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Das erstere theilen wir wieder in Ueberschiffen ohne und mit Vorbereitungen.

Für Uebergänge, welche während des Marsches, ohne dabei zu einer besonderen Rücksicht auf den Feind gezwungen zu sein, herzustellen sind, werden jederzeit Ueberbrückungen gewählt werden.

Anders verhält es sich bei gewaltsamen Uebergängen, hier kann weder die eine noch die andere Form für sich allein genügen, wohl aber beide zusammen.

Es wird sich stets darum handeln, Abtheilungen auf das jenseitige Ufer zu werfen.

Für diesen Zweck eignet sich das Ueberschiffen, und man wird, je grösser die Brücke, je grösser die Vorbereitungen für dieselbe, mit dem Ueberschiffen unausgesetzt fortfahren müssen, bis die Brücke hergestellt ist. Selbstverständlich ist die Ueberschiffung derart einzurichten, dass für den Brückenbau keine Gefahr entstehen kann.

Was die Brückenformen betrifft, so soll man unter allen Verhältnissen stets nur die einfachsten wählen und zusammengesetzte, complicirte Formen nur dann in Anwendung bringen, wenn hiedurch ein Zeitgewinn gegenüber den zu ersparenden anderweitigen anderweitigen Arbeiten

erzielt wird.

Unser Bock im Ponton gibt uns ein vortreffliches Mittel an die Hand, bei Schiffbrücken zeitraubende Ufer-Correcturen zu ersparen.

Bei einem österreichischen Armee-Corps ist in der Regel nur eine Pionnier-Compagnie mit zwei Brücken-Equipagen eingetheilt.

Die Compagnie hat 162 Pionniere ohne Chargen. Eine BrückenEquipage erfordert für ihre Bemannung 72 Pionniere, die Verstärkung für die zweite Equipage 30 Pionniere. Wenn beide Equipagen in eine Brücke eingebaut werden, sind daher 102 Pionniere, sind aber zwei Brücken von je einer Equipage zu schlagen, so sind hiefür 144 Mann erforderlich. Es erübrigen in diesem zweiten Falle nur 18 Pionniere, wohl die allergeringste Zahl für die nöthigsten Ufer-Correcturen, und es würden in diesem Falle etwaige Zugänge, Colonnen-Wege durch Genie-Truppen oder InfanteriePionniere hergestellt werden müssen.

Bei so kurzen Brücken wie jene von 28° sind in der Regel keine besonderen Vorbereitungen für den Sicherheitsdienst nothwendig, dagegen wird bei einer längeren Brücke der verbleibende Rest der Compagnie je nach den Flussverhältnissen vollauf beschäftigt. Aus dem Vorgesagten erhellt aber, dass eine Pionnier-Compagnie für die gesicherte, möglichst rasche, technische Durchführung eines Ueberganges in der vorangedeuteten Weise nicht genügt; wird die Compagnie, wie man in der Regel annimmt,

zuerst die Pontons abladen, in das Wasser schaffen, sodann mit den freien Pontons durch einige Partien überschiffen, bis die Vorbereitungen für den Brückenschlag beendet sind, und dann den Brückenbau beginnen, so entstehen hiedurch Pausen, der eigentliche Zweck, die Herstellung des Ueberganges, der Brückenbau, wird verzögert.

Will man einen 50 bis 60° breiten Fluss an einer Stelle, welche den tactischen und technischen Bedingungen entspricht, gesichert in der möglichst kürzesten Zeit überschreiten, so wird man hiezu zwei PionnierCompagnien benöthigen, wovon die eine mit Kriegsbrücken- oder mit aufgefundenem Material fortwährend überschifft und bei den Vorarbeiten mithilft, während die andere sofort beim Anlangen an der Brückenschlagstelle den Brückenbau beginnt.

Um jede Verzögerung in den Vorbereitungs-Arbeiten zum Uebergange zu vermeiden, ist es unbedingt nöthig, dass die zur Herstellung des Ueberganges bestimmten Pionnier-Abtheilungen in der Vorhut eingetheilt sind und auch die Brücken-Equipagen der Vorhut folgen.

Das Heranziehen der Equipagen erst im Bedarfsfalle von der Queue der Heeres - Abtheilungen zur Brückenschlagstelle stösst in der Regel auf Schwierigkeiten.

Der Feldzug 1870-71 liefert hiefür die eclatantesten Beispiele 1). Nach Hauptmann Goetze's eigener Bemerkung konnten die meistens an der Queue des Armee - Corps marṣchirenden PontonsColonnen nicht immer rechtzeitig herangezogen werden, ein Uebelstand, der sich im Verlaufe des Feldzuges mehrfach fühlbar gemacht hat. Auch die Pionnier-Compagnien, so wie die leichten FeldBrücken - Trains waren bei einigen Armee - Corps häufig nicht an die

1) Hauptmann Goetze schildert in seinem Werke über die Thätigkeit der technischen Truppen im Feldzuge 1870-71 die Herstellung der Mosel-Uebergänge durch leichten Feld-Brücken-Train und aufgefundenes Material; jedoch konnten diese Uebergänge nur dem äussersten Nothfalle genügen. Hätten die Franzosen die Hängbrücke bei Corny, die massiven Brücken bei Pont à Mousson, Dieulouard und Marbache zerstört, die Verhältnisse um Metz hätten sich für sie ganz anders gestaltet, denn erst am 17. August Morgens hatten die Preussen acht neue Uebergänge über die Mosel hergestellt; darunter zum grössten Theile aus ihrem leichten Feld-Brücken-Train und in einer Form, die nur Infanterie und Cavalerie passiren konnte, die Schlacht von Mars la Tour war aber schon am 16. August geschlagen. Dagegen hatten die Franzosen für ihren Mosel-Uebergang nach den Gefechten am 14. August unter General Coffinières 15 Uebergänge hergestellt.

Goetze behauptet, dass mit jenen acht Uebergängen auch für einen Rückzug

genügend vorgesorgt gewesen war -? Bagage war zurückgeblieben.

Têten der Avantgarden genommen und entstanden hiedurch bei vielen Gelegenheiten unersetzbare Zeitverluste 1).

Hat man in der Marsch-Richtung einen Fluss vor sich, und hat man die Absicht, denselben zu überschreiten, so können sich, meines Erachtens, gegen die Eintheilung der Equipagen bei der Avantgarde keinerlei Bedenken ergeben, weil der Feind nur mehr kleinere Detachements zwischen Fluss und uns haben wird, deren Hauptzweck die Beobachtung ist, und welche sich nach kurzen Gefechten auf ihre Haupt-Truppe zurückziehen werden; hier handelt es sich aber eben darum, so schnell als möglich dem Feind zu folgen und mit der Herstellung des Ueberganges in gar keiner Weise zu zögern. Dies kann aber nur auf die vorgedachte Weise mit Erfolg durchgeführt werden.

Bezüglich des Ueberganges der Truppen über Kriegsbrücken möchte ich noch hervorheben, dass die österreichische Brücke die Passirung mit sechs Mann in der Front erlaubt, und durch Annahme einer breiteren Formation, wie dies übrigens auch Punct 80 des Dienst - Reglements, II. Theil, andeutet, der Uebergang der Infanterie in der Zeitdauer um ein Drittel verkürzt werden könnte. Dieser Vortheil sollte nie aus der Hand gegeben werden und ich glaube, dass dadurch etwaige Bedenken wegen Trennung der gewöhnlichen tactischen Form mehr als aufgewogen würden).

Ich komme nun zur Erörterung des dritten Fragepunctes: Welche Zeit zur Durchführung des Ueberganges am günstigsten sei.

Unser Felddienst sagt darüber Seite 159, Punct 394: "Damit die übergegangene Truppe dem Feinde möglichst lange verborgen bleibt, trifft man die Anstalten derart, dass der Uebergang mit einer hinlänglichen Macht in den ersten Morgenstunden vollendet sei."

1) Preussen hat aus diesen Erfahrungen bereits die Nutzanwendung gezogen. Jedes Armee-Corps besitzt zwei Divisions- und einen Corps-Brücken-Train, zu deren Bedienung drei Pionnier-Compagnien vorhanden sind, die doppelte Ausrüstung wie ein österreichisches Armee-Corps. Die leichten Feld-Brücken-Trains sind aufgelassen, es existirt nur eine einheitliche Kriegsbrücken-Ausrüstung, die BrückenTrains haben grundsätzlich bei der Avantgarde zu marschiren.

Ebenso enthält das neue preussische Pontonnier-Reglement vom Jahre 1874 die grundsätzliche Bestimmung, dass jeder Uebergang mit einem möglichst ausgedehnten Ueberschiffen zu beginnen habe, und damit so lange fortzufahren sei, bis die Brücke zum Uebergange fertig ist.

2) Dies ist jedoch nur dann von Vortheil, wenn die Truppen bis zum Beginne des Ueberganges genug Zeit haben, die Verkürzung der Colonne vorzunehmen, also entweder schon an der Brückenstelle stehen oder auf den Brückenschlag während des Ansammelns vor dem Brückeneingange warten müssten.

Anmerkung der Redaction.

Dieser Vorstellung pflichten die meisten militärischen Schriftsteller bei; man glaubt, dass der Gegner am meisten überrascht werde, wenn man die Herstellung des Ueberganges, sowie den Uebergang selbst in der Nacht bewerkstelligt und am Morgen schon am feindlichen Ufer steht.

Es wird dabei allgemein auf die nöthigen Vorbereitungen für den Uebergang vergessen, welche allein für den Uebergang über einen grösseren Strom schon die ganze Nacht erfordern und sollen sie Tags vorher stattfinden, ja ebenso die Aufmerksamkeit des Feindes erregen müssen, als der Brückenschlag.

Dazu kommt, dass die technische Ausführung in der Nacht eine bedeutend schwierigere und deren Gelingen unter minder günstigen Umständen nur eine reine Glückssache ist.

Eine grosse Wassergeschwindigkeit, ein schiefer, getheilter Stromstrich, ein schlechter Ankergrund machen beim Einführen und Feststellen der Pontons in der Nacht an den Steuerleuten unbekannten Stellen jede Geschicklichkeit und Berechnung zu Schanden. Es wird unter solchen Verhältnissen oft vorkommen, dass ein Ponton an den schon stehenden Brückentheil anfährt und mehrere Felder zerstört.

Der den Brückenschlag leitende Officier kann die Verrichtungen nicht übersehen, diese können nur sehr langsam und mit der grössten Vorsicht ausgeführt werden, Verwirrungen und Unordnungen sind nur mit grossem Zeitverluste beizulegen.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass der Brückenschlag bei Nacht, selbst bei günstigen Flussverhältnissen, doppelt so viel Zeit in Anspruch nimmt, als bei Tage.

Der Uebergang selbst aber wird bei Nacht ausserordentlich schwierig; besondere Vorsichten bedingen eine sehr langsame und oft unterbrochene Bewegung der übergehenden Truppen. Ruhe und Ordnung lassen sich nur sehr schwer erhalten.

Je breiter und mächtiger der Fluss ist, desto mehr nehmen alle diese Schwierigkeiten zu.

Wenn man die historischen Beispiele für gelungene Nachtübergänge betrachtet, so findet man beinahe allgemein nur aussergewöhnliche Verhältnisse: grosse Bravour, starke moralische Ueberlegenheit der Truppen, sehr tüchtige und gewandte Führung auf der einen Seite gegenüber einer grossen Schwäche und Kopflosigkeit auf der anderen Seite 1).

1) So bei dem Uebergange des Generals Chasteler über die Adda bei Trezzo 1799, bei den Scheinübergängen Jourdan's 1795 bei Düsseldorf, Eichelkamp, Urdingen und Neuwied, 1796 zu Weissenthurm und Neuwied, beim Uebergange Napoleon's über die Ukra 1806.

Rüstow stellt sich die Sache anders vor:

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Man wählt vor allen Dingen zum Beginne des Brückenschlages die Nacht, welche dem Feind nur mit einem seiner Sinne, dem Gehör, unsere Anstalten zu bemerken gestattet. Das Gehör ist weder so sicher noch so weit als das Gesicht."

Und weiter: „Hätte man einen Fluss von beträchtlicher Breite zu überbrücken, so wird es in den meisten Fällen gerathen sein, zuerst den Brückenbau zu beginnen, und zwar so früh als möglich, unmittelbar nach Einbruch der Dunkelheit, das Uebersetzen der Avantgarde dagegen so spät als möglich, nämlich entweder wenn kein Zweifel mehr sein kann, dass der Beginn des Brückenbaues entdeckt ist, oder erst gegen Tagesanbruch, d. h. beim Herannahen der Zeit, wo der Feind nicht blos von seinem Gehör, sondern auch von seinem Gesichte wird Gebrauch machen können, folglich die Entdeckung mit Nothwendigkeit bald erfolgen muss. Darf man annehmen, dass wegen der Breite des Flusses der Feind vom Beginne des Brückenbaues wirklich nichts bemerke, so würde man durch ein verfrühtes Uebersetzen der Avantgarde ihn ganz ohne Noth aufmerksam machen.“

Ein aufmerksamer Gegner wird aber stets Pionniere in den Beobachtungs-Stationen aufgestellt haben, welche sehen, sobald die Brücke aus dem Uferschatten tritt", und das Ankerwerfen, Pfostenlegen, Gehen der Träger, Rudern, Geräusch des Wassers an den Unterlagen wird sich sofort in bekannter Weise ihrem Gehöre fühlbar machen, endlich sind die unvermeidlichen Licht-Signale jedem Pionnier sofort verständlich und lassen ihn nicht zweifeln, um was es sich hier handelt.

General Griesheim, der übrigens in seinen Vorlesungen über die Tactik die Uebergänge in der Nacht auch als Regel annimmt, ist, was die Art des Ueberganges betrifft, ganz anderer Ansicht als Rüstow.

„Man beginnt daher auch immer gleichzeitig den Uebergang durch Uebersetzen von leichter Infanterie in Kähnen, welche sich am jenseitigen Ufer festsetzt. Das Uebersetzen dauert fort, bis die Brücke fertig ist.

„Man darf damit nicht warten, bis man entdeckt ist. Hat der Feind den Uebergangs-Punct nur mit einer Vedette besetzt, so wird sie das Schlagen der Brücke bemerken, sobald der erste Ponton in's Wasser gelassen wird. Ist der Punct unbesetzt, so werden die übersetzten Truppen ebensowenig entdeckt werden, als das Schlagen der Brücke.“

Nach Allem kann man für einen Uebergang über einen breiten Fluss nach dem Vorgesagten die Nacht nicht empfehlen. Man wird in der Nacht alle möglichen Vorbereitungen treffen, die Fahrzeuge zum

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