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München.

herausgegeben von Mitgliedern

Nro. 27. der k. bayer. Akademie der Wissenschaften.

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Regesta imperii inde ab anno MCCXLVI. usque ad annum MCCCXIII. Die Rege: sten des Kaiserreiches unter Heinrich Raspe, Wilhelm, Richard, Rudolf, Adolf, Albrecht und Heinrich VII. 1246-1313. Neu bear: beitet von J. Friedr. Böhmer. Stuttgart. J. G. Cotta'scher Verlag. 1844. 350. S. 4.

Schon bey einer anderen Gelegenheit erwähn ten wir dieser neuen Bearbeitung der Kaiserregeften und rühmten den darauf gewandten Fleiß, die außer ordentliche Sorgsamkeit und Genauigkeit, die Vollständigkeit und Treue, womit das aufgezeichnete Material dem Forscher zugänglich gemacht wurde. Die Die Kunst des Ercerpirens ist schwerer als man gewöhnlich glaubt und das mit Treue kurz wiederzugeben, was je nach dem seltsamen Verfahren eines Jahrhunderts weitläufig in Urkunden niedergelegt ist, seht einen in der Eigenthümlichkeit verschiedener Zeiten sattsam bewanderten Mann voraus. Die Kluft, welche die Denkungsart der Gegenwart von den vergangenen Zeiten trennt, wird, je mehr die rein negativen Tendenzen unserer Zeit sich entwickeln, desto unausfüllbarer. So sehr man sich auch jest bemüht, was von den Schöpfungen früherer Zeiten der Uebermuth nieder riß, auf wissenschaftlichem Wege wieder aufzubauen, so schwer wird es Jedem, der außerhalb ihres Ideenkreises sich bewegt, sich in demselben zurecht zu finden. Es braucht zum Belege dieser Behauptung nicht das naive Geständniß anzuführen, welches uns unlängst Hr. Stuhr in Schmidts Zeitschrift S. 283. abgab. Wenn schon die Worte katholischer Schrift

steller in gewissen Kreisen das Gefühl der Unbegreiflichkeit erregen, welche Unverständlichkeit müssen erst etwa die Briefe der Päpste über die wichtigsten welch' comische Dinge müßten denn auch nicht zum Angelegenheiten der Kirche zur Folge haben und Vorschein kommen, wenn Männer dieses Schlages, befangen in der einseitigsten Bewunderung moderner Zustände, sich dem schwierigen Unternehmen hingeben wollten, Regesten der Päpste zusammenzustellen. Es muß deßhalb von vorneher an Hrn. Böhmer mit besonderem Lobe anerkannt werden, daß er selbst dem Mechanischen eine geistige Seite abzugewinnen wußte und in der Verschiedenartigkeit der Gegenstände und Zeiten gleich sehr als Meister des Stoffes sich darstellt. Auch bey ihm hat gerade der bunte Wechsel historischer Persönlichkeiten, Zustände und Interessen die natürliche Gegenwirkung hervorgerufen, mit einer gewissen Vorliebe dasjenige zu erfassen, was bey dem ewigen Schwanken das Bleibende ist, bey den Stürmen der Geschichte einen Ruhepunkt gewährt, bey dem Kampfe der Interessen das über allen menschlichen Interessen Stehende ist und diesen selbst erst den wahren Werth verleiht. Daß ihm dieses ebensosehr von Denjenigen verübelt wird, welche meinen, die Aufgabe des Menschen bestehe im Suchen der Wahrheit allein, ist ebenso begreiflich, als der Beyfall Derjenigen, welche glauben, daß dem Menschen die Erkenntniß und der Genuß des nothwendigen Maßes der Wahrheit bereits hienieden beschieden sey. Eben deßhalb findet auch, wo Böhmer sich über das Einzelne ausspricht, eine gerechte Würdigung eigenthümlicher Größe statt, die nicht im Spiegel ber Gegenwart, sondern nach dem besonderen Bedürfnisse der Vergangenheit angesehen

wird und ohne laudator temporis acti zu werden, wird manche Scheingröße unserer Tage durch Vergleichung mit früheren Verhältnissen auf ein Maaß heruntergebracht, das zwischen enthusiastischer Vergötterung und kleinlicher Herabsehung in wohlge: wählter Mitte steht.

Es ist begreiflich, daß so ausgedehnte und zur Benutzung so sorgfältig zugerichtete Urkundensamm: lungen wie die Kaiserregesten einen wesentlichen Ein fluß auf die Geschichtschreibung ausüben und dieser eine ganz veränderte Behandlungsweise aufdrücken müssen. So lange nur Geschichtschreiber der ein: zelnen Perioden die Quellen für die Gefchichte der selben waren, oder die Urkunden zerstreut und ungesichtet sich zu Bergen aufhäuften, war die Geschichtschreibung von dem größeren oder geringeren

Grade von Wahrheitsliebe oder Kenntniß der That: sachen abhängig, welche sich bey den Scriptoren der betreffenden Zeiten ermitteln läßt. Jeht, vermag man mit Hülfe der Regesten vielfach selbst tiefer zu schöpfen, als es einzelnen Autoren in ihrer Zeit möglich war. Man vermag nicht nur sie zu er: gänzen, sondern auch zu berichtigen und das Leben einer Persönlichkeit liegt, in wie ferne es aus Correspondenzen und Documenten besteht, in manchenFällen klarer vor uns, als vor den Zeitgenossen. Es ist dies ein wesentlicher Fortschritt der Wissenschaft und die veränderten Resultate neuerer Forschungen, wie über Friedrich II., fußen sich ganz besonders auf diesen veränderten Grundlagen des historischen Studiums. Hat man die vollständigen Regesten der Päpste, so kann man sich ihrer Biographien bey nahe völlig entschlagen.

Dieses neue Verhältniß zu den früher die Geschichte beherrschenden Quellenschriftstellern hat den Verfasser der Regesten veranlaßt, der Regierung je des einschlägigen Königs oder Kaisers eine kurze Darlegung der hauptsächlichsten Quellen, ihrer be merkenswerthen Aeußerungen über Charakter oder ein besonders auffallendes Factum der einzelnen Regierungen (wie z. B. die vermuthliche Vergiftung, K. Heinrichs VII.) hinzuzufügen, ja es werden selbst kurze, meist sehr treffende Vergleichungen mit modernen Zuständen oder Bemerkungen über die Folgen eines Ereignisses damit verbunden. Wer wie Böhmer so

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ungemein Vieles gesammelt und so reiche Gelegenheit gehabt hat, die genuinste Anschauung vergan: gener Zeiten sich zu erwerben, hat nicht nur ein Recht, sondern selbst den Beruf, was die Geschichte früherer Tage den späteren lehrt, frey und offen zu sagen. So schlecht es einen minder erfahrenen For scher kleiden würde, Bemerkungen, die aller Gravität entbehren würden, in die strenge Form der Regesten miteinzustreuen, so sehr ist dieses dem Manne erlaubt, der in mehr als einer Beziehung Anerkennung seiner Ansichten als der Resultate der ernstesten Studien fordern kann. Quod licet Jovi non licet bovi. 3war wird, wer den Muth hat, alterthümlich ausstaffirte Ceremonien, deren hohe innere Be deutung längst aufgegeben ist, als Carricaturen des Früheren zu behandeln, vielfachen Ingrimm wider sich erregen. Man konnte jedoch erwarten, daß Böhmers anerkanntes Verdienst ihn wenigstens vor persönlichen Schmähungen sichern werde.

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Es charakterisirt aber die Art, wie in man chen Kreisen der Gegenwart Geschichte getrieben wird, daß man glaubt, es könne das Verdienst einer fol chen Sammlung durch hämische Anklagen und einen boshaften Tendenzprozeß umgeworfen werden. Das Verfahren, welches sich eine kleine, aber mit den gehässigsten Insinuationen angefüllte Schrift (die historisch politische Schule und Böhmers geschichtliche Ansichten. Eine deutsche Kri tik von Adolph Freimund. Berlin. Verlag von Hermann Schulze 1845) gegen Hrn. Böhmer erlaubte, ist deßhalb so unwürdig, daß es eine allgemeine Aechtung verdiente und gewiß auch erlangte, würde es nicht in dem gegenwärtigen Zustande der Literatur zu sehr begründet seyn, anstatt sich um die Gründe einer mißfälligen Ansicht zu bekümmern, über diese von vorneher den Stab zu brechen, wie man vermuthet, daß ihre Anwendung auf das politische Gebiet unangenehme, wenn auch noch so richtige Consequenzen herbeyführen könne. Die Verweigerung einer anständigen Preßfreyheit für poli tische Besprechungen hat die für die Litteratur in vielfacher Beziehung nachtheilige Richtung erzeugt, daß politische Fragen in das Gebiet der Litteratur hinübergezogen wurden und die Wissenschaft selbst, welche sich über die Politik stellen sollte, zur Par

tensache wurde. So lange man sich darauf be: schränkte, die Gegenwart im Spiegel der Verganheit sehen zu lassen, war dagegen nichts einzuwenden, ja es ist unstreitig ein großer Vortheil, die Erfahrungen früherer Tage der Gegenwart zukom men zu lassen. Auch steht demjenigen, welcher sich gewöhnt hat, die Gründe der Dinge zu erforschen, unstreitig mehr ein Urtheil über diese zu, als dem, welcher an ihrer Aeußerlichkeit kleben bleibt. Allein ein übles Beyspiel war es, als Schlosser in den Heidelberger Jahrbüchern, Wien, Berlin und Mün; chen geradezu in die Acht und für mundtodt er klärte, und, als wenn dieses nicht genügte ihn selbst zu ächten, der dritte Band seiner Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts das Maaß der Leidenschaft übervoll machte. Seitdem ist auf dem Gebiete der Litteratur jeder Pöbelunfug, jeder litterarische Straßenraub, das Faustrecht der früheren Periode und das Anathematisiren des Einen wie die blinde Vergötterung des Andern nicht blos erlaubt, sondern preiswürdig geworden. Erscheint ein urkundliches Werk, so wird nicht nach dem Gewinn mehr gefragt, den durch neue Aufhellungen Wahrheit und Wissenschaft daraus zu ziehen vermögen, sondern es ist schon durch den Druckort geächtet. Erst wird der Verfasser verdächtigt, dann das Résultat der Forschungen durch einen gewandten Fechterstreich so schnell als möglich beseitigt und damit er selbst um den geistigen Lohn seiner Mühe gebracht. Unter gewöhnlichen Verhältnissen verdiente ein Mann wie Böhmer nicht bloß Achtung und Anerkennung überhaupt, sondern wo er in jener menschlichen Schwäche, der wir alle unterworfen sind, irrte, Schonung und Nachsicht. Allein da der Unselige zu erkennen gab, er glaube nicht, daß Berlin die Heimath der deutschen Historiographie sey, dann auch der Heidelberger Dictatur sich entzog, ist seitdem Alles gegen ihn erlaubt und wird im Namen des Vaterlandes gegen. ihn gewüthet. Es wäre jedoch auch kein schwieriges Unternehmen, nachzuweisen, daß die Schwächen, welcher ihn der Verfasser jener Schmähschrift zu zeihen. sich bemühte, nur dessen eigene geistige Leere ver riethen. Schaleres hätte derselbe wahrlich nichts thun können, als den längst zu Grabe getragenen Streit um die Todesart K. Heinrichs VII. wieder zu erz

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neuen. Ferne sey es von uns, was für Bernünfe tige bereits Barthold zu Ende brachte, obwohl dieß der Verfasser überspringen zu dürfen wähnt, nach Ab= deritenart auf's Neue in Frage zu ziehen. Weil aber der Verf. sich hieben gegen Böhmer auf den gleichzeitigen Ritter Johann v. Schönfeld beruft, so möge ihm zur Wissenschaft dienen, daß Würdtwein (nova subsidia diplomatica T. III.) nur einen Auszug aus der Chronik dieses österreichischen Ge= schichtschreibers mittheilte. Nach der (S. 216) mit commendavit endigenden Erzählung, die nur be richtet, daß Heinrichs plößliches Erkranken von den Aerzten Gift zugeschrieben worden sey, kommt in Ms. erst noch Folgendes: De cujus morte fuit varia relatio. Quidam dicunt religiosum qui eum communicaverat adamantis lapidis triti pulverem poculo calicis clam et leniter immisisse, cujus virtutis est (die bekannte Fabel über den Tod Aleranders d. G.) etiam ferrum attrahere et ob hoc viscera tam celeriter constricta fuisse et hoc a florentinis procuratum fuisse. Fertur etiam quod sentiens interius letaliter se percussum, ipsi ministro, ut repentine aufugeret persuasisse, qui illaesus veniens Florentiam tum maximis laudibus est exceptus, eo quod patriam ut ajebant a tyrannide imperatoris liberasset. Quae qualiter se habeant fateor me nescire. Tam enim nepharium facinus per religiosum tam famosum et imperatori carissimum · fieri difficile vel nullatenus est credendum. Audivi autem ego a quam pluribus fidedignis quod nimii doloris acerbitas sic eum pervaserit, ut mortis evadere periculum non valeret, eo quod vindictam in adversarios habere non potuit. Unde corpore aperto et eviscerato cor ejus scissum in duas partes est inventum, ut quidam eum habuisse duo corda ex hac experientia testaretur etc. (Ex Cod. Bibl. Reg. Suez.)

Ein anderes gleichzeitiges Ms. der vatic. Bibl., von welchem Ref. als gegenwärtig diesen Studien ent= fremdet, nicht zu sagen vermag, ob dasselbe nicht bereits gedruckt ist, berichtet noch Folgendes: In die assumtionis Beatae Mariae Virginis sumpta eucharistia de

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calice bibere (voluit Imperator) confessor suus ordinis praedicatorum venenum calici immixtum dedit sibi bibere ut fertur a quibusdam. Quod tamen falsum esse asseruit Illustrissimus Rex Bohemiae Heinricus praefati Imperatori filius plenissime praedicatorem habens excusatum. Similiter illustrissima domina Beatrix praefati Imperatoris genitrix vivae vocis oraculo excusat publice coram civibus metensibus intra missarum solemnia praedictum confessorem cum multis aliis, quod Imperatori erat cordalissimus; omnes, Imperatorem affirmans sine omni suspicione toxici naturali morte quiete vitam finivisse. Quae omnia publice praedicari praecepit Episcopus Johannes Argentinensis in eadem diocesi, de quibus litterae sunt sane sigillatae in conventu ordinis praedicatorum in Nürenberga. Wer wohl eine genauere Kunde von dem traurigen Ereignisse hatte, die zunächst Betheiligten im I. 1313 oder Hr. Adolph Freimund in Berlin i. I. 1845? Ref. will es bedünken, Hr. Böhmer könne sich über die gegen ihn gerichteten Angriffe trösten. Diejeni gen ausgenommen, welche sich an jedem Skandal ergöhen und für die ein kecker Versuch der Ehrabschneidung ein Lieblingsschauspiel ist, werden nicht viele Personen sich auf die Seite eines literarischen Freybeuters stellen, der zwar ein über das andere Mal das „sanctus amor patriae dat animum" als Devise ausposaunt, aber besser gethan hätte, in stillschweigender Ruhe der ächten deutschen Sitte zu fröhnen, die wenigstens einstmals darin bestand, fremdes Verdienst ohne Neid anzuerkennen.

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Höfler.

Achter Bericht über das Bestehen und Wirken des historischen Vereins zu Bamberg in Oberfranken von Bayern. Bamberg 1845. gr. 8.

Seit dem Jahre 1841 ist Hr. Curatus Thiem da hier regelmäßig alljährlicher Berichterstatter über die Zustände des hist. Vereines zu Bamberg. Seinem Be

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richte folgen die zu selbem gehörigen Belege und diesen wiederum die Beylagen, bestehend in mehr oder minder umfangsreichen historischen Auffäßen. Dieß ist für ge: wöhnlich die Einrichtung der Bamberger histor. Vereins: Berichte, wiewohl auch, und dieß ist im vorliegenden achten Berichte der Fall, einige kleinere historische Mittheilungen unter den Belegen mit aufgeführt erschei nen; z. B. VI. vom Hrn. Heller. die kurze Beschrei: bung der in der Münchner k. Centralbibliothek befindli chen Manuscripte Hartmann Schedel's, namentlich seines im Jahre 1504 geschriebenen Werkes: Liber antiquitatum etc., in welches er alle auf seinen Reisen in Italien, Deutschland und den Niederlanden gesammelten Inschriften auf Denkmälern, Grabmälern c. eingetragen. Da findet sich Blatt 204 eine Erwähnung von Meister Freydank's Grabmal zu Treviso: Epitaphium Friderici sepulti in Taruisio. ,,Hye leit Freydanck Gar on all sein dank Der alweg sprach vnd nie sanck." Auch Schweppermann's Grabschrift theilt Schedel Bl. 298 mit; fie ist aber von allen bey Popp vorkommenden abweichend und lautet:

„Hie ligt begraben Seufrid Swepferman
Alles wandelt(s) an

Ein Ritter kech und fest

Der zu Gamelstorff am streit in furt tet das

1

pest

Ist tod dem Got genad Anno do. MCCCrrrvij (1337).“ Ueber das andere Schedelsche Manuscript, geschrieben 1497 folgg. und betitelt: „Cronica Babenbergensis: Et de Episcopis: ac antiquis familijs" berichtet kurz Hr. Curatus Schweizer, dessen Urtheil dahin geht, daß diese Chronik ein Auszug aus der Chronik des Michels: berger Abtes Andreas, und das Meiste derselben bereits durch den Druck bekannt sey.

Jm siebenten Belege theilt Hr. Mooyer in Minden unter Nro. I. aus dem Nekrolog des hildesheimischen Domstiftes die Sterbetage zahlreicher Bamberger Geist lichen (Domherrn) mit, woraus sich auf eine sehr enge Confraternität zwischen beyden Domstiftern, Bamberg und Hildesheim nämlich, schließen läßt. Nro. II. führt derselbe verdiente Gelehrte, gleichfalls wieder Bambergische Geistliche auf, die im Nekrologium des Klosters Pegau (Menken scrptt. rer. germ. II, 217 seq.) vorkommen und welche fast sämmtlich in den verschiedenen Bamber gischen Necrologien entweder fehlen, oder nicht an denselben Tagen aufgezeichnet stehen.

(Fortseßung folgt.)

München.

herausgegeben von Mitgliedern

Nro. 28. der k. bayer. Akademie der Wissenschaften

7. Februar.

1846.

Cornelii Nepotis quae vulgo feruntur vitae excellentium imperatorum ad optimorum codicum fidem emendavit atque integram lectionum varietatem adjecit C. Benecke, Dr. Berolini, Posnaniae et Bydgostiae. Typis ac sumptibus Ernest. Sigfr. Mittleri. MDCCCXLIIII. 8. p. VIII. 279.

Daß die Wissenschaft in ihrem Gebiete ein Recht des Besitzes in Folge von Verjährung nicht anerkennt, beweist das Schicksal der anspruchslosen Biographien, an deren Namen fich in der Regel bey einem Jeden, der Latein gelernt hat, die Erinnerung an eine früh durchlebte Schulzeit sammt deren Leiden und Freuden unwillkührlich anknüpft. Nahezu drey Jahrhunderte sind verflossen, seit der in den alten Drucken so wie in sämmtlichen bis jeht eingesehenen Handschriften als Verfasser der zweyundzwanzig ersten vitae des oben genannten Büchleins bezeichnete Aemilius Probus erst seinen Plah auf dem Titelblatte mit dem berühmteren Namen des Cornelius Nepos theilen und bald darauf gänzlich vor letterem das Feld räumen mußte. Obwohl Lambin, der zuerst in seiner Ausgabe (Paris 1569) fich der Ueberschrift bediente: Aemilii Probi seu Corn. Nepotis excell. imp. vitae, fich in der Vorrede keineswegs unbedingt für die Autor: schaft des Nepos ausspricht, vielmehr die Sache dem Urtheile des Lesers anheimgibt; auch soviel feststeht, daß jene Vindicirung des Nepos in keiner Art durch handschriftliche Beweise hervorgerufen und

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unterstüßt wurde, so fand doch diese Neuerung bald in weiterem Kreise Nachahmer; man fing an, den Namen Probus ganz wegzulassen, oder erwähnte ihn etwa vorübergehend in der Vorrede und Nepos galt nunmehr eine lange Reihe von Jahren fast unangefochten als der Verfasser der vielgelesenen und vielbearbeiteten Biographien. Erst im Jahre 1818 brachte Wilhelm Friedr. Rinck durch seine in Benedig erschienene Schrift: Saggio di un Esame critico, per restituire ad Emilio Probo il libro de vita excellentium Imperatorum creduto comunemente di Cornelio Nepote (nun in lateinischer Sprache unter dem besondern Titel: Prolegomena ad Aemilium Probum der Ausgabe von C. L. Roth Basel 1841 vorgedruckt) die Frage aufs Neue in Anregung, in Folge dessen die Untersuchung über den Verfasser unsrer vitae, über deren Quellen, über Nepos, seine Schriften, seinen Schriftstellerwerth u. s. w. von verschiedenen Gelehrten wieder aufgenommen wurde und den Gegenstand mehrerer kleiner Schriften bildete, von denen wir hier der Kürze wegen nur die Preisschrift von Lieberkühn (De auctore vitarum, quae sub nomine Cornelii Nepotis feruntur, quaestiones criticae. Lipsiae 1837; vergl. Gelehrte Anzeigen Jahrg. 1837 Nr. 103) hervorheben, weil sie gewissermassen die Replik bildet zu der Rinck'schen Abhandlung und eine ziemlich vollständige Uebersicht über die Acten des Streites gewährt.

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