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Königl. Akademie der Wissenschaften.

Mathematisch-physikalische Elasse.

In der Situng am 9. November 1844 wurde. nachfolgende Abhandlung des Dr. Aug. Vo gel jun.: Ueber den Schwefelgehalt der Pflanzen vorgelesen:

(Schluß.)

Das Schwarzwerden von Delgemälden mit. der Zeit, das man der Vereinigung des Bleyweißes mit Schwefelwasserstoff in der Luft gewöhnlich zu schreibt, könnte indeß immer noch zur Annahme, wenn auch nur einer sehr geringen Spur von Schwe: felwasserstoff in der Luft führen. Zuerst müßte man aber hier zu der Gewißheit gelangen, daß dieses Schwarzwerden wirklich in der Zersehung des Schwe felwasserstoffs der Luft durch das Bleyweiß des Bildes seinen Grund habe. Doch auch dieß als Thatsache angenommen scheint mir die Aufnahme des Schwefels durch die Pflanzen auf diesem Wege nicht zuläßig zu seyn, da die Bilder erst nach vie: len Decennien und auch dann nur, wenn sie unter ungünstigen Umständen aufbewahrt waren, ihre Farbe ins Braune ändern, während Pflanzen, von denen in unseren Versuchen die Rede ist, nur einige Monate zu ihrer vollkommenen Ausbildung nöthig ha ben. Dieser kurze Zeitraum scheint aber jedenfalls unzureichend zu seyn, um den Pflanzen durch die Luft eine wägbare, Menge Schwefel zuzuführen.

Durch das Absperren der Glocke mit Wasser wurde bezweckt, den Zutritt der schwefligen Säure abzuhalten, im Falle sich diese entwickeln sollte.

Zur Bestimmung des Schwefels in den Pflanzen bediente ich mich folgender Methode. Der zu untersuchende Theil der Pflanze wurde völlig getrocknet möglichst fein zerschnitten oder gepulvert und mit seinem gleichen Gewichte kohlensauren Kali und Salpeter in einem Mörser innig gemengt. Dieß Gemeng brachte ich in kleinen Portionen in schmelzenden Salpeter. Erst wenn die im Fluß sich be findende Masse wieder ganz weiß geworden, wurde eine neue Portion des Gemengs eingetragen. Das Glühen des Salpeters geschah über der Weingeist= lampe. Nach dem völligen Erkalten des Tiegels wurde dessen Inhalt mit heißem Wasser aufgelöst, durch Salpetersäure übersättigt und mit Chlorbaryum verseht. Der Niederschlag entstand bisweilen erst nach einer halben Stunde. Ich ziehe diese Methode der anderen, die Pflanzen mit kochendem Königswasser auszuziehen, vor, indem stets eine sehr lange Einwirkung der Säure nöthig ist, um allen Schwefel in Schwefelsäure überzuführen.

Zu den Bersuchen wurden Kressensaamen von demselben Jahrgang und auf demselben Beete ge= wachsen angewendet. 40 Gran dieser Samen durch sorgfältiges Aussuchen von allen fremden Theilen befreyt theilte ich durch das Gewicht in zwey gleiche Theile, wovon 20 Gran unter Anwendung der be zeichneten Vorsichtsmaaßregeln in Glaspulver zum Keimen gebracht wurden; die andere Hälfte benüßte ich zur Bestimmung des Schwefels nach der be beschriebenen Methode.

Diese 20 Gran Samen, auf gewöhnlichem Boden gewachsen, gaben 1,943 Gran schwefelsauren Baryt, was 0,268 Gran Schwefel entspricht.

Die im Dezember gefäten Samen entwickelten sich unter den erwähnten für ihre Vegetation nicht ganz günstigen Umständen zwar langsam, aber doch so, daß im März die Pflanzen in Blüthe standen und Anfangs Mai die reifen Samen gesammelt werden konnten. Nachdem die Pflanzen vertrocknet waren, wurden die Samen, Samenkapseln, die Stängel mit den Blättern, jeder Theil für sich, untersucht. Die sehr fasrigen Wurzeln verwendete ich nicht zur Untersuchung, da die lehten ihnen anhängenden Reste des Glaspulvers nicht vollkommen getrennt werden konnten. 3u bemerken ist noch, daß eine gleiche Menge Kressensamen, nämlich 20 Gran in einem Blumentopfe in gewöhnlicher Gar tenerde wachsend in 3 Monaten schon, also in der Hälfte der Zeit, welche die im Glas keimenden Pflanzen brauchten, vollständig gereift waren.

Die aus 20 Gran Samen gezogenen Pflan= zen wogen bey 100° C. getrocknet mit Ausschluß der Wurzeln 157,19 Gran, nach den einzelnen Theilen der Pflanze bestimmt:

48,22 Gran Samen,

28,63 Gran Samenkapseln,
106,34 Gran Stängel und Blätter.
157,19

Von den 48,22 Gran in Glas gezogenenen Samen wurden 41,35 zur Schwefelbestimmung ver wendet. Der Rest der Samen in gewöhnliche Erde gefät feimte in kurzer Zeit und erzeugte ganz nor male Pflanzen. Man sieht daraus, daß auch in Glaspulver, also von Humus völlig ausgeschlosse= nem Boden gewachsene Vegetabilien der Fortpflanzung fähige Samen hervorbringen können.

41,35 Gran Samen gaben 1,914 schwefelfauren Baryt = 0,264 Schwefel, also die ganze Menge der Samen 48,22 Gran enthalten 0,306 Schwefel. 28,63 Gran Samenkapseln gaben 0,689 Gran schwefelsauren Barnt = 0,095 Schwefel, 106,34 Stängel und Blätter gaben 0,87 schwefelsauren Baryt = 0,12 Schwefel.

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Daß die Kressenpflanze einen großen Theil ihres Schwefels aus dem Boden aufnimmt, zeigt die Vergleichung der Schwefelmenge des in gewöhnlichem Boden und des in Glaspulver gezogenen Samens. Ersterer enthält 1,34 Proc., lehterer nur 0,63 Proc. Schwefel.

Der Schwefel ist unzweifelhaft eine wesentliche, wenn auch nicht unumgänglich nothwendige Bedingung des Wachtshums dieser Pflanze; dieß geht schon daraus hervor, daß die mit Ausschluß des Schwefels wachsende Pflanze beynahe das Dop= pelte der Zeit zur völligen Ausbildung nöthig hatte, als die in der Erde wachsende, und außerdem nicht so kräftig war.

Uebereinstimmend mit Berzelius *) ist es ganz unsere Meinung, daß man gewiß einen großen Irr thum begehen würde, wenn man aus diesen Versuchen auf eine Bildung des Schwefels schließen wollte. Nur kann dessen „Ursprung," wie es mir scheint, nicht der Methode, die in den beschriebenen Versuchen angewendet wurde, zugeschrieben werden. Es kömmt übrigens auf die Methode der Schwe= felbestimmung hier nicht an, wenn sie nur in allen

*) S. Berzelius Jahresbericht 1844 p. 310.

Fällen gleichmäßig ausgeführt wird. Hier sollte nur gezeigt werden, daß Pflanzen, die in einem von Schwefel und Schwefelverbindungen freyen Boden, in einer vor Schwefelwasserstoffgas und schweflig saurem Gas geschüßten Luft und bey Benehung mit deftillirtem Wasser aus einer bestimmten Menge Samen gezogen waren, mehr Schwefel enthalten, als die zu ihrer Saat verwendete Quantität des Eamens. Eine Erklärung von diesem plus des Echwefels zu geben, kann bis jeht nicht beabsichtigt

werden.

Historische Classe.

In der Sigung am 16. November 1844 las Herr Prof. Dr. Höfler eine Abhandlung

vor,

über eine neue Quelle für die Geschichte Kaiser Friedrich's I., des Rothbart.

Unter den inedirten Manuscripten der vaticaniz schen Bibliothek befindet sich auch eine hystoria de discordia et persecutione, quam habuit ecclesia cum imperatore Frederico barba rossa tempore Alexandri tercii summi pontificis et demum de pace facta Venetiis et habita inter eos. Bibl. Vatic. n. 5392.

Sie kündigt sich von Anfang an als von einem Benetianer zum Ruhme seiner Baterstadt verfaßt. an; obwohl sie aber solche Particularitäten hat, wie fie nur ein mit der Geschichte Venedigs wohl vertrauter Schriftsteller zu geben vermag, so zeigt sich doch sogleich, daß derselbe kein Zeitgenosse der Ereignisse war, die er beschrieb. Ganz zuleht erfährt man sodann, daß ein gewisser Bonincontri der Verfasser derselbe war: Ego Bonincontrus licet origine mantuanus, natione quoque Bononiensis, tamen verbo et opere totus venetus et Rivaltensis Domini ducis et communis Venetorum notarius et officialis hanc predictam honorabilem ystoriam hoc claro et plano epigrammate construxi ad Dei et S. Marci laudem ac per

petuam memoriam Venetorum. Deo gratias

amen.

Man hat es hier also offenbar mit einer offi ciellen Geschichte Venedigs zu thun, weßhalb ich mir auch eine Abschrift des MS. nahm und den Inhalt desselben nach den Capitelüberschriften hier vorzulegen mir die Freyheit nehme.

1. Einleitung, ohne Ueberschrift.

2. Quomodo dictus Dominus Papa Alexander timore dicti edicti (des Kaisers gegen ihn) clandestine et occulte accessit Venetias ad locum sancte Marie de Karitate.

3. Quomodo Papa per quendam virum fac-
tus est notus domino duci, clero et com-
munitati Venetorum et indutus pontifica-
libus vestimentis et ad ecclesiam S. Marci
honorifice sotiatus.

4. Quomodo Dominus Papa induitur a Do-
mino duce pontificalibus vestimentis.
5. Quomodo Dominus Papa investivit dictum
Dominum ducem de cereo albo in eccle-
sia S. Marci et inde ascendit ducale pa-
latium.

6. De legatis ad imperatorem transmissis pro
tractanda pace inter dictos principes et
de concessione bulle plumbee cum qua
litere ambaxate tunc bullate fuerunt.
7. Responsio Domini Pape ad Dominum
ducem.

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13. Hic dicitur quomodo dux se parat ad navale bellum et de concessione spate quam pro justitia observanda semper et defendenda Dominus Pana fecit dicto Domino Duci Venetorum.

14. De bello Domini Ducis cum filio Imperatoris conflicto et capto et de mirabili victoria dicti ducis.

15. Quomodo Dominus Papa ducem recipit cum victoria pro qua sibi anulum praebet ad desponsandum mare. 16. Qualiter filius Imperatoris petit gratiam eundi ad patrem ad tractandam pacem. 17. Hic filius imperatoris ad patrem irè permictitur ad tractandum pacem inter partes. 18. Hic filius respondit predictis verbis patris hac oratione.

19. Hic dictus Imperator precibus filii condescendit ad tractandam et habendam predic

tam pacem.

20. Hic filius ortatur patrem venetias accedere

quo filius premictitur et accedit ad annuntiandum venetis de predictis et adventu imperatoris.

21. Hic filius Imperatoris Domino Pape, duci et Venetis sui patris adventum annunciat. 22. Qualiter Papa, dux et Veneti se prepa

rant ad recipiendum Dominum Imperatorem Venecias accessurum.

23. De reverencia quam fecit Dominus Impera

tor Domino Pape in ecclesia Sancti Marci. 24. De graciarum actionibus Domini Pape et de maxima indulgentia quam Dominus Papa in dicto festo ascensionis in honorem Venetorum et animarum suarum profectum tribuit et concessit.

25. Qualiter Dominus Papa et Dominus Imperator et Dominus Dux cum eis versus romam dirigunt gressus suos et de concessione umbrelle facte Domino Duci.

26. Qualiter dicti principes recedunt de ancona et vadunt romam et de concessione

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Als ich mich im Mai Monate des Jahres 1834 in Venedig befand, besah ich mit mehreren Freunden die Gemächer des herzoglichen Pallastes, in welchen sich Gemälde von denkwürdigen Bege= benheiten aus der Geschichte der Republik befinden; unter ihnen die Darstellung des Seesieges der Ve= netianer über die Galeeren Kaiser Friedrich Barba rossa's und die Gefangennehmung des kaiserlichen Admirals, des Prinzen Otto, der dann von P.. Alexander III. und dem Dogen Ziani auf sein Ehrenwort entlassen, sich zu seinem Vater begiebt und dessen Aussöhnung mit der Kirche bewirkt. Da der Gegenstand uns unbekannt war, wie denn diese Ereignisse von deutschen Quellenschriftstellern nicht erwähnt werden, so wurde er Grund vielfachen Gespräches mit unserem gefälligen Freunde und Führer, dem uns so früh entrissenen Grafen v. Platen, sowie einer Aufforderung von Seiten dieses in italienischer Geschichte einst so bewanderten Mannes, die Sache um so reiflicher zu untersuchen, als ge= rade Raumer sie mehr verworfen als widerlegt hatte. Die baldige Abreise von Venedig, der Besuch anderer italienischer Städte und endlich Studien, die den Endzwecken der Reise mehr entsprachen, ließen mich diesen Gegenstand auf gelegnere Zeit verschie ben, fast vergessen. Erst als ich in Florenz in einer notizreichen Chronik der Riccardiana diefes Ereig= niß nach der Angabe der Venetianer erzählt fand, wurde meine Aufmerksamkeit aufs Neue dahin gelenkt.

(Schluß folgt.)

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Königl. Akademie der Wissenschaften.

Historische Classe.

In der Sizung am 16. November 1844 las Herr Prof. Dr. Höfler eine Abhandlung

vor,

über eine neue Quelle für die Geschichte Kaiser Friedrich's I., Barbarossa.

(Schluß.)

Uber theils war der Chronist von der Zeit des Ereignisses zu weit entfernt, als daß er für authentisch gelten konnte, theils mir selbst der Ge: genstand für die Studien, welche ich in Florenz be treiben wollte, zu entlegen, ich konnte mich auch dießmal nur flüchtig damit beschäftigen. Später im Februar 1836, als ich mir den obenbezeichneten Coder aus der vaticanischen Bibliothek geben ließ, welcher, wahr oder falsch, in seiner Art jedenfalls Driginal ist, beschloß ich eine Abschrift davon zu neh men und in den Freystunden den Gegenstand reiflicher zu untersuchen. Der Coder ist auf Pergament und wahrscheinlich im vierzehnten Jahrhunderte geschrie ben. Der Gang der Erzählung ist kurz folgender:

P. Alexander III. in der Verfolgung, welche Kaiser Friechrich Barbarossa bereits seit 18 Jahren über die Kirche verhängte, zulegt persönlich bedroht, flüchtete sich, als kein Ort auf dem Continente Sta: liens ihm mehr Sicherheit gewährte, verkleidet nach Benedig, wo er von Niemanden erkannt, einem ge=

wöhnlichen Geistlichen gleich in S. Maria della Carità einige Zeit verborgen lebte. Hier aber wird er von einem Manne, der ihn öfters in Rom ge= sehen hatte, erblickt und nun sogleich dem. Dogen. Sebastian Ziani, der bereits Kunde von der Flucht, doch nicht von dem Aufenthalte des Papstes erhal ten hatte, Nachricht gegeben. Dieser erkundigt sich genau und als kein Zweifel obwaltet, ordnet er sogleich eine feyerliche Procession an und begiebt sich mit dem Patriarchen, der ganzen Clerisey und den angesehensten Layen nach S. Maria. Sie über: raschen den Papst als er in dem Chiostro die Horen. betet; er will fliehen, als der Doge sich vor ihm niederwirft, ihm die Füße küßt und ihn mit dem päpstlichen Ornate bekleidet. Nun wird der Papst unter allgemeinem Jubel nach S. Maria geleitet ; der Doge bietet ihm daselbst den Schuß und die Hülfe der Republik an und der Papst, dankbar das Anerbieten annehmend, überreicht ihm nun als erste weiße Kerze. Hierauf werden mit Genehmigung des der Ehren, die er Benedig zu ertheilen gedenkt, die hl. Vaters zuerst Gesandte an den Kaiser abgeschickt, den Frieden zu unterhandeln; dieser aber, obwohl er sie als von Venedig abgeschickt ehrenvoll aufnimmt, verlangt nichts weniger als Gefangensetzung und Auslieferung des Papstes und droht im WeigerungsAuf dieß Verlangen beginnt der Papst in seinem falle mit 75 Galeeren gegen Venedig zu ziehen. neuen Asyle zu zagen; der Doge aber erklärt sich zum Kampfe für die Kirche bereit und Alexander dadurch ermuthigt ernennt nun die Venetianer zu Söhnen und beständigen Bertheidigern der Kirche; noch mehr, als der Doge mit 30 Galeeren gegen die bereits sich nahenden 75 kaiserlichen ausziehen

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