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stellung des Gotteshauses und des ganzen Gemeindelebens betrieben. Am 13. Juni 1716 machte ein Schlagflufs seinem Leben ein Ende. Eine umfangreiche Sammlung von Abschriften, die er hinterlassen hat, zeugt davon, mit welcher Liebe er sich in die Geschichte der Unität, in das Studium ihrer alten Handschriften und Ueberlieferungen versenkt hat. Diese Sammlung, betitelt Collectaneum Salomonis Opitii" gehört zu dem wertvollsten, was das alte Bücherarchiv in Lissa noch heute sein eigen nennt. Zum Druck gelangt sind von ihm aufser einigen Leichenpredigten zwei poetische Schriften, nämlich: 1. „Salomon Opitzen Hundert Sonnette oder Kling - Gedichte sampt einem Dutzend Rondeauen oder Ring - Gedichten. Gedruckt zur Lissa durch Michael Bukken im Jahr 1686". Das anscheinend einzige erhaltene Exemplar befindet sich in der Fürstlich Stolbergschen Bibliothek zu Wernigerode. 2. „Unterschiedener Alten Kurtzgefaffte Tugend-Regeln oder SittenLehren in deutsche Reime übersetzet von Salomon Opitzen. Gedruckt zur Lissa durch Michael Bukken 1689". Hiervon bewahrt die Bibliothek der Kreuzkirche zu Lissa ein Exemplar. Während die zweite Schrift als eine blofse und dabei recht mäfsige Uebersetzung älterer lateinischer Sittenregeln keinerlei poetischen Wert beanspruchen kann, zeigt sich Opitz in seinen Sonetten als ein Mann von Gedanken und Empfindung, der unter den zahllosen Dichterlingen jener Tage immerhin einen Platz verdient, wie ihn selbst Goedekes umfangreiches Verzeichnis ihm schuldig geblieben ist. Nach seinen eigenen Aeufserungen in jenen Dichtungen war er ein Schüler seines von ihm hochverehrten Namensvetters Martin Opitz von Boberfeld, seines Danziger Lehrers Johann Peter Titz und besonders des Andreas Gryphius, somit ein spätgeborener Sohn der ersten schlesischen Dichterschule. Die Häupter der zweiten schlesischen Dichterschule waren ihm zwar auch wohlbekannt, doch hat er sich von ihren Unarten, ihrem poetischen Schwulst und ihrer widerlichen Lüsternheit, nicht anstecken lassen.

Durch den ältesten seiner Söhne wurde die Familie fortgepflanzt. Nachdem dieser auf dem Lissaer Gymnasium und auf den Hochschulen in Frankfurt a. O. und Leiden eine ähnliche Ausbildung wie sein Vater empfangen hatte, wurde er Subrektor am Gymnasium seiner Vaterstadt und später Kaplan, ohne es jedoch zu höheren Stellungen zu bringen († 1754). Von dessen Söhnen scheint der eine Mediziner, der andere Jurist geworden zu sein. Des letzteren Nachkommen, die das Gut Witoslaw und längere Zeit auch gröfsere Besitzungen in Russisch-Polen ihr eigen nannten, wurden im Jahre 1822 in den Adelstand erhoben und zwar unter dem Namen und Wappen des bekannten Dichters Opitz von Boberfeld. Dies ist anscheinend auf Grund einer in der Familie fortgepflanzten Ueberlieferung geschehen, wonach dieselbe von dem „Boberschwan" herstamme, der lange Zeit als der Vater der neueren deutschen Dichtung gepriesen worden ist. Doch hat Salomon Opitz von solcher Verwandtschaft nach mehrfachen Aeufserungen in seinen Sonetten nichts gewufst, und es ist daher anzunehmen, dafs in der Familienüberlieferung die Erinnerung an die

poetischen Leistungen des Vorfahren zu einer Verwechslung seiner Person mit dem vom Kaiser geadelten Bunzlauer Martin Opitz von Boberfeld geführt hat.

Diese Geschicke der Familie und insonderheit ihres Stammvaters Salomon Opitz spiegeln sich in der jetzt aufgefundenen Bücherei zum guten Teil wieder. Es sind insgesamt über 600 Bände. Davon entfallen ca. 300 auf Theologie, 150 auf Philosophie, Philologie, Geschichte und Erdkunde, während der Rest 90 medizinische, naturwissenschaftliche und mathematische, sowie 58 juristische Werke aufweist. Die ersten 450 Bände stellen den älteren Teil der Bibliothek dar, der von den beiden Lissaer Predigern Salomon und Samuel Opitz, anscheinend vor allem von dem erstgenannten, herrührt. Zwar vollständig ist uns der Bücherschatz des alten Seniors nicht erhalten, zumal seine eigenen Schriften, auch Lieblingswerke von ihm, wie die des Gryphius, darin fehlen. Immerhin bekommen wir einen Eindruck, wie sich die Bücherei eines Unitätspredigers um 1700 zusammensetzte. Die Häupter der reformierten Theologie, sowohl der deutschen wie der schweizer, sind stattlich vertreten: Calvin und Beza, Bullinger, Rudolf Walther und Petrus Martyr Vermilius, Wolfgang Musculus, Caspar Olevian, Johann Piscator und Johann Heinrich Alsted, David Pareus, Abraham Scultetus, Amandus Polanus von Polansdorf u. a. Auch Franzosen wie Duplessis-Mornay und Dumoulin, auch Engländer wie Whitaker und Perkins fehlen nicht. Vor allem lieferte dem Lissaer Prediger seiner Ausbildung entsprechend die holländische Theologie das wissenschaftliche Rüstzeug. Etwa 100 Bände, die ihr angehören, teils in lateinischer, teils in holländischer Sprache, zeugen davon. Die gröfsten Gegner, wie Voetius und Coccejus, Maresius und Vorstius, stehen hier samt vielen weniger bekannten Namen friedlich nebeneinander. Auch der Humanismus ist durch Werke von Erasmus, Laurentius Valla und Sebastian Castellio, Calvins grofsem Gegner, vertreten. Neben Melanchthon stehen die Männer des genuinen Luthertums wie Johann Brenz, Martin Chemnitz, Polycarp Leiser, Daniel Chytraeus, Leonhard Hutter, Johannes Gerhard, Johann Adam Osiander. Von katholischer Theologie sind Werke Bellarmins und einiger andern, von Sozinianern Faustus Socinus und Martin Czechowicz, von Schriften der Wiedertäufer ein wertvoller Sendbrief" (1654) vorhanden. Auffallend spärlich ist die eigentlich brüderische Literatur vertreten. Ausser einzelnen Dissertationen und Leichenpredigten findet sich nur ein Werk des Esrom Rüdinger, ein polnisches, leider defektes Kancyonal des Andreas Wengiersci (Danzig 1646) und von Schriften des Comenius seine Ausgabe des Lasitius (1649), der Oculus fidei und das Unum necessarium in dem Frankfurter Druck von 1682. Hier ist wohl nach dem Tode der beiden Prediger manches an Freunde derselben verschenkt worden oder sonst im Laufe der Zeit abhanden gekommen. Besonders schmerzlich ist, dafs von den sehr selten gewordenen Erbauungsschriften der polnischen Unität, ihren Postillen und Gebetbüchern, Katechismen und Gesangbüchern auch hier sogut wie nichts

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erhalten ist. Eine Reihe dickbändiger Predigtwerke deutscher lutherischer und reformierter Theologen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts können diesen Verlust nicht ersetzen.

An philosophischen Schriften finden sich Werke von Raimund Lullus (Cöln 1567), Julius Caesar Scaliger, Cartesius, dem Danziger Keckermann, Leibnitz und Christian Wolff. Stärker sind die alten griechischen und lateinischen Klassiker vertreten, Plutarch, Cicero, Nepos, Tacitus, Plautus, Terenz, Seneca (studio Jani Gruteri), Josephus u. a. in verschiedenen, jedoch nicht über 1532 zurückgehenden Ausgaben, dazu kommen einige lexikalische, rhetorische und grammatische Werke. An schöner Literatur sind Petrarca in einer Ausgabe von 1616, ein leider unvollständiger Simplicissimus (1683) und die Sammlung der Gedichte des Bunzlauer Opitz von 1641 zu nennen, sowie vor allem ein Band holländischer Schauspiele aus der klassischen Zeit der niederländischen Literatur, darin 15 Dramen von Vondels, Dallaert, Karels, Hoofs, Isaak de Vos u. a. in Ausgaben von 1654-1699 zusammengebunden sind. Offenbar hat Salomon Opitz sich in seiner Studienzeit in Leiden und Franeker auch näher mit den Leistungen der holländischen Bühne beschäftigt. An geschichtlichen und geographischen Werken seien Sleidan, des Polydori Vergilii Urbinatis Anglicae Historiae, eine grofse Chronik von Jülich, Frankenbergs Europäischer Herold und Cromers polnische Geschichte erwähnt.

Interessant sind in diesem älteren Bestand der Bücherei auch die Eintragungen über die Vorbesitzer der einzelnen Werke, aus deren Händen oder deren Nachlafs Salomon Opitz oder sein Sohn dieselben geschenkweise oder im Wege des Kaufes erworben hat. Hier liest man die Namen teils von Predigern der Unität wie Chodowiecki, Gleinig, Jaroszewicz, teils von Lissaer angesehenen Bürgern wie David Laube, Martin Seidel, teils auch von polnischen Edelleuten oder von auswärtigen Predigern, die mit der Unität in Verbindung standen (z. B. Pfarrer Koblig in Urschkau in Schlesien). Die Einbände sind meist aus einfachem Schweinsleder, doch finden sich auch einige wertvollere Stücke aus geprefstem Leder. Besonders kostbar scheint der Einband zu Julius Caesar Scaliger exotericarum exercitationum liber XV de subtilitate zu sein, der das Wappen des dänischen Königs und die Inschrift Insignia Friderici Danorum 1579 Regis" zeigt.

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Ueber die Bedeutung und den Wert der juristischen und medizinischen Teile der Bücherei fehlt mir jedes fachmännische Urteil. Bis auf 2 ältere Werke (Cludius, liber primus rerum quotidianarum, Lipsiae 1619 und Schwenckfeldt, Thesaurus pharmaceuticus, Basileae 1587) und einige spätere stammen sie aus der Zeit von 1650-1750. Auf juristischer Seite verdienen vielleicht die zahlreich in grofsen FolioAusgaben vorhandenen Werke von Benedict Carpzov eine Hervorhebung oder Kuriositäten wie der lustige Jurist" (Bremen 1730), „ Martin Pegius, Juristische Ergötzlichkeiten vom Hunderecht mit Anhang: Das Recht der Tauben und Hühner" (Frankfurt u. Leipzig 1725) und „J. F. Hertel, Politische Thee- und Kaffeetassen" (Jena 1743). Auf medi

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zinischem Gebiet sind namentlich die Schriften von Leipziger und Hallenser Professoren wie Johannes Bohn, Friedrich Hoffmann, Stahl vertreten, aber auch Werke von dem hessischen Leibarzt Dolaeus, den Professoren Jantke in Altdorf, Nebel in Heidelberg (Thesaurus Ludovicianus), Paul Hermann in Leiden, dem Engländer Bacliv fehlen nicht. Vielleicht gebührt auch der Apothekerordnung der Stadt Leipzig von 1694 eine Erwähnung. Medizinische und mathematische Kolleghefte sind ebenso wie juristische und philosophische vorhanden.

Da die Bücherei für ihre jetzigen Eigentümer keinen Wert besitzt, soll dieselbe zum Verkauf gelangen. Denjenigen Teil (ca. 100 Bände), der Werke deutscher und schweizer reformierten Theologen oder auf die Unität und Polen bezügliche Schriften enthält, gedenkt die Unitätsgemeinde in Lissa mit aus dem Unitätsfonds beantragten Mitteln zu erwerben. Ueber den grofsen übrigen Bestand ist z. Z. noch keine Bestimmung getroffen. Voraussichtlich wird derselbe an ein bedeutendes Antiquariat übergeben und so bald in alle Winde zerstreut werden. Lissa i. P. Wilhelm Bickerich.

Eine Stelle im Helmaspergerschen Notariatsinstrument. 1) In the Helmasperger Instrument of 6 November 1455 (lines 48 to 54) we read: "Wan Johann guttenberg sin rechnung gethain hat von allen Innemen vnd uszgeben dasz er uff das werck zu irer beider nocz uszgeben hait, was er dan men gelts dar uber enpfangen vnd ingenummen hait das sall in die achthundert gulden gerechnet werdenn &c."

Senckenberg and Köhler erroneously printed nun for men, and Van der Linde followed them. But men is correct, though it has always been misunderstood. Dziatzko (Gutenbergfrage, S. 34, Note) and Schorbach (Festschrift, 1900, S. 259, Note 7), explain it as meaning mehr. Zedler (Gutenberg-Forschungen, S. 65, Note 3) thinks that men is the same as mein, found in the compounds mein-kouf, meinrat, mein-swern, mein-tát (Lexer, Mittelhochd. Handwörterb.), menrehte (Brinckmeier, Glossar. diplom.), and mod. Germ. Meineid, and that it means widerrechtlich.

Men, however, is the same as the Middle Dutch min = mod. Dutch minder, and can only mean (Germ.) weniger, Engl. less. And this is the only meaning which gives sense to Gutenberg's pleadings that "he had not received from Fust the whole of the (first) 800 guilders." Cambridge.

J. H. H.

Die hier von Herrn Hessels vorgetragene Deutung des Wortes men ist vom sprachlichen Standpunkte aus unhaltbar. Der Wechsel von

1) Herr Hessels hat Gewicht darauf gelegt die hier vorgetragene Erklärung im Zbl. zu veröffentlichen, hat aber gestattet, dafs eine abweichende Meinung gleichzeitig zum Ausdruck kommt. Red.

Ĭ zu ě freilich, den diese Deutung voraussetzt, ist wie im mnld. so auch im mhd. und besonders auf mitteldeutschem Gebiete in geschlossener Silbe vor Liquiden nicht ungewöhnlich, und daher würde lautlich die Form men für min in einer Mainzer Urkunde, die ja auch zweimal volnbrengen statt volnbringen (24 u. 42) schreibt, recht wohl möglich sein. Leider hat aber Hessels dabei übersehen, dass das Wort min in komparativischer Bedeutung (geringer, weniger) zur Zeit der Abfassung unserer Urkunde in der lebenden Umgangssprache auf deutschem Boden bereits untergegangen und durch die volleren Formen minder (minner, minre usw.) gänzlich verdrängt worden war und dafs zu diesen sich zugleich ein anderes min, minne in nd. und md. Dialekten (und Halbdialekten) als Positiv in der Bedeutung geringwertig, minderwertig neugebildet hatte. Um dieses min allein könnte es sich dann an unserer Stelle handeln und Hessels wird zugeben müssen, dafs mit einem min in dieser Bedeutung hier nicht gerechnet werden kann.

Dagegen steht es fest, dafs in dem Mainzer Dialekt (oder Halbdialekt), in welchem unsere Urkunde abgefafst ist, die Form mě (= mēr) einen nasalen Nachklang erhielt, der nun hier an dieser Stelle unserer Urkunde seinen graphischen Ausdruck gefunden hat, vermutlich weil der nachfolgende Guttural (men gelts) den Nasallaut in der Aussprache stützte und schärfer hervortreten liefs. Ueberhaupt ist zu bemerken, dafs die graphische Wiedergabe des Wortes mehr in den Mainzer Gutenbergurkunden sehr schwankt. In unserem Helmaspergerschen Instrument finden wir dreimal (24. 28. 51) me, einmal mer (65) und unser men (50). In der von Schorbach (Festschrift S. 195) abgedruckten Urkunde finden wir neben nummerme auf der Mitte der Seite die Schreibung mee in der vorletzten Zeile der Seite. Daraus ist doch wohl zu schliefsen, dafs die lautlichen Verhältnisse des Wortes damals so lagen, dafs hinter dem als dem Hauptbestandteil ein Nachklang zu hören war, der graphisch nicht genau zu fassen war und deshalb bald in historischer Orthographie als r, bald als ĕ bald als n, meist aber garnicht wiedergegeben wurde.

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Die Bestätigung hierfür gibt uns der heutige hessische Dialekt. J. Kehrein, Volkssprache und Volkssitte in Nassau. Bd 1 (1872). S. 277 führt an: Mehn, mihn, mehner, mihner (rhein., west.), mehr mhd. mér, mê. „Er hot sech noch miehn geeilt; su eß [so ist] keen mihn ze fenne; kein Keitche mehn." Pfister führt in den Nachträgen zu Vilmars Idiotikon von Hessen (1886)" auf S. 165 bei dem Worte Lohn dazu folgendes aus: Wegen des angewachsenen n, bei obigen unterschiedlichen Aufstellungen, sei doch darauf noch hingewiesen, dafs solche Neigung auch sonst in der Mundart bestehe: den durch Schwinden eines Konsonanten bez. durch dessen Verflüchtigen zu h halb blofsgelegten Vokal wieder stärker zu schliefsen; z. B. mêhn magis. Auch Crecelius bestätigt in seinem Oberhessischen Wörterbuche Bd 2 (1899) S. 585 die Form mit Nasal: mehr wird in der altdeutschen Form mê, für mêr, mit angefügtem Nasenlaut gebraucht; es lautet somit min [L].

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