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will, überreicht ihm der Papst ein Schwert, es zu tragen zur Vertheidigung der Gerechtigkeit. Mit diesem siegt der Doge nicht nur, sondern bringt auch des Kaisers Sohn, Otto, gefangen nach Venedig. Auf dieß übergiebt ihm der Papst einen Ring, sich jährlich mit dem Meere zu verloben, da keiner so wie er Wächter und Beschüßer des Meeres sey; Otto aber, als er sich anbot, seinen Bater zur Unnahme des Friedens zu bewegen, wird von dem Papste und dem Dogen nach Apulien entlassen und dort von den Seinigen, die den wahren Grund seiner Ankunft nicht wissen, mit Jubel empfangen. Er aber bekennt weßhalb er gekommen sey und weiß seinen Bater so für sich zu gewinnen, daß der Kaiser sich selbst auf den Weg macht, in Venedig Frieden mit der Kirche zu schließen. Otto eilt ihm voraus und wird von Papst und Doge im Triumphe auf genommen. Am folgenden Tage kömmt auch der Kaiser und nun ereignet sich jene Scene, wie sie Basari in der Sala regia des vaticanischen Pallastes mehr menschlicher Ansicht als der Wahrheit zu Liebe dargestellt hat. Während so der Kaiser erniedrigt wird, bewilligt der Papst der Kirche von S. Marco, daß daselbst die Feyer des Himmelfahrtfestes ebenso gehalten werde wie in der Kirche des Apostelfürsten zu Rom; dem Dogen aber noch besonders zu An cona, wohin sich die 3 Fürsten gemeinsam begeben, gleiches Recht des Sonnenschirms, wie dieß der Kaiser genoß, so daß dieser unwillig ausruft, er habe bis jest dafür gehalten, es gäbe nur 2 Herrschaf ten in der Welt, die des Papstes und die seine, nun aber sey durch den Herzog von Venedig eine dritte hinzugekommen. Der Papst aber dessen ganz unbekümmert, vermehrt noch vor den Mauern Roms die Privilegien des Dogen mit einem neuen: Trompeten und Standarten wie die Römer, und bleyerne Siegel an den Bullen haben zu dürfen. So weit die vor uns liegende Erzählung. Mit ihr stimmt ein italienisches Gedicht in Terzinen, von Pier di Natale, vescovo Equilino, der 1370 starb, verfaßt, vollkommen, ja fast bis auf den Wortlaut überein. Es befindet sich auf der Bibl. Casanatensis in Rom, durfte aber nur eingesehen, nicht copirt werden. Ebenso von den mir zugekommnen Handschriften die oben erwähnte Riccardianische Chronik und der Ver: faffer der Chronik in cod. Palat. Rom. 971. Ich

bemerke nur, daß der Verfasser unfrer Historie, fo wie jener Bischof, venetianische Unterthanen waren und ausdrücklich zur Ehre Venedigs schreiben wollten, wie dieß die überall durchgehende Erhebung des Dogen über den Kaiser, ja sogar auch über den Papst hinlänglich zeigen, und wende mich den Werth dieser Erzählung zu erläutern.

Es ist, bekanntlich nicht das erste Mal, daß der Widerspruch der venetianischen Chroniken mit den deutschen besprochen wird. Schon Bardi im Jahre 1584 in seiner vittoria navale ottenuta contra Othone figliuolo di Federigo I. Venet. hatte gestüht auf Obo und andere venetianische Schriftsteller den Ansichten seiner Landsleute die Oberhand zu gewinnen gesucht. Es waren aber damals eine Menge jest bekannter Quellen noch nicht bekannt oder ihr critischer Werth nur wenig ermittelt. Dennoch widersprach bereits der Cardinal Baronius in seinen Annalen, sich auf die ihm bekannten archiva lischen Documente und Chronisten berufend, die je näher sie selbst der Zeit nach jenem Ereignisse stehen, den venetianischen Behauptungen desto offener widersprechen. Gegen ihn trat 1617 der Benedictiner Olmo in seiner venuta di Alessandro III. in Venezia auf, und suchte durch 27 Argumente, die er mit den Aussprüchen verschiedener Schriftsteller, aus Inschriften, Traditionen 2. zusammenhäufte und das ben auch unsers Bonincontri's erwähnt, den er aber ungeschickter Weise zu einem Abte von S. Cyprian in Murano machte, dies Ereigniß für Venedig zu vindiciren. Gegen dieses mit einem Aufwande von Gelehrsamkeit und scheinbarer Evidenz geschriebene Buch machte der päpstliche Archivar Contelori seine concordia inter Alexandrum Pp. III et Fridericum I. Imp. 1632 fol. bekannt, und widerlegte darin feinen Gegner, ihm Schritt für Schritt folgend, so, daß er die von jenem angeführten Autoritäten wegen der Zeit ihrer Abfassung, für werthlos oder wegen Unterschiebung von Stellen, die in den Originalterten fehlen, für ganz ungiltig darzuthun vermochte, Olmo's Einwürfe über falsche Critik auf ihn selbst zurückwarf und endlich bis zur Evidenz nachwies, daß die ganze Erzählung nach den venetianischen Quellen nichts andres ist, als eine Uebertragung späterer, jedoch verfälschter Begeben

heiten unter Friedrich II. auf Friedrich 1. Der Papst ist Gregor IX., der Prinz Otto ist der Cardinalle gat Otto, der auf genuesischen Schiffen die französi schen Prälaten zum Concil nach Rom bringen sollte, aber von König Enzius und den Pisanern gefangen, von dem Kaiser die Erlaubniß erhielt, zu dem Conclave nach dem Tode P. Gregors IX. zu gehen; je doch unter der Bedingniß, er müsse, wenn er nicht selbst zum Papst erwählt würde, wie Prinz Otto nach der Darstellung der Venetianer in fein Gefängniß zurückkehren. Weil er aber dann als Friedensvermittler auftritt, die Venetianer in dem adriatischen Meere die Uebermacht behaupten und treue Verbündete des apostolischen Stuhles bleiben Civitas Venetorum, schreibt P. Innocenz IV. ep. 114 anno Pontific. 4. continuavit sinceritatis affectum eamque cordis constantiam servavit, ut inter civitates alias fidelitatis titulo specialiter insignita illas exemplo suo ad ejusdem ecclesiae obsequium laudabiliter animavit sey alles dieß entlehnt worden, ein Mährchen zu bilden, wie deren im Mittelalter durch blinde Uebertragung des Einen auf das Andere so viele entstanden, und zwar allen 3eugnissen zufolge gar manches Decennium erst nach Friedrich II. Contelori. p. 163.

Ift somit durch Contelori der Werth der venetianischen Erzählungen berichtigt worden, so ist nur noch die Frage, wie denn diese entstanden sind und in welchem Verhältnisse unser Schriftsteller, herzog licher Notar und Official, zur Verbreitung derselben stehe. Die Ankunft des ersten Fürsten der Christenheit in die Inselstadt um durch eine feyerliche Versöhnung mit der Kirche factisch zu widerrufen, was feit 18 Jahren das Ziel seines Strebens war; der Anblick, wie Friedrich Barbarossa, der seit Carl dem Großen feines Gleichen nicht hatte, kaum an der Piazzetta an's Land gestiegen, als er den Papst erblicte, laut Gott dankte und mehr als menschlich ergriffen, den kaiserlichen Mantel von sich warf, um zu den Füßen des Mannes zu sinken, *) den er ver: folgt und geachtet hatte und der nun vor ihm stand

) Nobis sicut summo Pontifici obedientiam et reverentiam exhibuit, schrieb P. Alexander hie von und nicht mehr.

wie der Fels, den die Pforten der Hölle nicht überwinden können winden können alles dieß mußte in Venedig zur lebendigsten Tradition werden, die auf entfernte Geschlechter überging, und von Tausenden gesehen mit der Zeit zu Taufenden von Veränderungen und Zusäßen, Anlaß geben, selbst wenn die Venetianer von Na: tur aus weniger dazu geneigt gewesen wären, als sie wirklich waren und sind, und in jenen Zeiten Begebenheiten auch weniger durch mündliche Fort: pflanzung überliefert worden wären.

Wenige Jahrzehnte nach diesem denkwürdigen Ereignisse war durch venetianische Macht und List das oströmische Kaiserthum, von welchem das abendländische bisher nur als ein durch Usurpation abgeriffener Bestandtheil betrachtet worden war, umge stürzt und dem Herzoge von Venedig zum Besitze angetragen worden. Dieser schlug es aus, dem weltlichen Haupte der Christenheit dadurch gleich zu werden, und begnügte sich mit 3 Viertheilen des Reiches und dem Herzogshute von Venedig. Ob spätere Zeiten dieß Verfahren gut hießen, mag aber sehr die Frage seyn. Wie dem auch sey, Venedig hatte den wesentlichsten Antheil an der Demüthigung der Kaiser des ost und weströmischen Reiches gehabt und als mit dem fortwährenden Steigen der Macht und des Reichthums unbegränzter Stolz, das Erbübel Venedigs, überhand nahm, so lag die Begierde, dem Kaiser des Abendlandes, zu dem ja Venedig noch immer gerechnet wurde, gleichzustehen, wenig stens nicht ferne. Daß nicht alle der oben erwähn ten Privilegien Venedig erst in der Zeit K. Friedrichs I. ertheilt wurden, ist sicher; nicht minder ge= wiß, daß der venetianische Uebermuth sich ihrer zu größerem Glanze der Republick trefflich zu bedienen wußte. Bey solchen Absichten mußte es nicht wenig gelegen kommen, daß nach einer in Dandolo's Chronik vorkommenden Nachricht, (wenn überhaupt nicht diese ganze Stelle eingeschoben ist) Fr. Petrus de Clugia, wahrscheinlich in den ersten Jahrzehnten des vierzehnten Jahrhunderts, die in Venedig circulirenden Sagen von der Demüthigung Kaiser Friedrichs I., der vorausgegangenen Seeschlacht u. dgl. in einem lat. Gedichte zusammenfaßte, das so viele Aehnlichkeit mit des Bischofs Pier de Natale ital. Gedichte ent hält, daß ich versucht bin, die beyden Peter ents

weder für ein und dieselbe Person oder wenigstens das Werk des letteren für Nachbildung des ersteren zu halten.

War einmal, und dieß ist gewiß, ein Dichter, ob Peter de Clugia oder Peter de Natale ist gleich, der erste, der sich mit jenem Gegenstande beschäftigte, so darf man auch für gewiß annehmen, daß er die sen mehr auffaßte, wie ihn die allgemeine Sage als wie ihn die in den Archiven ruhenden Urkunden darstellen, und so beschrieb wie es der größeren Ehre Venedigs angemessen war; zweytens, daß die einmal in das Gedicht aufgenommene Erzählung dadurch eine Stätigkeit erhielt, von welcher man nicht mehr abweichen konnte, ohne die Ehre Venedigs zu ver lehen und der jest festgestellten Meinung der Venetianer über diesen Gegenstand Hohn zu sagen. Und so geschah es denn, daß als ein herzoglicher Notar einen Punkt aus der Geschichte auswählte, um sein schriftstellerisches Talent zur Ehre Venedigs zu versuchen, er keinen passenderen finden konnte als diesen, welcher bereits in aller Munde lebte, und dadurch der Volkssage nun vollends den Stempel des Officiellen aufdrückte; denn das hatte allein noch gefehlt um einige Jahrhunderte mit einem Mährchen, einer fabula Veneta wie die Randbemerkung des Cod. Palat. 971 sagt, zu hintergehen, das seines Gleichen nur in der Fabel von der Päpstin Johanne und dem Zauberer Papst Sylvester findet die Dar: stellung dieses Geschichtchens in Prosa, durch eine venetianische Amtsperson.

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Verzeichniß

der in den Monaten Juni, Juli, August 1844 an die k. Akademie der Wissenschaften eingekommenen Büchergeschenke.

a.

I.

Bom Inlande.

Bon gelehrten Gesellschaften: Von dem historischen Vereine von Schwaben und Neuburg in Augsburg:

Combinirter Jahresbericht für die Jahre 1842. 1843. Augsburg 1844. 4.

Von dem historischen Vereine von Oberfranken in Bayreuth: Jahresbericht für das Jahr 1843/44. Bayreuth 1844. 8. Von dem historischen Vereine von Unterfranken und Aschaffenburg in Würzburg:

Urchiv. Uchter Band. Erstes Heft. Würzb. 1844. 8. Album für die Inauguration des Denkmals Walthers von der Vogelweide. Würzburg. 1813. 8.

Von der k. Universität Erlangen: Die hundertjährige Jubelfeyer der Universität Erlangen. 1843. Erlangen 1844. 4.

Narratio Saecularium Academiae Erlangensis diei tertii quo die XXV M. Augusti 1843. Doctores honoris causa creati renuntiabantur. Erlangae 1844. 4.

Von der pfälzischen Gesellschaft für Pharmacie und Technik: Jahrbuch für praktische Pharmacie und verwandte Fächer. Bd. VIII. Heft III VI. incl. Landau 1844. 8.

b. Von einzelnen Gelehrten. Vom Hrn. Dr. Undreas Buchner, geistl. Nath und Prof. in München : Allgemeine praktische Philosophie zum Gebrauch für Vor: lesungen. München 1844. 8.

(Fortseßung folgt.)

München.

Nro. 4.

herausgegeben von Mitgliedern

der k. bayer. Akademie der Wissenschaften.

4. Januar. 1845.

Aristotelis Organon graece. Novis auxiliis adiutus recognovit, scholiis ineditis et commentariis instruxit Theodorus Waitz phil. Dr. Pars prior. Categoriae, Hermeneutica, Analytica priora. Lipsiae, sumtibus Hahnii. MDCCCXLIV. XXXII. 540.

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In neuerer Zeit hat Ariftoteles die Aufmerk samkeit der Philosophen und Philologen in höherem Grade als vordem in Anspruch genommen. Der einzige Herrscher in der Litteratur das ganze Mittelalter hindurch im Oriente wie im Occidente theilte er beym Wiederaufblühen der Wissenschaften seine Macht mit Plato, war aber jeht erst in seiner eigenen Sprache recht zugänglich und vielfach studirt-schon im sechzehnten Jahrhunderte vielfachen Anfeindungen ausgefegt, bis die Entdeckungen in der Physik, namentlich durch Kepler, seine physika: lischen Säte, nach welchen noch immer gelehrt wor den, als falsch nachgewiesen, und damit aller Autorität des Aristoteles, ein Ende gemacht haben. Von nun an hatten seine Ansichten auf jenem Gebiete nur geschichtlichen Werth, und der großen Bewunderung früherer Zeiten folgte eine eben fo große Geringschäßung. Man wird kaum einen berühmten Philologen des fiebenzehnten und der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts- und doch war die ses die Zeit der Polyhistoren, welche jede Kleinig keit und die spätesten Auswüchse der Litteratur her: vorgefucht und commentirt haben ich sage, man wird keinen finden, der den Aristoteles auch nur

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einer oberflächlichen Aufmerksamkeit gewürdigt hätte. Erst das neue Aufleben der Philologie in der zweyten Hälfte des vorigen Jahrhunderts fuchte die Gleichgültigkeit für den griechischen Philosophen zu entfernen; man sah bald, daß aus dieser Fundgrube noch viele unbeachtete Schätze zu heben seyen, auch forderte die Philologie, das gesammte Alterthum um: fassend, daß eine so bedeutende Erscheinung wie Aristoteles, der folch außerordentlichen Einfluß auf seine und die folgenden Zeiten geübt hatte, nicht bloß oberflächlich gekannt würde. Daraus entstanden die Bearbeitungen einzelner Schriften durch Hermann, Schneider, Zell, bis auf Schleiermachers Veranlassung die k. Akademie in Berlin durch Ime manuel Bekker eine auf die besten vorhandenen handschriftlichen Hilfsmittel gestüßte Gesammtausgabe der Schriften veranstaltete, welche selbst wieder die Thätigkeit vieler anderer hervorzurufen bestimmt war.

Anderseits hatte von den Philosophen Hegel den Aristoteles Platon gegenüber hervorgehoben, und ihn als den größten speculativen Geist gepriesen, dadurch aber manche seiner Anhänger zu einem eindringenden Studium der Schriften selbst geführt. Was aus Hegels Vorträgen in dessen Geschichte der Philosophie mitgetheilt ist, zeigt, daß er dem Studium des griechischen Philofophen nicht fremd geblieben, obschon die dort angeführten Stellen wenig Beweise einer richtigen Interpretation geben und die daselbst aufgestellten Ansichten und Urtheile vielfache Einschränkung erleiden. Das Bedeutendste, was aus seiner Schule hervorgegangen, ift Biese's Arbeit: Die Philosophie des Aristoteles in ihrem inneren Zusammenhange, mit besonderer Berücksich

tigung des philosophischen Sprachgebrauchs, aus deffen Schriften entwickelt; ein Berk, das große Erwartungen erregte. Eine Darstellung des Sy= stemes erfordert nicht bloß den gesammten Umfang von Kenntnissen, wie sie Arist. besaß, und wie wir sie aus seinen erhaltenen Schriften uns aneignen können, sondern eine Kritik des wahren und fal schen, welche die Kenntniß der Entwicklung der verschiedenen Disciplinen bis auf unsere Zeit voraussetzt. Die in der Einleitung gerühmte objective Hal tung ist aber nichts anders, als daß H. Biese die Lehren und Meinungen des Arist. meistens mit den Worten des Urhebers anführt, ohne Rücksicht auf Vorgänger und Nachfolger, ohne die mindeste An deutung dessen, was wahr oder was falsch ist und auf irrenden Weg geleitet hat. Auch hat H. Biese schon bey dem ersten Bande (1835) nur die Schwaz chen und Befangenen getäuscht, die jest erst den Geist des Philofophen erstanden glaubten, wovon man vordem keine Ahnung gehabt habe. Kundigere erkannten bald, daß trok des großen angewandten Fleißes und des Enthusiasmus für Ar. H. B. doch viel zu flüchtig gearbeitet habe, um etwas gediege: nes zu leisten; auch hat er die Sprache und Anfichten feines Meisters häufig der fremden Lehre un terlegt, so daß, wie früher Kant's Denk und Aus: drucksweise auf Plato übergetragen worden, jest Ar. oft in der Hülle der neueren Philosophie auf:

getreten ist.

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Wie Ar. durch Hrn. Biese verhegelt worden, hat in einem tief eindringenden Artikel über die arist. Theologie der selige Kopp in diesen Blättern (1836. III. 1 92 und 897 941) nachge= wiesen; niemand war dazu fähiger als er, der die Blüthe feines Lebens dem unbefangenen Studium gerade dieses Philofophen und seiner Ausleger mit aller Liebe gewidmet, nach allen Seiten und Richtungen hin die Verbindung und den Zusammenhang aller Sähe und Lehren sich klar zu machen gestrebt, den Geist des Philosophen gewiß wie wenige vor ihm in sich aufgenommen, zuleßt aber doch von ihm sich wenig befriedigt gefühlt und den Durst nach Wiffen anderswo zu stillen gesucht hat; ein Schick: sal, das vielen eifrigen Anhängern des Ar. begegnet ist und noch manchen begegnen wird, womit dieser

fich trösten muß, da er es in seinem ganzen Wesen selbst verschuldet hat; denn so außerordentlich groß die Fülle seines Wissens ist, so bewundernswerth sein Scharfsinn und seine Gewandtheit, überall das Allgemeine und Eine aus dem Vielen aufzudecken, ihm fehlt der erhebende Geist Platons, der leicht da beginnt, wo jener mit Mühe endet, und über das irdische Leben hinaus in seiner intelligiblen Welt sich allein heimisch fühlt; ein Verhältniß beyder, das die Alten recht gut erkannt und nach ihrer Weise kurz und kräftig in einer spielenden Antithese mit den Worten ausgedrückt haben: IIλáτwv ἀεὶ φυσιολογῶν θεολογεῖ, ̓Αριστοτέλης ἀεὶ Seoloyŵv qvotoλoyɛi (Scholia in Aristot. p. 27 Br.). Platon ist in der Weltschöpfung seines Timäus ideal, Ariftoteles kann, auch wenn er von Theologie redet und transcendental wird, den Empiriker und Physiker nicht verläugnen.

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H. B. muß jedoch, nach dem Vorworte zum zweyten Bande zu urtheilen, Sinn und Bedeutung jener Anzeige Kopp's wenig verstanden haben, wenn er diesem Gelehrten für die Anerkennung seines Werkes tief empfundenen Dank ausspricht; im Verlaufe äußert er sich S. 81: manche schöne Anregung verdankt der Verfasser dem Hrn. Recens., nur kann er Ein Bedauern auszusprechen nicht unterdrücken, daß nämlich der verschiedene philosophische Stand: punkt ein so unüberwindliches Hinderniß zur gegen= seitigen Verständigung darbietet und gerade über die wichtigsten und höchsten Angelegenheiten Mißverständnisse erzeugt," eine gewöhnliche Phrase, womit man die eigene Schwäche zu verhüllen oder die Competenz anderer abzuweisen sucht. Nur die Lehre des Arist. und Sinn und Bedeutung dieser war darzulegen, davon aber ist gezeigt worden, daß ihr H. B. anderes untergelegt hat.

Der erste Band behandelt in einer fortgesetten ausführlichen Paraphrase Logik und Metaphysik, der zweyte (1842) liefert eine Darstellung der besondern Wissenschaften, eine Eintheilung, die ich bey aller Annäherung des Schlusses der Analytik mit der Metaphysik nicht zu rechtfertigen weiß. Dem Urist., der durchweg ein Physiker ist, wenn auch der spe culativste und geistreichste, ist die Physik die Grundlage alles Forschens und Untersuchens, deren weiterer

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