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Hämim. Absorptionserscheinungen.

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Seyler, das Hämatin aus der v. Wittich'schen Lösung ohne Wasserzusatz durch Essigsäure oder essigsauren Baryt oder Chlorbaryum zu fällen, ferner, Blut oder abgesetzte Blutkörper durch Eintragen in Alkohol oder kochendes Wasser zu coaguliren, das Coagulum mit Schwefelsäure-haltigem Alkohol zu digeriren, die Lösung mit essigsaurem Natron und dann mit kohlensaurem Natron bis zu noch sehr schwach saurer Reaction zu versetzen. Die Abscheidung des Hämatins kann durch Wasserzusatz oder Abdestilliren von Alkohol befördert werden. Der Absatz war ein geeignetes Material zur Darstellung der Häminkrystalle.

Nawrocki empfiehlt zur Prüfung auf Blut, wenn die Häminkrystalle nicht darzustellen sind, wenn die Oxyhämoglobinstreifen im Spectrum nicht zu erhalten sind, das durch Einwirkung von Eisessig auf die die ursprüngliche oder ammoniakalische Lösung erzeugte Hämatin mit Aether zu extrahiren, um in der ätherischen Lösung viel deutlicher, als in wässriger saurer Lösung drei charakteristische Absorptionsstreifen zu erkennen, einen ersten mit der Linie C zusammenfallend, einen zweiten im Grün vor E, einen dritten zwischen b und F, meist weniger deutlich. Bei Neutralisiren der sauren ätherischen Lösung mit Ammoniak fällt das Hämatin aus, löst sich dann in Wasser und Ammoniak, zeigt in dieser Lösung bei nicht zu grosser Verdünnung einen Streifen zwischen C und D und zeigt auf Zusatz von Schwefelammonium alsbald zwei nach Nawrocki sehr charakteristische Absorptionsstreifen, einen im Roth an der Linie C, schon von Stokes gesehen, der etwa den Zwischenraum zwischen den beiden Streifen des Kohlenoxydhämoglobins ausfüllt und einen zweiten breiteren, viel matteren, der die Linie E deckt und dieselbe nach b zu überragt.

Gamgee beobachtete eine eigenthümliche Wirkung von salpetrigsauren Salzen (salpetrigsaurem Amyl- und Aethyloxyd, salpetrigsaurem Natron und Kali) auf Hämoglobin: das Blut wurde schmutzig braun, zeigte die Oxyhämoglobinstreifen nur sehr schwach, und daneben schwach einen der Lage nach dem sauren Hämatinstreifen entsprechenden Absorptionsstreifen. Als aber zu solchem mit salpetrigsaurem Amyl- oder Aethyloxyd versetzten Blut etwas Ammoniak getropft wurde, trat wieder die rothe Farbe auf, jener neue Absorptionsstreifen verschwand, die Streifen zwischen D und E wurden viel deutlicher, und eine schwache Absorption fand an der Grenze von Gelb und Orange statt. Bei Behandlung mit reducirenden Mitteln erschien das gewöhnliche Spectrum des reducirten

Blut und Stickoxyd, Schwefelwasserstoff.

Blutes, und Schütteln mit Luft restituirte darauf das unveränderte Spectrum des Oxyhämoglobins. Aus der mit salpetrigsaurem Natron versetzten Blutkörperlösung des Hundes erhielt Gamgee schmutzig braun gefärbte Hämoglobinkrystalle, deren Lösung dasselbe Spectrum gab, wie das Blut.

Als Gamgee völlig reines Stickoxyd (durch Kochen vonmit Stickoxyd gesättigter Eisenvitriollösung im Kohlensäurestrom) einige Secunden lang in Blut leitete, traten dieselben Veränderungen wie mit den Nitriten ein, und es schien auch das Stickoxyd sich mit dem Blutsauerstoff zu salpetriger Säure zu oxydiren, doch lässt es Gamgee unentschieden, ob es sich um eine Wirkung resp. Verbindung der salpetrigen Säure oder des Stickoxyds auf resp. mit Hämoglobin handele, ersteres sei sehr unwahrscheinlich, und von der durch Hermann untersuchten Wirkung des Stickoxyds auf Hämoglobin (Ber. 1865. p. 247) unterscheidet Gamgee seine Wahrnehmungen streng, so fern Hermann das Stickoxyd bei Gegenwart von Ammoniak oder Barytwasser längere Zeit auf Hämoglobin (oder auf vorher sauerstofffrei gemachtes Hämoglobin) wirken liess. Uebrigens bemerkte schon Hermann, dass bei Einwirkung kleiner Mengen von Stickoxyd das Blut zuerst dunkel, bis fast schwarz wurde von der Wirkung der zuerst mit dem Blutsauerstoff gebildeten Untersalpetersäure. Wahrscheinlich, meint Gamgee, wirken die Nitrite und die salpetrige Säure reducirend, und es entstehe eine weniger Sauerstoff-haltige Modification des Hämoglobins.

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Nach den Untersuchungen Diakonow's zersetzt der Schwefelwasserstoff kohlensaures und phosphorsaures Alkali und bildet Sulphhydrate, und diese Umwandlung jener Salze findet auch im Blutserum beim Durchleiten von Schwefelwasserstoff statt. Beim Durchleiten von Luft verwandeln sich die Schwefelverbindungen in unterschwefligsaure und schwefelsaure Salze, und dasselbe geschieht auf Kosten des Oxyhämoglobins im Blute, dem jene Schwefelalkalien den Sauerstoff entziehen. Hierdurch erklärt der Verf. die bei Vergiftung mit Schwefelwasserstoff auftretenden Anfälle von Asphyxie (vergl. die Ansicht von Kaufmann und Rosenthal im Ber. 1865. p. 248).

Beim Einleiten von Schwefelwasserstoff in Lösungen von Oxyhämoglobin tritt nach Hoppe-Seyler, wie Diakonow berichtet, zuerst die Veränderung der Farbe ein und das Unvermögen, Sauerstoff aus der Luft anzuziehen, erst bei weiterer Einwirkung von Schwefelwasserstoff die Ausscheidung Schwefel und Eiweissstoffen (vergl. Ber. 1865. p. 248). Der Verlust des Sauerstoffs steht also, bemerkt D., nicht in

von

Blut und Schwefelalkali.

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solchem Zusammenhange mit der Schwefelausscheidung, wie bei Umsetzung des Schwefelwasserstoffs mit dem Sauerstoff des Oxyhämoglobins zu Wasser und Schwefel. Der Verf. meint, dass die Ausscheidung von Eiweissstoffen und Schwefel auf einer tiefer greifenden Einwirkung des Schwefelwasserstoffs auf das Hämoglobin beruhen, und diese Wirkung bei Vergiftungen nicht in Frage kommen könne, weil es sich dabei nicht um eine so starke Wirkung des Schwefelwasserstoffs handeln könne; damit würde das im vorj. Bericht p. 289 notirte Bedenken Hoppe - Seyler's gegen die Erklärung der Schwefelwasserstoff - Vergiftung von Kaufmann und Rosenthal erledigt sein, und von Letzteren weicht Diakonow nur in so fern ab, als er die Sauerstoffentziehung durch die zuerst aus Plasmasalzen gebildeten Schwefelalkalien zu Stande kommen lässt.

Schwefelkalium bringt nach Preyer die Absorptionsstreifen des Oxyhämoglobins zum Verschwinden, es tritt der Streifen des reducirten Blutes auf, dann aber, besonders bei gelindem Erwärmen, zwei andere Streifen zwischen D und E und bis über E hinaus, es sind dieselben Absorptionsstreifen, die Nawrocki für das mit Schwefelammonium behandelte Hämatin beschreibt. Beim Kochen, wobei die Lösung klar bleibt, verschwinden diese Streifen, um bei rascher Abkühlung wieder aufzutreten. Kohlenoxydhämoglobin wird schwerer durch die Schwefelleber verändert.

Wurden die Streifen durch Schwefelammonium hervorgerufen, so coagulirte die Lösung beim Erhitzen; nachträglicher Kalizusatz bewirkte dasselbe Verhalten, wie nach Zusatz von Schwefelkalium.

Hoppe-Seyler sah die rasche Zersetzung des Hämoglobins durch Schwefelkalium und Schwefelammonium nur bei gleichzeitiger Gegenwart von freiem Alkali, oder wenn mehr Schwefelleber als Blutfarbstoff in Lösung war.

Das Verschwinden der Reductionsstreifen beim Kochen, Wiedererscheinen beim Erkalten erklärt sich Hoppe - Seyler dahin, dass das reducirte Hämatin in der Hitze umgewandelt werde, wie er es beobachtete und a. a. O. p. 298 beschrieb, und dass ein neuer Theil bis dahin noch unzersetzt gebliebenen Hämoglobins reducirt werde und von Neuem die Streifen zeige.

Koschlakoff und Popoff schliessen aus ihren Untersuchungen, dass Phosphorwasserstoff das Hämoglobin und das Hämatin zersetze ohne sie vorher zu reduciren, und dass daher die Ver

giftung durch Phosphorwasserstoff nicht auf Reduction des Hämaglobins beruhe (vergl. d. vorj. Ber. p. 320).

an

Preyer sah das Oxyhämoglobin durch Cyankalium in der Kälte nicht, wohl aber bei Blutwärme verändert werden, Stelle der normalen Absorptionsstreifen erschien ein Streifen, ähnlich dem des Sauerstoff- freien Hämoglobins, aber die Lösung hatte gelblichen Schimmer, coagulirte nicht beim Erwärmen, blieb lange Zeit unverändert, und Sauerstoff restituirte nicht das ursprüngliche Verhalten. Durch Schwefelammonium entstanden zwei Streifen, denen des Kohlenoxyd- Hämoglobins ähnlich, die durch Sauerstoff ausgelöscht wurden, während der Streifen des reducirten Hämoglobins erschien; Schwefelammonium stellte jene beiden Streifen, die Preyer das Reductionsspectrum zweiter Ordnung nennt, wieder her, und diese Lösung coagulirte nun beim Erhitzen.

Die Streifen des Kohlenoxydhämoglobins wurden durch Cyankalium bei einer Temperatur höher als 40° zum Verschwinden gebracht, die Lösung verhielt sich dann wie reducirtes Hämoglobin. Blausäure und Schwefelammonium verwandelten das Spectrum des Kohlenoxyd-Hämoglobins in das Reductionsspectrum zweiter Ordnung; Sauerstoff konnte dann den Streifen des reducirten, oder die Streifen des Kohlenoxyd- oder auch die des Oxyhämoglobins wiederherstellen.

Es verbinden sich, schliesst Preyer, Cyankalium und Blausäure chemisch mit dem Hämoglobin, die Verbindungen enthalten Sauerstoff, der an Schwefelammonium abgegeben wird, aber fester, als im Oxyhämoglobin gebunden ist. CyankaliumHämoglobin coagulirt nicht beim Erwärmen, wohl aber das Blausäure-Hämoglobin.

Hoppe - Seyler, so wie auch Preyer, gewannen die Verbindung des Hämoglobins mit Blausäure krystallinisch; die Krystalle unterschieden sich, abgesehen von dem erst bei der Zersetzung sich zu erkennen gebenden Blausäuregehalt, nicht von den gewöhnlichen. Die Verbindung war beständiger, als das Oxyhämoglobin, und war, wie Preyer hervorhebt, nicht im Stande, Guajakharz zu bläuen (vergl. unten die Beobachtungen Schönbein's) wie das Sauerstoff-, das Kohlenoxydund das Stickoxyd-Hämoglobin.

Für die Annahme der von Preyer angegebenen Verbindung des Hämoglobins mit Cyankalium, die derselbe nicht krystallisirt erhalten konnte, verlangt Hoppe-Seyler, da letzteres so leicht Blausäure abgiebt, den Nachweis des Kaliums in der Verbindung. Die Angaben Preyer's über die Spectralerscheinungen findet Hoppe-Seyler nur dann, wenn grosser Ueberschuss von

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Cyankalium oder Zusatz von Aetzkali angewendet wurde, und dann handele es sich um die Cyanverbindung des Hämatin. Dasselbe hob Nawrocki hervor.

Da die Blausäure und das Cyankalium, bemerkt Preyer, bei Blutwärme sich mit Hämoglobin verbinden, sowohl mit Sauerstoffhämoglobin, als mit reducirtem Hämoglobin, und da diese Verbindungen durch Zufuhr atmosphärischen Sauerstoffs nicht in Oxyhämoglobin zurück verwandelt werden können, dieselben auch nicht das Vermögen besitzen, den Luftsauerstoff zu ozonisiren, so könnte daraus ohne Weiteres die Giftigkeit der Blausäure und des Cyankalium erklärt werden: man würde annehmen, dass der ganze Thierleib mit einem Schlage seines Sauerstoffs beraubt würde. Aber diese Anschauungsweise ist nach Preyer unhaltbar, weil sich jene Verbindungen im Blute der Vergifteten nicht nachweisen lassen. Nach den weiteren Untersuchungen Preyer's tödtet die Blausäure zwar allerdings durch Asphyxie, doch wird dieselbe in anderer Weise eingeleitet, vergl. unten. Schönbein dagegen vermuthet doch mit Rücksicht auf seine sogleich zu erwähnenden Versuche, dass die Blausäure in einer der von Preyer zuerst angedeuteten ähnlichen Weise durch Erstickung im Blute tödtet, vermöge derselben Wirkungsweise, die Preyer daran bemerkte, dass das Blausäure - Hämoglobin dle Guajaktinctur nicht mehr bläuet.

Das mit Blausäure vermischte (gewässerte) Rinderblut hat nach Schönbein's Wahrnehmungen auch das Vermögen, Wasserstoffsuperoxyd zu zersetzen verloren; das blausäurehaltige Blut wurde dagegen durch Wasserstoffsuperoxyd rasch bis zur Undurchsichtigkeit gebräunt unter Verschwinden der beiden Absorptionsstreifen des Hämatoglobulins, und ohne dass ein neuer Absorptionsstreifen auftrat, und dies Verhalten erwies sich als ein sehr empfindliches Reagens auf Blausäure, indem ein Gemisch von 50 Grms. Blut mit 450 Grms. Wasser und 5 Milligrms. wasserfreie Blausäure durch Wasserstoffsuperoxyd noch tief gebräunt wurde, und es durfte das Gemisch sogar noch mit der siebenfachen Wassermenge verdünnt werden, so dass es nur 1/800000 Cy H enthielt. Wurde das Wasserstoffsuperoxyd dem Blute zuerst zugefügt, so ververursachte dann die Blausäure nicht die geringste Bräunung, vielmehr erfolgte die Zersetzung des Superoxyds, so wie bei Abwesenheit der Blausäure.

Da Schönbein die Blausäure offenbar bei niederer Temperatur, nicht bei Blutwärme, mit dem Blute in Berührung brachte, so ist es nicht im Widerspruch zu den Angaben Preyer's,

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