Page images
PDF
EPUB

auf der Seite des Schnitts, Schwächung auf der andern Seite ein. Chemische oder elektrische Reizung des Sehhügelquerschnitts so wie der Corpp. bigemina bewirkte diastolischen Stillstand aller Lymphherzen und des Blutherzens; war das Mark vorher halb durchschnitten, so trat jener Stillstand nur auf der nicht verletzten Seite ein. Die Reizung des Querschnitts des verlängerten Marks wirkte der Art nach ebenso, aber langsamer als die Reizung jener beiden Hirnquerschnitte. Reizung des Rückenmarksquerschnittes dagegen verstärkte die Thätigkeit der hinteren Lymphherzen. Nach Durchschneidung sämmtlicher hinterer Wurzeln verfielen die (hinteren) Lymphherzen in dauernden diastolischen Stillstand, welcher aber in dauernde Thätigkeit überging, wenn alle Rami communicantes durchschnitten wurden; dies geschah nur auf der einen Seite, wenn die Rami communicantes einer Seite allein durchschnitten worden waren. Bei elektrischer Reizung der Rami communicantes beobachtete die Verf. nicht selten diastolischen Stillstand der Lymphherzen.

Die Verf. schliesst aus diesen Beobachtungen unter Berücksichtigung des im Ber. 1864. p. 493 notirten Versuchs von Goltz, dass im Gehirn an den bezeichneten Stellen reflexhemmende Mechanismen für die Lymphherzen gelegen sind, die im normalen Frosch in tonischer Erregung sich befinden, welche reflectorisch von den Eingeweiden aus veranlasst durch die Rami communicantes zum Rückenmark vermittelt werde. Auch erklärt sich aus Vorstehendem, dass im vollkommen normalen Frosch bei ganz ruhigem Verhalten und nicht angerührt die Lymphherzen meistens still stehen.

Die Wirkung des Atropins auf das regulatorische Herznervensystem (bei Kaninchen und Hunden) besteht nach den jetzt vorliegenden ausführlichen Mitteilungen von v. Bezold und Bloebaum in einer mit ungemeiner Energie erfolgenden Lähmung von solchen Endorganen des Vagus im Herzen, durch welche die Reizung des Vagus hemmend auf den Herzschlag wirkt. (Vergl. den Ber. 1865. p. 472.) Ausserordentlich kleine Mengen von Atropin (1/100 Milligrm. schätzen die Verff.) in den Herzgefässen genügen, um diese Hemmungsorgane im Herzen völlig unerregbar gegen Vagusreizungen zu machen, so dass die Verff. hierin eine ähnliche specifische Wirkung des Atropins erkennen, wie in der mydriatischen Wirkung desselben. Dass es sich nicht um Lähmung der Vagus fasern im Herzen handele, schliessen die Verff. daraus, dass zu der

[blocks in formation]

Zeit, da die schwächste Atropinwirkung schon jene die Vagusreizung wirkungslos machende Lähmung zu Stande gebracht hat, noch keinerlei Nervenfasern sich afficirt erwiesen. Aus der specifischen Wirkung sei auf die Existenz des specifischen Organs zu schliessen, welches verschieden sein müsse von allen anderen Endorganen motorischer Nerven, welche sämmtlich viel grösserer Gaben des Giftes bedürfen, um ihre Erregbarkeit einzubüssen. (p. 41 d. Orig.) Die Verff. empfehlen daher das Atropin, um auf die beste und sauberste Weise den Vagustonus zu eliminiren. Auf die Vagusursprünge im Gehirn wirkt das Atropin reizend, aber die gleichzeitige oder bald nachfolgende Lähmung jener Vagusendorgane im Herzen verhindert oder verkürzt den Einfluss des vom Gehirn erregten Vagus auf den Herzschlag. Auf den musculomotorischen Apparat im Herzen wirken jene minimalen Atropinmengen, die die Vagusendorgane lähmen, noch gar nicht; erst viel grössere Dosen bewirkten Verminderung der Pulsfrequenz unter Abschwächung der Pulsationen, aber erst das 200 fache jener minimalen Dosis bewirkte bei Kaninchen Lähmung des musculomotorischen Apparats. Es kann unter dem Einfluss einer genügenden Menge von Atropin auch die Erregbarkeit des Herzmuskels selbst vernichtet werden, ähnlich wie die der glatten Muskeln, während die Skeletmuskeln dann noch sowohl für directe, als indirecte Reizung erregbar waren. Die cerebrospinalen excitirenden Herznerven boten dem Atropin grösseren Widerstand, als die übrigen Herznervenapparate. S. p. 53.

Auf das Gefässsystem ausser dem Herzen wirkte das Atropin lähmend sowohl vom vasomotorischen Centrum im Gehirn aus, als auch in zweiter Linie durch Lähmung der vasomotorischen Nerven und der Muskeln der Gefässe.

Die Atropinvergiftung ist nach dem Standpunkte der Verff. betrachtet gleich einer Durchschneidung der Herzäste des Vagus. (Vergl. d. Ber. 1865. p. 473.) Bei Kaninchen sei der normale Tonus der Herzäste des Vagus so schwach, gegenüber dem Menschen und dem Hunde, dass die Lähmung derselben durch Atropin bei Kaninchen nur unbedeutende Veränderungen bewirke, und hierin liegt nach der Ansicht der Verff. auch begründet, dass das Atropin auf Pflanzenfresser und insbesondere auf Kaninchen viel weniger giftig wirkt, als auf Fleischfresser und auf den Menschen; dabei ist allerdings auch, wie die Verff. bemerken, zu berücksichtigen, dass bei Einverleibung des Giftes vom Magen aus oder von der Haut aus immer nur sehr wenig auf ein Mal in das Herz

gelangt und schnell wieder ausgeschieden wird, während v. Bezold das Atropin direct in's Blut injicirte und zwar mit solcher Wahl der Injectionsstelle, dass das Gift zunächst nach dem zu prüfenden Organ hingelangen musste.

Dennoch kann der schon seit langer Zeit bekannte hohe Grad von Immunität der Kaninchen gegen Atropin, wie er auch durch die folgenden Beobachtungen von Neuem bewiesen wird, auffallend erscheinen, zumal da doch das Gift nach v. Bezold's Untersuchungen auch noch andere Angriffspunkte im Körper findet ausser den Vagusenden, wenn Kaninchen deren Lähmung so leicht sollen ertragen können. Ueber die Frage bezüglich der Immunität der Kaninchen gegen Atropin stellte Ogle Untersuchungen an und fand die alte Angabe von Runge bestätigt, dass Kaninchen Tage lang ausschliesslich mit Belladonna-Pflanzen ernährt werden können, ohne irgend welche Vergiftungserscheinungen zu zeigen ausser der Pupillenerweiterung (und häufigem Ausschlagen mit den Hinterbeinen). Wenn, wie der Verf. nach vorliegenden Beobachtungen annimmt, weniger als 2 Gran Atropin vom Magen aus tödtlich für den Menschen ist, so ertrugen Kaninchen diese Dosis vom Magen aus einverleibt ohne jede Störung; subcutan brachte Ogle Kaninchen bis zu 5 Gran schwefelsaures Atropin bei, ohne dass Vergiftungserscheinungen oder nur die geringsten Störungen im Wohlbefinden eintraten bis auf die Pupillenerweiterung, und Camus hat kürzlich, wie Ogle erwähnt, die minimale giftig wirkende Dosis für ein Kaninchen zu 15,5 Gran (1 Grm.) festgestellt. Dass die Resorption des Atropins stattfand constatirte Ogle auch durch die mydriatische Wirksamkeit des Harns der Kaninchen. Aeltere Thiere ertrugen mehr Atropin, als ganz junge.

Zur Kenntniss der Erscheinungen der Calabarvergiftung bei Menschen theilte Watson eine Reihe von Fällen mit, die W. C. Thomson als Missionär in Calabar zu beobachten Ge

legenheit hatte. Wenn Calabargift bei Säugethieren durch Asphyxie tödtet (nämlich bei nicht zu heftiger Wirkung, nicht sehr grosser Dosis), so geschieht das, wie Fraser und Watson in Uebereinstimmung mit Laschkewich (vorj. Ber. p. 416) gegen Harley behaupten, nicht durch Lähmung der peripherischen Nerven, sondern durch Lähmung des Rückenmarks. Doch leugnet Fraser nicht, dass das Gift auch auf die peripherischen Nerven wirkt, indem er bei Fröschen fand, dass die dem Calabargift ausgesetzten Nerven früher ihre Reizbarkeit verlieren, als die vor dem Gifte geschützten, und zwar handelt es sich dabei nach Fraser, wie bei dem Curare, zu

[blocks in formation]

nächst um Lähmung der Endausbreitungen in den Muskeln, was jedoch Vintschgau bestreitet. Nach den Untersuchungen Vintschgau's bei verschiedenen Amphibien geht der lähmenden Wirkung des Physostigmins eine das Rückenmark erregende Wirkung voraus, so dass, wie bei Strychninvergiftung, tetanische Krämpfe stattfinden. Watson sah gleichfalls bei Säugetieren der Lähmung krampfartige Erscheinungen voraufgehen.

In Uebereinstimmung mit Laschkewich und den unten notirten Angaben hebt Fraser die besondere directe, von der Wirkung auf die Respiration unabhängige Wirkung des Calabargiftes auf das Herz hervor, sowohl für Säugethiere als für den Frosch. Auch die Lymphherzen werden, wie Fraser und Vintschgau hervorheben, gelähmt. Nach Beibringung grösserer Giftdosen bei Säugethieren oder Vögeln machte sich die herzlähmende Wirkung in erster Linie und als tödtend geltend, was auch Watson hervorhebt. Auf eine mittlere Dosis entstanden Symptome der Asphyxie, neben Verlangsamung des Herzschlages. Dies ist in Uebereinstimmung mit den Angaben von Laschkewich (vorj. Ber. p. 416). Die Wirkung auf das Herz ist indessen nach den Beobachtungen Vintschgau's so wie nach denen von v. Bezold und Götz auch nicht in erster Linie lähmend, sondern zuerst erregend. Vintschgau sah bei Amphibien in der ersten Zeit der Vergiftung die Zahl der Herzschläge zunehmen, erst später abnehmen.

Die Wirkungen des Calabargiftes auf die Kreislaufapparate sind nach den Untersuchungen von v. Bezold und Götz von der Art (Zunahme des Blutdrucks, Zunahme der Energie der Herzcontractionen, Veränderungen der Pulsfrequenz, Contraction der Blutgefässe), dass sie sich durch die Annahme einer Reizung oder erhöheten Reizbarkeit aller im Hirn und im Herzen gelegenen Centralorgane für die Erregung, Beschleunigung und Hemmung des Herzschlages und für die Erregung der Gefässnerven erklären. Dieser starken Erregung folgt dann Lähmung. Arnstein und Sustschinsky wiesen auch noch die Erhöhung der Reizbarkeit der Vagusenden im Herzen nach; die excitomotorischen Herznerven wurden nicht merklich afficirt.

Die schon von Bauer (vorj. Ber. p. 415) hervorgehobene starke krampfhafte Contraction des Darms wirkt nach v. Bezold und Götz als ein so grosser Widerstand gegen den Blutstrom in den Darmgefässen, dass hierdurch hauptsächlich die Erhöhung des Blutdrucks bei Calabarvergiftung nach vorheriger Durchschneidung des Halsmarks zu Stande kam. Es hatte die gleichzeitige starke Contraction sämmtlicher Darmmuskeln eine

ähnliche Wirkung auf den Kreislauf, wie die Contraction der Gefässmuskeln in einem grossen Stromgebiete. Dass das Calabargift den Tod durch Lähmung der Respiration, Erstickung herbeiführt, wie Bauer angab, bestätigen v. Bezold und Götz (nach Laschkewich, Fraser und Watson gilt dies für Vergiftung mit nicht zu grossen Dosen, während raschere Giftwirkung durch Herzlähmung tödtet).

Das Calabargift ist der grade Gegensatz vom Atropin (s. d. Ber. 1865. p. 487 und ausführlich bei v. Bezold und Bloebaum p. 65), ein starker Erreger für alle die nervösen Apparate, welche auf die mit glatten Muskeln versehenen Organe des Körpers und auf das Herz wirken. Vergl. den vorj. Bericht p. 415; v. Bezold und Götz sahen neben dem Darmkrampf auch die Ureteren und den Uterus in krampfartigen Contractionen. Für das Athmungscentrum besteht der umgekehrte Gegensatz, das Atropin erregt dasselbe (s. bei v. Bezold und Bloebaum p. 62), das Calabargift lähmt. v. Bezold schliesst, dass das der Willkür zugängliche Athemcentrum eine vom Bau der automatischen Apparate für Herz und glatte Muskeln abweichende Construction besitzt.

Arnstein und Sustschinsky konnten die durch Atropin gelähmten Herzfasern des Vagus durch Calabar restituiren und umgekehrt die durch Calabar stark erregten Fasern durch Atropin lähmen.

Die Untersuchungen v. Bezold's und Hirt's über die Wirkungen des Veratrins auf die Kreislaufapparate bei Säugethieren führten nach der Zusammenfassung der Verff. zu folgenden Ergebnissen. In sehr schwachen Dosen in's Herz gebracht erhöhet das Veratrin die Erregbarkeit des im Herzen gelegenen Systems der Anregung und der Hemmung des Herzschlages; es schien, als ob es sensible Nerven der Herzinnenfläche ebenfalls reizte und dadurch zunächst Beschleunigung des Herzschlages auf reflectorischem Wege hervorriefe. In's Gehirn gebracht erzeugte das Gift dagegen sofort beträchtliche Reizung des Vaguscentrums, wodurch der Tonus der Hemmungsnerven des Herzschlages erhöhet wurde, Verlangsamung des Herzschlages eintrat.

In mittleren Mengen in's Herz gebracht erzeugte das Veratrin nur vorübergehend jene Veränderungen, indem die Wirkung der Depressores gesteigert wurde, der Blutdruck sank, die Reizung der Hemmungsnerven die des musculomotorischen Apparats überwog, die Pulsfrequenz sank. Diese Reizung ging dann alsbald in Lähmung über, grosse Schwäche und Langsamkeit der Herzpulsationen. Vom Gehirn aus bewirkten

« PreviousContinue »