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den Bericht 1864. p. 549) verweisen wir auf das Original p. 202-204.

Nach dem Princip des Interferenzschenkels construirte Lucae auch zur vergleichenden Untersuchung der beiden Ohren auf die Stärke der Schallreflexion ein sog. Interferenz-Otoskop, dessen Beschreibung und Abbildung im Orig. nachzusehen ist. Bei den meisten normalhörenden Individuen fand sich durch die stärkere Dämpfung des Grundtons (von einer Stimmgabel mit Schallfänger oder Resonator entlehnt) angezeigt stärkere Reflexion im rechten Ohr, und dem entsprechend war auch die bei der Untersuchung mit jenem Apparat zugleich zu beobachtende subjective Wahrnehmung, sofern auf dem stärker vom Trommelfell reflectirenden rechten Ohr die Octave des Grundtons stärker, neben gedämpftem Grundton gehört wurde, als auf dem andern Ohre. Die Differenz ist auf ungleiche Spannung des Trommelfells zurückzuführen. (Vergl. im Ber. 1860. p. 586.)

Jago setzte ein Metallstäbchen auf das Trommelfell und hörte dann sehr verstärkt das Geräusch von leiser Reibung des Stähchens oder von der an dasselbe angelegten Uhr; es war gleichgültig, auf welchen Theil der Oberfläche des Trommelfells das Stäbchen drückte. Während der Belastung des Trommelfells an beliebiger Stelle wurden auch Schallschwingungen der Luft aufgenommen und gehört. Der Verf. glaubt hieraus schliessen zu müssen, dass das Trommelfell in Beugungswellen zu gerathen und dadurch den Schall zu übertragen nicht oder doch nicht ausschliesslich bestimmt sei. Eine bedeutende Schwächung des Gehörs trat ein, wenn nur eine dünne Wasserschicht das Trommelfell bedeckte, und sofern die innere Oberfläche des Trommelfells im Cavum tympani mit Bezug auf dort stattfindende Secretion anzusehen sei als mit einer dünnen Flüssigkeitsschicht bedeckt, so erkennt Jago darin das Moment, welches den Uebergang der Trommelfellschwingungen auf die Luft des Cavum tympani verhindert. Auf weitere Ausführungen des Verfs., welche Derselbe an Beobachtungen bei Katarrh des Cavum tympani anknüpft, kann hier nicht eingegangen werden.

Ueber Gruber's das Trommelfell betreffende Wahrnehmungen vergl. den anatomischen Theil.

Ausgehend von der an einem Beispiel demonstrirten ausserordentlich geringen (mikroskopischen) Grösse der Bewegung der schallleitenden Theile im Ohr, durch welche noch ein Gehörseindruck muss zu Stande kommen können, hob Riemann die dadurch postulirte sehr grosse, mikroskopische Genauigkeit

des Aneinanderschliessens der einzelnen Stücke des Uebertragungsapparats hervor, so wie die in gleicher Weise postulirte Conservirung der mechanischen Kraft der Bewegung für das Labyrinth wasser ohne grossen Verlust durch Arbeit zur Spannung von Membranen.

In letzterem Interesse hob Riemann die geringe Breite des die Steigbügelplatte umgebenden membranösen Saums hervor, welcher aber wiederum die Bewegung des Steigbügels modificiren würde je nach dessen Stellung während der Schallbewegung, so dass zu schliessen sei, dass, damit der Klang nicht entstellt übertragen wurde, die Elasticität jener Membran sehr gering ist, und die Steigbügelplatte nicht durch solche Elasticität, sondern durch andere Kräfte in die richtige Gleichgewichtslage gebracht wird.

Mit Bezug auf den erstern Punkt, die Genauigkeit des Aneinanderschliessens der Gehörknöchel, richtete Riemann die Aufmerksamkeit auf die Wirkung von Temperaturschwankungen in der Paukenhöhle, in Folge der Abnahme der äussern Temperatur, bei welchen seiner Meinung nach die Wände der Paukenhöhle nur sehr wenig, die Gehörknöchel aber merklich abgekühlt werden, so dass sie sich zusammenziehen müssen und der genaue Anschluss leiden würde, wenn nicht Correctionseinrichtungen gegeben wären, die dahin wirken, sowohl diesen Anschluss aufrecht zu erhalten, als auch in der Membran des ovalen Fensters und im Paukenfell merklich ungleichmässige Spannung zu verhindern. Die Ausführung dieser Correction kann in den beiden Muskeln, den Bändern, Gelenkkapseln, Schleimhautfalten gesucht werden.

Für die Mittheilung der kleinsten Druckänderungen der Luft an das Labyrinthwasser in stets gleichem Verhältniss verlangt Riemann vor Allem, dass der Druck des Steigbügels stets in völlig gleicher Weise auf das Labyrinthwasser wirke, zu welchem Zweck ausser der oben schon genannten Bedingung nothwendig ist, dass der Druck der Basis stets eine und dieselbe Fläche in unveränderlicher Richtung trifft, und dass der Steigbügel nie aufhört, gegen die Membran des Vorhofsfensters zu drücken: letzteres wird erreicht, wenn der Tensor tympani den Druck gegen die Membran des Vorhofsfensters stets auf solcher Höhe hält, dass er die grössten beim Hören zu erwartenden Druckänderungen beträchtlich übertrifft. Dieser Druck hängt nur von der Lage des Hammerstiels ab, und zur Herstellung von dessen richtiger Lage muss der Tensor grade so stark ziehen, dass er der Wirkung der Spannung des Trommelfells das Gleichgewicht hält. Wie gross dabei diese

Zeitschr. f. rat. Med. Dritte R. Bd. XXXII.

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von äusseren Umständen abhängige Spannung des Trommelfells sei, hielt Riemann in so weit für gleichgültig, als er dieselbe nur stets so gross postulirte, dass nur sehr wenig mechanische Kraft an die Luft der Paukenhöhle verloren geht. Die Bedeutung des M. stapedius erkannte Riemann darin, jene Unveränderlichkeit der Richtung des Drucks der Steigbügelplatte auf ein und dieselbe Fläche zu sichern; sofern nämlich durch die Drehung des Ambosses im Paukengelenk während der Wirkung des Tensor tympani es bewirkt werden könne, dass sich das Ambossgelenk knöpfchen immer in der gleichen Höhe hält und sich nur in der Richtung der Längsaxe des ovalen Fensters verschiebt, so genüge die Wirkung des Stapedius, den Steigbügel in dem sich verschiebenden Ambossgelenk so zu drehen, dass die Steigbügelplatte an ihrem Platze erhalten wird. (Vergl. Henle im Ber. 1865. p. 516.)

Helmholtz bemerkte, mit Rücksichtnahme auf die von Riemann geforderte Genauigkeit des Aneinanderschliessens der Gehörknöchel, dass grade bei der für die Schallleitung wichtigen Drehung in dem sonst im Allgemeinen schlottrigen Hammerambossgelenk, nämlich bei Einwärtsdrehung des Hammerhandgriffs der Hammer den Amboss vermöge einer den Sperrzähnen vergleichbaren Einrichtung fest fasst, dagegen bei der Auswärtsdrehung des Hammerhandgriffs der Hammer den Amboss loslässt, so dass beim Austreiben des Trommelfells durch Luft in der Paukenhöhle bis zu ziemlich weiter Excursion der Steigbügel seine Stellung behaupten kann.

Sodann überzeugte sich Helmholtz davon, dass die Gehörknöchel, Hammer, Amboss nicht durch Stützung gegen feste Unterlage, sondern überall durch kurze gespannte Bänder in der für das Hören geeigneten Stellung gehalten werden, was im Einzelnen hier nicht angeführt werden kann, so dass, wenn noch der selbst im nicht thätigen Zustande als elastisches Band wirkende Tensor tympani hinzukommt, das ganze System mit dem Trommelfell straff und fest an einander schliessend gehalten wird.

Während Helmholtz beim Kalbe die Länge des Hammerhandgriffs ansehnlich grösser fand, als die des langen Fortsatzes des Ambosses, so dass daraus eine beträchtliche Abnahme der Amplitüde der Bewegung für den Steigbügel unter entsprechender Zunahme der Kraft der Schwingungen resultirt, ist diese Art der Verstärkung beim Menschen nicht realisirt. Eine Verstärkung kommt aber auch hier auf Kosten der Amplitüde der Bewegung zu Stande beim Uebergange der Bewegung von den beiden Seitenhälften des Trommelfelles

auf den Hammerstiel, so fern die durch den Luftdruck bewirkte verhältnissmässig grosse Verschiebung der Mitte der beiden Seitenhälften nur eine sehr kleine Verschiebung des als beweglicher Steg dieselben trennenden Hammerhandgriffs zur Folge haben kann, so dass, indem nun doch jener Steg die Bewegung beider Seitenhälften auf sich übergehen lässt, eine bedeutende Vergrösserung der Kraft der Bewegung für die Gehörknöchel resultiren muss (vergl. dazu auch die Bemerkungen Rinne's im Ber. 1865. p. 518. 519).

Einen Eigenton des ganzen schallleitenden Apparats des Ohrs, Trommelfell mit Gehörknöchelchen, Labyrinthwaser und Luft der Paukenhöhle, wollte Helmholtz bestimmen, indem er einen mässig grossen Luftraum vor dem Ohre abschloss und ausprobirte, für welchen Ton stärkste Resonanz stattfand: es schien dies und zwar in ziemlich weiten Grenzen unabhängig von der vor dem Ohre abgeschlossenen Luftmasse das h der ungestrichenen Octave mit 244 Schwingungen zu sein und dieser Ton wurde auch bei der Percussion des Schädels oder des Proc. mastoideus erhalten; indessen später fand Helmholtz noch andere Resonanztöne für das Ohr, sowohl die beiden Obertöne jenes, h' und fis' als auch das C-1 der sechszehnfüssigen offenen Orgelpfeife; letztern Ton erhielt Helmholtz auch beim Anblasen des äussern Gehörgangs durch einen leisen Luftstrom, so wie von den Erschütterungen des sich contrahirenden Muskels (s. oben). Durch Anspannen des Trommelfells nach Innen, durch Verringerung des Luftdrucks in der Trommelhöhle, wurde dieser Ton höher, beim Einblasen von Luft in die Trommelhöhle schwächer und tiefer. Jene ersteren drei höheren Resonanztöne, h, h' und fis' möchte H. für Klirrtöne zwischen Hammer und Amboss halten.

Hasse wurde durch die auf den Bogenapparat sich erstreckende Fortsetzung seiner Untersuchungen über die Endigungsweise des N. acusticus im Gehörorgan der Vögel nur bestärkt in der auf Grund der die Lagena betreffenden Beobachtungen früher geäusserten Ansicht über die Vermittlung der Erregung des Gehörnerven (vergl. d. vorj. Ber. p. 451). Es besteht nach Hasse's Untersuchungen die wesentliche Uebereinstimmung zwischen der Schnecke und den übrigen Theilen des Gehörorgans bei den Vögeln, dass sich die Nervenfasern in den Ampullen und im Utriculus ebenfalls mit durch andere zellige Elemente isolirten haartragenden Stäbchenzellen verbinden, deren Haar entweder frei in die Endolymphe hineinragt oder in Otolithenmasse, die auf dem Nervenepithel ruhet und sich streng an den Bereich desselben hält. Einer solchen

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Erregung d. Hörnerven. Subjective Töne.

Einheit im Bau wird auch eine Einheit der physiologischen Vorgänge entsprechen und der Nervenvorgang bei den Gehörempfindungen in allen Theilen des Gehörorgans durch entweder direct (durch die Schwingungen des Steigbügels) oder indirect (durch Uebertragung auf die Otolithenmassen oder die Membrana tectoria) mittelst der Endolymphe erregten Schwingungen der Stäbchenzellen härchen ausgelöst werden. Und dies wird nicht bloss für die Vögel gelten, sondern dasselbe auch bei den übrigen Wirbelthieren stattfinden." Bei Fröschen fand Hasse im Wesentlichen die Verhältnisse wie bei den Vögeln, und bezüglich der Vermittlung der Erregung des Gehörnerven durch Schwingungen von Härchen bei anderen Thieren bezieht er sich auch auf entsprechende Beobachtungen verschiedener Forscher, namentlich auch auf Hensen's Beobachtungen bei Decapoden.

Moos beobachtete zwei Fälle, in denen bei einem Leiden des mittlern Ohres subjective wahre Tonempfindungen vorkamen, in dem einen Falle continuirlich, so lange die Erscheinung überhaupt bestand, in dem andern Falle von Zeit zu Zeit auftretend; in beiden Fällen traten diese in der Tonhöhe constanten subjectiven Tonempfindungen nach der Einwirkung von Musik auf, und es waren in beiden Fällen Grundton und Terz (jedoch verschiedene Töne in beiden Fällen). Moos deutet die Erscheinung als. Neuralgie je zweier den betreffenden Tönen entsprechender Nervenfasern des Corti'schen Apparats im Sinne der Helmholtz'schen Theorie, wofür, wie der Verf. bemerkt, Helmholtz die (unterlassene) Probe angestellt wünschte, ob gesteigerte Empfindlichkeit für die betreffenden objectiven Töne bestand. Diese Probe hatte Czerny, der von einer ähnlichen Beobachtung auf Veranlassung obiger Mittheilung berichtete, angestellt: die subjective Tonempfindung, wie der Verf. meint, vielleicht durch den Pfiff der Locomotive veranlasst, wurde bedeutend verstärkt durch denselben objectiven Ton und durch die demselben nächst benachbarten Töne.

In dem von Bazire mitgetheilten Falle von Facialislähmung war die Gehörsempfindlichkeit auf der gelähmten Seite gesteigert, so dass der ursprünglich schwerhörige Kranke während der Facialislähmung besser hörte, als vor- und nachher. Diese Erscheinung hat, wie der Verf. bemerkt, schon früher Landouzy, so wie auch Longet, beobachtet und auf Lähmung des Tensor tympani zurückführen wollen. Die hieher gehörige Beobachtung Longet's erörtert Pierreson, De la diplégie faciale in Archives générales de médecine. 1867. Sept. p. 314,

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