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leiter die Logarithmen der Töne, in der Farbenskala die Farben selbst arithmetisch fortschreiten.

Die Unterschiedsempfindlichkeit der Netzhaut für die verschiedenen Theile des Sonnenspectrums mass Mandelstamm, indem er mittelst der drehbaren Planplatten des Ophthalmometers die beiden Hälften des dadurch der Länge nach getheilten prismatischen Spectrums je für einzelne Abtheilungen so weit gegeneinander verschob, bis die Farben, in welchen die beiden Platten erschienen, zuerst deutlich verschieden erkannt wurden. Aus der Grösse der dazu erforderlichen Linearverschiebung, aus dem Abstande der betreffenden Fraunhofer'schen Linien und den Wellenlängen konnte dann annähernd für jede Spectralfarbe der Bruchtheil der Wellenlänge berechnet werden, welcher zu dem gegebenen Farbenton hinzukommen muss, damit ein Wechsel desselben eben wahrgenommen wird. Ueber die Messung des Abstandes der Fraunhofer'schen Linien so wie über die Berechnung ist das Original nachzusehen.

Das Ergebniss der Versuche für das Auge des Verfs. war dies: Die Unterschiedsempfindlichkeit hat zwei Maxima im Spectrum im Gelb und Blau, zwischen beiden unter Einschluss des hellsten Theils des Spectrums sinkt sie bedeutend, und zu beiden Seiten fällt sie gleichfalls ab. (Für das Normalspectrum würden die beiden Maxima nahezu symmetrisch zu beiden Seiten des Helligkeitsmaximum liegen.) Die grösste Empfindlichkeit für den Farbentonwechsel herrschte im Gelb dicht an der Linie D, hier genügte ein Zuwachs der Wellenlänge von 0,00215; nächstdem wurden die kleinsten Unterschiede der Wellenlänge im Cyanblau empfunden an der Linie F und im Blaugrün zwischen b und F, 0,00244 und 0,005; beim Indigo und beim Grün nahm die Unterschiedsempfnd. lichkeit ab (bei G 0,0037; bei E 0,00467, zwischen D and E 0,00488) und war am kleinsten im Roth, bei C musste tie Differenz 0,0528 betragen (über Indigo hinaus konnten übriges keine sichern Bestimmungen gemacht werden). Der Ve bemerkt, dass grade diejenigen Theile des Spectrums geringste Veränderlichkeit des Farbentons haben, welche einer Grundfarbe am nächsten kommen.

Versuche von Rollett über die Intensität des von umliegend farbiger Fläche auf eingeschlossene farblose aber in der Helli keit des weissen Lichtes variirende Fläche hervorgerufenet simultanen Contrastes ergaben, dass eine Reihe von mittlere Helligkeiten des farblosen Contrastfeldes dem chromatischen Effect des Contrastes am günstigsten ist. Ueber den Grenzfall

Contrast. Macula lutea. Santonrausch. Rothblindheit. 599

des dunklen Feldes in farbiger Umgebung und über die im Nachbilde solcher Combination auftretenden Complementärfarben vergl. d. Orig.

Als zugleich die Helligkeit der contrasterzeugenden Farben und die der Contrastfläche variabel gemacht wurden, zeigte sich, dass für die dunklere Farbe die Helligkeiten des Contrastfeldes geringer sein müssen zur Hervorrufung deutlicher chromatischer Abänderung, als für die hellere contrasterzeugende Farbe.

Bei Zumischung von viel Weiss zu der contrasterzeugenden Farbe ist im Allgemeinen die Contrastwirkung relativ stark, und es kann neben dem erzeugten Contrast der Eindruck der umgebenden weisslichen objectiven Farbe so sehr zurücktreten gegenüber der complementären Contrastfarbe, dass letztere wie auf weissem Grunde zu liegen scheint. Hinsichtlich der Ueberlegungen zur Erklärung der Erscheinungen des simultanen Contrastes muss auf d. Orig. verwiesen werden.

Rollett's Versuche über die Modificationen der Farbeneindrücke, welche je zwei nicht complementäre Farben bei simultanem Contrast durch gegenseitige Einwirkung hervorbringen, müssen im Orig. nachgesehen werden.

Die im Ber. 1865. p. 511 notirte mit Bezug auf die Wirkung des Pigments der Macula lutea gemachte Angabe von M. Schultze, dass unter dem Einfluss des Santonins auch eine geringe Verkürzung des rothen Endes des Spectrums stattfinde, fand Dor nicht bestätigt. Die Wirkung des Santonins beschränkt sich nach Dor's Wahrnehmungen darauf, dass allen Farben sich eine gewisse Quantität Gelb hinzufügt und ein Theil der blauen und violetten Strahlen absorbirt wird. Ein vor das Auge gehaltenes gelbes Glas erzeugte genau dieselbe Wirkung bis auf das Violetsehen auf beschatteten Theilen im Santonrausch; eine Andeutung dieser Complementärerregung (nach Schultze's Deutung) sah Dor, wenn das lange Zeit vor Weiss gehaltene gelbe Glas plötzlich entfernt wurde. Dass das Sehen durch Gelb durch Verminderung der chromatischen Aberration, wie Schultze meinte, grössere Schärfe der Bilder bedinge, fand Dor auch nicht bestätigt.

Was sodann die Rothblindheit betrifft, so ist die bei den Daltonisten vorhandene Chromatopseudopsie nach Beobachtungen des Verf. bei über 60 Daltonisten stets verschieden von der durch Santonin bewirkten. Ein normales Auge begeht nach Dor's Beobachtungen dieselben Farbenverwechselungen, wie die meisten Daltonisten, wenn ein grünes Glas vor das Auge gehalten wird, und zwar nur unter dieser Bedingung, und

wenn die Farbentäuschungen der Daltonisten sollten aus Färbungen im Auge erklärt werden, bemerkt Dor, so könnte nur etwa ein grünes Pigment an Stelle des gelben in der Macula lutea erwartet werden, ohne dass jedoch der Verf. sich solcher Erklärung der Rothblindheit zuneigen will.

Dass das Violetsehen auf beschatteten Theilen im Santonrausch eine Complementärerregung durch das Gelb veranlasst sei, bestreitet Hüfner, weil er, wie E. Rose, das Violet früher auftreten sah, als das Gelbsehen, als er nach Einführung des santonsauren Natrons das Auge beschattet hielt. Gegen die Annahme einer stärkern Gelbfärbung der Netzhaut im Santonrausch macht Hüfner die Beobachtung Schultze's in Betreff der Haidinger'schen Büschel (Ber. 1865. p. 511) geltend, die übrigens Schultze nach dem Santonrausch auftreten sah.

Hüfner erklärt sich die Erscheinungen im Santonrausch mit der Annahme, dass zuerst vorzugsweise die sog. Violetempfindenden Fasern (nach der Young-Helmholtz'schen Theorie) in vermehrte Erregbarkeit versetzt werden, dann allmählich erlahmen, so dass Blindheit für objectives Violet und Gelbsehen eintritt; das fortbestehende subjective Violetsehen möchte der Verf. als analog der mit grosser Erschöpfung verbundenen grossen Empfindlichkeit der Haut für leise Berührung bei Lähmung für starke Reize bei Analgesie nach Durchschneidung des Marks bis auf die Hinterstränge (Ber. 1858. p. 523, 1865. p. 435) ansehen. (?) Hüfner fand die Empfindlichkeit für Helligkeitsunterschiede im Santonrausch vermindert und bezieht dies auf Steigerung der Erregbarkeit aller Netzhautelemente, so dass die Erregungen ihrem Maximalwerthe näher gerückt

waren.

Hensen suchte seine im vorj. Bericht p. 444 notirte Ansicht von den lichtpercipirenden Elementen gegen die daselbst p. 445 angedeuteten Einwände Volkmann's zu schützen, indem er Beobachtungen an Systemen von Punkten und Sternhaufen dafür geltend macht, dass in der That das Gesichtsfeld des gelben Fleckes lückenhaft sei, die Erscheinung des vom Verf. sog. Punkttauchens, abwechselndes Verschwinden und Wiedererscheinen der Punkte eines Systems bei gehöriger Verkleinerung, bevor es dazu kommt, dass die Punktreihen zu Linien verschmelzen. Hierher rechnet Hensen auch die bekannte Thatsache von der leichtern Auffindung lichtschwacher Sterne durch in gewissem Grade indirectes Sehen, das Verschwinden solcher Sterne bei directem Sehen. Bezüglich der bei diesen Beobachtungen in Betracht kommenden Ermüdung der Netzhaut vergl. Aubert im Ber. 1864. p. 525.

Was sodann die von Volkmann hervorgehobene nach Hensen's Theorie zu erwartende Verwirrung in der Wahrnehmung von Parallellinien betrifft, so macht Hensen in dieser Beziehung auch weitgehende Zugeständnisse und lässt die richtige Erkenntniss der Richtung der Linien mit Hülfe der Augenbewegungen zu Stande kommen. Hinsichtlich betreffender Versuche wird auf das Original verwiesen.

Den sog. Ritter'schen Axenfaden in den Stäbchen und Zapfen (s. oben p. 126) betrachtet Hensen zwar nicht für das Nervenende, aber für das Homologe der Riechhaare, der Stäbchen an den Corti'schen Zellen der Schnecke, der Härchen auf der Crista acustica der Ampullen und der Härchen in der Lagena der Vögel, sämmtlich als den Flimmerhaaren analoge Zellenfortsätze anzusehen und als ,,Sinnesfaden" zu bezeichnen. Dieser Sinnesfaden sei eingebettet in eine chemisch von ihm abweichende eigenthümliche Substanz, in welcher durch die Aetherschwingungen durch Zersetzung Stoffe erzeugt werden sollen, welche auf den oder die Sinnesfäden, Centralfäden angreifend und damit reizend wirken sollen.

Die neueren Untersuchungen M. Schultze's über den Bau der Stäbchen der Netzhaut, von denen oben im anatomischen Theil berichtet wurde, gaben demselben Veranlassung, unter Anschluss an die weiteren Ausführungen Zenker's seine im vorj. Ber. p. 446 notirte Ansicht über das Zustandekommen der Licht, der Farbenperception wieder wesentlich abzuändern. Für die Bedeutung der Aussenglieder der Stäbchen und Zapfen als reflectirende Apparate erkennt Schultze einen fernern Beweis in der Zusammensetzung derselben aus Plättchen (nach Schultze und Zenker, von Krause bestritten, s. oben p. 124 u. f.), sofern an jeder Grenzfläche dieser Plättchen wie in einem Satz von Glasplatten Reflexion stattfinden müsse. Dazu hebt Schultze auch die grosse Länge der Stäbchen-Aussenglieder, d. h. die grosse Zahl der reflectirenden Plättchen bei Nachtvögeln und die grosse Länge der Zapfen-Aussenglieder in der Fovea centralis beim Menschen hervor. Eine Abweichung der Richtung der Lichtstrahlen von der auf den Grenzflächen senkrechten Richtung im Interesse der Reflexion lässt Schultze durch Brechung in linsenförmigen Körpern im Innengliede hergestellt werden. Die Grundsubstanz sowohl der Innen- als Aussenglieder der Stäbchen und Zapfen, in welche die Plättchen der Aussenglieder eingelagert betrachtet werden, ist nach Schultze's Ansicht wahrscheinlich Nervensubstanz, und so lässt denn Schultze jetzt die Aussenglieder auch percipirende Elemente sein:,,die Bewegung des Lichtes in den complicirt geschichteten

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Stäbchen und Zapfen. Farbenperception.

Aussengliedern kann den specifischen Sinnesreiz abgeben zur Einleitung der Nervenleitung".

Sofern in der weitern Ausführung dieser Theorie von Zenker, der sich Schultze anschliesst, die grade an den Aussengliedern der Stäbchen besonders deutlich ausgeprägte Plättchenstructur eine besondere Verwerthung für die Theorie der Farbenperception findet, scheint Schultze nun auch diese Farbenperception nicht mehr als ein Vorrecht der Zapfen gegenüber den Stäbchen anzusehen.

Zenker betrachtet die in Rede stehenden Elemente der Netzhaut als Systeme von Flächen,,,an welche die kommenden Lichtwellen nahezu senkrecht anbranden, und von denen sie daher auch nahezu senkrecht zurückgeworfen werden"; dabei sollen stehende Wellen entstehen, Interferenzen, bei welchen je nach der Wellenlänge die Oerter, wo gleiche Phasen der beiden Wellensysteme zur Verstärkung zusammentreffen, verschiedene sein müssen, so dass auf Grundlage dieser Schlussfolgerungen die Farbenperception als eine Function des Ortes" betrachtet werden könne. Bei vorläufiger Annahme des gleichen Brechungsexponenten für die Substanz, in welcher sich der Lichtstrahl bewegt,,,können die Maximumpunkte der rothen Strahlen nicht mit denen der blauen zusammenfallen und daher muss die Empfindung des rothen Lichtes an anderen Stellen stattfinden, als die des blauen".

Sofern nur in derselben Ebene schwingende Strahlen stehende Wellen bilden können, untersuchte Zenker, ob unter den aus dem Auge zurückkehrenden Strahlen solche sind, die in derselben Ebene wie die einfallenden schwingen, ob bei Einlass von polarisirtem Licht in das Auge neben dem etwa diffus, depolarisirt von dem Augenhintergrunde zurückgeworfenen Lichte auch polarisirtes von den spiegelnden Flächen in den Stäbchen und Zapfen reflectirtes Licht aus dem Auge komme, indem er die Augen an Stelle des Spiegels an Nörremberg's Apparat brachte und den Helligkeitsunterschied der beiden durch das doppeltbrechende Prisma erhaltenen Bilder beachtete, von denen das eine nur depolarisirtes, das andere solches und polarisirtes enthält. Aus den Augen vom Frosch, einigen Fischen, Kanarienvogel kehrte nur polarisirtes Licht zurück; aus dem Auge der Taube der beiweitem grösste Theil gleichfalls polarisirt; ähnlich auch aus dem menschlichen Auge, während aus dem Kalbsauge ein grösserer Theil des Lichtes depolarisirt zurückkehrte. Jedenfalls, schliesst Zenker, kehrt ein grosser Theil des in's Auge fallenden Lichtes in derselben Ebene schwingend wieder zurück, und es müssen

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