Stäbchen und Zapfen. Farbenperception. Aussengliedern kann den specifischen Sinnesreiz abgeben zur Einleitung der Nervenleitung". Sofern in der weitern Ausführung dieser Theorie von Zenker, der sich Schultze anschliesst, die grade an den Aussengliedern der Stäbchen besonders deutlich ausgeprägte Plättchenstructur eine besondere Verwerthung für die Theorie der Farbenperception findet, scheint Schultze nun auch diese Farbenperception nicht mehr als ein Vorrecht der Zapfen gegenüber den Stäbchen anzusehen. 602 Zenker betrachtet die in Rede stehenden Elemente der Netzhaut als Systeme von Flächen, „an welche die kommenden Lichtwellen nahezu senkrecht anbranden, und von denen sie daher auch nahezu senkrecht zurückgeworfen werden"; dabei sollen stehende Wellen entstehen, Interferenzen, bei welchen je nach der Wellenlänge die Oerter, wo gleiche Phasen der beiden Wellensysteme zur Verstärkung zusammentreffen, verschiedene sein müssen, so dass auf Grundlage dieser Schlussfolgerungen die Farbenperception,,als eine Function des Ortes" betrachtet werden könne. Bei vorläufiger Annahme des gleichen Brechungsexponenten für die Substanz, in welcher sich der Lichtstrahl bewegt, können die Maximumpunkte der rothen Strahlen nicht mit denen der blauen zusammenfallen und daher muss die Empfindung des rothen Lichtes an anderen Stellen stattfinden, als die des blauen“. Sofern nur in derselben Ebene schwingende Strahlen stehende Wellen bilden können, untersuchte Zenker, ob unter den aus dem Auge zurückkehrenden Strahlen solche sind, die in derselben Ebene wie die einfallenden schwingen, ob bei Einlass von polarisirtem Licht in das Auge neben dem etwa diffus, depolarisirt von dem Augenhintergrunde zurückgeworfenen Lichte auch polarisirtes von den spiegelnden Flächen in den Stäbchen und Zapfen reflectirtes Licht aus dem Auge komme, indem er die Augen an Stelle des Spiegels an Nörremberg's Apparat brachte und den Helligkeitsunterschied der beiden durch das doppeltbrechende Prisma erhaltenen Bilder beachtete, von denen das eine nur depolarisirtes, das andere solches und polarisirtes enthält. Aus den Augen vom Frosch, einigen Fischen, Kanarienvogel kehrte nur polarisirtes Licht zurück; aus dem Auge der Taube der beiweitem grösste Theil gleichfalls polarisirt; ähnlich auch aus dem menschlichen Auge, während aus dem Kalbsauge ein grösserer Theil des Lichtes depolarisirt zurückkehrte. Jedenfalls, schliesst Zenker, kehrt ein grosser Theil des in's Auge fallenden Lichtes in derselben Ebene schwingend wieder zurück, und es müssen Licht- und Farbenperception. 603 demnach stehende Wellen gebildet werden. Zwar werde der einfallende Strahl immer wesentlich überwiegen, die Wellenform daher eine nicht genau stehende werden; aber man könne sich die einfallende Lichtmenge als aus zwei Portionen bestehend denken, die eine gleich dem zurückkehrenden Lichte, die andere der Ueberschuss, die erstere bilde vollkommen stehende Wellen mit dem zurückkehrenden, und soll daher nur bestimmte Oerter der percipirenden Organe afficiren und dadurch allein die Farbenempfindung einzuleiten vermögen, der Ueberschuss dagegen werde alle Moleküle der percipirenden Organe gleichmässig afficiren und könne nur als Licht ohne Farbe empfunden werden. Da nun das Licht in den Stäbchen und Zapfen mit all' jener grade für so werthvoll gehaltenen Verstärkung doch aber zu Nichts hilft, wenn keine Absorption stattfindet, so hilft der Verf. diesem Bedürfniss durch die Annahme einer „,gewissen Undurchsichtigkeit der Stäbchen" ab. Die Erregung nervöser Moleküle durch die stehenden Wellen verlegt Zenker besonders deshalb in die Aussenglieder selbst der Stäbchen und Zapfen, weil hier noch am wenigsten Absorption stattgefunden habe und in höherm Maasse noch Gleichgewicht zwischen einfallendem und zurückkehrendem Licht stattfinde; ausserdem wird auch die Anordnung der Elemente im Cephalopodenauge dafür geltend gemacht. Während man nun im Sinne von Zenker's Theorie etwa erwarten könnte, dass ein Retinaelement mit constantem Abstand jener spiegelnden Flächen nur durch Lichtstrahlen von genau entsprechender Wellenlänge in seiner ganzen Länge mittelst der stehenden Wellen afficirt werden könne, und dass daher die Dicke jener Plättchen in einer Netzhaut nicht überall die gleiche sein dürfte, finden sich, bemerkt Zenker, derartige Unterschiede wohl bei Vergleichung je zweier verschiedener Thiere, aber nicht in der Netzhaut eines Auges, in demselben Thiere scheinen die Plättchen von ziemlich constanter Dicke zu sein, auch nicht etwa von einem Ende des Aussengliedes zum andern hin zu variiren. Dafür aber findet Zenker als Ersatz den Brechungsindex verschieden in den verschiedenen auf den Plättchen senkrechten Richtungen innerhalb eines Stäbchens, so zwar, dass derselbe in der Axe kleiner, als für die Mantelfläche ist; so werden also hiernach ursprünglich gleiche Wellenlängen verschieden in den verschiedenen Theilen je eines Elements, und bei gleicher absoluter Dicke der Plättchen wird ihre relative Dicke ungleich: es sollten nach des Verfs. Theorie auf diese Weise sämmtliche Farbenperception. Wie weit die Netzhaut nervös sei. Wellenlängen des Sonnenspectrums zu gleicher absoluter Länge in einem Retinaelement ausgeglichen werden können. Dieses Verfahrens bedient sich, bemerkt Zenker, die Natur, um mehre Farben in demselben Retinaelement wahrnehmbar zu machen; Farben grösserer Wellenlänge sollen mehr am Rande des Stäbchens oder Zapfens, Farben kürzerer Wellenlänge in den Axentheilen erregen. Nach des Verfs. eigenen Wahrnehmungen resp. Schätzungen sind aber die innerhalb eines Elements vorkommenden Brechungsindices etwa zwischen den Grenzen 1,5 (Glas) und 1,333 (Wasser) eingeschlossen, und dies genügt längst nicht, um mit Hülfe der Indices das ganze sichtbare Spectrum auf gleiche absolute Grösse der Wellenlänge zu bringen. Ueber das Verhältniss der Dicke der Plättchen zu den Wellenlängen gewisser Farben vergl. bei Zenker p. 260; bei M. Schultze p. 243. Das Analogon der Aussenglieder der Stäbchen und Zapfen mit ihrer Plättchen structur findet Schultze in einem von Leydig als quergestreift angezeigten Gebilde hinter den Krystallkörpern im Auge der Arthropoden, an welchem (Krebsauge) L. gleichfalls exquisite Plättchenstructur erkennt, und welches das letzte Ende des Nerven darstellen und auch hier als percipirendes Endorgan aufgefasst werden soll. Des Zusammenhanges halber notiren wir hier, wie oben im anatomischen Theil p. 131 u. f., sogleich vorgreifend von den Untersuchungen Krause's, welcher nach Durchschneidung des N. opticus beim Kaninchen und beim Huhn ohne Circulationsstörung in der Retina die Aussen- und Innenglieder der Stäbchen und Zapfen, die äusseren Körner, die Radialfasern, vollständig normal bleiben sah, während die Opticusfasern sammt den Ganglienzellen der fettigen Degeneration anheimfielen, woraus der Verf. schliesst, dass jene unverändert bleibenden Theile, speciell also auch die Stäbchen und Zapfen nicht als nervös betrachtet werden können. Stäbchen und Zapfen, Stäbchen- und Zapfen-Ellipsoide (s. oben), Stäbchen- und Zapfenkörner mit dem Pigment der Choroidea resp. dem Tapetum stellen nach Krause's Ansicht nur einen katoptrisch-dioptrischer Apparat vor, als nervös betrachtet K. nur die Ganglienzellen und sog. inneren Körner nebst den Opticusfasern. Was die für die Stäbchen- und Zapfenschicht als lichtpercipirende Schicht geltend gemachte Parallaxe der Aderfigur betrifft, so erinnert K. daran, dass dieselbe auch resultiren muss, wenn die wie betont wird vollkommen homogenen Aussenglieder der Stäbchen und Zapfen katoptrisch wirken und die nach innen davon gelegenen nervösen Elemente nur durch 604 Binoculares Sehen. Schutzapparate des Auges. das von der Choroidea her reflectirte Licht erregt werden, welches Letztere Krause eben durch jene Parallaxe nunmehr für bewiesen hält. Claudet discutirt einen Versuch mit dem sog. Thaumatrop zur Illustrirung der durch die Convergenz der Sehaxen bedingten Tiefenwahrnehmung. 605 Die von Burow beschriebenen Versuche sind dazu bestimmt, den Beweis zu liefern, dass wenn dem einen der beiden Augen Lichtstrahlen zugeführt werden, die durch eine vor das Auge gesetzte Linse gebrochen sind und auf der Netzhaut zu einem Bilde vereinigt werden, die Richtung der Sehaxe des andern nicht zugleich beobachtenden Auges sich nach dem Orte, nach der Entfernung des virtuellen Bildes oder Ausgangspunktes jener Strahlen richtet. Dass das Hervortreten des Bulbus bei elektrischer Reizung des Halssympathicus zu Stande kommt durch Wirkung der von H. Müller entdeckten glatten Muskeln der Orbita, davon überzeugten sich Prévost und Jolyet durch Versuche bei mit Curare vergifteten Hunden, bei denen jene Bewegung noch zu Stande kam, in ihrem Charakter denen der glatten Muskeln glich, bei denen dieselbe auch durch directe Reizung der Orbitalmembran bewirkt wurde und endlich nicht mehr zu Stande kam, wenn die Orbital membran der Länge nach aufgeschnitten war. Engelmann beobachtete, dass sanfte mechanische Reizungen der Hornhautoberfläche beim Frosch keine Reflexbewegungen hervorrufen, so lange die Reizungen die oberflächlichste Zellenlage betreffen und ein erhebliches Zusammendrücken des Epithels vermieden wird. Chemische Reizungen riefen um so schneller Reflexe hervor, je schneller das Agens zu den tieferen Schichten des Epithels vordrang. Am menschlichen Auge liess sich die noch so sanfte mechanische Reizung der Oberfläche (Auflegen eines Haars) nicht ausführen, ohne dass ein kitzelndschmerzhaftes Gefühl und Reflexschluss des Auges nebst vermehrtem Thränenfluss eintrat. Ueber die Untersuchungen Herzenstein's über die Thränensecretion vergl. oben. Gehörorgan. Lucae suchte seine Ansicht, dass mit den normalen Respirationsbewegungen eine Ventilation der Trommelhöhle durch die Tuba verbunden, und eine Ventilation nicht auf den Schlingact beschränkt sei, gegen Politzer zu stützen. Die Verf. beobachteten respiratorischen Bewegungen des vom Trommelfells (Ber. 1864. p. 545) finden sich allerdings nicht constant, aber daraus darf nach Lucae doch nicht auf luftdichten Verschluss der Tuba ausserhalb der Zeit des Schlingactes geschlossen werden. Es werden dafür namentlich auch die anatomischen Verhältnisse der Tuba geltend gemacht, worauf hier nicht eingegangen werden kann. Bei Versuchen an Präparaten über die Ausgleichung von Luftdruckschwankungen durch die Tuba beobachtete Lucae, dass solche in der Richtung von der Trommelhöhle zum Rachen sich durch die Tuba leichter fortzupflanzen vermögen, als in umgekehrter Richtung, und daran knüpfte der Verf. Versuche zum Beweise, dass ein Theil der in den äussern Gehörgang eintretenden Schallwellen durch die Tuba nach Aussen gelange. Jago leidet aus Ursachen, welche im Orig. nachgesehen werden mögen, zeitweilig an Offenstehen der einen Tuba Eustachii und bemerkt dann bei jeder Exspiration ein Hervortreiben des Trommelfells unter Geräusch, die eigene Sprache wird sehr viel lauter, als sonst gehört; inspiratorische Geräusche sind nur schwach; der Verf. bekämpft mit diesen Wahrnehmungen die Annahme des dauernden Geöffnetseins der Tuba in der Norm. Nach Lucae's Versuchen steht eine an einem Ende mit einer Membran verschlossene Röhre wie der Gehörgang in so fern zwischen einer Röhre mit starrem Boden und einer beiderseits offenen Röhre, als die Membran einen Theil der in die Röhre gelangenden Schallschwingungen aufnimmt und nach Aussen abgiebt, einen andern Theil reflectirt, und zwar beträgt die Reflexion um so mehr, je stärker gespannt die Membran ist. Dies zeigte sich auch, wenn dadurch, dass eine offene Röhre in den Gehörgang eingesetzt wurde, das Trommelfell jenen Boden der Röhre bildete und ein Anderer die Stärke der Resonanz in der Röhre prüfte bei verschiedenen Spannungsgraden des Trommelfells. Für weitere Versuche an Nachahmungen des Ohrs mit der Tuba Eustachii ging Lucae aus von einem Apparat von Quincke, in welchem vermöge eines unter rechtem Winkel in der Mitte von der Hauptröhre abgehenden, beliebig verschliessbaren Ansatzrohrs von passender Länge des sog. Interferenzschenkels bei Reflexion der Schallwellen in letzterm Interferenz mit dem directen Wellenzuge, und zwar Dämpfung des Tons stattfindet, während zugleich die Octave des gedämpften Grundtons durch die Interferenz verstärkt und deutlich wird. An der Wirkung dieses sog. Interferenzschenkels prüfte Lucae nun weiter eine Nachahmung, aus Glas, des mit |