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schmacke, der damals in England der gewöhnliche war. Einige dieser Sonette und Lieder haben den gemeinschaftlichen Titel Der verliebte Pilger (the paffionate Pilgrim). Sie sind im Jahre 1599 zum ersten Male gedruckt. Unter den Liedern finden fich einige vorzügliche. Außer den Sonetten, die. zu dieser besondern Sammlung gehören, haben sich noch hundert und vier und vierzig von Shas Fespear erhalten, der also auch unter den englischen Sonettisten seiner Zeit nicht zurück bleiben wollte. Aber der Werth seiner Sonette gleicht nicht ihrer Menge. Shakespear's Phantasie konnte sich in den engen Schranken des Sonetts nicht mit ihrer natür. lichen Freiheit und Leichtigkeit bewegen. An die strengen Gefeße des italienischen Sonetts hat er sich gar nicht gebunden. Liebe und Gunst der Frauen sind der Gegenstand der meisten dieser Sonette; aber der Wik har in ihnen die Rolle des Gefühls übers nommen und in den meisten die Zartheit, mit wel cher Shakespear die Liebe in seinen dramatischen Wers Pen behandelt, ganz zerstört. Zuweilen sind die ges suchten Gedanken kaum verständlich ').

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e) Hier ist zur Probe eines dieser Sonette.

O how thy worth with manners may I fing

Forta

› When thou art all the better part of me?
What can mine own praise to mine own self bring?
And what is't but mine own, when I praise thee?
Even for this let us divided live,

And our dear love lofe name of fingle one,

That by this feparation I may give

That due to thee, which thou deferv'ft alone.
O abfence, what a torment would't thou prove,
Were it not thy four leifure gave sweet leave

Fortsehung der Geschichte der dramatischen Poesie der Engs länder von Shakespear bis zu Ende dieses Zeitraums.

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hakespear's Zeitgenossen wußten nicht, wie hoch dieser Dichter über alle andern emporragte, die zugleich mit ihm für das englische Theater arbeiteten. Man bewunderte und liebte ihn; aber die ganze Größe seines Genies anzuerkennen, blieb den folgenz den Jahrhunderten vorbehalten. Indessen wirkten Das Beispiel, das er gab, und der Ruhm, den er einerntete, mächtig auf mehrere poetische Köpfe, die nun auch ihre ganze Kraft und Kunst auf die Vera vollkommnung der dramatischen Poesie ihres Zeitals ters wandten. Es war eine neue Epoche für das englische Theater.. Und ein Glück für dieses Theas ter war es, daß die Dichter, die mit Shakespear wetteiferten, ihm nicht als einem Gesekgeber huldigs ten, und Shakespear's Schauspiele gar nicht als Muster der dramatischen Vollkommenheit nachahme ten. Der liberale, über alles Gefühl des Neides erhabene, weder herrschsüchtige, noch pedantische Shas Lespear scheint selbst seine Freude daran gehabt zu has ben, daß jeder Dichter, der sich berufen fühlte, nach dem Lorber der dramatischen Poesie zu streben, seinen eigenen Weg zu gehen versuchte. Sonst hätte er sich wohl nicht am Mittage feines Ruhms herabges Lassen, selbst eine Rolle in einigen Schauspielen des

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eigena

To entertain the time with thoughts of love,
Which time and thoughts fo fweetly doth deceive,
And that thou teacheft how to make one twain,
By praifing him here, who doth hence remain.

eigensinnigen Ben Jonson zu übernehmen, der ihn uns gefähr eben so weit zu übersehen glaubte, als er sich von Shakespear entfernte. Wir erblicken also in den englischen Schauspielen aus dem Zeitalter Shakes fpear's nichts vom Charakter einer Schule. Über der Geist des Zeitalters wirkte doch nach densetben Gefeßen auf alle diese dramatischen Dichter. Sie stimmten in ihrem Geschmacke so gar da oft überein, wo einer den andern verbessern wollte. Die Grunds fäße, denen einige von ihnen gefliffentlich folgten, vers Joren sich, wenn es zur Anwendung kam unter Den hergebrachten oder damals bei dem englischen Publicum beliebtesten Formen. So verschieden alfo auch die dramatischen Gedichte aus dieser Periode der englischen Poesie unter sich seyn mögen, und so weit sich manche in mehreren Hinsichten von Shakespear's Werken entfernen, gehören sie doch alle zu einer und Derselben Familie von Schauspielen. Ihre Reihe läuft von den leßten Decennien des sechzehnten Jahrhunderts bis in die zweite Hälfte des siebzehns ten fort, wo ein neuer Geschmack den ålteren, merklich zu modificiren anfing. Ganz aber ist dieser åltere Ge schmack aus dem Zeitalter Shakespear's nie durch einen Spåreren vom englischen Theater verdrängt werden.

Der erste dramatische Dichter, dessen Werfe nach denen von Shakespear in Betracht kommen, ist Benjamin Johnson oder Jonson, gewöhnlich Ben Jonson genannt. Die Geschichte seines Les bens ist eine gute Einleitung in das Studium des Charakters seiner Werke. Er war geboren zu Wefts minster im Jahre 1574, also jehn Jahr jünger, ale Shakespear: Seine Familie stammte aus Schott Land ab. Sein Vater hatte während der Religionss £ 4

unruhen

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unruhen unter der Königin Maria sein Vermögen. eingebüßt. Ben Jonson's Mutter heirathete nach dem Tode ihres ersten Mannes einen Maurer. Der Sohn, der bis dahin den gewöhnlichen Unterricht in mehreren Schulen erhalten hatte, sollte nun auch das Maurerhandwerk ergreifen. Ob, oder wie lans ge er dieses Handwerk getrieben, wird verschieden ers zählt. ・ Nach einigen Nachrichten nahm sich sein Lehs rer, der in der Westminsterschule seine Talente bes merkt hatte, setner an, und empfahl ihn an Sir Walter Raleigh. Nach andern hat Ben Jonson wirklich eine kurze Zeit die Maurerkelle geführt, ist ihr aber entlaufen, und hat Soldatendienste genom: men. Darin fimmen diese Nachrichten mit einem feiner eigenen Epigramme überein, daß er in seinerJugend als Soldat in den Niederlanden gedient, tapfer gefochten,^und im Angesichte beider Armeen einen Feind erlegt und ihm die Beute abgenommen. Aber auch das militärische Leben gefiel ihm nicht lange. Er kehrte nach seinem Vaterlande zurück, fand Unterstüßung, und besuchte die Universität zu Cambridge, um sich ganz den gelehrten Studien zu widmen. Daß er fleißig gewesen, beweisen die Kenntnisse, die er sich erwarb und auf die er bald einen größeren Werth, als auf seine poetischen Tas fente, legte. Doch fand er entweder die regelmäßis ge Lebensart eines Gelehrten zu einförmig, oder er wurde durch die Noth getrieben, um seinen Un. terhalt zu finden, sein Glück als Schauspieler zu versuchen. Aber selbst von dem Winkeltheater, woo er ein Unterkommen gefunden hatte, mußte er wies der abtreten, weil es ihm an Talent zur Schaus spielkunst fehlte. Ein Duell, in welchem er das Unglück hatte, feinen Gegner zu erlegen, hätte ihn beinahe

beinahe ganz in das Verderben gestürzt. Einige Zelt mußte er im Gefängnisse zubringen. In dies fer Bedrängniß ließ er sich von einem katholischen Geistlichen, der ihn besuchte, überreden, die Res ligion seiner Eltern abzuschwören und zur römischen Kirche überzugehen. Alle diese Abenteuer und un gewöhnlichen Ereignisse vereinigten sich in dem Les ben des Ben Jonson, ehe er fünf und zwanzig Jahr alt war. Jeht, nachdem er seine Freiheit wieder erhalten, fing er an, für das Theater zu schreiben. Nachdem sich Shakespear seiner angenome men und ihn in das Publicum eingeführt hatte, bildete sich eine Partei, die den gelehrten Jonson über den ungelehrten Shakespear stellte. Jonson's Selbst; gefühl wuchs. Kaum hatten einige Schauspiele von thm Aufsehen erregt, als er schon den öffentlichen Kunstrichter machen und selbst in einem neuen Thear terstücke, dem Poetaster, diejenigen angreifen zu dürfen glaubte, die nicht so von der Kunst dachten, wie er selbst. Sein heftiges Temperament vermehrtë die Anzahl seiner Feinde; aber seine Gelehrsamkeit und sein farkastischer Wit verstärkten seine Partei. Es schmeichelte ihn sogar, nicht mit dem allgemeinen Beifalle, wie Shakespear, belohnt zu werden; denn, er hielt seine Poesie zu vornehm, um von dem größes ren-Theile des Publicums begriffen zu werden. Bei jeder Gelegenheit ließ er sich merken, daß er nur für Kenner und nicht für das Volk dichten wolle. Nur zuweilen machte ihn der öffentliche Tadel hypochons derisch. Uber abschrecken ließ er sich nicht von der Manter, in der er seinen Freunden und noch mehr sich selbst gefiel. Durch einen Wusfall gegen die schor: tische Nation in einem seiner Schauspiele zog er sich noch ein Mal Gefängnißstraße zu. Die beiden Schau,

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