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Antiquariatskataloge.

Bertling Dresden. Nr. 69: Musiklehre und Instrumentenkunde. 1230 Nr. Henrici Berlin. Nr. 8: Autographen. Neuerwerbungen Sommer 1910. 272 Nrn. Hiersemann Leipzig. Nr. 382: Kunstgewerbe. 1700 Nrn.

Kauffmann Frankfurt a. M. Nr. 63: Predigten und Vorträge. 443 Nrn. Liebisch Leipzig. Nr. 186: Philosophie und Psychologie. 124 S.

Lipsius & Tischer Kiel. Kieler Bücherfreund Nr. 23: Deutsche Literatur.

495 Nrn.

Winter Dresden. Nr. 140: Bücher über Musik und Theater. 570 Nrn.

Bücherauktionen.

Es werden nur solche Auktionen angezeigt, deren Kataloge noch rechtzeitig behufs Erteilung von Aufträgen erlangt werden können.

Berlin 22. Oktober: Sammlung von 119 Briefen und Urkunden zur Geschichte der Tiroler Freiheitskämpfe (1796-1810), bei J. A. Stargardt.

Frankfurt a. M. 17.-20. Oktober: Versteig.-Katalog Nr. 1 des Lagers von Karl Theodor Völcker's Verlag u. Antiquariat.

Personalnachrichten.

Bremen StB. Der Volontär Dr. Franz Weber wurde zum Hilfsbibliothekar an StB Stettin ernannt.

Frankfurt a. M. Rothschildsche B. Der Volontär Dr. Eugen Sulz trat in gleicher Eigenschaft an StB Elberfeld über.

Freiburg i. B. UB. Der Bibliothekar Dr. Eduard Eckhardt, zugleich Privatdozent an der Universität, wurde zum a. a. Professor ernannt. Giefsen UB. Der Hilfsbibliothekar Dr. Hugo Hepding habilitierte sich als Privatdozent an der Universität.

Mainz StB. Dem Oberbibliothekar Prof. Dr. Gustav Binz wurde der Amtstitel Direktor verliehen.

Marburg UB. Der Volontär Dr. Josef Deutsch wurde an UB Göttingen überwiesen.

Stettin StB. Der Hilfsbibliothekar Dr. Philipp Funk schied aus, um die Redaktion der Wochenschrift „, Das Neue Jahrhundert" in München zu übernehmen.

Strafsburg UB. Der frühere Oberbibliothekar Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Ludwig Müller starb im Alter von 79 Jahren in Nördlingen. Als Volontär trat ein Friedrich List, geb. 1. 8. 87 Strafsburg, protestant., stud. Rechtsund Staatswissenschaft.

Graz UB. Der Direktor Dr. Anton Schlossar trat nach achtunddreifsigjähriger Dienstzeit in den Ruhestand.

Paris Nat. Bibliothek. Der Konservator der Druckschriftenabteilung Paul Marchal starb im August.

Bitte.

Von dem um die Mitte des 18. Jahrhunderts verfafsten, für die Geschichte Westpreussens sehr wertvollen Werke des Karthäuserpriors von Marienparadies Georg Schwengel (1697-1766), Apparatus ad Annales Carthusiae Paradisi beatae Mariae virginis prope Dantiscum, wird seit mehr als zwanzig Jahren der dritte, die Jahre 1583 bis 1588 umfassende Band vermifst. Band 1 u. 2 (1380-1582) befinden sich in der Seminarbibliothek zu Pelplin (Westpreufsen), Band 4 u. 5 (1589-1760) in der Stadtbibliothek zu Danzig. Für eine Nachricht über den fehlenden 3. Band würde Pfarrer Stanislaus Kujot, Griebenau bei Unislaw in Westpreufsen sehr dankbar sein.

Verlag von Otto Harrassowitz, Leipzig. Druck von Ehrhardt Karras, Halle.

für

Bibliothekswesen.

XXVII. Jahrgang.

11. Heft.

November 1910.

Zwei internationale Kongresse in Brüssel.

I. Der Kongrefs für Bibliographie und Dokumentation. Kongresse sind, wie es scheint, eine regelmässige Begleiterscheinung der Weltausstellungen geworden. In Brüssel waren ihrer nicht weniger als 69 angekündigt, nationale und internationale, letztere bei weitem in der Mehrzahl. Oft tagten mehrere gleichzeitig; die beiden, über die hier zu berichten ist, waren, obgleich sie unmittelbar aneinander anschlossen, der 43. und der 46. in der ganzen Reihe. Als Ort der Versammlungen stand das sogenannte Palais des fêtes et des congrès in der Ausstellung zur Verfügung, das freilich diesen grofsartigen Namen nicht ganz verdiente. Der unglückliche Brand vom 14. August, dem leider auch die wertvolle Buchkunstausstellung von Belgien und England zum Opfer gefallen ist, hatte das Kongrefshaus insofern in Mitleidenschaft gezogen, als hier die neue englische Abteilung eingerichtet wurde. Dadurch waren die Räume für die Versammlungen etwas eingeschränkt, und das Hämmern der Arbeitsleute trug nicht dazu bei, die Verhandlungen verständlicher zu machen.

Der erste der beiden Kongresse (vom 25.-27. August) galt der Bibliographie et „Documentation". Das neue Wort, das sich aber rasch einzubürgern scheint, bedarf wiederholter Erklärung: Wenn man unter document jede graphische Wiedergabe einer Sache, eines Geschehnisses oder eines Gedankens versteht, mag diese Wiedergabe nun in Schrift oder in andern konventionellen Zeichen oder in einer Abbildung bestehen, so ist documentation das Zurückgehen auf solche documents oder, konkret, die Gesamtheit der documents über eine bestimmte Materie. Man sieht, dafs der neue Begriff die Tendenz hat, über das Ziel der Bibliographie, den Nachweis der Quellen, hinauszugehen und auf ihre Herbeischaffung und Sammlung, also in das Gebiet des Bibliotheks- oder Archivwesens, hinüberzugreifen.

Patron der Documentation ist das Brüsseler Institut International de Bibliographie, das zu dem Kongrefs eingeladen hatte, nachdem auf seine Veranstaltung bereits 1908 eine Vorkonferenz abgehalten worden. war.) Bekanntlich ist das Institut 1895 begründet mit dem Zweck, ein

1) Vgl. den Bericht von G. Naetebus im Zbl. 1909. S. 309-313.
XXVII. II.

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Universalrepertorium der Literatur zu schaffen. Allmählich hat es seinen Interessenkreis im Sinne der „documentation" erweitert. Für die Ordnung der gesammelten Literaturnachweise hat es sehr früh das Deweysche Dezimalsystem angenommen und sich zum Apostel dieses Systems in Europa gemacht. Im Einverständnis mit dem Urheber und unter Mitwirkung zahlreicher Spezialisten hat es dem Dezimalsystem eine weitgehende Entwicklung gegeben, durch die etwa 35 000 Begriffe einen festen, durch Zahlen bestimmten Platz erhalten haben. Auf die Tätigkeit des Instituts wird nachher noch näher einzugehen sein. Seine Leitung liegt in den Händen des Direktors und des Secrétaire général, der Herren Lafontaine und Otlet, die beide auch dem Kongress die Signatur gaben. Jener als geschickter und klarer Vorsitzender, der überdies jede englische oder deutsche Aeufserung in einem knappen und zutreffenden französischen Resumé wiederzugeben wufste und dadurch nicht wenig zum Verständnis der Verhandlungen beitrug, M. Otlet als unermüdlicher Berichterstatter, in seinen Reden von jener französischen Glätte und Abrundung des Ausdrucks, die dem Zuhörer einen ästhetischen Genufs bereitet, dabei immer bestrebt den Gedanken durch Vergleiche und graphische Darstellungen klar zu machen. Nicht versäumen wollen wir noch hervorzuheben, mit welcher Liebenswürdigkeit sie und der Sekretär des Instituts M. Masure auch aufserhalb der Verhandlungen den Teilnehmern des Kongresses entgegenkamen. Der (nominelle) Präsident, der bekannte Grofsindustrielle und Mäzen E. Solvay war nicht anwesend, ebenso der bisherige Président d'honneur, Ministre des sciences et des arts Baron Descamps. Er hatte vor kurzem seine Entlassung als Minister gegeben und damit ist eine der besonderen Brücken, die das Institut mit der Regierung verbanden, abgebrochen. In den Sitzungen anwesend waren 60-70 Personen, manchmal wohl auch etwas mehr, oft aber weniger. Eine Präsenzliste wurde leider nicht ausgegeben und die „Liste des membres" mit etwa 250 Namen von Personen und Instituten war natürlich nicht mafsgebend. Von Deutschen war aufser dem Berichterstatter, der zugleich den Verein Deutscher Bibliothekare vertrat, nur noch der Vertreter der bayrischen Bibliotheken und speziell der Hof- und Staatsbibliothek München Dr. Stollreither anwesend, also niemand aus den eigentlich bibliographisch tätigen Kreisen und Instituten, aus Oesterreich L. Boeck (historisches Museum der Stadt Wien), aus der Schweiz als Delegierter der Vereinigung schweizerischer Bibliothekare Fr. Gardy-Genf. Aus Frankreich nenne ich, um nur einige Namen anzuführen, die Herren Deniker (Bibliothèque du Musée d'histoire naturelle) und Sustrac (Bibl. St. Geneviève), von Egländern Mr. Peddie (St. Bride Foundation, London) und Lyster (National Library of Ireland, Dublin) von Amerikanern R. R. Bowker, den Herausgeber des Library Journal, und Cl. Andrews, John Crerar Library (Chicago), aus Schweden B. Lundstedt (Stockholm). Nicht vertreten war Holland, da der Herausgeber der Tijdschrift vor boek- en bibliotheekwezen Imm. de Bom aus Antwerpen politisch als Belgier zählt. Tätigen Anteil

nahmen auch einige Glieder der slawischen Nationen (DicksteinWarschau, Michoff-Sofia). Den Mitgliedern waren aufser den Verhandlungen der Konferenz von 1908 eine Anzahl gedruckter Berichte und Vorschläge in provisorischen Abzügen zugegangen, die wichtigsten darunter eine französische Uebersetzung der englisch-amerikanischen Katalogregeln mit dem Vorschlag einer Umfrage über die Schaffung von règles catalographiques (dies die neueste Wortbildung!) internationales, und ein „Projet de code de règles pour l'organisation de la bibliographie et de la documentation", in dem der Versuch gemacht ist, nicht nur die Bibliographie, sondern die ganze Herstellung und Veröffentlichung der literarischen und bildlichen „documents" in bestimmte Regeln zu bringen.

Die Eröffnungssitzung am Vormittag des 25. August wurde nach Erledigung der üblichen Formalitäten ganz ausgefüllt von einem Rapport, in dem Herr Otlet die in dem genannten Projet enthaltenen Gedanken weiter ausführte und bis in die äussersten Konsequenzen verfolgte. Danach wäre freilich die Dokumentation bestimmt, ihre eigene Mutter, die Bibliographie, umzubringen, indem sie das Buch selbst beseitigt. Denn das Buch im heutigen Sinn, meint Otlet, ist eine ebenso überlebte Einrichtung wie der Bandkatalog. Das Buch ist fertig, nicht erweiterungsfähig, deshalb schon veraltet kurz nachdem es erschienen ist. Das Buch der Zukunft ist auf einzelnen abtrennbaren Blättern gedruckt, die beliebig zusammengefügt und durch Einschaltung auf dem laufenden gehalten werden können. Anstatt eines Konversationslexikons in so und so vielen Bänden wird man in Zukunft einen Saal haben, in dem in dossiers und auf Zetteln die Originalnotizen über jeden Gegenstand vereinigt sind, usw.

Am Nachmittag desselben Tages sollte über die Fortschritte der Bibliographie in den einzelnen Ländern seit der Konferenz von 1908 berichtet werden, die Teilnehmer waren darauf aber nur sehr unvollkommen vorbereitet und die Sache verlief ziemlich im Sande. Interessant war, dafs Peddie mitteilte, bei Gelegenheit des neuen englischen Gesetzvorschlages betreffend des Copyright wolle man versuchen, mit der Eintragsrolle die bibliographische Aufnahme und Veröffentlichung zu verbinden, was die englische Bibliographie auf eine neue und ohne Zweifel bessere Grundlage stellen würde. Um Deutschland nicht ganz unvertreten zu lassen, improvisierte Referent einige Bemerkungen über die Inkunabelinventarisation, das Auskunftsbureau und die Zetteldrucke der Königlichen Bibliothek. Aus Ländern, die nicht vertreten waren, berichtete einiges Herr Otlet, z. B. dafs bei der Königlichen Bibliothek im Haag jetzt eine bibliographische Abteilung unter Leitung von Dr. Greve errichtet sei, die eine Bibliographie der laufenden holländischen Buch- und Zeitschriftenliteratur auf Zetteln des internationalen Formats und mit Dezimalindex veröffentlichen wird. Ferner, dafs die Argentinische Republik in Buenos Aires ein bibliographisches Institut geschaffen habe, in dem sogar die Herstellung eines Universalrepertoriums wie in Brüssel ins Auge gefafst sei (vgl. Drucksachen

Nr 14). Nach Schlufs der Sitzung fand ein gemeinsamer Besuch der niederländischen und der deutschen Buchausstellung statt.

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Der zweite Vormittag war ganz der Besichtigung des Institut International de Bibliographie gewidmet, wobei die genannten Herren auf das liebenswürdigste Führung und Erklärung übernahmen und auf alle Fragen bereitwilligst Auskunft erteilten. Da das Institut mit seinen Zettelsammlungen erheblich viel Raum erfordert, aber auf die Benutzung von Räumen angewiesen ist, die ihm von der Regierung unentgeltlich überlassen werden, hat es sich allmählich über vier verschiedene, allerdings nicht weit von einander entfernte Stellen ausgedehnt. Der Hauptteil, das Répertoire bibliographique universel" befindet sich im zweiten Obergeschofs des Museums für moderne Kunst. In langer Flucht steht da Zettelschrank an Zettelschrank, jeder 4 Fächer breit und 18 Fächer hoch. Im ganzen sollen 18 000 Schubladen vorhanden sein, die allerdings nicht sämtlich gefüllt sind. Das Zettelformat ist das bekannte von 712121/2 cm. Die erste Grundlage des Répertoire bilden die Ausschnitte aus dem Katalog des British Museum, dazu kommen die sämtlichen von der Kongrefsbibliothek in Washington, der Bibliographie de Belgique und die von der Königlichen Bibliothek in Berlin herausgegebenen Zetteldrucke, endlich die Ausschnitte aus dem Katalog und dem Bulletin der Pariser Nationalbibliothek. In sehr reichem Mafse wird auch die Fach- und Zeitschriftenliteratur aufgenommen: zunächst die Zetteldrucke der American Library Association und des Concilium bibliographicum in Zürich, dann die Ausschnitte aus dem International Catalogue und vielen anderen laufenden Bibliographien, deren Verzeichnis mehrere hundert Nummern umfasst. Im Prinzip soll jeder Zettel zweimal vorhanden sein, im systematischen und im alphabetischen Repertorium, in Wirklichkeit ist aber der alphabetische Teil viel unvollständiger als der sachlich geordnete. Eine sehr eingehende Buchführung gestattet in jedem Augenblick zu übersehen, wieviel von einer bibliographischen Veröffentlichung bearbeitet und in jedes der beiden Repertorien eingeordnet ist. Soweit die Zettel nicht selbst eine Bezeichnung tragen, wird die Herkunftnummer aufgestempelt. Dubletten, die aus verschiedenen Bibliographien herrühren, werden vorläufig nebeneinander eingestellt. Am leichtesten zu bearbeiten sind natürlich diejenigen Bibliographien und Katalogzettel, die den Dezimalindex mit aufdrucken oder die mindestens eine Fachbezeichnung nach irgend einem System tragen, die sich durch Konkordanztafeln in das Dezimalsystem übersetzen läfst. Schwieriger ist die systematische Einordnung der Titeldrucke ohne jede Bezeichnung des Inhalts, wie z. B. die der Berliner Königlichen Bibliothek. Hier mufs nach dem Wortlaut des Titels eingeordnet oder auf sonstige Hilfsmittel zurückgegangen werden, aber die als ganz unsicher zurückgestellten Zettel füllen schon eine Reihe von Schränken.

Natürlich liegt in dieser ganzen Zettelarbeit, ohne den Hintergrund der Bücher selbst, eine wesentliche Schwäche der Einrichtung. Trotzdem ist der Gedanke, alle erreichbaren bibliographischen Notizen an einer

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