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Ogle ist nämlich geneigt, mit Moxon (Med. chir. review 1866 April) anzunehmen, dass ursprünglich die beiden Hemisphären des Grosshirns beim Menschen functionell symmetrisch angelegt sind, dass aber während der Ausbildung, während des Erlernens nur das eine der beiden symmetrisch rechts und links angelegten Sprachcentra erzogen, ausgebildet werde, im Allgemeinen vergleichbar der vorzugsweisen Ausbildung der Bewegungen des einen Arms, der einen Hand, und so wie es vorkomme, dass statt des rechten der linke Arm vorzugsweise benutzt und ausgebildet wird, so könne es auch vorkommen, dass statt des in der Regel ausgebildeten linken Sprachcentrums das rechte ausgebildet worden sei. Das Vorhandensein des andern brachliegenden Centrums möge es bedingen, dass selten bei Aphasie das Sprachvermögen ganz vollständig vernichtet sei, und dass nach lange bestandener Aphasie ein allmähliches Wiedererlangen des Sprachvermögens, nämlich durch Ausbildung des früher unbenutzten Centrums, vorkommen könne, wenn nicht Heilung und Herstellung des verletzten zum Grunde liegt.

Dass nun in der Regel das linke Sprachcentrum allein oder vorwiegend ausgebildet wird, möchte Ogle ebenso wie Leyden (vorj. Ber. p. 409) in demselben Umstande begründet finden, welcher nach Gratiolet wahrscheinlich die frühzeitigere Entwicklung der Windungen des Vorderlappens auf der linken Seite gegenüber denen der rechten Seite bedingt, nämlich in dem für stärkere Blutzufuhr zum Gehirn günstiger beschaffenen Ursprung resp. Richtung der linken Carotis gegenüber der rechten, also in der frühern Reife oder morphologischen Ausbildung der linken Hemisphäre. In demselben Moment möchte Ogle auch das Ueberwiegen im Gebrauch der von der linken Hemisphäre aus dirigirten rechten Hand begründet sehen. Die Ausnahmen von beiden Regeln könnten vielleicht auf Arterien-Varietäten beruhen. Hier würde also von besonderm Interesse der Sectionsbefund bei Aphasie eines linkshandigen Menschen sein können.

Gay fand das Strychnin nach Vergiftungen in der grauen Substanz des Rückenmarks, verlängerten Marks und der Brücke abgelagert, aber nicht in den übrigen Hirntheilen und nicht in der weissen Substanz. Im Verhältniss zur Masse war der Strychningehalt des verlängerten Marks am grössten.

Spence erörtert an bei Fröschen angestellten Versuchen die Wirkung des Strychnins, beweist, dass es die Ganglienzellen

des Rückenmarks sind, auf welche sich die Wirkung richtet, zunächst deren Erregbarkeit erhöhend, dann erschöpfend, und dass es sich dabei wahrscheinlich um eine specifische directe Wirkung des Giftes auf die Zellen handelt.

Leube und Rosenthal fanden, dass für Kaninchen auf 500 Grms. Körpergewicht 1 Milligrm. Strychnin in 0,2% Lösung vom Magen aus einverleibt hinreicht, einen mässigen Krampf, 1,2 Milligr. den Tod zu bewirken, während Vögel im Allgemeinen grade die doppelte Dosis auf 500 Grms. für gleiche Wirkung verlangen, Hühner aber auf dasselbe Gewicht 10 Milligrms. ohne alle Wirkung ertragen und erst mit 24 Milligrms. tödtlich vergiftet werden. Unter den Säugern zeigt das Meerschweinchen eine besondere Resistenz, dasselbe ertrug das Fünffache der für Kaninchen wirksamen Dosis Strychnin. Die Gewöhnung war, wie bei anderen Giften, so auch für das Strychnin sehr einflussreich.

Leube und Rosenthal sahen bei Kaninchen die Wirkung des vom Magen aus einverleibten Strychnins durch Unterhaltung einer Apnoe bedingenden künstlichen Respiration hintangehalten werden und nach Aufhören der künstlichen Athmung zum Ausbruch kommen, durch längere Fortsetzung der künstichen Athmung aber auch ganz beseitigt werden, so dass die Thiere auf diese Weise von der Wirkung einer tödtlichen Dosis gerettet werden konnten. Leube erinnert an die Versuche Richter's und hebt hervor, dass ihm die künstliche Athmung allein genügte und er nicht, wie Richter, Curare zur Beseitigung der Krämpfe anzuwenden brauchte. Dazu ist zu bemerken, dass Richter das Strychnin subcutan einverleibte und die künstliche Athmung nicht bis zur Herstellung der Apnoe trieb. Dass das Curare allein, ohne künstliche Athmung, auch wirksam sein kann gegen Strychnin, geht aus dem im Ber. 1864. p. 407 notirten Falle hervor.

Mit Rücksicht auf die das Rückenmark lähmende Wirkung des Calabargiftes (vergl. über dessen Wirkungen unten unter den Herzgiften) versuchte Watson dasselbe als Gegengift bei Strychninvergiftung bei Thieren anzuwenden, und die mitgetheilten Versuche rechtfertigen allerdings die Voraussetzung, sofern es in einem derselben gelang, die tödtliche Wirkung des Strychnins zu verhindern; meistens aber war die Wirkung des Calabargiftes nicht stark und rasch genug, um in dem Kampfe mit der Strychninwirkung nicht zu unterliegen. Wegen der directen herzlähmenden Wirkung des Calabargiftes dürfte indessen das Curare doch bei weitem vorzuziehen sein, wenn es sich darum handelt, der Strychninwirkung entgegen

zutreten; Watson macht offenbar grade mit Unrecht gegen dasselbe die Schnelligkeit und Stärke seiner Wirkung geltend. Uebrigens theilt Watson zwei Fälle mit von traumatischem Tetanus, in welchen von ihm, und einen dritten, in welchem von A. Campbell das Calabargift mit Erfolg angewendet wurde, sofern nämlich W. nicht bezweifelt, dass die Genesung unter der sich stark geltend machenden lähmenden Wirkung des Giftes erfolgte.

In einem in der Union médicale 1867. No. 28 erwähnten Falle sah man die Wirkung einer Strychninvergiftung durch Tabakinfus aufgehoben werden.

Baxt sah bei Fröschen, die mit Strychnin oder dem nach des Verfs. Wahrnehmungen ähnlich wirkenden Thebain vergiftet waren, auf Beibringung von Papaverin vor Eintritt des Tetanus diesen entweder ganz verhindert oder sehr abgekürzt werden; entsprechend verminderten sich auch bis zum Aufhören die bereits zum Ausbruch gekommenen Wirkungen jener beiden Gifte auf Injection von Papaverin.

Pécholier und Saintpierre so wie Fraser gaben Nachrichten von einer in Afrika Akazga (Ikaja, Boundou, Quai) genannten Giftpflanze, welche in einem grossen District an der Westküste nördlich und südlich vom Aequator wie die Calabarbohne gebraucht wird; das im Allgemeinen wie ein pflanzliches Alkaloid sich verhaltende Gift ist in der Rinde der Stengel enthalten und soll nach Fraser den Namen Akazgia tragen. Das alkoholische und wässrige Extract der Akazga, so wie das Gift selbst wirken sehr ähnlich der Brechnuss. Pécholier und Saintpierre theilten Versuche an Kaninchen, am Hund und an Fröschen mit. Bei Kaninchen trat Beschleunigung des Pulses und der Athmung ein, gesteigerte Reflexthätigkeit, Krämpfe, wovon sich die Thiere aber erholen konnten. Nach dem Tode trat sogleich Muskelstarre ein, während das Herz noch pulsirte. Frösche mit sehr kleinen Giftdosen vergiftet starben ohne Krämpfe, nach grösseren Dosen traten Krämpfe ein, dann Lähmung, und das Herz schlug nach dem Tode noch.

Voisin und Liouville fügten den im vorj. Ber. p. 375. 376 notirten Angaben über die Wirkungen des Curare beim Menschen noch hinzu, dass nach Einverleibung kleinerer Dosen, 0,050,09 Grm., Schwäche des Gesichts, Schwere des obern Augenlids, nach grösseren Dosen bis zu 0,135 Grm. ausserdem Pupillenerweiterung, binoculares Doppelsehen, Schläfrigkeit

eintreten.

Thebain bewirkt nach Baxt's Versuchen bei Fröschen zuerst, nach Vorübergehen einer Aufregung, Coma für einige Minuten,

dann aber dieselben Erscheinungen, wie Strychnin. Bei Kaninchen und Meerschweinchen erfolgte auf Thebainvergiftung ebenfalls Tetanus.

Durch Papaverin sah Baxt Frösche so wie Säugetiere für lange Zeit in Schlaf versinken. Porphyroscin in kleiner Dosis versetzte Frösche gleichfalls in Schlaf, nach dem Erwachen bestand aber Aufregung; in grösserer Dosis wirkte es ähnlich dem Thebain.

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