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Philosophisch - Philologische Classe. In der Sigung am 9. November 1844 hielt der funct. Secretår Vortrag über die Alter: thumer, welche während dieses und des legten Jahres an der Linie der Eisenbahn zwischen Augsburg und Donauwörth an 3 alten Grab: ståtten, südlich von Augsburg auf dem Rosenauer Berg, dann 4 Stunden von Augs: burg bey Langweid und einige Stunden weiter hin bey Nordendorf über Meitingen sind ge funden worden.

Der Hauptfund wurde bey Nordendorf gemacht und hier eine Anzahl von nahe an 400 Gräbern eröffnet, welche in einer Tiefe von 210 Schuh unter Lehmboden die Skelete ohne weitere Umge: bung, in Reihen geschichtet, enthielten, von männli den und weiblichen Individuen und von Kindern; auch einige von Pferden wurden gefunden.

Die Knochen waren zum Theil wohl erhalten. Aus ihnen ist eine beträchtliche Sammlung von Schädeln gewonnen worden. Von geringerm Umfang aber nicht unbedeutendem Interesse war das Grabfeld bey Langweid; von beyden werden die Pläne des Hrn. Ingenieur Feigele mit Angabe der einzelnen Gräber vorgelegt. Diesem erfahrnen und gewissenhaften Kenner solcher Alterthümer haupt

1. Januar. 1845.

sächlich verdankt man, daß die bedeutenden Funde zu Tage gefördert und erhalten worden sind. Von ihm ist auch, was im Folgenden von den nähern Umständen des Fundes erwähnt wird.

Die Ausgrabungen giengen im letzten Jahre auf Kosten des historischen Vereins von Schwaben und Neuburg, im gegenwärtigen auf gemeinsame Kosten desselben und des k. Antiquariums; die von Langwaid wurden allein für das Antiquarium un

ternommen.

Die männlichen Skelete haben fast nur eiserne Geräthe, Schwerter, Messer, umbones von Schildern und einige andere bronzene Zierden.

Zwey Skelete, welche mit den Häuptern nach Westen sahen, während alle andern nach Osten ge= richtet waren, haben bronzene Ketten von mehreren Schnüren feiner Arbeit, das eine mit dem Zeichen des Kreuzes. Es besteht die Vermuthung, daß sie Priestern gehörten, da noch jeho die Priester mit dem Haupte nach Westen begraben werden, während die Glieder ihrer Gemeinde nach Osten sehen.

Herr Domcapitular Windischmann knüpft daran die weitere Bemerkung, es scheinen diese Gehänge afcetische Instrumente zu seyn, flagella zur Geißelung, und die runden hohlen Körper am Ende des einen, so wie die Uebereinstimmung späterer Geißeln dieser Art schienen seine Annahme zu bestätigen.

Der Schmuck, welcher in Gräbern der Frauen gefunden wurde, ist viel reichhaltiger; über ihren Häuptern liegen gemeiniglich eiserne Messer, um den Hals Reihen von Glasperlen und andere Korallen, untermischt mit Goldblättchen zierlicher Ar

beit, unter dem Kinn nicht selten runde Schließen aus Gold sehr zierlicher Arbeit und mit rothem Glas ausgelegt; mehrere Halsgehänge waren von durchbohrten Amethysten und andern edeln Steinen, um die Hüften lagen bey vielen runde bronzene durchbrochene Zierden, welche an Gürteln gehaftet hatten und zwischen den Schenkeln je zwey Schließen von vergoldetem Silber in mannigfaltigster Form und eigenthümlicher Weise der Verzierungen. Dazu kommen viele andere Geräthe, Kugeln von Krystall, Kämme von Bein, römische Münzen und in den Gräbern der Kinder mancherley Spielzeug.

Die Gräber von Langwied zeigten ohngefähr dieselben Gegenstände, auch wurden hier die Reste eines bronzenen Gefäßes mit Haselnüssen gefunden.

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Was die Zeit belangt, der diese Werke gehö: ren, ist zunächst zu bemerken, daß zwar römische Sachen sich unter ihnen finden, wie Münzen, mei: stens durchbohrt und darum als Schmuck getragen, das genannte bronzene Gefäß, die Halsketten, wel: che aus Glas und andern Korallen bestehen und ähnliches; aller übrige Schmuck aber ist weder grie chisch noch römisch, und zeigt in den zwar etwas rohen, aber reichen Verzierungen von Linien in viel fältigen Verschlingungen, von Gestalten in Thieren und Menschen ein den beyden klassischen Völkern ganz fremdes und mehr nach dem Orient hindeu tendes Gepräge.

Die römischen Münzen, die gefunden wurden, reichen bis Constantin und Helena, also bis in das vierte Jahrhundert unserer Zeitrechnung; dazu kommt die Erscheinung des christlichen Kreuzes. Wir werden dadurch in die Periode geführt, wo um die genannte Zeit die germanischen Völker sich hier niedergelassen und auf den Trümmern römi: scher Provinzen ihre Staaten zu gründen angefan: gen haben.

Zur näheren Bestimmung müssen die Alterthümer beygezogen werden, die Hr. Friedrich Troyon bey Lausanne ausgegraben und beschrieben hat, ähnliche im westlichen Schwaben gefundene, die in der Sammlung des Herrn Herzogs Alerander von Würtemberg sich befinden.

sachen in Burgund gefunden worden. Der schwere Armring aber aus reinem Golde und die goldenen Schnallen mit eingelegtem röthem Glas, deren Auffindung bey Tittmoning und Erwerb wir haupts sächlich Herrn Aktuar Wiesend und Registrator Sedelmeier verdanken, schließt sich in Bezug auf die Arbeit und Ausschmückung den Schmucksachen von Nordendorf an.

Der große goldene Hauptschmuck aber, der bey Speyer einige Fuß unter dem Sandboden gefunden wurde und im Befit des k. Untiquariums ist, zeigt dieselbe Weise dieser fremdartigen Arbeit uns in einem noch größeren und bedeutsameren Beyspiel.

Daß diese Sachen ebenfalls der christlichen Zeit angehören, ist besonders aus dem Funde ben Lausanne klar, der mehrere christliche Symbole, unter ihnen Daniel in der Löwengrube wiederholt, dazu chriftliche Inschrift in lateinischer Sprache zeigt, daß sie germanischen Völkern gehören, wird durch den Namen Nasualdus (Naßwald) bestätigt, der auf einer Schließe bey Troyon in der Inschrift sich findet.

Es kann darum keinem Zweifel unterliegen, daß die reichhaltigen und bedeutsamen Schmucksachen, welche sich auf dieser ganzen Strecke von Ländern in der lehten Zeit gefunden haben, den germanischen Völkern angehören, welche sich im vierten und fünften Jahrhundert an der nördlichen Seite der Alpen auf römischem Gebiet erobernd niederge= lassen haben und unter den Namen Burgundio: nen, Alemannen, Sueven und Bajuarier in die Geschichte eintreten. Die Schmucksachen bez ginnen mit den Zeiten ihrer ersten Ansiedlung und zeigen, daß das Christenthum unter ihnen bereits aufgenommen war. Sie erstrecken sich besonders in der Schweiß auch in spätere Jahrhunderte und bis auf die Karolinger herab.

Anlangend den Typus ihres Schmuckes und den ganzen Charakter der Arbeit, so ist er als ́ein originaler mit jenen Völkern nach ihren neuen Wohnsigen gekommen, zu betrachten und follte die An nahme unzuläßig seyn, daß dieselben unter sich selbst Mit ihnen übereinstimmend sind ähnliche Schmuck nicht Arbeiter von der Geschicklichkeit gehabt hätten,

wie zur Herstellung so feiner Zierrathen nöthig ist, so läßt sich vermuthen, daß die Arbeit durch servi artifices, welche sie im Kauf erworben oder durch römische Künstler geschah, welche für die Fremden und im Geschmack der sogenannten Barbaren ar: beiteten.

Wichtig sind diese Funde an sich wegen ihrer Mannigfaltigkeit, Bierlichkeit und theilweisen Schönbeit, als auch wegen ihrer historischen Beziehung. Sie liefern die germanischen Anfänge christlicher Kunst und beleuchten die Zustände germanischer Geschichte und Sitte, in einem Zeitraum, in welchem die Geschichte gerade über die Bildung der deut schen Bölker ein nur spärliches Licht fallen läßt.

Mathematisch-physikalische Classe.

In der Situng am 9. November 1844 wurde nachfolgende Abhandlung des Dr. Aug. Vogel jun.: Ueber den Schwefelgehalt der Pflanzen vorgelesen.

Daß der Prozeß der Vegetation unorganische Körper bilde, daß z. B. durch das Keimen kaufti sches Kali, Eisenoryd zc. entstehe, daß während des fortschreitenden Wachsthums einer Pflanze in ihren Knoten Kiefelsäure gebildet werde, dieß ist eine Ansicht, der man früher allgemein huldigte, basirt auf Versuche, welche nach den damaligen Mitteln der Wissenschaft alles Vertrauen verdienten. Seit bem es aber durch die Vervollkommnung der anaIytischen Chemie gelungen ist, genaue Bodenanalysen auszuführen und durch verbesserte Methoden Körper in einigen Mineralien nachzuweisen, von deren Gegenwart man sonst keine Ahnung hatte, wie z. B. das Kali im Feldspath, im Kalkstein c., so hat man natürlich die Bildung einer unorganischen Sub stanz durch einen organischen Vorgang als völlig nichtig betrachtet und das Vorkommen aller feuer: beständigen Bestandtheile in den Vegetabilien der Aufnahme von außen, durch den Boden, das Was

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fer oder die atmosphärische Luft zugeschrieben. Wenn daher in jeziger Zeit, da man die Sache als längst abgethan betrachtet, eine Beobachtung gemacht wird, welche auch nur scheinbar der früheren Ansicht der Bildung unorganischer Theile durch die Vegetation günstig werden könnte, so ist es nicht zu verwun Aufmerksamkeit auf sich ziehen und zu Erklärungen dern, daß eine solche Arbeit sogleich die allgemeine erlaube mir daher, mit einigen Worten auf eine und Widerspruch Veranlassung geben mußte. Ich Arbeit zurückzukommen, welche vor wenigen Jahren von meinem Vater ausgeführt wurde und deren Resultate unter dem Titel: Ueber die Absorption der Salze durch gesunde, mit unverlegten Wurzeln versehene Pflanzen" in den Denkschriften der k. Akademie der Wissenschaften mitgetheilt sind. Als ein Anhang dieser Abhandlung und als ein ihr nicht wesentlich integrirender Bestandtheil werden einige Versuche über das Vorkommen des Schwefels in den Pflanz zen angeführt. Es wurde dort zu beweisen ver sucht, daß aus einer bestimmten Menge Kressensaamen, deren Schwefelgehalt bekannt ist, Kressenpflanzen entstehen, die, obgleich in Verhältnissen gewachsen, welche die Zufuhr von Schwefel ausschließen, mehr Schwefel enthalten, als die zu ihrer Erzeugung angewendeten Saamen. Vor Allem ist zu bemerken, jenen Versuchen nur als eine annähernde bezeichnet daß die quantitative Bestimmung des Schwefels in worden ist, da es sich nur um die Frage handelte: Ist in den unter Ausschluß des Schwefels wachsenden Pflanzen mehr Schwefel enthalten, als in den Saamen, aus welchen sie entstanden? - nicht aber: Um wie viel mehr Schwefel?

Daß an die Annahme einer Bildung des Schwefels durch die Vegetation in keiner Weise ges dacht wurde, sondern es nur der Zweck der Übhandlung war, das einfache Factum ohne den Versuch einer Erklärung hinzustellen, geht aus dem Schlusse deutlich hervor, wo es beym Resumé sub Nro. 14 ausdrücklich heißt: „daß nicht hinreichend genügende Thatsachen vorhanden sind, um mit Bestimmtheit nachzuweisen, woher der Schwefel, welcher sich in einigen Pflanzen befindet, entnommen

werde?

Der Gegenstand ist indeß allerdings so bedeu

tend durch die Consequenzen, welche aus der Constatirung der Thatsache gezogen werden können, daß es nicht überflüßig erscheinen darf, wenn ich es mir zur Aufgabe mache, die früheren in der Abhandlung selbst nur als annähernde Bestimmungen bezeichneten Versuche durch genaue und ausführliche zu ergänzen. Ueberdieß lag es ganz in der Absicht der nur vorläufig mitgetheilten Beobachtungen, die Aufmerk samkeit auf diesen Gegenstand zu lenken und gründliche Wiederholungen von verschiedenen Seiten zu veranlassen.

Um die Zufuhr des Schwefels von außen ab zuschneiden, wurden bey den von mir angestellten Versuchen ganz dieselben Vorsichtsmaaßregeln angewendet, welche in der oben erwähnten Abhandlung schon beschrieben sind. Die Kressensaamen keimten in gestossenem Glaspulver, welches vorher untersucht fich vollkommen frey von schwefelsauren Salzen erwiesen hatte. Das Begießen der jungen Pflanzen fand mit destillirtem Wasser statt. Ueber das Ge fäß, worin die Pflanzen wuchsen, war eine Glas glocke gestürzt, in welcher täglich die Luft durch neue, vorher in einer großen Flasche mit verdünnter Bleyeffiglösung geschüttelte Portionen erseht wurde. Auf dem Boden des Tellers, welcher der Glocke zur Basis diente, befand sich eine dünne Schicht von Magisterium Bismuthi, so daß die geringste Beymengung von Schwefelwasserstoff in der Atmosphäre durch eine dunklere Färbung des Wismuthorydes sogleich hätte bemerkbar werden müssen. Die Glode war durch Wasser von der äußeren Atmo sphäre abgesperrt. Diese Vorsichtsmaaßregeln wur: den angewendet, um einem von dem französischen Chemiker Huraut *) gemachten Einwurf zu begeg: nen, welcher die atmosphärische Luft als eine sehr wesentliche Quelle des Schwefels für die Vegeta: bilien betrachtet. Da sich durch jede Verwefung Schwefelwasserstoff entwickelt, so ist es, wie Huraut sehr richtig bemerkt, nicht zu bezweifeln, daß sich in der Luft dieser in Gasform befindet. Nur scheint es mir wahrscheinlich, daß dieses nie weit von dem

*) S. Journal de Pharmacie et de Chimie. 1843. T. III. p. 360. Th. Huraut: Sur l'origine du soufre dans les vegétaux.

Orte seiner Entstehung angetroffen wird. Go ift bekannt, daß der Schwefelwasserstoff durch die gleichzeitige Einwirkung des Sauerstoffs aus der Luft und des Wassers schnell zersezt wird. Diese leichte Zerlegbarkeit des Schwefelwasserstoffs ist eine wohl= thätige Einrichtung der Natur, denn ohne diese Eigenschaft müßte nothwendig die Atmosphäre in ihrer ganzen Ausdehnung von diesem übelriechenden Gase imprägnirt seyn. Wir wissen aber, daß in Gegenden, wo Schwefelquellen sich befinden, außer in der nächsten Nähe der Quelle durchaus kein Geruch in der Umgebung wahrzunehmen ist. So leicht nun durch Schwefelwasserstoffgas den Pflanzen, welche in der Erde wachsen, wo sich stets Körper in Verwesung befinden, Schwefel zugeführt werden kann, so halte ich diese Annahme doch nicht denkbar für Pflanzen, die wie in den zu beschreibenden Versuchen in Glaspulver wachsen, an einem Orte, in dessen Nähe sich kein Schwefelwasserstoff entwickeln kann. Wie unbedeutend übrigens der Ge= halt des Schwefelwasserstoffs in der freyen Luft seyn muß, geht aus einem directen, zur Bestimmung dieses Körpers in der Luft von mir angestellten Versuche hervor. Vermittelst eines im Freyen aufge= stellten Gasometers leitete ich einen beständigen Luftstrom in verdünnte Kupfervitriollösung, die sich in einem langen Cylinderglas mit engem Durchmes= ser befand, so daß die langsam durchstreifenden Luftblasen vom Boden des Cylinders an bis zur Oberfläche der Flüßigkeit einen Weg von 12 Fuß zu pafsiren hatten. Nach vier Wochen, in wel cher Zeit der Luftstrom nur selten unterbrochen wurde, hatte sich die Flüßigkeit auch nicht im minWenn daher die Schwefelmenge desten verändert. in einem so großen Volumen Luft eine für uns durch empfindliche Reagentien nicht wahrnehmbare ist, so sind wir auch nicht berechtigt, sie zur Erklärung des Schwefelgehaltes in den Pflanzen zu gebrauchen.

(Schluß folgt.)

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