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dem Trommelfell verschlossenen Gehörgangs, an welchen sich ein das Cavum tympani darstellender und unter richtigem Winkel in eine Tuba auslaufender Theil schloss, welche letztere der Verf. seinen Wahrnehmungen entsprechend durch ein stets offenstehendes Rohr nachahmt. Dem künstlichen Trommelfell, welches den Verschlus jenes Interferenzschenkels bildete, konnte durch einen den Tensor tympani nachahmenden, mit Gewichten zu spannenden Faden verschiedene Spannungsgrade ertheilt werden. Es ergab sich, dass die das Trommelfell auch in seiner Neigung zur Axe des Rohrs nachahmende Membran (Gummi) ein gewisses Quantum der in den Gehörgang einfallenden Schallwellen reflectirt, welche Reflexion proportional der Anspannung der Membran zunahm. Ausserdem wuchs die Reflexion bei Verschluss des die Tuba Eustachii repräsentirenden Rohrs in geringem Maasse und war am stärksten, wenn die Anspannung des künstlichen Trommelfells gleichzeitig mit bedeutenden Dichtigkeitsänderungen der in der Trommelhöhle befindlichen Luft erfolgte. Es zeigte sich auch bestätigend an dem Apparat, dass bei stärkerer Anspannung der Membran die in den Gehörgang eintretenden Schallwellen eines tiefern Tones weniger leicht auf die Luft der Trommelhöhle sich fortpflanzen, sofern nämlich weniger davon aus der künstlichen Tuba ausströmte.

Als die Versuche mit natürlichen Gehörorganen wiederholt wurden, zeigte sich eine noch stärkere Reflexion vom Trommelfell, als von der gespannten Gummimembran, doch war die Vermehrung der Spannung durch Zerren am Tensor tympani nicht so bedeutend. Der Verschluss der Tuba wirkte gleichfalls zu Verstärkung der Reflexion, und ebenso die stärkere Fixirung der übrigen beweglichen Theile in der Trommelhöhle, der Gehörknöchel und der Membran des runden Fensters.

Es schien die stärkere Neigung des Trommelfells die Reflexion an demselben zu begünstigen, und erinnert der Verf. in dieser Beziehung an Angaben über auffallend senkrechte Stellung des Trommelfells bei Musikern und bemerkt, selbst entsprechende Wahrnehmungen gemacht zu haben.

Zur Constatirung der Schallreflexion vom Trommelfell am Lebenden erwies sich ebenfalls die Beobachtung mittelst des sog. Interferenzschenkels sehr gut geeignet. In Betreff einer Discordanz zwischen dem Ergebniss der objectiven Beobachtung über den Einfluss stärkerer Spannung des Trommelfells durch den Tensor und der subjectiven Wahrnehmung dabei (vergl.

den Bericht 1864. p. 549) verweisen wir auf das Original p. 202-204.

Nach dem Princip des Interferenzschenkels construirte Lucae auch zur vergleichenden Untersuchung der beiden Ohren auf die Stärke der Schallreflexion ein sog. Interferenz-Otoskop, dessen Beschreibung und Abbildung im Orig. nachzusehen ist. Bei den meisten normalhörenden Individuen fand sich durch die stärkere Dämpfung des Grundtons (von einer Stimmgabel mit Schallfänger oder Resonator entlehnt) angezeigt stärkere Reflexion im rechten Ohr, und dem entsprechend war auch die bei der Untersuchung mit jenem Apparat zugleich zu beobachtende subjective Wahrnehmung, sofern auf dem stärker vom Trommelfell reflectirenden rechten Ohr die Octave des Grundtons stärker, neben gedämpftem Grundton gehört wurde, als auf dem andern Ohre. Die Differenz ist auf ungleiche Spannung des Trommelfells zurückzuführen. (Vergl. im Ber. 1860. p. 586.)

Jago setzte ein Metallstäbchen auf das Trommelfell und hörte dann sehr verstärkt das Geräusch von leiser Reibung des Stähchens oder von der an dasselbe angelegten Uhr; es war gleichgültig, auf welchen Theil der Oberfläche des Trommelfells das Stäbchen drückte. Während der Belastung des Trommelfells an beliebiger Stelle wurden auch Schallschwingungen der Luft aufgenommen und gehört. Der Verf. glaubt hieraus schliessen zu müssen, dass das Trommelfell in Beugungswellen zu gerathen und dadurch den Schall zu übertragen nicht oder doch nicht ausschliesslich bestimmt sei. Eine bedeutende Schwächung des Gehörs trat ein, wenn nur eine dünne Wasserschicht das Trommelfell bedeckte, und sofern die innere Oberfläche des Trommelfells im Cavum tympani mit Bezug auf dort stattfindende Secretion anzusehen sei als mit einer dünnen Flüssigkeitsschicht bedeckt, so erkennt Jago darin das Moment, welches den Uebergang der Trommelfellschwingungen auf die Luft des Cavum tympani verhindert. Auf weitere Ausführungen des Verfs., welche Derselbe an Beobachtungen bei Katarrh des Cavum tympani anknüpft, kann hier nicht eingegangen werden.

Ueber Gruber's das Trommelfell betreffende Wahrnehmungen vergl. den anatomischen Theil.

Ausgehend von der an einem Beispiel demonstrirten ausserordentlich geringen (mikroskopischen) Grösse der Bewegung der schallleitenden Theile im Ohr, durch welche noch ein Gehörseindruck muss zu Stande kommen können, hob Riemann die dadurch postulirte sehr grosse, mikroskopische Genauigkeit

Schallleitender Apparat.

des Aneinanderschliessens der einzelnen Stücke des Uebertragungsapparats hervor, so wie die in gleicher Weise postulirte Conservirung der mechanischen Kraft der Bewegung für das Labyrinthwasser ohne grossen Verlust durch Arbeit zur Spannung von Membranen.

In letzterem Interesse hob Riemann die geringe Breite des die Steigbügelplatte umgebenden membranösen Saums hervor, welcher aber wiederum die Bewegung des Steigbügels modificiren würde je nach dessen Stellung während der Schallbewegung, so dass zu schliessen sei, dass, damit der Klang nicht entstellt übertragen wurde, die Elasticität jener Membran sehr gering ist, und die Steigbügelplatte nicht durch solche Elasticität, sondern durch andere Kräfte in die richtige Gleichgewichtslage gebracht wird.

Mit Bezug auf den erstern Punkt, die Genauigkeit des Aneinanderschliessens der Gehörknöchel, richtete Riemann die Aufmerksamkeit auf die Wirkung von Temperaturschwankungen in der Paukenhöhle, in Folge der Abnahme der äussern Temperatur, bei welchen seiner Meinung nach die Wände der Paukenhöhle nur sehr wenig, die Gehörknöchel aber merklich abgekühlt werden, so dass sie sich zusammenziehen müssen und der genaue Anschluss leiden würde, wenn nicht Correctionseinrichtungen gegeben wären, die dahin wirken, sowohl diesen Anschluss aufrecht zu erhalten, als auch in der Membran des ovalen Fensters und im Paukenfell merklich ungleichmässige Spannung zu verhindern. Die Ausführung dieser Correction kann in den beiden Muskeln, den Bändern, Gelenkkapseln, Schleimhautfalten gesucht werden.

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Für die Mittheilung der kleinsten Druckänderungen der Luft an das Labyrinthwasser in stets gleichem Verhältniss verlangt Riemann vor Allem, dass der Druck des Steigbügels stets in völlig gleicher Weise auf das Labyrinthwasser wirke, zu welchem Zweck ausser der oben schon genannten Bedingung nothwendig ist, dass der Druck der Basis stets eine und dieselbe Fläche in unveränderlicher Richtung trifft, und dass der Steigbügel nie aufhört, gegen die Membran des Vorhofsfensters zu drücken: letzteres wird erreicht, wenn der Tensor tympani den Druck gegen die Membran des Vorhofsfensters stets auf solcher Höhe hält, dass er die grössten beim Hören zu erwartenden Druckänderungen beträchtlich übertrifft. Dieser Druck hängt nur von der Lage des Hammerstiels ab, und zur Herstellung von dessen richtiger Lage muss der Tensor grade so stark ziehen, dass er der Wirkung der Spannung des Trommelfells das Gleichgewicht hält. Wie gross dabei diese

Zeitschr. f. rat. Med. Dritte R. Bd. XXXII.

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von äusseren Umständen abhängige Spannung des Trommelfells sei, hielt Riemann in so weit für gleichgültig, als er dieselbe nur stets so gross postulirte, dass nur sehr wenig mechanische Kraft an die Luft der Paukenhöhle verloren geht. Die Bedeutung des M. stapedius erkannte Riemann darin, jene Unveränderlichkeit der Richtung des Drucks der Steigbügelplatte auf ein und dieselbe Fläche zu sichern; sofern nämlich durch die Drehung des Ambosses im Paukengelenk während der Wirkung des Tensor tympani es bewirkt werden könne, dass sich das Ambossgelenk knöpfchen immer in der gleichen Höhe hält und sich nur in der Richtung der Längsaxe des ovalen Fensters verschiebt, so genüge die Wirkung des Stapedius, den Steigbügel in dem sich verschiebenden Ambossgelenk so zu drehen, dass die Steigbügelplatte an ihrem Platze erhalten wird. (Vergl. Henle im Ber. 1865. p. 516.)

Helmholtz bemerkte, mit Rücksichtnahme auf die von Riemann geforderte Genauigkeit des Aneinanderschliessens der Gehörknöchel, dass grade bei der für die Schallleitung wichtigen Drehung in dem sonst im Allgemeinen schlottrigen Hammerambossgelenk, nämlich bei Einwärtsdrehung des Hammerhandgriffs der Hammer den Amboss vermöge einer den Sperrzähnen vergleichbaren Einrichtung fest fasst, dagegen bei der Auswärtsdrehung des Hammerhandgriffs der Hammer den Amboss loslässt, so dass beim Austreiben des Trommelfells durch Luft in der Paukenhöhle bis zu ziemlich weiter Excursion der Steigbügel seine Stellung behaupten kann.

Sodann überzeugte sich Helmholtz davon, dass die Gehörknöchel, Hammer, Amboss nicht durch Stützung gegen feste Unterlage, sondern überall durch kurze gespannte Bänder in der für das Hören geeigneten Stellung gehalten werden, was im Einzelnen hier nicht angeführt werden kann, so dass, wenn noch der selbst im nicht thätigen Zustande als elastisches Band wirkende Tensor tympani hinzukommt, das ganze System mit dem Trommelfell straff und fest an einander schliessend gehalten wird.

Während Helmholtz beim Kalbe die Länge des Hammerhandgriffs ansehnlich grösser fand, als die des langen Fortsatzes des Ambosses, so dass daraus eine beträchtliche Abnahme der Amplitüde der Bewegung für den Steigbügel unter entsprechender Zunahme der Kraft der Schwingungen resultirt, ist diese Art der Verstärkung beim Menschen nicht realisirt. Eine Verstärkung kommt aber auch hier auf Kosten der Amplitüde der Bewegung zu Stande beim Uebergange der Bewegung von den beiden Seitenhälften des Trommelfelles

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auf den Hammerstiel, so fern die durch den Luftdruck bewirkte verhältnissmässig grosse Verschiebung der Mitte der beiden Seitenhälften nur eine sehr kleine Verschiebung des als beweglicher Steg dieselben trennenden Hammerhandgriffs zur Folge haben kann, so dass, indem nun doch jener Steg die Bewegung beider Seitenhälften auf sich übergehen lässt, eine bedeutende Vergrösserung der Kraft der Bewegung für die Gehörknöchel resultiren muss (vergl. dazu auch die Bemerkungen Rinne's im Ber. 1865. p. 518. 519).

Einen Eigenton des ganzen schallleitenden Apparats des Ohrs, Trommelfell mit Gehörknöchelchen, Labyrinthwaser und Luft der Paukenhöhle, wollte Helmholtz bestimmen, indem er einen mässig grossen Luftraum vor dem Ohre abschloss und ausprobirte, für welchen Ton stärkste Resonanz stattfand: es schien dies und zwar in ziemlich weiten Grenzen unabhängig von der vor dem Ohre abgeschlossenen Luftmasse das h der ungestrichenen Octave mit 244 Schwingungen zu sein und dieser Ton wurde auch bei der Percussion des Schädels oder des Proc. mastoideus erhalten; indessen später fand Helmholtz noch andere Resonanztöne für das Ohr, sowohl die beiden Obertöne jenes, h' und fis' als auch das C-1 der sechszehnfüssigen offenen Orgelpfeife; letztern Ton erhielt Helmholtz auch beim Anblasen des äussern Gehörgangs durch einen leisen Luftstrom, so wie von den Erschütterungen des sich contrahirenden Muskels (s. oben). Durch Anspannen des Trommelfells nach Innen, durch Verringerung des Luftdrucks in der Trommelhöhle, wurde dieser Ton höher, beim Einblasen von Luft in die Trommelhöhle schwächer und tiefer. Jene ersteren drei höheren Resonanztöne, h, h' und fis' möchte H. für Klirrtöne zwischen Hammer und Amboss halten.

Hasse wurde durch die auf den Bogenapparat sich erstreckende Fortsetzung seiner Untersuchungen über die Endigungsweise des N. acusticus im Gehörorgan der Vögel nur bestärkt in der auf Grund der die Lagena betreffenden Beobachtungen früher geäusserten Ansicht über die Vermittlung der Erregung des Gehörnerven (vergl. d. vorj. Ber. p. 451). Es besteht nach Hasse's Untersuchungen die wesentliche Uebereinstimmung zwischen der Schnecke und den übrigen Theilen des Gehörorgans bei den Vögeln, dass sich die Nervenfasern in den Ampullen und im Utriculus ebenfalls mit durch andere zellige Elemente isolirten haartragenden Stäbchenzellen verbinden, deren Haar entweder frei in die Endolymphe hineinragt oder in Otolithenmasse, die auf dem Nervenepithel ruhet und sich streng an den Bereich desselben hält. Einer solchen

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