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VI. Capitel.

Eisenbahn-Requisitionen.

Art. 29. In dem im Artikel 1 dieses Gesetzes vorgesehenen Falle sind die Eisenbahn-Gesellschaften verpflichtet, dem Kriegs-Minister alle ihre Bestände an Personen und Material, welche derselbe für den Militär-Transport benöthigt, zur Verfügung zu stellen. Diese requirirten Personen und Objecte können auf allen Bahnlinien dies- und jenseits der Operations-Basis zur Verwendung gelangen.

Art. 30. Der Militär-Behörde sind auf Verlangen auch alles BrennMaterial und andere für den Betrieb nothwendige Stoffe im RequisitionsWege auszuliefern.

Art. 31. Die Dependenzen der Bahnhöfe und Bahnstrecken, einschliesslich der Telegraphen-Bureaux sammt Telegraphen-Leitungen sind ebenfalls auf Verlangen an die Militär-Behörde zu übergeben.

Art. 32. Die in den Artikeln 29, 30 und 31 angeführten Requisitionen kommen analog der in dem Cadre-Gesetze vom 13. März 1875 enthaltenen Bestimmungen über den Militär-Eisenbahndienst zur Durchführung.

Art. 33. In Kriegszeiten wird der commerzielle Bahnverkehr jenseits der Operations-Basis eingestellt. Eine Entschädigung wird den betreffenden Bahngesellschaften aus diesem Titel nicht zugestanden.

Art. 34. Die Gemeinden dürfen bei den von ihnen zu leistenden Requisitions-Lieferungen die Bahngesellschaften nicht mit einbeziehen.

VII. Capitel.
Marine-Requisitionen.

Art. 35. Der Kriegs-Marine sind dieselben Requisitions-Rechte eingeräumt, wie sie durch das gegenwärtige Gesetz dem Landheere zugestanden wurden. Ein besonderes Administrations-Reglement wird hierüber das Nähere enthalten.

VIII. Capitel.

Bestimmungen über Pferde, Maulthiere und Fuhrwerke.

Art. 36. Die Militär-Behörde hat das Recht, zur Completirung und Erhaltung des Kriegsstandes der Armee Pferde, Maulthiere und bespannte Fuhrwerke zu requiriren.

Art. 37. Zu Beginn des Jahres, und zwar vor dem 16. Jänner, hat in jeder Gemeinde auf Grundlage der Erklärungen der Besitzer oder des Gemeinde-Amtes eine Zählung jener Pferde und Maulthiere stattzufinden, welche im Hinblick auf ihr bis zum 1. Jänner, desselben Jahres erreichtes Alter requisitionsfähig sind. Pferde haben mindestens 6 Jahre, Maulthiere mindestens 4 Jahre alt zu sein.

Alle drei Jahre, und zwar vor dem 16. Jänner hat in jeder Gemeinde in gleicher Weise die Zählung der bespannten Fuhrwerke zu geschehen, insofern diese letzteren nicht zur Kategorie der gewöhnlichen Personenwagen gehören.

Art. 38, Der Kriegs-Minister hat das Recht, in jedem Jahre in der Zeit vom 1. Jänner bis 1. März und vom 15. Mai bis 15. Juni die Revision und Classificirung aller im vorgeschriebenen Alter stehenden Pferde und Maulthiere, sowie auch der vorhandenen Fuhrwerke vornehmen zu lassen. Diese Amtshandlung geschieht in jeder Gemeinde in Gegenwart des Gemeindevorstehers durch eine Militär-Commission, welcher ein ThierArzt und ein Ortsbewohner beigegeben werden.

Art. 39. Jene Thiere, welche zu Militär-Diensten geeignet befunden werden, sind nach Kategorien, wie sie beim Remonten-Einkauf festgestellt sind, zu classificiren. Reitpferde für Officiere formiren in jeder Kategorie eine separate Classe.

Art. 40. Ausgeschlossen von der Requisition im Mobilisirungs-Falle sind: a) die Pferde des Staats-Oberhauptes; b) solche Pferde, deren Besitzer selbe zur Ausübung ihrer dienstlichen Functionirungen benöthigen; c) die zur Zucht nothwendigen und als Zuchtthiere officiell anerkannten Pferde; d) trächtige oder mit saugenden Fohlen eingestellte Stuten; e) Pferde, welche noch nicht das sechste, Maulthiere, welche nicht das vierte Lebensjahr erreicht haben; f) die Pferde aller Kategorien der Post-Administration; g) jene Pferde endlich, welche im Dienste wichtiger öffentlicher Administrations - Anstalten und zu Nebendiensten des Eisenbahn - Betriebes benöthigt werden. Diese letzteren jedoch verfallen der Requisition, sobald die betreffende Bahnlinie selbst der Requirirung verfällt.

Art. 41. Die Fuhrwerke sind den Recensirungs-Commissionen bespannt vorzuführen. Nach beendigter Classificirung derselben ist eine Loosziehung vorzunehmen, welche die Reihenfolge der Herbeirufung zum etwaigen Dienste bestimmt.

Art. 42. Auch jene Fuhrwerke, welche zum Dienste öffentlicher Administrations-Anstalten und Eisenbahn-Unternehmungen unumgänglich nothwendig sind, bleiben von der Requisition befreit. Fuhrwerke der Eisenbahnen verfallen jedoch der Requisition, sobald die betreffende Bahn selbst im RequisitionsWege an die Militär-Behörde übergeht.

und

Art. 43. Eine ausführliche Tabelle, enthaltend die Bestände Classificationen in jeder einzelnen Gemeinde, ist seitens des CommissionsPräsidenten dem respectiven Recrutirungs-Bureau einzusenden. Ein zweites Exemplar dieser Tabelle bleibt im Gemeinde-Amte.

Art. 44. Der Kriegs-Minister hat alljährlich für jede Region das Contingent festzusetzen, welches diese Region im Mobilisirungs-Falle zur Completirung oder Erhaltung der Kriegsstände der Armee im RequisitionsWege zu liefern verpflichtet ist. Dieses Contingent hat in der betreffenden Region durch die Militär-Behörde so repartit zu werden, damit durch eine entsprechende Vertheilung den Successiv-Anforderungen der Armee Rechnung getragen werden könne. Etwa nothwendige Ausgleichungen in den Regionen besorgt das Kriegs-Ministerium.

Art. 45. Gleich nach Erhalt der Mobilisirungs-Ordre hat der Vorsteher einer jeden Gemeinde die betreffenden Besitzer zu verständigen, dass: a) alle classificirten Thiere, 6) alle seit der Classificirung zugewachsenen (insofern sie keiner gesetzlichen Befreiung theilhaftig sind), e) alle, welche mittlerweile das vorgeschriebene Alter erreicht haben, und d) alle aus anderen Gründen

bei der letzten Zählung nicht aufgenommenen, an einem festgesetzten Tage an dem von der Militär-Behörde bezeichneten Orte stellig zu machen sind. Dasselbe gilt bezüglich der Fuhrwerke. Der Hufbeschlag der Pferde muss durchgehends im guten Zustande erhalten sein.

Art. 46. Besondere Commissionen nehmen cantonweise alles Requirirte in Empfang und vollziehen gleichzeitig auch die Classificirung der neuen Zuwächse. Bei Ueberzahl der Thiere bestimmt das Loos die Reihenfolge der Ablieferung.

Art. 47. Jedes von der Ablieferung im Requisitions-Wege betroffene Thier kann durch ein anderes gleicher Kategorie ersetzt werden, wenn letzteres vorher der Commission vorgezeigt und von dieser für geeignet erklärt worden ist.

Art. 48. Nachdem die im Artikel 46 bezeichnete Commission über alle vorgekommenen Zwischenfälle die Amtshandlung bewirkt hat, vollzieht sie die Uebernahme der Pferde, Thiere und Fuhrwerke und setzt die Preise der übernommenen Fuhrwerke und Beschirrungen fest.

Art. 49. Die Preise der requirirten Thiere sind als fixer Tarif im vorhinein bestimmt. Sie können für Reitpferde und für Artillerie-Zugpferde um ein Viertel erhöht werden, wofern die genannten Pferde keine Hengste sind. Art. 50. Die Eigenthümer der Thiere, Fuhrwerke und Beschirrungen erhalten nach Ablieferung derselben ordnungsmässige Anweisungen, welche von der nächsten Staats-Finanz-Casse sofort eingelöst werden.

Art. 51. Jene Eigenthümer, welche ihre Pferde, Thiere oder Fuhrwerke nicht an Ort und Stelle und zu rechter Zeit behufs Abgabe an die MilitärBehörde vorgeführt haben und diese Unterlassung gesetzlich nicht zu rechtfertigen vermögen, werden den Gerichten überliefert und im Verurtheilungsfalle mit einer Geldstrafe belegt, welche die Hälfte jenes Preises beträgt, den die Militär-Behörde zum Ankaufe eines Pferdes, Thieres u. dgl. verwenden muss, die der Verurtheilte zu liefern verpflichtet war. Auch kann die gewaltsame Wegführung der vorenthaltenen Objecte durch den Präsidenten der Uebernahms-Commission direct verfügt werden.

Art. 52. Gemeindevorsteher, welche den Bestimmungen des achten Capitels des gegenwärtigen Gesetzes zuwiderhandeln, sind zu einer Strafe von 25 bis 1000 Francs zu verurtheilen. Dasselbe betrifft die bezüglichen Eigenthümer, welche, sollten sie falsche Declarationen abgegeben haben, mit einer Geldstrafe von 50 bis 2000 Francs belegt werden.

Art. 53. Im Falle der Rückversetzung der Armee auf den Friedensfuss steht den Eigenthümern das Recht zu, ihre Thiere gegen volle Rückerstattung des erhaltenen Requisitions-Betrages von der Militär-Behörde abzuverlangen ; doch müssen die betreffenden Thiere bei den Truppenkörpern von den Eigenthümern selbst, und zwar auf eigene Kosten abgeholt werden.

IX. Capitel.

Bestimmungen in Betreff grosser Manöver.

Art. 54. Schadenersätze, welche was immer für Eigenthum betreffen, das durch Märsche, Manöver und sonst durch Truppen geschädigt wurde, müssen binnen 3 Tagen beim Gemeinde-Amte reclamirt werden. Eine besondere,

jedem Armee-Corps oder isolirt operirendem Heerestheile beigegebene Commission prüft und classificirt die erhobenen Beschädigungen. Bei erzieltem Einverständnisse sind die zuerkannten Geldbeträge sogleich auszuzahlen, im entgegengesetzten Falle haben die Gerichte die weitere Amtshandlung zu über

nehmen.

Allgemeine Bestimmungen.

Art. 55. Alle Voranzeigen und sonstige Acte, welche die Militär-Behörde allgemein bekannt zu geben für nothwendig erachtet, werden im Hauptorte des Cantons im Gemeinde-Amte affichirt.

Art. 56. Sämmtliche bis nun bezüglich der Militär- Requisitionen erlassenen Verfügungen sind durch die vorstehenden Normen als aufgehoben zu betrachten.

Dies der Wortlaut jenes neuen Militär-Requisitions-Gesetzes, welches der französischen Armee eine bis nun entbehrte mächtige Unterstützung im Kriege in Aussicht stellt. Nicht nur deshalb, weil es in vielen Puncten schärfer gehalten ist, als die analogen Gesetze in den anderen europäischen Armeen, sondern auch in Anbetracht der dichten Bevölkerung und der reichen LandesVorräthe jeder Art gewinnt dasselbe eine hohe Bedeutung.

Einen sehr werthvollen Theil dieses Gesetzes bilden auch jene Bestimmungen desselben, welche die Ausdehnung der Requisitionen auf FriedensManöver enthalten. Armee und Bevölkerung werden auf diese Weise fortwährend in Handhabung dieser umfangreichen Leistungen und complicirten Dienste geübt, und für die Armee werden schliesslich auch noch dadurch beträchtliche Vortheile erzielt, dass die bis jetzt in Frankreich nicht üblich gewesenen Friedens-Einquartierungen allgemein zur Durchführung gelangen.

Das zweite neue Militär-Gesetz, dessen wir heute Erwähnung thun wollen, betrifft die Krankenpflege in der Armee.

Bekanntlich war in der französischen Armee der Sanitäts-Dienst lange Zeit hindurch nicht gerade zum Besten bestellt. Eine unglückliche Unterstellung des Sanitäts-Corps unter die Intendanz, eine mangelhafte Organisirung dieses Dienstzweiges und eine viel zu geringe Dotirung der Truppen und Anstalten mit Aerzten haben in dieser Hinsicht Manches zu wünschen übrig gelassen.

Während nun durch das neue Administrations-Gesetz, dessen Publicirung demnächst bevorsteht, diesen Uebelständen theilweise gesteuert werden dürfte, ist jetzt schon bezüglich der Militär-Krankenpflege im Frieden ein besonderes Gesetz erlassen worden. Dessen wesentlichste Bestimmungen lauten:

„Art. 1. Jedes im Innern Frankreichs dislocirte Armee-Corps wird in seiner Region und wo möglich im Hauptsitze desselben ein Militär-SpitalsEtablissement erhalten, das die Bestimmung hat, zur Krankenpflege, zur Heranbildung eines Spitals-Personales und als Werkstätte und Depot für die im Mobilisirungs-Falle aufzustellenden Formationen und Dienste des MilitärSanitäts-Corps zu dienen.

Art. 2. Ausser diesen Regional-Spitälern und den permanenten MilitärHofspitälern zu Paris und Lyon, sowie den verschiedenen Militär-Bade-Heilanstalten, werden keine anderen Militär-Lazarethe mehr bestehen, und es haben die über diese Anzahl gegenwärtig noch vorhandenen successive aufgelassen zu werden, sobald die in den gleichen Orten etablirten Civil-Spitäler in den Stand versetzt erscheinen, zu jeder Zeit den Dienst der Krankenpflege auch bei den Truppen zu versehen.

Art. 3. In solchen Orten, wo keine oder nur unzureichende MilitärSpitäler vorhanden sind, bleiben die Civil - Hospitäler gehalten, alle der Garnison angehörigen Kranken aufzunehmen, ärztlich zu behandeln und zu pflegen.

Art. 4. Die Civil-Spitäler werden zu diesem Zwecke in zwei Kategorien getheilt in gemischte oder militarisirte, und in eigentliche Civil-Spitäler. In den ersteren werden für Soldaten solcher Garnisonen, welche über 300 Mann stark sind, besondere Militär- Säle eingerichtet; in den letzteren (nur in Garnisonen unter 300 Mann etablirt) werden die Soldaten gleich allen anderen Kranken unterzubringen sein. In Garnisonen von mindestens 1000 Mann hat immer ein Militär-Arzt die Behandlung der kranken Soldaten zu übernehmen. Im anderen Falle und bei Mangel an Militär-Aerzten besorgen jedoch, wie oben erwähnt, die Civil-Aerzte die militärische Krankenpflege; wobei den Militär-Aerzten die Besichtigung der Kranken, aber kein Eingreifen in die Ordinationen u. dgl. gestattet ist.

Art. 5. Die den Civil-Spitälern in dieser Weise zufallenden Verpflichtungen dürfen in keiner Weise der öffentlichen Krankenpflege Eintrag thun; der Staat muss in dieser Hinsicht auch finanziell die nöthigen Vorsorgen treffen.

Art. 6. Die durch Errichtung eigener Militär-Abtheilungen in den CivilSpitälern etwa nothwendig werdenden. Bauten und Arbeiten haben auf Rechnung des Aerars zu geschehen, und zwar in Folge eines speciellen Commissions-Beschlusses und im Einverständnisse der Minister des Krieges und des Innern.

Art. 7. In jedem solchen Spitale wird bezüglich der Verpflegung und der sonstigen Behandlung der kranken Militärs, sowie der Zahl der Betten eine zwischen der Militär-Behörde und der Spitals-Verwaltung zu vereinbarende Convention abzuschliessen sein. Diese Convention soll eine Giltigkeit von 5 Jahren haben, binnen welcher Frist Abänderungen nur mit beiderseitigem Einverständnisse geschehen können. Ueber Streitigkeiten entscheiden der Präfecturrath und in zweiter Instanz der Staatsrath.

Art. 8. Ein besonderes Durchführungs-Reglement wird das Nähere hierüber enthalten.

Art. 9. Sechs Monate nach Publicirung dieses eben erwähnten Reglements treten die Spitals-Verwaltungen in die ihnen durch dieses Gesetz zugestandenen Rechte.

Art. 10. Alle diesen Bestimmungen entgegen lautenden Verordnungen sind gleichzeitig aufgehoben."

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