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Leibrente von 1500 Gulden genofs Reider nur kurze Zeit. Sonach erhielt der Staat für den Preis von 2400 Gulden eine Sammlung, welche ohne jede Uebertreibung gegenwärtig auf über zwei Millionen Mark zu schätzen ist."1) Die Bibliothek Reiders, die vor allem seltene Holzschnitt- und Kupferstichwerke, Bibeln, Chroniken und kunstgeschichtliche Werke enthielt, bildet die Hauptgrundlage der jetzigen wertvollen Bibliothek des Nationalmuseums. Als Reider am 5. Februar 1862 starb, hinterliefs er noch gar manche schöne Schätze. Er hatte versprochen, dem historischen Vereine zu Bamberg, dessen Mitbegründer und Bibliothekar er gewesen war, die auf Bamberg sich beziehenden Gegenstände zuzuwenden. Allein im Testamente Reiders war der historische Verein nicht genannt, der Verein mufste im Gegenteil seine eigenen Schätze, die Reider zur Benutzung hatte, amtlich fordern lassen, und kaufte aus dessen Nachlafs eine grofse Anzahl von Handschriften. Ebenso wurden vom Bayerischen Nationalmuseum wertvolle Handschriften, die von Reider stammten, käuflich erworben. 2)

Zu den gröfsten Wohltätern der kgl. Bibliothek ist der Obermedizinalrat Dr. Lukas Schönlein zu rechnen. Von den vielen noch zu dessen Lebzeiten überreichten Büchergeschenken hat Jäck im Bamberger Tagblatt häufig Mitteilung gemacht.3) Nach dem Tode Schönleins (1864) erhielt die Bibliothek einen grofsen Teil seiner medizinischen und alle seine naturhistorischen und geographischen Bücher.4) Unter diesen Geschenken befinden sich sehr wertwolle alte Drucke. Alle von Schönlein stammenden Bücher der kgl. Bibliothek sind mit seinem Stempel gezeichnet. Diese grofsmütigen Gaben fanden auch an allerhöchster Stelle die gebührende Anerkennung.5)

Eine recht stattliche Büchersammlung besafs der Erzbischof Michael von Deinlein. Dem Historischen Verein zu Bamberg schenkte er noch zu seinen Lebzeiten aufser anderen Büchern 1863 den äufserst seltenen Bamberger Wiegendruck vom Jahre 1493: Die aufsruffunge des hochwirdigen heiligthumb des loblichenn stifts zu Bamberg. „Seine für einen Privatmann ungewöhnlich umfangreiche, mit den besten Werken versehene Bibliothek, auf deren Anschaffung und Aus

1) J. H. von Hefner-Alteneck, Entstehung, Zweck und Einrichtung des Bayerischen Nationalmuseums in München. (Bayer. Bibliothek. Bd 2. Bamberg 1890. S. 8-13.) Der Reider gewidmete Teil war bereits früher gedruckt worden in der Erinnerung an Martin von Reider, k. qu. Professor. Ein in der Versammlung des hist. Ver. v. Oberbayern am 1. März 1862 gehaltener Vortrag". (Besonderer Abdruck aus dem 24. u. 25. Jahresber. des Ver.)

2) Rothlauf im 27. Bericht des hist. Ver. zu Bamberg. Bamberg 1864. S. 119 ff. Die aus dem Nachlafs Reiders erworbenen Handschriften sind im gleichen Bericht S. XXXIV ff aufgeführt.

3) 1834 Nr 2; 1836 Nr 62; 1839 Nr 17, Nr 87, Nr 207 usw.

4) Friedr. Leitschuh, Gesch. der Königlichen Bibliothek zu Bamberg nach der Säkularisation. Bamberg 1894. S. 22 f. - Ueber Schönlein vgl. Pagel in der Allg. D. Biogr. 32. S. 313 ff. und die Biographien von Goeschen (Sep.-A. aus Goeschens deutscher Klinik 1559. Nr 8), Leitschuh (Bayerland 1893) und Virchow (Berlin 1865).

stattung er Tausende verwendet hatte, vermachte er teils dem erzb. Domkapitel, teils dem Klerikal- und Knabenseminar, teils dem Diocesanklerus." 1)

Der geistliche Rat und Inspektor des Kgl. Naturalienkabinetts Dr. Haupt besafs eine wertvolle Sammlung von naturwissenschaftlichen und solchen Werken, die sich auf die Stadt Bamberg bezogen. Der Besitzer vermachte alle seine Bücher teils zu seinen Lebzeiten teils nach seinem Tode (1893) der kgl. Bibliothek zu Bamberg.

In diesem Zusammenhang darf auch der umfangreichen Büchersammlung gedacht werden, die ein berühmter Sohn Bambergs, der Universitätsprofessor J. J. von Döllinger besessen hat. 2) Nach dem Tode des Besitzers ging sie unter bestimmten Bedingungen an die Kgl. Universitätsbibliothek in München über.

Eine eigenartige Bibliothek kam mit dem englischen Kapitän Thomas Dempster Gordon nach Bamberg. Ihr Besitzer, ein geborner Schottländer, hatte infolge eines Unglücksfalles, der ein Fufsleiden zur Folge hatte, seinen Dienst aufgegeben, und sich nach Franken, der Heimat seiner Frau, zurückgezogen, wo er abwechselnd in Kissingen und Bamberg lebte. Neben ausgedehnten Reisen, die ihn in alle Länder führten, bildete seine ausgesuchte Büchersammlung den Mittelpunkt seiner Mufsezeit. Er sammelte vor allem englische Werke vom hohen Wert, wobei er solche Bücher bevorzugte, die typographisch reich ausgestattet oder mit kostbaren Einbänden versehen waren. Zu seinem Bücherzeichen wählte er sein Familienwappen, unter das sich ein Spruchband schlingt mit der Aufschrift: Dread God. Darunter ist der Besitzername zu lesen: Capt." Gordon. Royal Navy. Als Gordon am 13. Dezember 1894 starb, 3) erbte sein Schwager, der Forstrat Georg Dürig 4) mit dem übrigen Besitz auch die wertvolle Büchersammlung. Der neue Besitzer gedachte erst die reichen Bücherschätze zu verkaufen, rettete sie aber dann vor der drohenden Verschleuderung, indem er die ganze Büchersammlung im April 1895 der kgl. Bibliothek zu Bamberg schenkte, die damit eine sehr wertvolle Bereicherung erfuhr. Denn die edelmütige Schenkung bedeutete für die kgl. Bibliothek nicht nur eine Vermehrung von 1667 Werken mit 3178 Bänden, 5)

1) Domdechant Rothlauf im 37. Bericht des hist. Ver. in Bamberg. 1875. S. 108 A.

2) Bibliotheca Döllingeriana. Katalog . . . München 1893. 8o. 671 S. 18 495 Nummern.

3) Todesanzeige im Bamberger Tagblatt. 1894. Nr. 294. 14. Dezember; seine Frau starb 16 Tage früher. (Bamberger Tagblatt. 1894. Nr. 280. 28. Nov.)

4) Gordon hatte eine Schwester Dürigs zur Frau, die, zum zweiten Male verheiratet, ihrem Mann reiche Besitzungen zu Kissingen in die Ehe brachte. Einen guten Teil meiner Angaben verdanke ich der Güte der Frau Forstrat Dirig. Forstrat Dürig starb am 15. Mai 1905. (Vgl. Bamberger Tagblatt. 1905. Nr. 114. 16. Mai.)

5) Bibliothekar Leitschuh berechnete in einem Bericht den buchhändlerischen Wert der Gordon - Bibliothek auf zirka 2500 Mark. Soviel ungefähr wurde

sondern auch eine begrüfsenswerte Ausfüllung der grofsen Lücke in dem Bestande der fremdländischen Literatur. Die Bibliothek Gordons redet alle europäischen Sprachen. Namentlich ist die englische und französische Literatur mit sehr seltenen und wertvollen Werken vertreten. Die Kgl. Regierung und das Magistratskollegium zu Bamberg 1) drückten dem edelmütigen Spender ihren Dank für das wertvolle Geschenk aus. Die Bücher selbst verkünden ebenfalls die dankenswerte Tat, auf ihren Decken ist innen gedruckt zu lesen: Aus der Büchersammlung des Capitäns Th. Dempster Gordon. Geschenk des k. Forstrathes G. Dürig an die k. Bibliothek". Der eigenartige Bestand der Bibliothek Gordons bildet in der Schar der Bamberger Privatbibliotheken eine Welt für sich und doch ein Glied, das man nicht vermissen möchte.

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Als die weitaus gröfste und wertvollste Bamberger Privatbibliothek der neuesten Zeit hat die Büchersammlung des Freiherrn Emil Marschalk von Ostheim zu gelten. Da die Bedeutung dieser Sammlung eine eingehende Darlegung beanspruchen darf, soll an anderer Stelle ausführlich darüber berichtet werden, hier mögen nur einige wenige orientierende Angaben Platz finden. Baron Marschalk hat nicht planlos gesammelt. In erster Linie bestimmte eine warme Heimatsliebe seine Sammeltätigkeit. Alles was auf die Geschichte Bambergs Bezug hatte, fand in ihm einen sorgsamen Schutzherrn. Dann wohnte in ihm ein allen Adeligen angeborener stark ausgeprägter Sinn für Familiengeschichte, dem eine reiche Sammeltätigkeit auf diesem Felde und auf den verwandten Gebieten der Genealogie und Heraldik entsprach. Eine warme Neigung verband ihn mit Henneberg, dem Heimatlande seiner Familie, und mit dem ganzen thüringischen Lande. Die entsprechende Abteilung seiner Sammlung darf zu den vollständigsten dieser Art gerechnet werden. Gleich wertvoll ist der Teil seiner Bibliothek, der die Geschichte des Revolutionsjahres 1848 betrifft.

Marschalk betrachtete schon zu seinen Lebzeiten seine Büchersammlung als eine Abteilung der kgl. Bibliothek, die öfters von ihm zahlreiche Büchergeschenke erhielt. Als er im Sommer 1903 starb, ging die ganze Sammlung nach dem hochherzigen Willen ihres Besitzers an die kgl. Bibliothek über.

Viele Büchersammlungen Bambergs sind zerstreut und verschleudert worden. Das ist nun einmal überhaupt das gewöhnliche Schicksal grofser Bibliotheken und Sammlungen. Zu einem guten Teile sind aber die Bamberger Bücherschätze unserer Stadt erhalten geblieben. Gerne erkennt der Chronist den edlen Gemeinsinn vieler Bamberger Bücherfreunde an, die ihre Schätze ihrer Vaterstadt zum allgemeinen Gebrauch überlassen haben. Diese vornehme Gesinnung spricht schon aus den alten Bücherschenkungen an die Klöster und Stifte, sie wandte sich

meines Wissens Dürig geboten. Der wirkliche Wert übersteigt aber weit jene Summe.

dann andern neuen geistlichen Anstalten und Vereinigungen zu und
fand endlich in der kgl. Bibliothek einen neuen und dankbaren Ort,
sich wirksam betätigen zu können, hier entfaltet sich ihr Geben am
reichsten, hier finden ihre Gaben das hohe Ziel, allen dienen zu dürfen.
Ein gutes Stück Eigenart der kgl. Bibliothek zu Bamberg entwickelte
sich gerade durch diese uneigennützigen Schenkungen. Es ist dem
Berichterstatter ein wahres Herzensbedürfnis, dieses gemeinnützigen
Sinnes der Bamberger, den schon der Oberbibliothekar Dr. Ruland im
Jahre 1856 in der bayerischen Abgeordnetenkammer anerkannt hat,
an dieser Stelle rühmend zu gedenken.

Verzeichnis der behandelten Privatbibliotheken.

Adam Friedrich Graf von Seinsheim,
Bischof 445

Anspach, Petrus von, s. Rauch.

Aufsels, Carl Dietr. v., Propst v. St.
Gangolf 443.

-

Caspar von, Hausvogt 429.

Beheim, Lorenz, Canonicus 426 ff.
Berg, Simon von, Domdechant 434.
Boettinger, Alberich Ign., Hofrat 444.
Brückner, Ign., Rechtsanwalt 448.
Brunquell, Pius, Dominikanerprior 446.

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Ernst von Mengersdorf, Bischof 434.
Eyb, Albr. von, Domherr 420.

Feucht, Jakob, Weihbischof 434.
Förner, Friedr., Weihbischof 437.
Fraas, Domdechant 451A.
Frey, Andreas, geistl. Rat 450.

Conrad, Bibliothekar 451.
Freyenfels, Schlofsbibliothek 443.
Fuchs, Konrad Heinr., Prof. 454.

Georg III. von Limburg, Bischof 441.
Gordon, Thom. Dempster, Kapitän
457 f.

Grofs, Pferfsfelder gen, Ernst, Dom-
custos 437.

Guttenberg, Joh. Andr. v., Dom-
scholaster 440.

Hartung, Konr., Dekan v. St. Gangolf

423.

Haupt, Andr., geistl. Rat 457.

Hebrer, Joh., Prof. in Ingolstadt 422.
Heller, Jos., Kunsthistoriker 449.454.
Hettersdorf, Phil. Amand. Frhr. v.
455.

Hildebrand, Arnold, Medicus 420 ff.
Hinberger, Rich., Vicar v. St. Gangolf
424 f.

Hohenlohe, Philipp von, Domherr 429.
Hugo von Trimberg 418.

Jäck, Heinr. Joach., Bibliothekar 454.
Jäck, Mich., Appel.-Gerichtsrat 454.
Jakob, Domscholaster 418.

Johann Gg. Zobel v. Gibelstadt, Bischof
433.

Johann Gottfr. v. Aschhausen, Bischof
434 f.

Johann Phil. v. Gebsattel, Bischof
434.

Kochhafen, Jos., Landarzt 453.
Kotzau, Hector von, Domdechant 434.
Kraft, Domdechant 418.

Lambert v. Brun, Bischof 419.
Lerchenfeld, von, Dompropst 451,
Lichtenauer, Friedr., Weihbischof 433.
Limburg, Albr. v., Domherr 429.
s. Georg v. L.

Linck, Joh., Franziskanerprediger 429ff.

Marcus, Karl Friedr., Prof. 454.
Marschalk v. Ebnet, Veit Ulr. 435 f.
v. Ostheim, Emil, Frhr. v. 458.
Martin von Eyb, Bischof 435.
Melchior Otto Voit V. Saltzburg,
Bischof 439.
Möhrlein, S. J. 445.

Molitor, Conr. (de Molendino) aus
Rattelsdorf, Dominikaner 423 f.
Montag, Eugen, letzter Abt v. Ebrach
448 f.

Murmann, Joh., Weihbischof 439.

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Der Leiter der Verhandlungen drückt dem Vortragenden den Dank der Versammlung aus.

5. Berichte der Kommissionen.

Die Kommission für offizielle Drucksachen, von der kein Mitglied in Bamberg anwesend sein konnte, hat einen Bericht eingesandt, der aus Mangel an Zeit nicht zur Verlesung kommen kann. Die Versammlung beschliefst, ihn in die Verhandlungen aufzunehmen und überträgt dem Vereinsausschufs die weiteren Mafsnahmen.

Bericht der Kommission für die amtlichen Drucksachen.

Die im vorigen Jahre in Berlin abgehaltene Bibliothekarversammlung hat für die amtlichen Drucksachen eine Kommission eingesetzt, in die aufser den beiden Referenten Dr. Maas und Prof. Wolfstieg noch Prof. Paalzow - Berlin, Prof. Petermann - Dresden und Oberstudienrat Steiff - Stuttgart gewählt wurden. Die Kommission wurde beauftragt, über folgende Fragen einen gutachtlichen Bericht zu erstatten:

I. Auf welche Weise gelangen die deutschen Bibliotheken am sichersten und zweckmäfsigsten zur Kenntnis und in den Besitz der für ihre

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