die Ehre Frankreichs wahren." Er bemäntelt seinen Betrug im Spiele mit einem Scherz; im Grunde genommen hat er unklare Begriffe vom Eigenthum. Er regalirt Cameran mit Cameran's eignem Gelde. Hätte Cameran besser, anders gehandelt? Was thut's, ob sein Geld in seiner oder Grammonts Tasche sich befindet? Die Haupt= sache ist erreicht, man hat sich beim Gewinnen des Geldes amüfirt, man amüsirt sich ebenso beim Verthun. Das Häßliche und Gemeine schwindet bei solcher Lebensauffassung. Wenn er den Fürsten seine Aufwartung macht, so geschieht es sicherlich nicht knieend; ein so leb= hafter Geist erniedrigt sich nicht aus Respect. Sein Verstand und Geist stellt ihn den Größten gleich; unter dem Vorwande, den König zu amüsiren, sagt er ihm offen die Wahrheit.*) Obgleich umgeben von den tollsten Ausschweifungen in London, versinkt er nicht tief in dieselben, er geht nicht unter, er geht darüber hin wie auf Fußspißen, so leicht und zierlich, daß kein Schmutz hängen bleibt. In seinen Erzählungen und Anecdoten erkennen wir die peinlich berührende Rohheit und Gemeinheit nicht wieder, welche die Ereignisse wirklich in sich bergen; er gleitet leicht darüber hinweg, er erweckt ein Lächeln, ein zweites, ein drittes, so daß der Geist, mit fortgerissen durch den leichten, lebendigen Fluß der Erzählung fast in eine gute Laune versezt wird. Bei Tische ist er kein Schlemmer, beim Spiele nie hißig und erregt, gegen seine Maitresse nie grob und gemein, im Zweikampf ohne Haß für den Gegner. Der französische Geist ist wie der französische Wein, er macht den Menschen weder roh, noch boshaft, noch traurig. Das ist die Quelle dieser Annehmlichkeit: der Franzose bewahrt sich bei Tafel seine Feinheit, seine Gutmüthigkeit, seine heitere Lust. Der Wüstling bleibt gesellig, höflich, zuvor= kommend, verbindlich; seine Heiterkeit erreicht ihren Höhepunkt in der Heiterkeit_andrer;**) er ist ebenso rücksichtsvoll und aufmerksam gegen *) Der König saß beim Bretspiel; da kommt ein zweifelhafter Wurf vor: Ah, da ist Grammont, der soll entscheiden; Grammont kommt _her_und_ent= scheidet! ,,Sire, Sie haben verloren." -,,Was! Ihr wißt ja noch gar nicht —.“ „Oh, Sire, wenn der Wurf unzweifelhaft gewesen wäre, so würden diese Herren nicht verfehlt haben, Ihnen gewonnen Spiel zu geben." **) Hamilton sagt von Grammont: er sucht die Unglücklichen auf, um ihnen zu helfen. sich wie gegen andre, und obendrein ist er immer munter und lustig, geistig klar und frisch; Wigfunken, Geistesblige, brillante feine Bemerkungen sprudeln aus seinem Munde; bei Tische und in Gesellschaft ist er oft aufgelegter als allein und nüchtern. Es ist klar, daß bei ihm die sinnliche Ausschweifung den Menschen nicht herabwürdigt; Grammont würde sagen, daß sie ihn vollendet, daß Geist, Herz und Sinn nur bei einem eleganten, belebten, ausgesucht seinen Souper ihre wahre und größte Befriedigung finden. Butler's Hudibras. III. Geschmacklosigkeit seiner Komik hämische Bosheit seiner Rachsucht. Ganz das Gegentheil in England. Krazt man die Tünche der Moral weg, so kommt das Thierische im Menschen in seiner ganzen leidenschaftlichen Rohheit und Häßlichkeit zum Vorschein. Ein englischer Staatsmann that den Ausspruch, daß in Frankreich die Wuth des entfesselten Pöbels durch einen Appell an die Menschlichkeit und Ehre besänftigt werden könnte, während man ihm in England zu seiner Beschwichtigung rohes Fleisch vorwerfen müßte. Schändung, Blut, Orgie, das ist das Element, in dem sich dieser vornehme Pöbel wohl fühlte. Alles was einen Carnaval entschuldigt, fehlt hier, vor allem der Geist. Drei Jahre nach der Rückkehr des Königs veröffentlichte Butler seinen Hudibras, mit einem Eclat und Beifall, von dem allein die Zeitgenossen einen Begriff haben und der noch in unsern Tagen seinen Wiederhall findet. Wie schwach und geistlos ist der Wig dieser rachsüchtigen Satire, mit welchen plumpen Abge= schmacktheiten, mit welch' lederner Weitschweifigkeit versezt! Hier und da findet man ein glückliches Bild, einen Ueberrest der so eben untergegangnen Poesie, aber der ganze Plan und Stoff des Werkes erinnert an Scarron, ebenso gemein aber noch boshafter. Es soll eine Nachahmung des Don Quixote sein; Hudibras ist ein puritanischer Ritter, der wie sein Vorbild auszieht, den Bedrängten zu helfen und Schläge dafür einzustecken. Mit mehr Recht gleicht es wohl der jämmerlichen Nachahmung des Cervantes durch Avellaneda. Der kurze, für eine solche Farce passende Knüttelvers humpelt endlos auf seinen Krücken daher, sich in dem aufgerührten Kothe wohlfühlend, ebenso schmuzig und fade wie in der Travestie der Aeneide des Scarron.*) Die Beschreibung des Hudibras und seines *) For as Aeneas bore his sire .... Upon his shoulder through the fire, In time to make a nation rue; Tho' it contributed its own fall, To wait upon the public downfall . Whose thread of life the fatal sisters And twine so close, that Time should never, In life or death, their fortunes sever; But with his rusty sickle mow Both down together at a blow. Rosses nimmt fast einen ganzen Gesang in Anspruch; 40 Verse sind nöthig, um seinen Bart, weitere 40, um seine Kniehosen zu beschreiben. Endlose scholastische Discussionen und Streitfragen, ebenso lang wie die der Puritaner, ziehen sich wie dornige Wüsten durch die ganze Hälfte des Gedichtes. Nirgends Handlung, überall Unnatur mißlungene Satire, grobe Carricatur; weder Kunst, noch Harmonie, noch Geschmack: der puritanische Stil ist zu einem geschmacklosen Kauderwälsch geworden, und hämische Bosheit entstellt das Bild, das sie entwirft, indem sie weit über das Ziel hinaus schießt. Sollte man es für möglich halten, daß ein solcher Schriftsteller in seiner Einbildung sich für wigig hält und uns zu amüsiren glaubt? Welch' ein Wig in der Stelle über den Bart des Hudibras! Das haar'ge Meteor kündet an, Und zeigt mit hieroglyph'schen Spaten Sein Grab gemacht und das der Staaten. Dieser geschmacklose Scherz gefällt ihm so sehr, daß er ihn noch weiter fortsett. Die Verkehrtheit nimmt zu, je weiter man liest. Ist es möglich, daß Iemand Späße wie die folgenden, für wißig hält ? Dies Schwert, es hat zum Pagen fein 'Nen Dolch, der für sein Alter klein; Er dient ihm, wie in frühern Zeiten, Die Zwerge fahrende Ritter begleiten........ Hat er den Feind durchbohrt mit Muth, So ist er in der Küche gut, Man kragt die Teller, reinigt Stiebeln Und pflanzt mit ihm auch Lauch und Zwiebeln. *) *) This sword a dagger had, his page, That was but little for his age; It would scrape trenchers or chip bread.... ་ Alles wird hier trivial; zeigt sich einmal eine poetische Schönheit, das Possenhaft-Burleske verdirbt sie sofort wieder. Wenn man diese Küchendetails, diese gemeinen, rohen Späße liest, so glaubt man einen Possenreißer der Hallen vor sich zu haben. So reden öffentliche Marktschreier und Gaukler, wenn sie ihre Sprache und Phantasie den Gewohnheiten der gemeinsten Spelunken und Schenken an= passen. Die schmutzige Zote darf nicht fehlen; in der That, der Janhagel lacht, wenn der Harlequin unanständige Anspielungen auf das Privatleben macht.*) An solchem grotesken Zeug hatten die Hofjunker ihre Freude und ihr Gefallen; ihre hämische Rachsucht und gemeine Rohheit ergözte sich an dem Schauspiele dieser kreischenden Marionetten; jetzt noch, nach zwei Jahrhunderten, hört man das wüste, rohe Lachen dieses Bedientenpublicums. IV. Gemeinheit, Grausamkeit, Rohheit, Unsittlichkeit am Hofe. Rochester, sein Karl II. machte bei Tafel hochmüthig prahlend Grammont darauf aufmerksam, daß seine Diener ihm knieend servirten. Sie thaten recht daran, das war die ihnen gebührende Stellung. Der Großkanzler Clarendon, einer der angeschensten und geachtesten Männer *) Quoth Hudibras, I smell a rat. For though the thesis which thou lay'st (For that bear-baiting should appear Jure divino lawfuller Than Synods are, thou dost deny |