Page images
PDF
EPUB

Erregung d. Hörnerven. Subjective Töne.

Einheit im Bau wird auch eine Einheit der physiologischen Vorgänge entsprechen und der Nervenvorgang bei den Gehörempfindungen in allen Theilen des Gehörorgans durch entweder direct (durch die Schwingungen des Steigbügels) oder indirect (durch Uebertragung auf die Otolithenmassen oder die Membrana tectoria) mittelst der Endolymphe erregten Schwingungen der Stäbchenzellen härchen ausgelöst werden. Und dies wird nicht bloss für die Vögel gelten, sondern dasselbe auch bei den übrigen Wirbelthieren stattfinden." Bei Fröschen fand Hasse im Wesentlichen die Verhältnisse wie bei den Vögeln, und bezüglich der Vermittlung der Erregung des Gehörnerven durch Schwingungen von Härchen bei anderen Thieren bezieht er sich auch auf entsprechende Beobachtungen verschiedener Forscher, namentlich auch auf Hensen's Beobachtungen bei Decapoden.

612

Moos beobachtete zwei Fälle, in denen bei einem Leiden des mittlern Ohres subjective wahre Tonempfindungen vorkamen, in dem einen Falle continuirlich, so lange die Erscheinung überhaupt bestand, in dem andern Falle von Zeit zu Zeit auftretend; in beiden Fällen traten diese in der Tonhöhe constanten subjectiven Tonempfindungen nach der Einwirkung von Musik auf, und es waren in beiden Fällen Grundton und Terz (jedoch verschiedene Töne in beiden Fällen). Moos deutet die Erscheinung als. Neuralgie je zweier den betreffenden Tönen entsprechender Nervenfasern des Corti'schen Apparats im Sinne der Helmholtz'schen Theorie, wofür, wie der Verf. bemerkt, Helmholtz die (unterlassene) Probe angestellt wünschte, ob gesteigerte Empfindlichkeit für die betreffenden objectiven Töne bestand. Diese Probe hatte Czerny, der von einer ähnlichen Beobachtung auf Veranlassung obiger Mittheilung berichtete, angestellt: die subjective Tonempfindung, wie der Verf. meint, vielleicht durch den Pfiff der Locomotive veranlasst, wurde bedeutend verstärkt durch denselben objectiven Ton und durch die demselben nächst benachbarten Töne.

In dem von Bazire mitgetheilten Falle von Facialislähmung war die Gehörsempfindlichkeit auf der gelähmten Seite gesteigert, so dass der ursprünglich schwerhörige Kranke während der Facialislähmung besser hörte, als vor- und nachher. Diese Erscheinung hat, wie der Verf. bemerkt, schon früher Landouzy, so wie auch Longet, beobachtet und auf Lähmung des Tensor tympani zurückführen wollen. Die hieher gehörige Beobachtung Longet's erörtert Pierreson, De la diplégie faciale in Archives générales de médecine. 1867. Sept. p. 314.

[blocks in formation]

Bärwinkel hat die Facialislähmung mehre Male von subjectiven Gehörsempfindungen begleitet gesehen.

Sycyanko gewann bei an sich und anderen intelligenten Personen (unter Ausschluss aller etwa dem Ohr zugeleiteten mechanischen Erschütterungen) angestellten Versuchen die Ueberzeugung, dass der galvanische Strom bei Einführung der einen, entweder positiven oder negativen Elektrode in den mit warmem Wasser gefüllten äussern Gehörgang gar keine Gehörsempfindungen, weder bei Schluss, noch bei Oeffnung hervorruft. Das Einzige, was ausser Gemeingefühlsaffectionen wahrgenommen wurde, war ein gewisses crepitirendes Geräusch, während der Strom von gewisser Stärke geschlossen war, zusammenfallend mit mehr oder weniger energischer Elektrolyse in dem eingeschalteten Voltameter und offenbar von der elektrolytischen Gasentwicklung in dem den Gehörgang füllenden Wasser herrührend.

Geschmackssinn.

Schiff ist darin mit Neumann und mit Inzani und Lussana (vergl. Ber. 1864. p. 553-555) einverstanden, dass die Betheiligung der Chorda tympani bei dem Geschmacksvermögen des vordern Drittels der Zunge eine directe ist, dass Geschmacksfasern mit der Chorda in den Lingualis gelangen, aber es wird nach Schiff's Versuchen der Geschmack auf den nicht vom Glossopharyngeus versorgten Theilen der Zunge zunächst bei Hunden und Katzen nicht allein durch Chordafasern vermittelt, der Lingualis führt nach Schiff auch noch Geschmacksfasern, welche nicht in der Chorda weiter verlaufen. Dies wird daraus geschlossen, dass die Durchschneidung der Chorda allein im Cavum tympani nach Schiff's Beobachtungen bei Thieren mit durchschnittenen Glossopharyngeis den Geschmack in individuell verschiedenem Maasse schwächt, aber nie ganz aufhebt. Dem entsprechend beobachtete Schiff auch eine Schwächung des Geschmacks im Bereich des Lingualis, wenn dieser Nerv oberhalb der Anlagerung der Chorda, aber unterhalb der Verbindungen des dritten Astes des Trigeminus zum Ganglion oticum durchschnitten war, und zwar war diese Schwächung des Geschmacks unabhängig von den in Folge der Unempfindlichkeit der Zunge eintretenden Verletzungen derselben. Wurde aber, was bei zwei Katzen gelang, der dritte Ast des Trigeminus im Niveau des Ganglion oticum durchschnitten, so blieb der Geschmack im Bereich des Lingualis vollkommen normal, bei vollständiger Unempfind

lichkeit. Es muss in diesen beiden Versuchen, wie der Zusammenhang ergiebt, darauf ankommen, dass die Verbindungen vom dritten Ast des Trigeminus zum Gangl. oticum unterhalb des Schnittes lagen: mit diesen Verbindungen verlässt also nach Schiff der andere Theil von Geschmacksfasern, soweit sie nicht in die Chorda übergehen, den Lingualis. Vom Ganglion oticum können diese Geschmacksfasern centralwärts nur auf dem Wege des N. petrosus superficialis minor oder auf dem Wege der Nn. sphenoidales internus und externus zum Ganglion sphenopalatinum resp. zum Ganglion Gasseri gelangen. Es wird nun auf p. 413 des Originals von Versuchen bei Hunden und Katzen berichtet, welche Ref. nicht anders verstehen kann, als dass sowohl die Chorda vor ihrer Anlagerung an den Lingualis, als auch der N. petrosus superficialis minor und die Nn. sphenoidales durchschnitten wurden, ohne dass andere Zweige des dritten Trigeminusastes selbst verletzt wurden: in diesen Fällen war der Geschmack im Bereich des Lingualis ganz aufgehoben neben unversehrter Tastund Schmerzempfindlichkeit.

Der dritte Ast des Trigeminus führt also die in Rede stehenden Geschmacksfasern keinenfalls zum Gehirn. Da nun aber nach Schiff's Versuchen die Durchschneidung des Trigeminus in der Schädelhöhle oder die Durchschneidung nur des zweiten und dritten Astes in der Schädelhöhle den Geschmack im vordern Drittel der Zunge völlig aufhebt, so muss der zweite Ast des Trigeminus die Geschmacksfasern aus dem Bereich des Lingualis sämmtlich zum Hirn führen, sowohl die mit der Chorda austretenden, als die in dass Ganglion oticum austretenden, und daraus folgt weiter, das jene im N. petrosus superficialis major zum Ganglion sphenopalatinum, diese im N. petrosus superficialis minor durch jenen und den N. sphenoidalis internus zum Ganglion sphenopalatinum verlaufen müssen.

Zur Prüfung dieser Folgerungen führte Schiff noch folgende Durchschneidungen aus: der zweite Ast des Trigeminus wurde bei Katzen oberhalb der Verbindungen zu dem Ganglion sphenopalatinum durchschnitten, worauf der Geschmack im Bereich des Lingualis vollständig aufgehoben war, bei vollständiger Erhaltung der übrigen Empfindlichkeit. Bei Hunden gelang es dem Verf. auch, jene Verbindungen vom zweiten Aste zum Gangl. sphenopalatinum mit dem gleichen Resultat zu durchschneiden. Es gelang ferner, die Wurzel des N. Vidianus zu durchschneiden und damit den N. petrosus superfic. major sammt dem N. sphenoidalis vom Gangl. sphenopalatinum zu trennen, womit gleichfalls der Geschmack aufgehoben wurde.

Zungendrittels.

Wahrscheinlich, bemerkt Schiff, enthalten jene Verbindungen zwischen dem zweiten und dritten Ast des Trigeminus bei verschiedenen Individuen Geschmacksfasern in variirender Anzahl, so dass bald die eine, bald die andere jener Verbindungen die Hauptleitung bildet. So erkläre es sich, dass Verletzungen des Facialis im Felsenbein den Geschmack im Bereich des Lingualis bald aufheben, bald ungestört lassen (vergl. Stich's Angaben im Ber. 1857. p. 589). Wenn beim Menschen die Verbindung des N. petrosus superficialis minor mit dem Gangl. geniculum fehlt vielleicht ist sie, mit Rücksicht auf die Untersuchungen von W. Krause und E. Bischoff (Zeitschr. f. rat. Medicin. Bd. 28. p. 94, Bd. 29. p. 161*u. 165), nicht constant und klein so würde, bemerkt Schiff, die Chorda beim Menschen die Hauptverbindung zwischen Lingualis und zweitem Ast des Trig. herstellen und so sich die im Ber. 1864. p. 554 notirte Beobachtung von Inzani und Lussana erklären.

615

Ein Theil des N. petrosus superficialis minor geht nach. Bernard und Schiff (vergl. Schiff's Nervenphysiologie. p. 396. Ber. 1860. p. 416. 417) durch Vermittlung des N. auriculotemporalis resp. der N. temporales superficiales zur Parotis als Drüsennerv, und Schiff hebt die Analogie hervor, dass die Chorda Drüsennerven für die Unterkieferdrüse und Geschmacksfasern, der N. petrosus superf. minor Drüsennerven für die Parotis und gleichfalls Geschmacksfasern führt.

In Bezug auf Beziehungen des Facialis zum Geschmack des vordern Theiles der Zunge vergl. übrigens die Beobachtungen und Erörterungen von Stich im Ber. 1857. p. 589. 590. Zu den Fällen, von denen dort die Rede ist, gehört auch der von Bazire mitgetheilte Fall von Facialislähmung; auf der Zungenhälfte der gelähmten Seite war metallischer Geschmack.

Moos beobachtete in Folge von Druck auf die Chorda tympani durch Application des Toynbee'schen künstlichen Trommelfells Störungen des Geschmacks- oder Tastsinns im Bereich der vordern Hälfte der Zunge. Vergl. d. Ber. 1864. p. 554.

[ocr errors]

Tastsinn. Hautgefühle. Muskelgefühl.

Eulenburg verband mit dem schon früher (Ber. 1865. p. 525) von ihm empfohlenen Sieveking'schen Aesthesiometer zwei Thermometer mit passend gestalteten Cuvetten, die auf ungleiche Temperatur gebracht und auf die Haut gesetzt unter allmählicher Ausgleichung erkennen lassen, bis zu welcher

Temperaturdifferenz die Unterschiedsempfindlichkeit
Hautstelle reicht (Thermoästhesiometer).

Lombroso verglich die verschiedenen Hautpartien auf ihre Empfindlichkeit bei schmerzhafter elektrischer Reizung, so wie Leyden und Munk die Empfindlichkeit bei eben wirksamer elektrischer Reizung untersucht hatten (Ber. 1864. p. 557). Auf die wesentliche Uebereinstimmung der beiderseitigen Ergebnisse hinsichtlich der Unterschiede verschiedener Hautpartien beziehen sich die nachträglichen Bemerkungen des Verfs., in denen derselbe Leyden's Priorität anerkennt.

Cavagnis fand bei Versuchen mit Sieveking's Aesthesiometer von Neuem die Abstumpfung der Ortsunterscheidung auf der Haut durch Abkühlung bestätigt (s. die Unters. von Eulenburg im Ber. 1865. p. 525) und beobachtete ausserdem meistens eine Zunahme der Feinheit der Ortsunterscheidung bei Erwärmung über die Normaltemperatur bis gegen 45°, darüber hinaus Abnahme.

einer

Die Versuche von Richardson über die Wirkung des Gefrierens in der Haut s. oben.

Rauber suchte seine schon früher (Ber. 1865. p. 527) ausgesprochene Ansicht über die Bedeutung der Pacini'schen Körper näher zu begründen. Beim Drücken einzelner der am Vorderfusse der Katze freigelegten Organe sah der Verf. Schmerzenszeichen, ebenso beim Quetschen der Zwischenknochennerven. Beim Tetanisiren der den Pacini'schen Körpern im Zwischenknochenraum aufliegenden Muskeln vom durchschnittenen Nerven aus oder beim Druck auf diese Muskeln beobachtete Rauber gleichfalls Zeichen des Schmerzes, und vermisste dieselben, nachdem der N. interosseus durchschnitten war. Auf den die Pacini'schen Körper treffenden Druck reducirt Rauber die Schmerzen bei Wadenkrämpfen, beim Tetanus.

Nach Lähmung der Pacini'schen Körper im Zwischenknochenraum der vorderen Extremitäten der Katze durch Durchschneidung des Nerven glaubt Rauber, als die Wunden verheilt waren, Eigenthümlichkeiten im Gange wahrgenommen zu haben, Behutsamkeit und Langsamkeit der Bewegungen, wobei die Pfoten etwas weiter nach Aussen aufgesetzt wurden, als sonst, was Alles nicht der Fall war, wenn nur die Wunden angelegt waren ohne die Nervendurchschneidung. Auch beim Hahne bemerkte R. nach Durchschneidung des N. interosseus der unteren Extremitäten Abweichungen von den normalen Gehbewegungen.

Des Verfs. Meinung ist, dass die tiefliegenden Pacini'schen Körper sensible Organe für die Muskeln seien, dazu bestimmt

« PreviousContinue »