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leider im Landesausschufs wie in den Kommissionen eher ein gewisses Gegenteil davon bemerken müssen, wenn die Regierung mit Neuforderungen auf jenem Gebiete hervorgetreten sei." Der Etat wurde dann nach den Anträgen der Kommission angenommen, das Direktorgehalt bleibt also unverändert.

Belgien. Die bevorstehende Eröffnung der neuen öffentlichen Bibliothek der Stadt Lüttich bespricht Oscar Colson in der Februarnummer der Wallonia (8. u. S. 243) in einem ausführlichen Artikel. Bis 1730 besafs Lüttich nur Klosterbibliotheken, vor allem die Büchereien der Rekollekten und der Abteien St.-Jacques und St.-Laurent; 1731 gründete der Rat eine öffentliche Bibliothek, für die die Stadt erhebliche Summen ausgab: 1731 und 1732 2000 Gulden, 1736 und 1737 rd 8700 Gulden, 1741 und 1742 rd 3700 Gulden und 1742 und 1743 sogar 12269 Gulden; 1775 erhielt die Bibliothek das Pflichtexemplarrecht für das Bistum Lüttich. Bei dem Anrücken der französischen Revolutionsheere wurde die Bibliothek nach Maestricht geflüchtet, fiel mit dieser Stadt 1794 in die Hände der Franzosen und wurde als Kriegsbeute nach Frankreich gebracht. Erst 1804 gelangte die Stadt wieder in den Besitz einer öffentlicheu Bibliothek durch die Uebernahme der Bücher der aufgehobenen Zentralschule, mit Ausnahme von 1500 Bänden, die an das Lyzeum, und 2-300 Bänden Handschriften, die an das Seminar fielen. Auch diese Bücherei verblieb der Stadt nur kurze Zeit: schon 1817, nach Eröffnung der Universität, wurde sie, wenn auch unter Vorbehalt des Eigentumsrechts, an die Universität abgegeben. Den eigentlichen Stamm der neuen öffentlichen Bibliothek bildet die 1862 begründete Bibliothèque centrale, die älteste belgische Volksbücherei, jetzt rd 25000 Bde. Dazu kommen die rd 7000 Drucke und Handschriften, die seit 1817 von der Universitätsbibliothek verwaltet wurden, ferner die ebenfalls der Universitätsbibliothek von der Stadt anvertraute Sammlung Capitaine (16500 Nrn, worunter 11000 Drucke), die nun von der Stadt zurückverlangt werden. Insgesamt hat die Neugründung einen Anfangsstand von mindestens 50 000 Drucken und 500 Handschriften aufzuweisen. Die Räume der Bibliothek befinden sich in einem eben fertig gestellten städtischen Gebäude, in dessen Erdgeschofs sich ein Kindergarten und eine Krippe teilen (eine nicht eben hervorragend ruhige Nachbarschaft). Das erste Stockwerk enthält die Bibliothek: Magazine, Lesesaal, Leihstelle, alles geräumig, hell und behaglich eingerichtet. Räume und Bestände sind also da; dagegen scheint hinsichtlich des Personals wie der Höhe des Etats die Stadt noch nicht ganz schlüssig zu sein. Natürlich ist es bei dieser Neugründung auch nicht ohne Kämpfe hergegangen. Die Umwandlung der reinen Volksbibliothek in eine öffentliche gehobene Bibliothek scheint Gegnerschaft erweckt zu haben, und dafs die Universitätsbibliothek die 7000 Bde, die seit 90 Jahren in ihrer Hand sind, nur schweren Herzens zurückgibt, ist nur zu begreiflich. Die Gründe, die die Stadt zur Rückforderung bewegen, trägt Colson sehr geschickt vor. Sein Hauptargument, das unter deutschen Verhältnissen nicht zutreffen würde, ist, dafs die Universitätsbibliothek keine eigentliche öffentliche und allgemein zugängliche Bibliothek sei. Nur unter diesem Gesichtspunkt ist verständlich, dafs er dem Einwand zu gunsten der gröfseren Universitätsbibliothek („Certes, il y aura des personnes qui, en vertu d'une opinion favorable aux grands dépôts, seront plutôt portées à regretter la fondation d'une seconde bibliothèque à côté de la première, et le démembrement de l'ancienne au profit de la nouvelle") mit dem Satze abtut: Nous estimons que l'intérêt supérieur de la science est de multiplier les établissements d'instruction publique." Unter allen Umständen ist die Rückforderung eines Depositums nach 90 Jahren eine Härte und Rücksichtslosigkeit. Sicher hat doch die das Depositum verwaltende Bibliothek die ganze Zeit hindurch bei ihren Erwerbungen auf das Vorhandensein des Depositums Rücksicht genommen. Die Lücken, die durch diese späte Riickforderung in ihrem Bestande gerissen werden, sind naturgemäls heute teilweise gar nicht

mehr auszufüllen.

Frankreich. Der Bericht des Generaldirektors der Pariser Nationalbibliothek an den vorgesetzten Minister über das Jahr 1906 führt lebhafte Klagen über den Mangel an Mitteln für Bücherkauf, bauliche Aenderungen und Veröffentlichungen der Bibliothek, sowie über unzureichendes Personal, Klagen, wie wir sie fast aus allen Kulturländern immer wieder vernehmen müssen. Der Anschaffungsfonds kann nach Abzug der Beträge für die laufenden Zeitschriften und Fortsetzungen nur grade noch die Erwerbung der wichtigsten ausländischen Werke decken; die lange geplante Bücherbahn ist noch nicht gebaut und der Bestelldienst deshalb noch nicht erheblich beschleunigt worden; die neuen Räume in der Rue Vivienne werden erst in einigen Jahren zur Benutzung fertig sein. Die Bibliothek könnte jährlich zehn Bände ihres Druckschriften-Katalogs ausgeben statt der derzeitigen vier, aber jeder Band kostet 10 000 Fr. (6000 für Redaktion, 4000 für Druckkosten) und die Bibliothek kann mit ihren 100 000 Fr. für Drucklegungen die Veröffentlichungen der vier Abteilungen nur in ihrem jetzigen Umfange bestreiten. Auch die Beleuchtungsanlage läfst noch immer auf sich warten und so mufs nach wie vor der grofse Lesesaal grade dann geschlossen werden, wenn der Zudrang am stärksten ist. Il y a là, monsieur le ministre, des nécessités urgentes que je me fais un devoir de vous rappeler périodiquement." Der Betrieb ist in der bisherigen Weise weiter gegangen: Die Erwerbungen der Druckschriftenabteilung betrugen ohne die nach Heften und Nummern gezählten Zeitschriften - Pflichtexemplare 21 590 Bde, dazu 6751 Musikalien und 105 Karten; Erwerbungen aus der ausländischen Literatur 9782 Bde; Antiquaria 275. Als Geschenk erhielt die Abteilung 2735 Bde, 276 Karten, 4042 ausländische Dissertationen. Unter den antiquarischen Erwerbungen, deren geringe Zahl sich aus dem reichen Besitze der Bibliothek erklärt, werden drei Pariser Drucke des 16. Jahrh. besonders angeführt. Die Zahl der Benutzer in den drei Lesesälen der Abteilung (Salle de travail, salle publique de lecture und salle des cartes) betrug 196 499, von denen 633 033 Nummern benutzt wurden. Der Hauptteil (156142 bez. 541 146) fällt natürlich auf den grofsen Lesesaal, die salle de travail. Die Handschriftenabteilung gab an 37 184 Benutzer 66101 Handschriften aus, verlieh 408 Handschriften innerhalb, 121 aufserhalb Paris und empfing von aufserhalb 105 Handschriften. Sie erwarb 387 Hds., darunter Gerberts mathematische Schriften aus dem 11. Jahrhundert. Sie erhielt 240 Hds. geschenkt, darunter aufser dem Josephusband (vgl. ob. S. 123) die eigenhändigen Memoiren Philipp von Commines und die Chroniken Du Guesclins aus dem Nachlasse des Herrn de Naurois. Ein besonders wertvolles Geschenk hat das Jahr 1906 aber dem Kupferstichkabinet gebracht. Baron von Vinck schenkte seine Sammlung von Stichen und Bildern zur Geschichte Frankreichs von 1775 bis 1875 mit 16000 Nummern im Gesamtwerte von rd 600000 Fr.; sie hat für die Bibliothek einen noch weit höheren Wert, da sie deren schon vortreffliche Sammlung auf das glücklichste ergänzt.

Von Katalogen veröffentlichte die Druckschriftenabteilung die jährlichen Fortsetzungen ihrer beiden Bulletins, den Katalog der ausländischen Universitätsschriften für 1905, die Bände 26-29 ihres grofsen Verfasserkatalogs, der nun bis Cléry reicht, ferner die Fortsetzung der autographierten Table des ouvrages anonymes der französischen Geschichte, Bd 2 S. 195 bis Bd 3 S. 100. In Vorbereitung ist die Table des Catalogues des Factums und die Kataloge der Actes royaux und Actes épiscopaux. Die Handschriftenabteilung hat keinen Katalog fertiggestellt, aber eine ganze Anzahl vorbereitet: den ersten Band des Sanskrit-Hdss., den Katalog der armenischen Hdss., die zweiten Bände der chinesisch-japanischen Bücher und der Hdss. zur französischen Geschichte, einen Katalog der manuscrits des cinq cents de Colbert" und die Fortsetzung der lateinischen und französischen Neuerwerbungen für 1905 und 1906. Endlich hat das Kupferstichkabinett seinen Porträtkatalog bis L weitergeführt, den Katalog der Sammlung Porcabeuf begonnen und das Manuskript für den catalogue des ventes publiques (série non reliée) im Manuskript beendet. Die noch nicht beziehbaren neuen Räume an der Rue

anstalten. Mai bis Oktober fand eine Ausstellung von französischen und englischen Miniaturen und Stichen aus der Zeit von 1750-1815 statt, mit der auch Medaillen, Gemmen und Sèvres vereinigt waren. Der gute Erfolg

über 26 000 Besucher hat die Verwaltung zu weiteren Ausstellungen ermutigt; vom April bis Juni d. J. wird eine Ausstellung von Porträts des 16. und des beginnenden 17. Jahrhunderts stattfinden. Von Interesse ist es noch, dafs auch die Pariser Nationalbibliothek noch immer über das Einlaufen der Pflichtexemplare zu klagen hat. Bei den Druckschriften ist es vorläufig besser geworden, seit neuerdings die Präfekten den Druckern die Bestimmungen des Gesetzes wieder in Erinnerung gebracht haben, aber über die Karten sagt der Bericht: A la section de géographie il a été déposé durant l'année 1906 105 numéros. Si l'on exclut le dépôt du ministère de l'intérieur pour la carte de France et celui du service géographique de l'armée... on peut voir que le dépôt des imprimeurs à Paris se réduit à néant. Quant au dépôt de province, il n'existe plus depuis longtemps.

Italien. In Italien plant man die Gründung eines Museo del libro", zu dessen Mitgliedern, aufser den Einzelpersonen, die der Vereinigung des Museo del libro beitreten, auch gelehrte Gesellschaften u. dergl. gehören sollen, die dem Museo einen festen Jahresbeitrag aussetzen. Das Studium alles dessen, was auf Buch- und Bücherwesen Bezug hat, soll die Aufgabe der Vereinigung sein, wirtschaftliche oder geschäftliche Zwecke sind dagegen ausgeschlossen. Auch die Herausgabe einer eigenen Zeitschrift ist ins Auge gefaist. Die Gazzetta Ufficiale vom 26. Februar d. J. veröffentlicht einen Königlichen Erlafs (vom 22. Februar 1906), der der im vorigen Jahre begründeten Biblioteca del Risorgimento auch die Bestände der Abteilung des Risorgimento in der Biblioteca Nazionale Vittorio-Emanuele überweist. Gleichzeitig wird der Direktor der Nationalbibliothek zum ständigen Mitglied des im September v. J. gebildeten Ausschusses für das Museo e biblioteca del resorgimento ernannt. Die Ueberführung soll erfolgen, sobald die Biblioteca del resorgimento ihr dauerndes Heim in den „sale" des ViktorEmanuel-Denkmals beziehen kann.

Neue Bücher und Aufsätze zum Bibliotheks- und Buchwesen.1) Zusammengestellt von Adalbert Hortzschansky.

Allgemeine Schriften.

The Bibliographical Society. News - Sheet 1907. January. Rules and List of Members 1907. London: Society 1907. 8°. (4o).

Gräsel, Arnim. Die Smithsonian Institution in Washington. Börsenbl. 1907.
Nr 75. 76.

The annual Library Index 1906: includ. periodicals, American and English;
essays, book-chapters, etc., bibliographies, necrology, and index to dates
of principal events; ed., with the co-operation of members of the American
Library Association, by W. J. Fletcher. New York: Off. of The Publ.
Weekly 1907. VII, 384 S. 3,50 S.
Revista de archivos, bibliotecas y museos (historia y ciencias auxiliares).
Organo oficial del cuerpo facultativo del ramo. Epoca 3. Año 11. 1907.
Nr 1. Enero, Febr. Madrid: Revista 1907. Jg. 20 Fr.

Bibliothekswesen im allgemeinen.

Bazin, R. In der Volksbibliothek. Studie nach dem Französischen des René Bazin von Walther Eggert-Windegg. Bücherwelt 4. 1906/07.

S. 145-147.

1) Die an die Redaktion eingesandten Schriften sind mit bezeichnet.

XXIV. 5.

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Ministeriams zu Greifswald in Fortsetzung von Dr. Th. Pyls „RubenowBibliothek 1865. Pommersche Jahrbücher 7. 1906. S. 253-336. Güstrow. Marquardt, H. Die Inkunabeln der Güstrower Domschul-Bibliothek. Güstrow 1907: C. Michaal. 15 S. 4°. Beil. z. Programm 1907. Hamburg. Katalog der auf Hamburger Bibliotheken vorhandenen Literatur aus der reinen und angewandten Mathematik und Physik. Hrsg. v. d. Mathematischen Gesellschaft in Hamburg. Nachtr. 2. Hamburg 1906: Schröder & Jeve. VI, 352 S.

Strafsburg. Schemann, Ludw. Die Gobineau - Sammlung der Kais. Univ.u. Landesbibliothek zu Strafsburg. Strafsburg: K. J. Trübner 1907. 37, 4 S., 3 Lichtdr.-Taf. 1,50 M.

- (Winckelmann, Otto). Vorschläge zur Reform der Stadtbibliothek. (Strafsburg 1906: M. Du Mont-Schauberg.) 2 Bl. 4°.

Amsterdam.

Marmelstein, J. Ph.

Proeve eener handleiding voor onze leestafel en bibliotheek. Amsterdam: J. Ph. Marmelstein 1907. IV, 240 S. (Nicht im Bnchhandel.) Cambridge, Mass. *Report of William Coolidge Lane, librarian of Harvard University 9. 1906. Reprint. from the report of the president of Harvard University for 1905-06. (Cambridge, Mass.: 1906.) S. 201-224.

Cedar Rapids. Library Bulletin. Iowa Masonic Library. 10. 1907. Nr 1. January. Cedar Rapids: 1907.

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- *Accessions to the Chicago Public Library from Febr. 1 to May 1, 1906; May 1 to July 1; July 1 to Sept. 1; Sept. 1, 1906 to Jan. 1, 1907. Chicago: 1906/07. je 16 S. Bulletin No 74. 76-78.

-

- *Annual Report of the board of directors of the Chicago Public Library. 34, June, 1906. Chicago: Library 1906. 62 S., 5 Taf.

Christiania. Det Kgl. Norske Frederiks Universitet. Universitets - Bibliothekets Aarbog for 1901. H. 1. (Aarsberetning 1900-1901; Norsk Bogfortegnelse for 1900.) H. 2. 3. Christiania 1906: H. Aschehoug & Co. XII, 87; 109; 39 S.

Crema. Regolamento per la biblioteca comunale di Crema. Crema 1907: V. Moretti. 16 S.

Kopenhagen. Schwenke, P. Der Neubau der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen. Zbl. 24. 1907. S. 164-168.

Lüttich. Colson, Oscar. La nouvelle bibliothèque publique de Liège. Wallonia 15. 1907. S. 51-64.

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Paris. Chabot, J. B. Inventaire sommaire des manuscrits coptes de la Bibliothèque nationale Revue d. bibliothèques 16. 1906. S. 350-367.

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- Le vol de la Bibliothèque des Beaux-Arts. Revue biblio-iconographique 3e Sér. 14. 1907. S. 146-147.

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