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Bericht über die Fortschritte der Physiologie

im Jahre 1867.

Von

Dr. G. Meissner,

Professor in Göttingen.

Hand- und Lehrbücher. Hülfsmittel.

L. Hermann, Grundriss der Physiologie des Menschen. 2. Auflage. Berlin. 1867.

J. Ranke, Grundzüge der Physiologie des Menschen mit Rücksicht auf Gesundheitspflege und das praktische Bedürfniss des Arztes. Leipzig.

1868.

Kirkes, Handbook of physiology. 6. edition; edited by W. Morrant Baker. London. 1867.

J. Marshall, Outlines of physiology, human and comparative. 2 Voll. London. 1867/68.

J. C. Dalton, A treatise on human physiology. 4. edition. Philadelphia. 1867.

F. Lussana, Manuale pratico di fisiologia ad uso dei medici. I. Milano. 1866.

E. F. v. Gorup - Besanez, Lehrbuch der physiologischen Chemie. 2. Aufl. Braunschweig. 1867.

W. Kühne, Lehrbuch der physiologischen Chemie. Schluss. Leipzig. 1868. C. Robin, Leçons sur les humeurs normales et morbides du corps de l'homme. Paris. 1867.

W. Wundt, Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen. 1867.

G: Valentin, Die physikalische Untersuchung der Gewebe. Leipzig und Heidelberg. 1867.

W. Krause, Die Anatomie des Kaninchens in topographischer und operativer Rücksicht. Leipzig. 1868.

P. Schneider, Topographische Anatomie des Vorderhalses beim Kaninchen und der Kehlkopf desselben. Berlin. 1867.

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Th. Graham, Ueber die Absorption und dialytische Scheidung der Gase durch colloidale Scheidewände. Annalen der Chemie und Pharmac. V. Supplementband. 1867. p. 1.

N. de Khanikoff et V. Louguinine, Expériences pour vérifier la loi de Henry et Dalton sur l'absorption des gaz par les liquides à température constante et sous des pressions variables. de Physique. 1867. T. XI. p. 412.

E. Voit, Ueber die Diffusion von Flüssigkeiten. 1867. Bd. 130. p. 227. 393.

Dubrunfaut, Note sur la diffusion et l'endosmose.

Annales de Chimie et

Poggendorff's Annalen

Annales de Chimie et

de Physique. 1867. T. X. p. 145. (S. d. Orig.)

M. Traube, Experimente zur Theorie der Zellenbildung und Endosmose. Archiv für Anatomie und Physiologie, 1867. p. 87.

Die Untersuchungen Graham's müssen, da dieselben nicht in näherer Beziehung zu physiologischen Vorgängen stehen, im Original nachgesehen werden; vergl. in dieser Beziehung p. 2 d. Orig. und den Ber. 1857. p. 190. 191.

Die Versuche von de Khanikof und Louguinine betreffen die Absorption der Kohlensäure in Wasser bei 15o unter verschiedenem Drucke zwischen 1 und 5 Atmosphären und wurden angestellt mit besonderer Berücksichtigung der von den Verff. erörterten Fehlerquellen (die Temperatur, die Messung der Gasvolumina u. A. betreffend), denen die älteren Versuche von Henry u. And. ausgesetzt waren.

Die Versuche ergaben, dass das Henry-Dalton'sche Gesetz nur innerhalb niederer Druckwerthe annäherungsweise das wahre Verhalten ausdrückt, und dass die bei der gleichen Temperatur absorbirten auf die Temperatur- und Druckeinheit reducirten Kohlensäurevolumina nicht proportional dem Druck wachsen, sondern in viel rascherem Verhältniss, als dieser: die Beziehung zwischen den Gewichten des Absorptions coeffi

cienten und den Druckwerthen wird nach den Verff. durch eine Parabel ausgedrückt.

Ueber freie Diffusion von unter Wasser gebrachten Zuckerlösungen stellte E. Voit Untersuchungen nach derselben Methode, mit Benutzung des Saccharimeters, an, deren sich Hoppe-Seyler bediente (vorj. Ber. p. 266), jedoch unabhängig von Letzterm. Eine für die Benutzung der Saccharimeterangaben für solche Untersuchungen sehr wichtige Bemerkung s. p. 421 d. Orig. Die Versuche ergaben, in Uebereinstimmung mit Hoppe's Beobachtungen, dass die Diffusion bei Rohr- und Traubenzucker innerhalb der Beobachtungsfehler dem Flächeninhalt, der Concentrations-Differenz zweier benachbarter Schichten und der Zeit proportional erfolgt. Der Einfluss der Zähigkeit ist so gering, dass er bei dem Maasse der Genauigkeit der Beobachtungen nicht nachzuweisen ist. Die Diffusionsconstante, welche ausdrückt, wie viel Zucker beim Beharrungszustande in einem Tage durch einen Querschnitt von 1 Q.-Cm. fliessen würde, wenn die Höhe des ganzen Diffusionsgefässes 1 Cm. wäre und an seinen Enden die Concentrations-Differenz von 1 Grm. stattfände, beträgt für Rohrzucker 0,3144, für Traubenzucker 0,3180 bei 14-15° C.

M. Traube gab eine ausführliche Darstellung seiner Untersuchungen, von denen nach vorläufiger Mittheilung im vorj. Bericht p. 269 u. f. referirt wurde.

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Die homogenen Membranen in Form geschlossener Zellen erzeugte Traube, indem er z. B. Kugeln von Leimgallert in Gerbsäurelösung brachte; die Kugel überzog sich mit einer Haut und nahm allmählich durch Wasseraufnahme bedeutend an Volum zu, während der Inhalt klarer durchsichtiger Leim blieb und keine Gerbsäure eindrang. Es stellte sich bald heraus (p. 91 u. f.), dass die gallertige Beschaffenheit des Leims der Wasseraufnahme durch die Membran der Wirkung der endosmotischen Kraft entgegenwirkt und auch für Cohärenz und Homogeneität der Niederschlagmembran ungünstig ist. So wurden z. B. völlig klare, glasartig durchsichtige Membranen, Zellen erhalten, wenn ein Tropfen von concentrirter, fast erstarrender Gerbsäurelösung am Glasstab hängend in verdünnte kochsalzhaltige Leimlösung gebracht wurde: es drang rasch Wasser durch die Membran, welche die Gerbsäure löste und die Membran in kurzer Zeit zur wasserhellen Blase ausdehnte. Die Membran war so zart, dass sie in glänzenden Regenbogenfarben schimmerte. Besser geeignet als der gelatinirende Leim war solcher Leim, der durch anhaltendes Kochen mit Wasser die Fähigkeit zu gela

tiniren fast ganz eingebüsst hatte. Solcher Leim löste sich in concentrirter Gerbsäure reichlich, Wasserzusatz schied dann gerbsauren Leim aus. Durch Eintauchen von einigermaassen eingetrockneten Tropfen dieses Leims in Gerbsäurelösungen wurden Membranen erzeugt, die Unterschiede zeigten, je nach der Concentration der Gerbsäurelösung: die Membranen fielen um so stärker aus, je verdünnter die Gerbsäurelösung im Verhältniss zu der Leimlösung war, und die Veränderungen der erzeugten Zellen unter der Wirkung der Wasseraufnahme lehrten weiter, dass sehr zarte Membranen entstehen sowohl bei hoher Concentration beider Membranbildner", als auch bei geringer Concentration beider, dagegen dickere Membranen, welche im Stande waren stark gespannte kuglige Zellen zu bilden, wenn eine gewisse Differenz in der Concentration der beiden Membranbildner stattfand. Mit der Differenz der Concentration wächst die Intensität des endosmotischen Stroms und so wird also die Membran um so dicker, je grösser diese Intensität, je grösser die Zahl der zu Membran gerinnenden Atomschichten. Membranen aus anderen Membranbildnern erzeugt waren übrigens auch schon bei geringster Stärke im Stande, eine Spannung des Inhalts entstehen zu lassen.

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Gewisse Zusätze zu dem innern Membranbildner (Leim) bewirkten, dass auch bei Fehlen obengenannter Bedingung für die Bildung dickerer Membranen solche entstanden: so wirkte die Gegenwart von sehr wenig essigsaurem Bleioxyd, schwefelsaurem Kupferoxyd, Brechweinstein im Zelleninhalt. Unter Zusatz von Kochsalz oder Traubenzucker oder Gummi zu dem Leim konnten mit Gerbsäure die feinsten Substanzschichten als Niederschlagmembranen erzeugt werden.

So lange die künstlichen Zellen von beiden Membran bildnern bespühlt werden, und noch kein Gleichgewicht der Concentration in der innern und äussern Lösung hergestellt ist, führt die durch Eindringen von Wasser bewirkte Erweiterung der Molekularinterstitien zur Gelegenheit, dass die Moleküle der Membranbildner von Neuem in Wechselwirkung treten und in den erweiterten Interstitien Neubildung von Membran stattfindet (Intussusception); die Zelle wächst ohne Membranbildner ein- und auszulassen (p. 118-120). Wurde aber aus der Umgebung einer Zelle der eine Membranbildner durch Wasser verdrängt, so hörte das Wachsthum auf, Wasser drang ein, erweiterte die Interstitien der Membran, aber die Erweiterungen wurden nicht mehr durch Neubildung ausgefüllt, und der innere Membranbildner drang nun ungehindert nach Aussen.

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Ueber Einwirkungen der Schwere und des Lichtes auf die Richtung des Zellenwachsthums, auf die Form der Zellen, so wie auch über besondere Formentwicklungen unter dem Einfluss besonderer chemischer Momente vergl. p. 114-116 des Orig., so wie im Nachtrag p. 163 u. f.

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Je grösser die Anziehung des Zelleninhalts zum Wasser ist ,,endosmotische Kraft", desto stärkern Wachstums ist die Zelle fähig, und so kann das Wachsthum der Zelle durch Zusatz von für die Membranbildung indifferenten Stoffen wesentlich verstärkt, ja selbst wesentlich und unabhängig vom innern Membranbildner bedingt werden, sobald dieser Zusatzstoff nicht die Molekularinterstitien der Membran passiren kann, in welchem Falle er dem Wachsthum im Gegentheil frühere Grenzen setzen muss: so beförderte Traubenzucker das Wachsthum der gerbsauren Leimzellen, nicht Kochsalz.

Die Versuche über Membranbildung aus einem Colloid und einem Krystalloid und aus zwei Krystalloiden stellte Traube unter Anderm in der Weise an, dass er den in einer etwa durch Kautschuk verschlossen zu haltenden Glasröhre hängenden Tropfen der einen Lösung in die andere eintauchte, worauf sich eine die Mündung der Röhre verschliessende Membran bildete. Auch solche Membranen z. B. von Ferrocyankupfer, von Berlinerblau waren klar und fast farblos oder nur schwach gefärbt, anders beschaffen, als die gewöhnlichen amorphen Niederschläge. Die metallhaltigen Membranen waren fest und zeigten nur schwierige Intussusception. Ob ein Niederschlag in Membranform erhalten werden konnte, hing von der Wahl der Componenten ab, wo derselbe Niederschlag auf verschiedene Weise erzeugt werden konnte. Die Einzelheiten darüber müssen im Original nachgesehen werden.

Da auch Krystalloide Membranbildner sein können, so ist die Unfähigkeit, durch eine Membran hindurchzugehen, durchaus nicht auf amorphe Körper beschränkt und Traube spricht ganz allgemein aus, dass jeder Niederschlag, dessen MolekularInterstitien kleiner sind, als die Moleküle seiner Componenten, Membranform annehmen kann. Dass die gewöhnlichen Membranen nach Graham nur für amorphe Körper undurchdringlich sind, bedeutet nur, dass diese unter allen chemischen Verbindungen die grössten Moleküle besitzen.

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Je grösser die Moleküle beider Membranbildner sind, desto weiteren Grenzen ist die Grösse der Molekularinterstitien der Membran zu suchen: die Interstitien können nahe so gross sein, wie die Moleküle der Membranbildner, brauchen

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