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[794.] Die Bibliothek des Lombardischen Instituts zu Mailand.

Von dem Geheimerathe Neigebaur.

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Diese gelehrte Körperschaft wurde am 2. December 1776 von der Kaiserin Maria Theresia, Königin von Ungarn und Herzogin von Mailand, bestätigt. Sie hatte sich seit 1771 gebildet, indem die bedeutendsten Männer der Lombardei zusammengetreten waren, um zuförderst Künste und Gewerbe zu befördern. Dazu gehörten die Markgrafen d'Adda, Casani, Morigo, Culderara und Longhi, welcher letzterer das Amt des Bibliothekars übernommen hatte, sowie der aus der Geschichte des Criminalrechts weltbekannte Markgraf Beccaria u. m. A., wie auch die Grafen Creppi, Anguisola u. m. A. Ferner der Herzog GaleazzoSerbelloni nebst mehren Professoren und anderen namhaften Gelehrten. Diese Gesellschaft gab ihre ersten Denkschriften im Jahre 1783 unter dem Titel: Atti della societa patriotica di Milano" in 4°. heraus. Die Einmischung der Politik in die inneren Angelegenheiten des in seiner grossen Revolution begriffenen Frankreichs führte den Umsturz der früheren Verhältnisse auch in Italien herbei, und als das Königreich Italien gestiftet worden war, wurde die Mailändische patriotische Gesellschaft mit dem neu gestifteten Italienischen Institute verbunden, welches in der Italienischen Hauptstadt der Wissenschaft, zu Bologna, seinen Sitz hatte und 1809 den ersten Band seiner Denkschriften herausgab unter dem Titel:,,Memorie del Istituto Italiano", wobei sich der bekannte Gelehrte Fumagalli auszeichnete. Dort waren schon im Jahre 1797 unter der Cisalpinischen Republik die bedeutendsten Gelehrten zusammengetreten, so dass unter der Italienischen Republik im Jahre 1802 die Statuten dieses Instituts entworfen wurden. Damals befanden sich unter den Mitgliedern unter an deren die berühmten Gelehrten Monti, Graf Melzi uud Graf Volta, welcher Letztere damals Präsident war. Bald aber zog man vor, den Sitz dieses Instituts nach Mailand zu verlegen, weil doch die meisten Mitglieder in der Hauptstadt des Königreichs Italien wohnten, und kam dies durch ein Decret vom 25. December 1810 zur Ausführung, so dass die erste Sitzung am 10. Juni 1812 zu Mailand stattfand. Die Verhandlungen dieser gelehrten Gesell schaft erschienen 1819 als Memorie dell'Istituto del regno Lombardo-Veneto" (welchen Titel die Gesellschaft seit 1817 angenommen hatte) zu Mailand unter Oesterreichischer Herrschaft, und enthält der erste Band die Jahre 1812 und 1813. Nachdem aber in Venedig ein eben solches Institut für die jenseits der Adda gelegenen Provinzen gestiftet worden war, nahm das zu Mailand seit 1840 den Namen des Lombardischen Instituts an, und erschien im Jahre 1843 der erste Band der „Memorie dell'

I. R. istituto Lombardo" unter dem Präsidium des berühmten Astronomen Carlini, während der gelehrte Antiquar Labas Secretair war. Die Ereignisse von 1859 fanden den bedeutenden Geschichtsschreiber General Vaccani als Präsidenten. Bei der neuen Ordnung der Dinge folgte ihm Graf Manzoni, und die neue Folge der Verhandlungen erschien unter dem Titel: „Atti del reale Istituto Lombardo di scienze, lettere et arti. Vol. I. Milano 1860.“ Der nächstfolgende Präsident war der verdienstvolle Ingenieur di Christoforis, welchem als jetziger Präsident der bekannte Philologe Ambrosoli folgte. Secretäre sind Giulio v. Curioni und Emilio Cornalia; der erste ist bekannt als ausgezeichneter Geologe und der letztere ist berühmter Zoologe und hat sich besonders durch seine Arbeiten über die Seidenraupe hervorgethan. Ausser diesen Verhandlungen giebt das Institut auch mehre andere Werke heraus, da dasselbe durch verschiedene reiche Stiftungen in den Stand gesetzt ist, alljährlich zwei Preise von 1500 Franken nebst einer goldenen Medaille von 500 Franken Werth für die Lösung von ihr gestellter wissenschaftlicher Aufgaben zu vertheilen. Eine solche Preisschrift ist z. B.: Atti della fondazione Cagnola. Milano 1862. 8°o. 798 S. Auf diese Weise bilden

die von dem Institute selbst herausgegebenen Werke eine nicht unbedeutende Bibliothek, welche seit der Stiftung desselben als Institut zu Mailand begründet worden ist, seit welcher Zeit auch ein Tauschverkehr mit den meisten gelehrten Gesellschaften der alten und neuen Welt besteht. Hierüber ist folgende merkwürdige Schrift zu beachten, welche von einem sehr thätigen Beamten des Institutes verfasst ist, nämlich „,Elenco dei giornali e delle opere periodiche essistenti presso publici stabilimenti a Milano, da Luciano dell' Acqua ufficiale dell' R. istituto. Milano, 1861, tip. Bernardoni". Aus dieser sehr sorgfältigen Zusammenstellung ergiebt sich, dass das Institut allein aus Italien 89 Zeitschriften bezieht, von denen 12 dem Oesterreichischen Italien und 6 der Stadt Rom angehören, 47 aus Paris, 19 aus dem übrigen Frankreich, 8 aus Belgien, 8 aus der Schweiz, 4 aus Russland, 1 aus Kopenhagen, 1 aus Constantinopel, 23 aus Wien, 7 aus Prag, 1 aus Presburg, 1 aus Belgrad, 10 aus München, 4 aus Siebenbürgen, 7 aus Berlin, I aus Mecklenburg, 1 aus Bonn, 5 aus Leipzig, 3 aus Göttingen, 1 aus Kiel, 2 aus Heidelberg, 2 aus Stuttgart, 1 aus Frankfurt a. M., 2 aus Würzburg, 1 aus Gotha, 2 aus Halle, 1 aus Jena, 1 aus Christiania, 4 aus Stockholm, 10 aus Amsterdam, 7 aus Spanien, 7 aus Portugal, 15 aus London, 10 aus dem übrigen England, 33 aus Nordamerika; im Ganzen beinahe 350, welche aber seit dem Erscheinen dieses Kataloges des Herrn dell' Acqua sich noch sehr bedeutend vermehrt haben. Ausser dieser reichen Sammlung von Zeitschriften, welche sich in dem Institute zu Mailand befindet, führt der Verfasser noch 17 andere öffentliche und

Gesellschafts- Bibliotheken an, welche viele Zeitschriften halten, wie denn unter anderen das städtische naturhistorische Museum allein 24 Zeitschriften bezieht.

Auf diese eben erwähnte Weise ist ein grosser Theil der Bibliothek des Instituts entstanden, und dazu kommen die vielen Geschenke von Mitgliedern und anderen Gelehrten, sowie die von dem Institute selbst herausgegebenen Preisschriften und andere Anschaffungen, so dass diese wohl unterhaltene Bibliothek 8 Säle in dem ungeheuern Palaste der Brera füllt, wo die Akademie sehr umfassende Räumlichkeiten besitzt. Jetzt zählt diese Bibliothek bereits über 40,000 Bände, die meist den medicinischen Wissenschaften, der Technologie und Staatswissenschaft gewidmet sind. Unter den hier befindlichen Handschriften wird besonders das Wörterbuch von Bergantini aus dem 17. Jahrhundert geschätzt, ferner das Impero celeste von Gianone, und I viaggi dell' Amoretti, nebst mehren anderen Werken meist naturwissenschaftlichen Inhalts. Die zu Anschaffungen seltener Werke und von Zeitschriften wissenschaftlichen Inhalts ausgesetzte Summe beträgt 50,000 Franken. Von den Zeitschriften werden allein mehr als 50 bezahlt, und ausser den Verhandlungen von gegen 160 Akademien aus der ganzen Welt, welche im Tausch eingehen, werden noch 80 wissenschaftliche Zeitungen gehalten, so dass hier The London, Edinburgh and Dublin philosophical magazine, Quaterly Journal of pure and applied mathematics, the american journal of sciences and arts (New Haven), dann Annales des sciences naturelles, und die Archives du museum de l'histoire naturelle nicht fehlen. Besonders reich ist die Bibliothek auch an Wörterbüchern für Sprachen, hauptsächlich aber für Geographie, Physik, Botanik u. andere Wissenschaften. Eben so zahlreich sind die Landkarten, z. B. die ganze Sammlung der in Wien herausgekommenen militairischen Karten, dann von Johnston, Berghaus u. s. w. Besonders aber finden sich hier seltene geologische Karten. Der jährliche Zuwachs durch Geschenke, meist von Mitgliedern, wird auf gegen 1000 Bände Bücher und Zeitschriften angeschlagen. Herr di Cesari schenkte allein 500 Bände und Herr Muscati an 2000 Bände. Aus eigenem Vermögen setzt das Institut jährlich einen Preis von 1500 Franken aus, und aller 2 Jahre veranstaltet dasselbe eine Industrie - Ausstellung (siehe die eben erschienenen Atti della distribuzione dei premj all' industria etc. il 7. Agosto 1863). Aller 5 Jahre giebt die Akademie eine Aufgabe für den Preis von 864 Franken aus einer Stiftung des Markgrafen Secco Comneno. Zu physikalischen und chemischen Preisen vermachte der Doctor Cagnola dem Institute 50,000 Franken, eben so viel der Civil-Ingenieur Brambilla für der Menschheit wichtige Erfindungen; auch der Ritter Castiglione hat dem Institute zu Preisen jährlich 500 Franken zur Verfügung gestellt.

Das Institut hat daher vielfache Gelegenheit zum Drucke von Preisschriften und somit zur Vermehrung der eigenen Bekanntmachungen ausser seinen oben gedachten verschiedenen Denkschriften.

Dieser Bibliothek nun steht das zahlreiche Personal dieses reich ausgestatteten Institutes zur Verfügung, und ist es besonders der oben erwähnte Beamte desselben, Herr dell' Acqua, welcher mit der grössten Bereitwilligkeit dieselbe zugänglich macht; sie ist nämlich alle Tage von 10 bis 3 Uhr geöffnet, selbst in der Zeit der allgemeinen Vacanzen, während die anderen in demselben Gebäude der Brera befindlichen Bibliotheken geschlossen sind, als die National - Bibliothek, die berühmte Bibliothek della Brera, welcher der um den pädagogischen Congress so verdiente Ritter Sacchi vorsteht. In demselben Gebäude steht ausserdem die Bibliothek des Münzcabinets unter dem gelehrten Antiquar Biondelli mit mehr als 20,000 Bänden, dann die des astronomischen Observatoriums mit 7000 Bänden unter dem Nachfolger Carlini's, dem Astronomen Scioparelli; endlich die der Kunstakademie mit 10,000 Bänden, darunter viele Kupferwerke, meist über Architektur, wobei der Professor Dr. Malfati für allgemeine Geschichte, und für die Kunstgeschichte der sehr thätige Professor Boibo beschäftigt sind. Uebrigens besitzt das Institut auch noch ein Maschinen - Cabinet (besonders für Gewerbe), für welches die Instrumente des berühmten Volta für 100,000 Franken vor Kurzem angekauft wurden. Man sieht übrigens daraus, dass es hier der Wissensshaft an Mitteln und an reichen Freunden nicht fehlt.

Litteratur und Miscellen.
Allgemeines.

[795.] Serapeum hrsg. von Naumann. XXIV. Jahrgang. (S. oben Nr. 663.)

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Das Hauptbl. enthält: Nr. 15. S. 225-31 Ein Band fliegender Blätter aus den Jahren 1631 und 1632. Mitgetheilt von Max Bessel in München S. 231-35 Gedicht vom ersten Edelmann. Mitgetheilt von Emil Weller. Aus einer in der Münchener Hofbibl. befindlichen Druckschrift aus dem J. c. 1493 S. 236-38 Eine Abfertigung, von Demselben. Gegen die über seine Annalen der poetischen National-Litteratur der Deutschen von Karl Gödeke im Litterar. Centralblatte veröffentlichte Besprechung S. 238-40 Die Litteratur der Bartholomäusnacht. (Zur Ergänzung.) Von Demselben. (S. Anz. J. 1858. Nr. 398) S. 240 Curiosum, von Edwin Tross in Paris. Im Intelligenzbl. findet sich Nr. 15. S. 113-14

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Vermächtniss des Canonicus Johann Heuschreck an die Collegiatkirche und Kirchenbibliothek zu Römhild S. 114-17 Die Szechenyische Landes-Bibliothek im Ungarischen NationalMuseum zu Pest. Von dem Geheimerathe Neigebaur.

[796.] Bulletin du Bibliophile et du Bibliothécaire publ. par Techener. Série XVI. (S. oben Nr. 665.)

Das Septemberheft enth.: S. 449-73 Études sur Nostradamus; par F. Buget. (II. Oeuvres et Adversaires. Suite.) S. 474-80 Gresset et ses oeuvres; par un Bibliophile picard S. 481-83 Léorier-Delisle, fabricant de papiers pour l'impression des livres; par Hiver de Beauvoir S. 483-86 Lettres de H. Bonhomme et J. de Gaulle au Directeur du Bulletin du Bibliophile. Betr. die Bonhomme'sche Publikation Mme de Maintenon et sa famille." S. 487-92 Quelques

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mots sur la vente de la Bibliothèque du Président de Thou; par G. Brunet S. 492-95 Variétés: Bibliothèque impériale de Saint-Pétersbourg (La collection des manuscrits caraïtes); communiquée par le prince A. Galitzin S. 496-501 Analecta-Biblion. Bet.: „La Bibliothèque impériale et les Archives de l'Empire. Réponse au Rapport de Ravaisson par Natalis de Wailly (Paris 8. 40 S.)" und Ed. Werdet's „Historie du livre en France". S. 502 Nouvelles et Variétés S. 503-12 Catalogue raisonné de Livres anciens, rares, curieux, qui se trouvent en vente à la Librairie de J. Techener.

[797.] Bulletin du Bouquiniste publ. par Aubry. 7e Année. 2e Semestre. (S. oben Nr. 666.)

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Ausser dem Aubry'schen Lagerkataloge enthalten von den beiden neuesten Heften des Bull. unter Anderem Nr. 162. S. 535-37 Etudes Elzéviriennes, par G. Brunet" u. Nr. 163. S. 563-68 eine aus dem „,,Temps" entlehnte längere Mittheilung B. Hauréau's über A. Franklin's ,,Recherches sur la Bibliothèque publique de l'Église Notre-Dame de Paris."

[798.] Le Chasseur bibliographe publ. par François. II. Année. (S. oben Nr. 667.)

Ausser dem Lagerkataloge des Herausg.'s enthält die neueste Nr. 9: ,,Mélanges littéraires: Diane de Poitiers et le Journal amoureux“ (S. 3—10) & "Les deux Jacques Critton“ (S. 10-15); Mélanges bibliographiques: Les Manuscrits d'Herculanum" (S. 15-19); Correspondance" (S. 20-23); ,,Chronique: Une vente de livres provençaux en Provence" (S. 24-25) & Dissertations plaisantes sur les cornes et les cocus" (S. 26-27).

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[799.] The American Publisher's Circular and Literary Gazette. Octavo Series. Vol. I. No. 8-10. August 15 September 15.

S. 289-384. (S. oben Nr. 668.)

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