Page images
PDF
EPUB

Tod des Cicero, das wegen seiner eleganten, fast ganz modernen Sprache und Versification in reimlosen Jamben merkwürdig ist ). Für den Vers fasser dieses letteren Gedichts wird Nicholas Gris moald gehalten, der in Orford auch Rhetorik ges lehrt haben soll ©). Auch Madrigale und eine Art von Epigramm finden sich in dem Anpange zu den Wers

Harpalus and eke Corin

Were herdmen both yfere:

And Phillida could twift and fpinne,
And thereto fing full clere.

But Phillida was all to coy

For Harhalus to winne,

For Corin was her only joy

Who forft her not a pinne.

How often would the flowers twine,

How often garlandes make

Of cowslips and of columbine,

And all for Corins fake.

b) Die Sprache dieses Gedichts ist nicht ohne Annäherung zur tragischen Würde; z. B. in der Stelle:

Therefore when reftlefs rage of wynde and wave, He fan by fates, alas, calde for, (quoth he) Is hapeless Cicero, fayle on, fhape courfe To the next fhore, and bring me to my death. Perdy these thankes refcued from evill fword, Wilt thou my country pay? I fee myne end! So powers divine, fo bid the gods above, In citie faved that conful Marcus fhend. Speaking no more, but drawing from diep hart Great grones, even at the name of Rome rehearst, His ayes and cheeehs with fhowers of tears he washt; And (though a route in daily dangers worne) With forced face the fhipmen held their teares, And ftriving long, the feas rough flood to paffe In angry windes and stormy fhowers made way. c) Bergl. Warton, III. p. 60.

2

Werken von Surrey und Wyát. Die Nahmen der Verfasser aller dieser kleinen Gedichte sind entweder gar nicht angemerkt, oder nur mit den Anfangsbuchstas ben bezeichnet. Wie sich diese Schule bemühete, die alte classische Litteratur nach und nach in den Kreis der englischen Poesie herüber zu ziehen, sieht man auch aus einer artigen, in eben diesem Anhange zu den Gedichten von Surrey and What befindlichen Uebersetzung der beiden griechischen, aus den Wers fen der alten Gnomiker bekannten Stücke der Phis losophen Metrodor und Posidonius über die Leiden und Freuden des menschlichen Lebens.

Unter den übrigen Dichtern und Reimern, die während der Regierung Heinrich's VIII. die Grenzen der englischen Poesie auf verschiedene Art zu erweitern suchten, kommt auch der Arzt Undrew Bourd oder Borde in Betracht. Er hatte ein bemerkenswerthes Talent zur satyrischen Sittenmahleret; aber seine Verse sind altmodisch und holpricht d).

In der poetischen Satyre versuchten sich um dieselbe Zeit noch andere Engländer, aber keiner mit Glück ). Selbst dem berühmten Thomas More, den die Neigung zu Scherzen und munteren Einfällen bis auf das Blutgerüst begleitete, wo er als Opfer der Launen Heinrich's VIII. starb, wolls ten, als er in seiner Jugend noch Verse machte, wits zige Darstellungen in poetischem Gewande nicht ges lingen. Man hielt ihn indessen eine Zeitlang für den Verfasser des Turniers von Tottenha m (the

d) Proben seiner satyrischen Kunst finden sich in der Mufe's Library und bey Warton.

e) Warton. c. giebt Nachricht von diesen trivialen Sa. tyrikern und andern obscuren Reimern aus dem Zeitalter Heinrich's VIII.

(the Tournement of Tottenham), einer burlesken, Damals sehr beliebten Posse, die doch wahrscheinlich einem andern munteren Kopfe angehört f). Von der neuen Bildung des Geschmacks durch die Schule des Grafen von Surrey scheinen alle diese Satyriker wenig Notiz genommen zu haben. Einige erneuerten fogar das alte Spiel mit der Alliteration ). An: Dere schöpften den Wiß ihrer Werke aus französis schen Fabliaur, die damals noch in England gelesen wurden.

John Heywood, mit dem Beinahmen der Epigrammatist, galt für den wißigsten Kopf am Hofe Heinrich's VIII. Die Einfälle, denen er seis nen Beinahmen verdankt, gefielen selbst der finsteren und bigotten Königin Maria. Aber vom wahren Epigramm hatte dieser beliebte Spaßmacher faum eine Ahndung. Er hatte das Talent, bei jeder Ges legenheit possenhafte Einfälle anzubringen, und sie nachher zu versificiren. So entstand seine Samm: lung von sogenannten Epigrammen, die er huns dertweise herausgab. Das fünfte und sechste Hundert wurde im Jahre 1566 zum ersten Male ges druckt; und die ganze Sammlung wurde bis gegen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts mehrere Male wieder aufgelegt. Er fand also ein großes Publicum, dessen Geschmack dem feinigen glich. Um sich in allen Arten der komischen Poesie hervorzus thun,

f) S. über die übrigen poetischen Versuche des Thomas More, und auch über das Tournement of Tottenham, das einen andern Verfasser hat, die nöthigen Notizen bei Barton, T. III. p. 97.

Vergl. oben das erste Buch.

thun, lieferte er auch burleske Erzählungen, unter denen Die Spinne und die Fliege (the Spider and the Fly), zum Theil eine rohe Nahahs mung der homerischen Batrachomyoomachie, in hols prichten daktylischen Stanzen, die långste und langwets ligste, aber doch hier und da drollig genug, ist. Seis ner Lustspiele soll nachher besonders gedacht wers Den h).

Merkwürdiger sind die geistlichen Gedichte, deren Entstehung unter der Regierung Heinrich's VIII. durch den Anfang der Kirchenreformation veranlaßt wurde. Nach dem neuen Glauberssystem; das der englischen Nation aufgedrungen wurde, war nicht verboten, die poetischen Theile der Bibel in englische Verse zu übersehen und mit einiger Freiheit so zu verändern, daß eine gute Uebersehung in Versen möglich wurde. Nach dem Beispiele, das Marot Durch seine schäßbare französische Uebersehung mehres rer biblischen Pfalme gegeben hatte, bemühten sich in England besonders Thomas Sternhold und John Hopkins, die Psalme metrisch in ihre Mut tersprache zu übertragen. Den orientalischen Styl mit der Manier der englischen Volkspoesie zu vereis nigen, schien diesen Ueberseßern nicht unzweckmäßig, wenn ihre Arbeit von dem großen Publicum so aufs genommen werden sollte, wie sie es wünschten. Auf diese Art entstand eine, freilich seltsame, aber doch nicht ganz verwerfliche Uebersehung der Pfals me in die Versart und den Styl der engs lischen Ballade. Ungefähr in demselben Ges schmacke

h) Die Works of John Heywood, Lond. 1546. in 4to. sind im 16ten Jahrhundert noch ein Mal aufgelegt, seits dem aber, wie es scheint, nicht wieder.

schmacke wetteiferten andere der neuen Psalmodisten mit Sternhold und Hopkins, weil doch einmal das Volk in England an dem Psalmensingen ein so großes Wohlgefallen fand, wie die calvinischen Protes stanten in Frankreich und der Schweiz. Zur Ents wickelung des Gefühls für die höhere lyrische Poesie Fonnten zwar diese Psalme im Voltston unmittelbar nichts beitragen; aber sie erweiterten doch die Phan: tasie der englischen Dichter und den Geschmack ih: res Publicums durch orientalische Bilder, und ges wöhnten sie an eine neue Kühnheit des Ausdrucks ).

Alles, was sonst während der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts in englischen Versen geschrieben wurde, anonymische Balladen und Lieder und mehrere dramatische Versuche abges rechnet, ist in einer allgemeinen Geschichte der neues ren Poesie und Beredsamkeit nicht der Erwähnung werth. Daß damals von der schottischen, Grenze herab die meisten Balladen und Lieder, die sich erhalten haben, sich in England verbreiteten, läßt sich nicht bezweifeln *). Aber erzählen läßt sich auch nichts davon, weil dieser Zweig der englischen Poesie immer noch in einer gewiffen Absonderung von der eigentlichen Litteratur der Nation blühete, und kein Dichter, der sich zu den gebildeteren zählte, sich des Volksgesanges annahm, bis endlich unter der Regierung der Königin Elisabeth die ersten Sammlungen von englischen Balladen und

i)` Weitläuftige Nachrichten von dieser geistlichen Poesie ber Engländer aus der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrs hunderts finden sich bei Warton T. III. k) Vergi, oben, S. 103.

« PreviousContinue »