedruckten Katalog hat; -die Bischöflich Bathyanische Bibliothek zu Carlsburg, von grossem Umfange, auch mit Deutschen alten Handschriften, sowie Inschriften aus der alten Alba Julia; Bibliothek des Collegii der Unitarier zu Klausenburg; die Bibliothek des Lyceums zu Klausenburg, die des Gymnasiums zu Kronstadt, die des reformirten Collegii zu Maros - Vasarhely, die des Nationalmuseums, wie auch der Rechtsakademie zu Agram in Croatien.

die

Schliesslich sind noch von Privatpersonen zu bemerken: die Bibliothek des Grafen Apponi in Neutra und die des Baron v. Prone in Acsa, des Oberinspectors der lutherischen Synode, dessen Grossvater bereits als bedeutender Botaniker viel dafür gethan hatte.

[886.] Die Bibliothek des Freistaates St. Marino.

Von dem Geheimrathe Neigebaur.

Die Stadt und der Freistaat St. Marino haben den Vorzug, ganz genau ihren Ursprung zu kennen. Der Berg Titano, 1425 Fuss über dem benachbarten Adriatischen Meere erhaben wurde von einem Steinarbeiter Marino, der im 3. Jahrhundert von Dalmatien hierher gekommen war,. vielfach wegen seiner merkwürdigen Steinarten besucht, bis er sich dort als Einsiedler niederliess, welchem Beispiele Andere folgten. Um das Jahr 600 war hier bereits der Anfang der jetzigen Stadt vorhanden,

welche schon im Jahre 1100 sich als freie Stadt selbst verwaltete. Später hatte sich Cäsar Borgia derselben bemächtigt, doch nach seinem Tode vertrieben die Bürger seinen Statthalter. Noch 1739 wollte der Cardinal Alberoni sich dieser Stadt bemächtigen, allein der Papst nahm sich ihrer an. Auch Napoleon I. und Pius VII. (im Jahre 1817) erkannten die Unabhängigkeit dieses Freistaates an, der jetzt 9000 Seelen zählt und eine bewaffnete Macht von 60 Mann unterhält, so dass derselbe sich mit dem Fürstenthume Liechtenstein messen können dürfte. Die Stadt selbst hat nur 3000 Einwohner, die anderen wohnen in Gemeinden um den Berg Titano. Dieser kleine Staat hat die besondere Eigenthümlichkeit, dass er, auf diesen hohen steilen Berg beschränkt, nie die benachbarten Eroberungen zu fürchten gehabt hat, und daher auch von dem Germanischen Lehnwesen befreit geblieben ist, welches so viel Unheil über Italien gebracht und die Hierarchie grossgezogen hat, die nach und nach diesen kleinen Freistaat umgab, so dass er zu seiner Selbsterhaltung zur grössten Vorsicht genöthigt war. Diese ging so weit, dass man hier eine Buchdruckerei anzulegen nicht wagte, da bald mit dieser Erfindung die Ketzer-Verfolgungen anfingen und man fürchtete, dass hier bald alle für gefährlich gehaltenen Schriften würden gedruckt werden; wie bis 1848 die Männer des Fortschrittes sich nach Lugano oder Capo di Lago in der Schweiz aus Italien flüchten mussten, und bald nach der Einführung jener Erfindung in Italien in dem kleinen Soncino die bekannten Jüdischen Buchdruckereien entstanden, aber auch bald alle Freiheit verloren ging, indem die Inquisition dort damit anfing, 70,000 Bände zu verbrennen. Auf diese Weise besteht auch bis jetzt in diesem Freistaate keine Buchdruckerei, obwohl es an gelehrten Männern nicht fehlte, von denen wir nur den Fra Giov. Bertoldi nennen, welcher die Göttliche Comödie von Dante in Lateinischen Hexametern übersetzte. Auch Marino Calcigni war ein ausgezeichneter Staatsmann an dem hochgebildeten Hofe des Herzogs Friedrich von Urbino. Ebenso war der hier geborene Jacopo Istriani ein ausgezeichneter Feldherr und Constantin Bonelli zeichnete sich als Bischof auf dem Tridentiner Concil aus. Ignazio Belzoppi verfasste ein Heldengedicht, Il Bertuccino, welches, obwohl noch ungedruckt, ihm einen grossen Ruf verschaffte, und Antonio Onofri erwarb sich den Fhrennamen: Vater des Vaterlandes. S. Memorie storiche della Republica di S. Marino del Car. Delpigo; Firenze, 1843, III. Voll. und: Quadro storico statistico della Republica di S. Marino; Firenze, 1843, von Oreste Brizio aus Arezzo. Einen prachtvollen Dom und mehre Klöster bauten zwar die Bürger dieses kleinen Staates, allein sie behielten eine freie Kirche in einem freien

Staate, wesshalb sie auch keinen Bischof wollten, um nicht durch einen solchen wie anderwärts um ihre Selbstverwaltung gebracht zu werden, sondern zwei auswärtigen Bischöfen die Verwaltung der geistlichen Angelegenheiten überliessen. Ihre Klöster aber thaten für die Wissenschaft bei aller Musse so wenig, dass auch aus denselben keine Spur einer Bibliothek hervorging, bis endlich ein hochgebildeter Mann aus der Nachbarschaft des Kirchenstaates, der reichen Familie Borghese angehörig, als Mann des Fortschrittes dort gemassregelt, sich hier niederliess. Dieser den Alterthumsforschern in Deutschland wohlbekannte Mann legte hier unter dem vielleicht am Romantischsten gelegenen Felsen-Garten seine Privat-Bibliothek an, und so entstand nach solcher Anregung vor 40 Jahren auch die öffentliche Bibliothek des Freistaates S. Marino, indem derselbe mehre ausgezeichnete Privatbibliotheken ankaufte und jährlich 200 Franken zu neuen Anschaffungen aussetzte; auch wurde dieselbe durch Geschenke von Mitbürgern, Freunden der Wissenschaft, vermehrt, und viele Fremde schenkten dieser Bibliothek eine Menge Werke aus Achtung für diesen 15 Jahrhunderte alten Freistaat. Zu diesen letzten Geschenken gehören auch die Sendungen von Napoleon III. im Jahre 1854, in Werken bestehend, die auf Kosten des Französischen Staates prachtvoll ausgestattet sind, wie z. B. Les Catacombes de Rome von Louis Perret. Auch der jetzige König von Italien beschenkte zum Zeichen seines Schutzes diesen Freistaat mit 2 Bomben-Mörsern.

Diese Bibliothek, welche länger in dem Regierungsgebäude aufbewahrt worden war, ist jetzt in dem Palaste Valloni in 3 Sälen würdig aufgestellt und alle Sonntage von 9 Uhr Morgens an den Lesern geöffnet. Sie zählt jetzt schon über 5000 Bände, enthält aber weder Handschriften noch Incunabeln. Bibliothekar ist der gelehrte Doctor Belluzzi, welcher zugleich dem Staatsarchive vorsteht. Vicebibliothekar ist Herr Gozi, den edelsten und ältesten Geschlechtern dieser Stadt angehörig; ihm verdankt die Bibliothek die Vollendung eines vollständigen systematischen Kataloges.

Das geheime Staats- Archiv befindet sich in dem Regierungsgebäude, geht aber nur bis in das 12. Jahrhundert zurück, weil damals die hiesigen Mönche, um sich mit den damals entstandenen Mönchsorden in Italien zu vereinigen, von hier nach S. Giovanni in Conca zogen, von wo sie das ursprüngliche Archiv nach S. Vitale mitnahmen. Als unter Napoleon I. die Klöster aufgehoben wurden, nahm der Pater Ziandrini das alte ursprüngliche Archiv dieses Freistaats mit nach dem Kloster von Praglia bei Padua und, nachdem auch dieses aufgehoben und mit dem Kloster der heiligen Justina verbunden

worden war, mit dahin, wo er starb. Der bekannte Geschichtschreiber Cantu hat dort wegen dieses Archives Nachforschungen angestellt, allein über S. Marino Nichts gefunden, und vermuthet, dass dies alte Archiv nach Wien gebracht worden sei.

Von anderen Bibliotheken ist nur die des Collegio Belluzzi einigermassen zu bemerken, dagegen ist die PrivatBibliothek Borghesi von besonderer Bedeutung, welche dieser berühmte Archäologe von dem benachbarten Savigliano, wo sich die von dem Grafen Amati gestiftete Bibliothek von 5000 Bänden befindet, theils mit hierher brachte, theils hier mit grossen Kosten anschaffte. Denn dieser vornehme und reiche Mann lebte nur für die Alterthumswissenschaft, so dass seine hiesige Bibliothek für eine der reichsten in Europa im Fache der Archäologie gehalten wird. Er hat dieselbe seinem Neffen, dem Grafen Borghese-Manzoni, mit seiner reichen Münz-Sammlung vermacht, der noch minderjährig ist und dessen Vater, Graf Giacomo Manzoni, in Lugo selbst eine bedeutende Bibliothek besitzt und wegen der desfallsigen Liebhaberei wie auch wegen seiner Gelehrsamkeit der Bibliomane genannt wird. Schliesslich erwähnen wir noch, dass dieser Freistaat jetzt bei dem Aufschwunge Italiens ebenfalls bedeutende Beförderer der Wissenschaft besitzt, von denen wir besonders den Staatsrath P. Malpeli erwähnen müssen, der dem Einsender zu diesem Berichte sehr behilflich gewesen ist.

[887.] Die Leopardische Bibliothek zu Recanati.
Von dem Geheimrathe Neigebaur.

Die Stadt Recanati in der Mark Ancona, in dem Agro Piceno, soll ihren Ursprung von der Colonia Ricinensis haben, die, von den Gothen zerstört, nur noch Reste von einem Theater u. s. w. aufzuweisen hat. Der Geschichtschreiber des Bisthums Recanati hat aus der folgenden Zeit Nichts über diesen Ort zu erwähnen, bis Rainaldus 1239 von Gregor IX. hier als Bischof eingesetzt ward. S. De ecclesiis Recanatensi et Lauretana earumque episcopis commentarius Josephi Antonis Vogel, Canonici; Recanati, 1859; II. Voll. in 4. Das Gemeindearchiv brannte 1322 ab; doch ist bekannt, dass der Ort im 12. Jahrhunderte unter selbst gewählten Consuln gestanden hat und auf eigene Selbstvertheidigung angewiesen war, besonders als der kaiserliche Mundschenk Marquard von Anweiler aus der Gegend von Zweibrücken, hier als Verwaltungs-Beamter angestellt, diese ganze Gegend hart bedrückte. Da Kaiser Heinrich VI. nicht helfen wollte oder konnte, so nahm Innocenz III. 1198 sich dieser Stadt an. Nach fortwährenden Kämpfen mit den benachbarten Städten kam endlich Reinold, Herzog von Spoleto,

als kaiserlicher Vicar 1228 an, der im Sinne des Kaisers Friedrich II. handelte, so dass die Stadt Recanati sich in dem damaligen Streite zwischen dem Papste und dem Kaiser für den letzteren erklärte, in Folge dessen sie auch 1229 von ihm besondere Privilegien erhielt. Allein der Kaiser, von den Welfen verrathen, unterlag bekanntlich und Recanati fiel dem Papste anheim, der verstanden hatte, die Unsicherheit der Ritter - Treue für sich zu benutzen. Doch die Bürger-Treue führte bald diese Stadt dem Sohne des Kaisers, Manfred, im Jahre 1258 wieder zu. Allein mit der Niederlage Conradins durch die vom Papste herbeigerufenen Franzosen hörten die Kaiser auf in Italien zu herrschen, und das Schicksal der freien Reichsstadt Recanati war zu Gunsten des Papstes-Königs entschieden. Dennoch erklärte sich noch 1308 ein grosser Theil der Bürgerschaft für den Kaiser, so dass der Papst nach vielen Kämpfen, um die Anhänglichkeit der Bürger an dem Kaiser zu strafen, den Bischof von Recanati nach Macerata versetzte. Endlich aber unterlag nach hartem Kampfe 1322 diese kaiserlich gesinnte Stadt, und selbst ein im Jahre 1381 von den treuen Bürgern gemachter Versuch zu Gunsten des Kaisers missglückte. Dieser Widerwille gegen die geistliche Herrschaft hatte sich bis in die neueste Zeit erhalten, und ward ein Opfer derselben der hochgebildete Graf Leopardi, der berühmte Dichter und Philologe, den ersten Familien zu Recanati angehörig, welcher wegen seinen freisinnigen Ansichten, denn die gebildetsten Geister sind stets für den Fortschritt seit dem Jahre 1821 vielfach verfolgt wurde. Sein Vater, der Graf Monaldo Leopardi, welcher vor etwa 15 Jahren starb und der Stifter der erwähnten Bibliothek war, gehörte zu den reichen Italienischen unabhängigen Männern, welche ihr ganzes Leben der Wissenschaft widmen. Als einer der reichsten Gutsbesitzer, deren es in Recanati viele giebt, suchte er sich eine reichhaltige Bibliothek zu erwerben und widmete seine Zeit der Wissenschaft, was er um so eher thun konnte, da die Gutsbesitzer in Italien nicht grosse Feldwirthschaft selbst treiben, sondern ihre Güter in einzelnen Hufen verpachten und zwar so, dass der Pächter gewöhnlich die Hälfte der Ernte statt baaren Geldes abgiebt. Als Freund der Wissenschaften benutzte er also die Zeit der Aufhebung der Klöster unter Napoleon I., um seine Bibliothek zu vermehren, welche jetzt bis auf 24,000 Bände angewachsen ist. Besonders beschäftigte er sich mit Herausgabe alter Italienischer Handschriften, in deren Besitz er gekommen war, wie z. B. der Memorie di frate Giovanni di Niccoló de Camerino del secolo 1300, pubblicate del Conte Monaldo Leopardi; Pesaro, 1835. Auch machte er sich bekannt durch geschichtliche Untersuchungen über die

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