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höhen (Fick, s. oben) in Folge der Zunahme der Elasticität mit der Belastung in beiden Fällen steigt.

Nach L. Hermann beruhet die Unwirksamkeit von Giften bei gewissen Applicationsweisen darauf, dass von der betreffenden Stelle aus, z. B. vom Magen aus, die Aufnahme in's Blut langsam erfolgt, und die Ausscheidung durch die Nieren oder andere Ausscheidungswege gleichen Schritt mit der Aufnahme hält, so dass es nicht zu dem für die Wirksamkeit nothwendigen Gehalt des Giftes im Blute kommt. Erfolgt dann von anderen Stellen aus die Resorption schneller, so kann das Gift wirksam werden; ebenso aber auch, wenn statt die Resorption zu fördern, die Ausscheidung verhindert wird. So sah Hermann bei Kaninchen, denen man viel Curare schadlos in den Magen bringen kann, tödtliche Vergiftung auf Einverleibung kleiner Dosen eintreten, wenn vorher die Nierengefässe unterbunden waren. Aehnliches hat, wie der Verf. hinzufügt, Bernard beim Hunde beobachtet. Leube aber fand das vom Magen aus einverleibte Strychnin bei Aufhebung der Nierenausscheidung nicht wirksamer, als sonst.

Die Ausscheidung flüchtiger Gifte durch Haut und Lunge, z. B. die des Alkohols, kann in strenger Kälte vermindert sein, so dass leichter, als bei höherer Wärme, Intoxication eintritt, wie der Verf. auch bei Kaninchen beobachtete. Verminderter Luftdruck scheint die Alkoholausscheidung zu befördern.

Bei Vergiftung mit Chloroformdampf sah H. Ranke die Muskeln starr werden, und in Lösungen des Myosins in 0,7% Kochsalzlösung bewirkte (neutraler) Chloroformdampf nach und nach Trübungen. Aether wirkte ebenso, aber weniger intensiv, Amylen noch weniger intensiv. Derartige Lösungen von Hirnsubstanz zeigten dasselbe Verhalten, nur trat die Trübung viel langsamer ein. Kussmaul hat früher schon die Gerinnung in Muskelsaft durch Chloroform beobachtet und die Chloroformstarre der Muskeln beschrieben (vergl. d. Ber. 1858. p. 466; vergl. auch oben über die Wirkung des Chloroforms auf das Blut).

Bevor bei der Vergiftung mit den genannten Substanzen. bei Fröschen die Starre eintrat, fand sich ein Stadium,, in welchem die Muskeln auf directe Reizung noch reagirten, aber nicht mehr vom Nerven aus. Die Nerven besassen dann noch ungeschwächt ihre elektromotorische Wirksamkeit und zeigten die Erscheinungen des Elektrotonus und die negative Stromes

Zeitschr. f. rat. Med. Dritte R. Bd. XXXII.

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schwankung. Bei Aether- und Amylen-Vergiftung ging dem Starrwerden der Muskeln auch noch ein Stadium voraus, in welchem directe Reizung gleichfalls erfolglos war, die elektromotorische Wirksamkeit aber noch fortbestand. (Da der Verf. noch glaubt, dass die Erregbarkeit des Muskels an die elektromotorische Wirksamkeit geknüpft sei, so meint er, jene Wahrnehmung könnte die selbstständige vom Nerven unabhängige Reizbarkeit des Muskels in Frage setllen.)

Das Herz pulsirte noch bei den Fröschen, deren übrige Muskeln unter der Chloroform wirkung schon im Erstarren begriffen waren; bei directer Application des Chloroforms auf das Herz verfiel dasselbe auch sofort in Starre.

Ranke meint, dass die erörterten Wirkungen jener Stoffe in Zusammenhang mit der anästhesirenden Wirkung stehen. (Vergl. über die Wirkung der Anaesthetica im vorj. Ber. p. 388.)

v. Bezold und Hirt theilten ihre im Ber. 1865. p. 394 nach vorläufiger Mittheilung notirten Untersuchungen über die Wirkungen des (essigsauren) Veratrins ausführlich mit. Was zunächst die Wirkungen auf Nerven und Muskeln im Allgemeinen betrifft, so ist darüber noch Folgendes nachzutragen: Das Veratrin vernichtet die Erregbarkeit sowohl der Muskeln, als der Nerven; die indirecte Reizbarkeit (Reizerfolg bei indirecter Reizung) erlischt früher, als der directe Reizerfolg, und die Reizbarkeit der motorischen Nerven erlischt an den vom Muskel entfernteren Strecken am schnellsten, am langsamsten an den Strecken in unmittelbarer Nähe des Muskels. Aus diesen Thatsachen folgt, im Gegensatz zu dem Schlusse Kölliker's (Ber. 1856. p. 410), der die Lähmung der Nerven übersah, dass das Veratrin sowohl die Nervenendigungen im Muskel, als den Muskel lähmt. Guttmann überzeugte sich auch von der Wirkung des Veratrins auf die Nerven bei localer Application, betrachtet aber die lähmende Wirkung auf die Muskeln als die bei der Vergiftung vorwaltende und charakteristische.

Dass v. Bezold eine der Lähmung voraufgehende Erhöhung der Reizbarkeit fand, ist bekannt; Prévost hob dieselbe gleichfalls hervor; dieselbe zeigte sich dann, wenn die erste Spur des Giftes zum Muskel gelangte, bedeutend grösser bei indirecter Reizung, als bei directer Reizung, woraus gefolgert wird, dass in erster Linie die Reizbarkeit der intramusculären Nervenenden erhöhet werde unter gleichzeitiger Verminderung der dem Uebergang der Reizung vom Nerven auf den Muskel entgegenstehenden Widerstände. Diese der lähmenden Wirkung des Giftes vorausgehende Wirkung kommt nur zur Beobachtung,

wenn die Vergiftung nicht zu stark ist, nicht zu rasch fortschreitet.

Jene eigenthümliche Wirkung des Veratrins vor Vernichtung der Reizbarkeit auf den zeitlichen Verlauf der Muskelcontraction, lange Nachwirkung bei einmaliger Reizung, welche die Verff. genau beschreiben, und welche auch Prévost beobachtet hat und ausführlich erörtert, zeigte sich sowohl bei Benutzung elektrischer Reizung, als auch bei Anwendung mechanischer Reizung, so wie sie sich denn auch an dem sehr eigenthümlichen Charakter, den die willkürlichen Bewegungen annahmen (wobei das Rückenmark unbetheiligt ist), zeigte, den auch Prévost beschreibt. Die genauere Untersuchung mittelst momentaner elektrischer Reizung ergab, dass erst von einer gewissen Intensität der Reizung angefangen die tetanischen Wirkungen auftraten und dann an Dauer zunahmen mit dem Wachsen der Reizstärke.

SO

Die im Ber. 1865 a. a. O. schon notirte zeitweilige Aufhebung dieses veratrinkranken Zustandes des Nervmuskelpräparats durch mehrmalige elektrische Reizungen des Nerven, ist, wie die Verff. jetzt bemerken, nicht eine specifische Wirkung der elektrischen Reizungen, sondern ist Wirkung der Reizung als solcher. Wenn die in der in Rede stehenden Weise modificirenden wiederholten (elektrischen) Reizungen direct auf den veratrinkranken Muskel applicirt wurden, fand die gleiche Wirkung, wie bei indirecten Reizungen, nur dann statt, wenn die Inductionsschläge schwach waren (nach Ansicht der Verff. nur die intramuscularen Nerven trafen); starke directe Reizungen des Muskels aber hatten grade den entgegengesetzten Erfolg, so dass nun die auf einmalige indirecte Reizung erfolgende tetanische Wirkung noch verlängert war. Dass das veratrinkranke Präparat in gesteigertem Maasse geneigt sein würde, durch constante Ströme tetanisirt zu werden, fand sich bestätigt, worüber d. Orig. p. 137 f. zu vergleichen ist.

Die Frage nach dem Sitze der Nachwirkung der Reizung in dem veratrinkranken Nervmuskelpräparat behandeln die Verff. anders, als in den vorläufigen Mittheilungen angedeutet wurde, und gelangen auch zu anderm Resultat. Eine Secunde nach der Reizung des Nerven durch Inductionsschlag wurde ein starker aufsteigender Strom durch den Nerven zwischen gereizter Strecke und Muskel geschlossen, und da hierdurch nach ausgesprochner Vergiftung der Tetanus des Muskels an Dauer sehr wenig oder Nichts einbüsste, so schliessen die Verff., dass die Ursachen der durch Veratrin erzeugten Veränderungen des Nervmuskelpräparats zum grössten Theil in dem Muskel selbst zu suchen sind. Da aber doch der veratrin

kranke Zustand des Präparats durch lediglich den Nerven treffende Einwirkungen, wiederholte Reize, zu modificiren ist, so vindiciren die Verff. auch dem Nerven einen Antheil am Zustandekommen der Erscheinung, und fanden diesen Schluss dadurch bestätigt, dass sie an dem veratrinkranken Nerven auf einmalige momentane Reizung eine messbare negative Stromesschwankung beobachteten, eine Erscheinung, die um so mehr schwand, je öfter die Reizung wiederholt wurde. „Es wird also schon in der intrapolaren Nervenstrecke durch den einfachen Reiz im vergifteten Nerven nicht mehr der Vorgang der einfachen Erregung, sondern ein allerdings im Verhältniss zum Muskeltetanus sehr kurz dauernder wahrer Tetanus erzeugt." Prévost dagegen schliesst aus Versuchen, in denen er das veratrinhaltige Blut vom Muskel abhielt, und nun dieser Muskel bei indirecter Reizung nicht in andauernde Krämpfe verfiel, dass nur die Muskeln, nicht die Nerven die in Rede stehende Erscheinung bedingen.

Für die peripherischen Endigungen der sensiblen Nerven ist das Veratrin in kleinen Mengen ein starker Reiz (siehe v. Bezold p. 120 d. Orig.)

Ueber die Theorie der Veratrinwirkung auf den Nerven vergl. d. Original p. 145 u. f.

Durch das Atropin sahen v. Bezold und Bloebaum die Erregbarkeit der motorischen Nerven unmittelbar herabgesetzt, unter Umständen (der Nerv musste sehr viel Gift erhalten) auch völlig gelähmt werden, ohne dass eine Steigerung der Erregbarkeit voraufging. Die Erregbarkeit der Muskeln blieb. unversehrt. Ueber Versuche von Gscheidlen, welche die Wirkung des Atropins auf die sensiblen Nerven betrafen und nicht zu entscheidendem Resultate führten, vergl. d. Orig.

(v. Bezold u. Bloebaum) p. 20 u. f.

Nach Pelikan bewirkt das Saponin bei localer Application vollständige Lähmung der sensiblen Nerven und der Muskeln mit nachfolgender Starre, ohne dass Krämpfe vorausgehen, und ohne dass allgemeine Vergiftungserscheinungen eintreten.

Ueber andere Gifte vergl. unter den Mark- und Hirngiften sowie unter den Herzgiften.

Engelmann fand bei genauer Wiederholung der im Ber. 1862. p. 425 und 1864. p. 445 notirten Versuche Kühne's, betreffend eine Contraction der Hornhautkörperchen auf Reizung der Hornhautnerven, diese Angaben durchaus nicht bestätigt. Weder die elektrische Reizung der Nerven in der Sklera oder am Hornhautrande, noch directe Reizung der Hornhaut mit

Inductionsschlägen, noch mechanische Reizung erzeugten irgend eine Formveränderung an den Hornhautkörperchen. Auf welche Weise Täuschungen entstehen können, ist im Orig. p. 34 nachzusehen. Der Versuch mit den nervenhaltigen und nervenfreien Zipfeln am Hornhautrande (Ber. 1864. p. 445) ist, bemerkt Engelmann, gegen Kühne selbst beweisend, weil es gar keine nervenfreien Strecken von makroskopischer Ausdehnung daselbst giebt.

Wie Fraser und Vintschgau bemerken, bewirkt das Calabargift bei Fröschen eine Farbenveränderung der Haut, die nicht durch locale Wirkung bedingt ist; Fraser bezeichnet die Wirkung als diffusion of the pigment cells, Vintschgau sah die hellgrüne Farbe in Dunkelgrün übergehen.

Beobachtungen über Farbenwechsel, Hellerwerden der Haut beim Frosch unter der Wirkung mechanischen Drucks und höherer Temperatur theilte Szczesny mit. Nach dessen anatomischen Untersuchungen können die Pigmentmolekeln in einem zusammenhängende System von oberflächlicheren und tieferen Pigmentzellen wechselnde Lagen einnehmen, und bei Anhäufung in den oberen Zellen erscheint die Haut dunkler, blasser bei Anhäufung in den tieferen Zellen. Was unmittelbar die Pigmentmoleküle treibt, ihre Lagerung zu ändern, will der Verf. unentschieden lassen; die Nerven haben dabei, bemerkt S., eine Rolle, wie schon aus dem Erblassen der Froschhaut nach Zerstörung des Rückenmarks hervorgehe, sowie aus dem Vorkommen von zu den Pigmentzellen sich begebenden Nervenendigungen.

Hinsichtlich der Untersuchungen Engelmann's über das Zustandekommen und die Art der Bewegung der Flimmerhaare in der Norm und beim Absterben vergl. oben p. 34. In Uebereinstimmung mit Kühne's Wahrnehmungen an den Flimmerhaaren von Muscheln (vorj. Ber. p. 402) sah Engelmann auch die Flimmerhaare des Frosches ihre Bewegung in Wasserstoff viel schneller einstellen, als in Sauerstoff, worin sich die Bewegung sehr lange erhielt, und dessen Zutritt jenen Stillstand aufhob. Der nicht zu lange bestandene Wasserstoffstillstand konnte auch durch Säuren (Kohlensäure, Oxalsäure, Milchsäure, Essigsäure, Salzsäure, Schwefelsäure, Chromsäure) oder Alkalien (Ammoniak, Kalk, Natron), für kurze Zeit auch durch Temperaturerhöhung aufgehoben werden. Die genannten Säuren und Alkalien in der nothwendigen geringen Menge angewendet belebten auch die in atmosphärischer Luft oder Sauerstoff erloschene Bewegung wieder. Ueberschuss der Säuren bewirkte Stillstand unter Bildung eines Coagulums in

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