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schlossener Membranen um Tropfen dadurch, dass er die Lösung eines colloiden Stoffs in die wässrige Lösung eines andern Colloids bringt, welches mit jenem eine unlösliche Verbindung eingeht. Auf diese Weise musste eine geschlossene Membran entstehen und wenn der Tropfen concentrirter war, als die umgebende Flüssigkeit, so musste gleichzeitig unter Vergrösserung desselben ein endosmotischer Wasserstrom durch die Membran gehen und deren Moleküle mussten durch die eintretende Spannung so weit auseinandergedrängt werden, dass neue Moleküle der innern Flüssigkeit mit der äussern Lösung in Berührung kamen und, erhärtend, die Substanz der Membran vermehrten. So ahmt Traube den Process des Wachsens durch Intussusception nach. Zum Versuch wurden Leim- und Gerbsäurelösungen verwandt, so dass bald Leimkugeln in Gerbsäure, bald Tropfen zähflüssiger Gerbsäurelösung in flüssige Leimlösung gebracht wurden. Doch können Membranen auch zwischen nicht colloiden Stoffen, zwischen colloiden und krystalloiden und selbst zwischen zwei krystalloiden entstehen. Leim, dem durch anhaltendes Kochen die Fähigkeit, beim Erkalten zu gelatiniren, entzogen war, bildete schlaffe, von ihrem Inhalte nicht ausgefüllte Zellen mit feiner irisirender Membran oder kugelige, gespannte Zellen mit stärkerer Membran, je nachdem die Concentration der Flüssigkeiten gleich oder verschieden war. Je grösser die Intensität des endosmotischen Stroms, um so dicker wurde die Membran. Im Zelleninhalt aufgelöste Stoffe üben häufig einen Einfluss auf die Beschaffenheit der Membran; sie wurde praller und fester, wenn der Leimlösung geringe Mengen von essigsaurem Bleioxyd, schwefelsaurem Kupferoxyd oder Brechweinstein zugesetzt waren. Unregelmässige Zellenformen leitet der Verf. davon ab, dass die Moleküle der Membran und somit auch deren Interstitien von verschiedener Grösse sind. Ist die Membran endosmotischem Druck ausgesetzt, so werden sich die grössten Interstitien auch zuerst so weit vergrössern, dass neue Moleküle eintreten und erhärten können.

Montgomery, der in Bezug auf die Würdigung der Zellmembran mit M. Schultze übereinstimmt, verlangt nur eine zähe Materie, um durch Wassereinsaugung Kugeln zu bilden ; er hebt es als eine Eigenschaft gewisser zäher Materien hervor, dass die Kugeln, zu welchen sie sich formen, eine bestimmte Grösse nicht überschreiten; zum Beweise führt er die aus den verschiedenartigsten Geweben hervorquellenden sogenannten Eiweisstropfen an. Die zähe Substanz, die der Verf. zur Erzeugung künstlicher Zellen am geeignetsten fand, ist Myelin;

er beschreibt die Nervenfaser-ähnlichen, doppelt conturirten Stränge, die auf Wasserzusatz aus dem Myelin hervordringen und sich gelegentlich ringförmig umbiegen, wodurch schon den Blutkörpern ähnliche Scheiben entstehen. Wurde statt Wasser Eiweisslösung zugesetzt, so traten am ganzen freien Rande helle glänzende Kugeln aus. Durch verdünnte Salpetersäure liess sich in diesen Kugeln ein feinkörniger Niederschlag mit Molecularbewegung erzeugen; sammelte sich zugleich ein Gerinnsel um die Kugeln, das in Wasser aufquoll, so wurde die Aehnlichkeit mit Zellen vollkommen; in vielen derselben fehlte nicht einmal das Kernkörperchen. Die concentrisch gestreiften Myelintropfen vergleicht der Verf. den concentrisch geschichteten Zellen mancher Geschwülste; liess er sie trocknen und fügte dann wieder Wasser hinzu, so kamen alle Varietäten von Eiterkörperchen und ,,sogar solche, die in wirklichem Eiter sich nicht finden", in Theilung begriffene und zu mehreren in Blasen eingeschlossene zum Vorschein.

Gruene's an mehreren Helminthen und Fischen angestellte Beobachtungen ergaben, dass die erste Embryonalzelle selbständig im Ei entsteht, nachdem das Keimbläschen verschwunden ist. Ob die Klümpchen-artigen Körper, welche die Embryonalanlage zusammensetzen, von Furchungszellen abstammen, hält Bruch noch nicht für ausgemacht. Sie unterscheiden sich von diesen durch die bei aller Vermehrung gleich bleibenden Dimensionen und durch den Mangel von Membran und Kern, welche, wie der Verf. immer noch annimmt, erst durch nachträgliche Differenzirung der Substanz des Klümpchens entstehen.

Der Ursprung von Fasern aus dem Kern und Kernkörperchen, zuerst an den Ganglienzellen wahrgenommen, ist nach Frommann eine verbreitete Thatsache, die ihm an Bindegewebs-, Knorpel- und Knochenzellen, an Epithelien der Mundhöhle und der Capillargefässe zu constatiren gelang. Auch hier waren es zuerst die vom Kernkörperchen ausgehenden hellen, glänzenden Fäden, die er mit Bestimmtheit wahrnahm und zu denen sich später die neben ihnen aus dem Kern und Protoplasma entspringenden gesellten. Die Zahl der aus dem Kernkörperchen der Bindegewebszellen stammenden Fäden betrug 1-2, seltener 3; bald schwanden sie schon im Kern, bald verliessen sie nach geradem oder gebogenem Verlauf die Zelle und verloren sich in der Umgebung. Wiederholt wurde der Eintritt der Kernkörperfäden in Zellenfortsätze beobachtet und wenn 2 Zellen durch einen Fortsatz verbunden waren, so trat der Kernkörperfaden aus der Einen in die andere über. Auch im Kern entsprungene Fasern, deren Zahl bis auf 6 stieg,

Allgemeine Histologie.

konnten in das Protoplasma, seltener über die Zelle hinaus verfolgt werden. Einzelne schienen im Kern frei, wie abgeschnitten, aufzuhören, andere hingen mit glänzenden Körnchen zusammen, die in frischen, wie in gehärteten Präparaten in wechselnder Zahl im Kern enthalten sind. Von den Kernen der Capillargefässe gingen meist nach Einer oder beiden Seiten feine Fasern ab, welche benachbarte Kerne mit einander verbanden. Aus den Kernkörperchen, wenn solche vorhanden waren, traten 1 -3 Fäden hervor, die sich im Kern oder der Capillarmembran verloren oder frei eine kurze Strecke weiter liefen. Die Richtung der Fasern war theils radiär zum Mittelpunkte des Kerns, theils mehr sehnenartig. Viele Fasern gingen an Einem Ende oder an beiden in Körnchen über. An grössern Kernkörperchen in den Kernen des Nabelstrangs waren 1 oder 2, gerade oder geschlängelte Fäden sichtbar, die ebenfalls im Kern oder in der Zelle oder erst jenseits derselben verschwanden; Kerne ohne Kernkörperchen enthielten Fäden, welche theils frei, theils in Körnchen endeten. Die meisten verschwanden in der den Kern zunächst umgebenden Protoplasmaschichte. Der Verf. vermuthet, dass die Körnchen des Kerns und des Protoplasma Knotenpunkte eines sehr feinen Fasernetzes bezeichnen, von dem Fasern abgehen, welche die Zelle verlassen. Ganz ähnliche Verhältnisse fanden sich an den Zellen frischer Gelenk- und anderer hyaliner Knorpel, die der Verf. in Jodserum untersuchte; auch in der Intercellularsubstanz derselben traten dichte Fäserchen von sehr grosser Feinheit hervor, die aber nur als kurze Bruchstücke sichtbar waren. Die Kernkörperfäden und die dadurch bewirkte Verbindung benachbarter Kernkörperchen sah der Verf. besonders scharf in dem entzündlich geschwollenen Periost einer Tibia. In den anastomosirenden Ausläufern der Zellen aus Balken osteogenen Gewebes waren Kernkörperfäden eingeschlossen; in den Zellen der Markräume waren die vom Kernkörperchen abgehenden Fasern verhältnissmässig leicht zu erkennen. Der Kern der Epitheliumzellen der Mundschleimhaut enthielt neben Körnchen stärkere und feinere Fasern, die zum Theil den Contur des Kerns durchbrachen und sich in der Zelle eine Strecke weit verfolgen liessen, um frei oder in Körnchen zu enden. Bei der complicirten Structur der Kerne ist es dem Verf. unwahrscheinlich, dass sie sich durch Theilung vermehren sollten; er vermuthet eine freie Neubildung derselben im Protoplasma, wo neben Kernen von gewöhnlichem Ansehen kleinere, homogene vorkamen. Metschnikow schreibt dem Kernkörperchen eine höhere Bedeutung zu: der Kern der Blutkörperchen, so wie die Köpfe

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der Spermatozoiden des Skorpions seien eigentlich vergrösserte Kernkörperchen (s. unten) und und die Kernkörperchen der Speicheldrüsenzellen bei Ameisenlarven und die den Kernkörperchen entsprechenden Keimflecke der Eier einiger Wirbellosen führten selbständige Bewegungen aus.

In geradem Widerspruch mit Böttcher versichert Stricker, dass die aus geplatzten Zellen austretenden Moleküle in Wasser ihre Bewegungen nur langsam fortsetzen oder ganz einstellen. Zu weiterm Beweis, dass die Molecularbewegung in den Zellen mit dem Leben des Zellenleibes in Zusammenhang stehe, führt Stricker an, dass sie unmittelbar vor dem Bersten der Zelle am lebhaftesten werde, fast als handle es sich um einen Todeskampf des Zellenleibes, und dass die Moleküle innerhalb der Zelle eine doppelte Bewegung ausführen, ausser der schwingenden auch noch eine längs den Wänden kreisende. Exner, der die Molecularbewegung von Strömchen in der Flüssigkeit, welche die Moleküle suspendirt enthält, ableitet, zeigt durch das Experiment, dass Licht und Wärme, sowohl strahlende, als zugeleitete, die Lebhaftigkeit der Bewegung steigern. Als eine Folge der Molecularbewegung sieht es der Verf. an, dass die Partikeln in einer specifisch leichtern Flüssigkeit nicht nur nicht zu Boden sinken, sondern allmählich die Schwerkraft überwältigen, um sich gleichmässig in der Flüssigkeit zu vertheilen und in derselben suspendirt zu erhalten. Auch die Geschwindigkeit dieser Vertheilung wird durch Licht und Wärme erhöht, während in dunkeln und kühlen Räumen die Niederschläge auf dem Boden der Gefässe liegen bleiben. Ich hege keinen Zweifel, dass die Bewegung der Moleküle innerhalb der Zellen aus derselben Ursache entspringt, wie die Bewegung der freien Moleküle und sehe, die Richtigkeit der Thatsache vorausgesetzt, in der gesteigerten Lebhaftigkeit der Molecularbewegung, die dem Bersten der Zelle vorangeht, nur den Ausdruck der gesteigerten Diffusionsströme, die die Zelle zum Bersten bringen.

Binz erkannte in dem neutralen Chinin, welches sich in grosser Verdünnung als specifisches Gift für mehrere niedere Organismen, Vorticella, Actinophrys und Amoeba erwies, ein Mittel, um die amöbenartigen Bewegungen der farblosen Blutkörperchen aufzuheben. Setzte er eine Lösung von einem Theil neutralen salzsauren Chinins in 2000 Theilen Wasser dem Blute zu, dessen farblose Körperchen auf dem geheizten Objecttisch in lebhafter Bewegung waren, so blieben die farbigen Körperchen unverändert, die farblosen behielten zum kleinern Theil die Gestalt bei, die sie im Momente der Be

Blut.

rührung mit dem Chinin zufällig angenommen hatten, die meisten waren wieder kuglig geworden, aber wie beim einfachen Wasserzusatz aufgequollen. Manche waren in zwei Hälften geschieden, eine dunkel granulirte und eine helle, wie dies auch beim Absterben mancher Infusorien durch Chinin oder andere Gifte vorkam. Einmal sah der Verf., wie die hyaline Hälfte mit Gewalt nach aussen trat und an einem klaffenden Riss der übrigen Zellsubstanz hängen blieb, wo sodann im Lauf der nächsten Minuten noch ein weiteres Vorquellen erfolgte. Erhöhung der Temperatur brachte die Bewegungen nicht wieder in Gang. Dem Chinin ähnlich wirkt Strychnin und salzsaures Morphin, das letztere jedoch nur in concentrirterer Lösung (1: 500).

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Scharrenbroich prüfte neben den genannten Stoffen den Einfluss des Digitalin, Aconitin, Coniin, Atropin, Coffein, Veratrin auf die farblosen Blutkörperchen. Nur Coniin und Veratrin schienen dem Chinin ähnlich zu wirken.

I. Gewebe mit kugligen Elementartheilen.

A. In flüssigem Blastem.

1. Blut.

G. Ceradini, Progetto di Citemaritmo, apparecchio per l'enumerazione dei globuli del sangue. Rendiconti del reale istituto lombardo. Vol. III. fasc. 9. p. 306.

J. Davy, Miscellaneous observations on the blood. Transact. of the royal society of Edinburgh. Vol. XXIV. P. 1. p. 19.

A. Prussak, Ueber künstlich erzeugte Blutungen per diapedesin. Wiener Sitzungsberichte. Mathemat. naturwissensch. Classe. 2. Abthlg. Bd. 56. p. 13. 1 Taf.

A. Böttcher, Nachträgliche Mittheilung über die Entfärbung rother Blutkörperchen und über den Nachweis von Kernen in denselben. Archiv für patholog. Anat. u. Physiol. Bd. XXXIX. Heft 3. p. 427. Taf. IX. Fig. 1-12.

W. Erb, Zur Erwiderung an Herrn Prof. Klebs in Bern. Ebendas. Heft 1. p. 176.

Klebs, Offenes Schreiben an Herrn Dr. W. Erb. Ebendas. Heft 2. p. 340. N. Friedreich, Ein Beitrag zur Lebensgeschichte der rothen Blutkörperchen. Ebendas. Bd. XLI. Heft 3. 4. p. 395. Taf. VII. Fig. I. II.

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